Staatsexamen
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Ein Staatsexamen (Plural: Examina, von lat. Examen Zünglein an der Waage, Verhör oder Untersuchung) ist eine von einer staatlichen Behörde (Prüfungsamt) veranstaltete Prüfung. Sie eröffnet den Zugang zu bestimmten vom Staat regulierten Berufen (z. B. Ärzte) oder in den Staatsdienst selbst (z.B. Lehrer, Juristen). Gewöhnlich wird der Begriff für eine entsprechende Abschlussprüfung an einer Hochschule nach einem Studium verwendet, jedoch findet er auch an anderen Stellen (z.B. Krankenpflege, Justizdienst) Verwendung.
Das Staatsexamen wird auch als Staatsprüfung bezeichnet. Sie führt zum Abschluss eines Studiums oder einer Ausbildung, die von einem von dem zuständigen staatlichen Prüfungsamt gebildeten Prüfungsausschuss abgenommen wird. An der Prüfung sind, je nach Studien- bzw. Ausbildungsgang, die Ausbilder beteiligt. In ihrer Eigenschaft als Prüfer sind sie dann im Auftrag des Staates tätig und der Ausbildungsstelle gegenüber nicht verantwortlich. Die Inhalte des Studiums, seine Voraussetzungen und Ziele sowie Rahmenbestimmungen für die Prüfung sind regelmäßig auf der Grundlage eines Gesetzes (z.B. Juristenausbildungsgesetz, oder Lehrerausbildungsgesetz) durch Rechtsverordnung (z.B. LPO, Lehramtsprüfungsordnung) geregelt. Im Gegensatz dazu werden Doktor-, Diplom-, Magister-, Bachelor- oder Master-Prüfungen ausschließlich von der Hochschule verantwortet und durchgeführt (Hochschulprüfung), wobei es in Deutschland auch hier bestimmte, durch Hochschulgesetz geregelte Standards gibt, die von Vereinbarungen der beruflichen Fachverbände oder Fakultätentage oder der Hochschulen ergänzt werden. Der Grund für die besondere staatliche Kontrolle ist das öffentliche Interesse an der Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards bei den betroffenen Ausbildungsgängen. Verkürzt ausgedrückt, könnte man das Staatsexamen als Qualitätskontrolle des Abnehmers Staat bezeichnen, der in der Regel nicht selbst als Ausbildungsinstitution auftritt.
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[Bearbeiten] Deutschland
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In Deutschland bildet das Staatsexamen den Abschluss des Lehramtsstudiums, des Medizinstudiums, des Studiums der Zahnmedizin, der Tiermedizin, der Rechtswissenschaft, der Lebensmittelchemie und der Pharmazie. Im Regelfall schließt sich eine praktische Ausbildung oder ein Vorbereitungsdienst an, an dessen Ende ein weiteres Staatsexamen steht. Einige Universitäten verleihen ihren Absolventen mit Bestehen des Staatsexamens auf Antrag auch einen akademischen Grad, teilweise werden dafür zusätzliche Leistungsnachweise oder ergänzende Prüfungselemente gefordert. Ein Staatsexamen berechtigt die Absolventen in der Regel in gleicher Weise wie ein akademischer Grad zur Promotion.
[Bearbeiten] Jura
In der juristischen Ausbildung sind zwei Staatsexamina vorgesehen.
Das Erste Staatsexamen (das so genannte Referendarsexamen) schließt die universitäre Ausbildung ab. Für dieses Examen gibt es zwei reguläre Versuche. Als Ausnahme gilt der Freiversuch (vgl. Freischuss) für diejenigen Kandidaten, die bereits nach dem achten Hochschulsemester in die Prüfung gehen: Im Fall des Nichtbestehens wird dieser Versuch nicht mitgezählt, im Fall des Bestehens besteht die Möglichkeit eines Notenverbesserungsversuchs. Inhaltlich umfasst das Referendarsexamen im Wesentlichen materielles Recht unter besonderer Berücksichtigung akademischer Streitstände.
Im Ersten Staatsexamen wird zwischen "Hausarbeitsexamen" und "Klausurenexamen" unterschieden. Die Ausgestaltung ist Sache der Bundesländer, welche jeweils Juristenausbildungs- und -prüfungsgesetze und dazu gehörige Verordnungen geschaffen haben. Hausarbeitsexamina bestehen aus drei bis fünf fünfstündigen Klausuren, einer auf vier bis sechs Wochen angelegten Hausarbeit und einer mündlichen Prüfung. In Klausurenexamina fällt die Hausarbeit weg und wird durch weitere drei bis vier Klausuren ersetzt. Die Prüfung erstreckt sich in beiden Varianten über vier bis fünf Monate.
Nach Bestehen des Ersten Staatsexamens folgt eine zweijährige praktische Ausbildung (Referendariat), die mit dem zweiten Staatsexamen, dem so genannten Assessorexamen abschließt.
Diese Assessorprüfung wird bundesweit als Klausurenexamen durchgeführt. Die Referendare haben zwischen sieben (Sachsen-Anhalt) und elf (Bayern) Klausuren zu schreiben. Etwa vier Monate später schließt das Referendariat mit einer mündlichen Prüfung ab. Neben dem materiellen Stoff des ersten Examens wird hier zusätzlich auch noch das Prozessrecht geprüft, wobei weniger nach akademischen Streitständen als nach aktueller Rechtsprechung gefragt wird.
Prüfungsämter (Justizprüfungsämter) für das Erste Staatsexamen sind bei Oberlandesgerichten gebildet. An den Prüfungen werden Juristen im staatlichen Dienst (Richter, Staatsanwälte), Rechtsanwälte sowie Professoren beteiligt. Das Zweite Staatsexamen wird von den Landesjustziprüfungsämtern abgenommen, die bei den jeweiligen Justizministerien angeordnet sind. Bei den Prüfungen sind nur äußerst selten Professoren beteiligt, überwiegend sind die Prüfer Richter.
[Bearbeiten] Lebensmittelchemie
Die Prüfungsordnungen unterscheiden sich etwas von Bundesland zu Bundesland, da das Recht der Lebensmittelchemiker Landesrecht ist. Jedoch haben sich die zuständigen Landesminister 1994 auf einen einheitlichen Rahmen geeinigt.
Nachfolgend ist die Situation in Baden-Württemberg dargestellt. Die Abweichungen zu anderen Bundesländern ist aber nur gering:
Das Staatsexamen (in einigen Bundesländern auch als Staatsprüfung bezeichnet) besteht aus drei Teilen:
- Erster Prüfungsabschnitt nach vier Semestern (Grundstudium)
- Zweiter Prüfungsabschnitt nach weiteren vier Semestern (Hauptstudium)
- Dritter Prüfungsabschnitt nach einer praktischen Ausbildung bei einem Lebensmitteluntersuchungsamt von einem Jahr Dauer
Ferner muss eine wissenschaftliche Abschlussarbeit, die innerhalb von einer Frist von sechs Monaten erstellt werden muss, vorgelegt werden.
Erster Prüfungsabschnitt
Es werden folgende Fächer geprüft:
Die Prüfung wird von Hochschullehrern abgenommen.
Der Prüfung sind gleichgestellt ein Vordiplom im Studiengang Diplom-Chemie mit ergänzender Botanik-Prüfung oder ein Zeugnis über den Zweiten Prüfungsabschnitt im Studiengang Pharmazie.
Zweiter Prüfungsabschnitt
Es werden folgende Fächer geprüft:
- Chemie und Analytik der Lebensmittel, der Tabakerzeugnisse, der kosmetischen Mittel, sonstiger Bedarfsgegenstände und des Wassers
- Technologie der Lebensmittel, der Tabakerzeugnisse, der kosmetischen Mittel, sonstiger Bedarfsgegenstände und des Wassers
- Angewandte Biochemie und Ernährungslehre
- Mikrobiologie und Lebensmittelhygiene
- Toxikologie und Umweltanalytik
Die Prüfung wird ebenfalls von Hochschullehrern abgenommen.
Dritter Prüfungsabschnitt
Die Prüfung besteht aus drei Teilen:
- eine praktische Prüfung (experimentelle Untersuchung und Begutachtung)
- drei Aufsichtsarbeiten (Sachverständigengutachten, zu erstellen anhand vorgegebener Analysendaten)
- mündliche Prüfung (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerecht; Organisation und Funktion der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung; Qualitätssicherung in Laboratorien und Betrieben)
Die Prüfung wird von einem Prüfungsausschuss an den Staatlichen Lebensmittelüberwachungsämtern abgenommen.
Abschlussarbeit
Nach dem Zweiten oder Dritten Prüfungsabschnitt ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten eine Abschlussarbeit vorzulegen. Die Arbeit kann an einer Universität oder an einer anderen geeigneten Einrichtung erstellt werden. Die Arbeit wird von zwei Prüfern bewertet, von denen mindestens einer Professor sein muss.
[Bearbeiten] Lehramt
In vielen Bundesländern ist die Abschaffung des Staatsexamens für Lehrer (nicht zuletzt aus Kostengründen) zu Gunsten der so genannten "gestuften Lehrerausbildung" (Bachelor und Master) mit studienbegleitenden Prüfungen geplant. Zur Zeit (Februar 2007) ist die Situation sehr uneinheitlich und es zeichnet sich noch kein einheitlicher Trend ab. Im Wesentlichen wird es darauf hinauslaufen, dass die hochschulische Abschlussprüfung (z. B. Master) nach bestimmten staatlichen Vorgaben von der Hochschule durchgeführt und anschließend nach einer Formalkontrolle durch ein Staatliches Prüfungsamt anerkannt wird.
Die Lehrerausbildung bleibt nach dem derzeitigen Entwicklungsstand in zwei Phasen eingeteilt, die beide mit je einem eigenständigen Examen abschließen.
1. Staatsexamen Dieses schließt die akademischen Studien ab. Je nach Prüfungsordnung in den einzelnen Ländern handelt es sich um studienbegleitende Prüfungen oder Abschlussprüfungen; in der Regel bestehen sie aus "Arbeiten unter Aufsicht" (Klausuren) und mündlichen Prüfungen, und zwar sowohl in den Unterrichtsfächern als auch in Erziehungswissenschaft, sowie aus einer Hausarbeit, die in manchen Prüfungsordnungen als "Zulassungsarbeit", in anderen als Abschlussarbeit ausgestaltet ist. Diese Hausarbeit entspricht etwa einer Magisterarbeit. Soweit es sich um den Abschluss von Studien nach einem mindestens 8-semestrigen Studium handelt, werden diese Prüfungsleistungen auf Antrag ganz oder teilweise als Prüfungsleistungen für einen Magister- oder Masterabschluss anerkannt. Im Hinblick auf die Orientierung auf gestufte Studiengänge (Bachelor und Master) sind die Prüfungsbestimmungen in den meisten Bundesländern derzeit stark in Bewegung.
Eine Sonderrolle nimmt der Studiengang der Wirtschaftspädagogik ein. Das dort erlangte Diplom des Handelslehrers ist mit dem 1. Staatsexamen gleichzusetzen, wird auch als dieses anerkannt und berechtigt somit eine Laufbahn im höheren Lehrdienst einzuschlagen.
2. Staatsexamen Für alle Lehrämter aller Schulformen gibt es einen 18- oder 24-monatigen Vorbereitungsdienst. Der Anwärter tritt dabei in ein Dienstverhältnis auf Widerruf ein. Das 2. Staatsexamen soll sich auf die im Vorbereitungsdienst erworbene Unterrichts-, Erziehungs-, Beratungs- und Reflexionskompetenz beziehen und enthält dementsprechend starke praktische Elemente.
Einzelheiten sind den entsprechenden Rechtsverordnungen der Länder (häufig "OVP" genannt, "Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Prüfung") zu entnehmen.
[Bearbeiten] Medizin
Im Medizinstudium gibt es nach der alten Approbationsordnung drei Staatsexamina und eine sogenannte Vorprüfung oder Physikum. Nach der neuen Approbationsordnung vom 27. Juni 2002 sind es nur noch zwei Staatsexamina. Danach erhalten die Absolventen der Staatsprüfung auf Antrag die Approbation (Berechtigung zur Berufsausübung und Führung der Berufsbezeichnung).
[Bearbeiten] Pharmazie
Das Staatsexamen in Pharmazie besteht aus drei Prüfungsabschnitten. Der Erste Abschnitt der Phramazeutischen Prüfung ist gemäß der Approbationsordnung für Apotheker schriftlich, die beiden anderen Teile sind mündlich.
Erster Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
Es werden jeweils mehrere Fächer in einer Prüfung geprüft:
- Allgemeine, anorganische und organische Chemie
- Grundlagen der pharmazeutischen Biologie und der Humanbiologie
- Grundlagen der Physik, der physikalischen Chemie und der Arzneiformenlehre
- Grundlagen der pharmazeutischen Analytik
Zweiter Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
- Pharmazeutische und Medizinische Chemie
- Pharmazeutische Biologie
- Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie
- Pharmakologie und Toxikologie
- Klinische Pharmazie
Dritter Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
- Pharmazeutische Praxis
- Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker
Mit dem Bestehen der Pharmazeutischen Prüfung (1., 2. und 3. Abschnitt im Verhältnis 2:3:2) wird die akademische Voraussetzung zur Erlangung der Approbation als Apotheker (Ausführung des Berufs und Tragen der Berufsbezeichnung) erfüllt. Das Bestehen des 2. Staatsexamens beendet die universitäre Ausbildung und berechtigt an einigen Universitäten zum Anfertigen einer Diplomarbeit im Fach Pharmazie. Bei Bestehen darf der akademische Grad Diplom-Pharmazeut geführt werden. Ferner berechtigt das bestandene 2. Staatexamen zur Anfertigung einer Dissertation zur Erlangung eines Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.).
[Bearbeiten] Europa
Im Zuge des Bologna-Prozesses, der Vereinheitlichung von Studienabschlüssen in Europa, sollen die Staatsexamina als Abschluss des Hochschulstudiums zum Jahr 2010 abgeschafft und auf die konsekutiven Bachelor-Masterabschlüsse umgestellt werden. Konkret ausgearbeitete Umsetzungspläne existieren dafür jedoch noch nicht.
Der Bologna-Prozess ist in manchen Studiengängen jedoch umstritten (wie Medizin und Rechtswissenschaft), für das Lehramt wird sie von vielen Experten auch als ungeeignet angesehen. So hat bspw. die Große Koalition im Bund 2005 den Bedarf neuer Abschlüsse in der Juristenausbildung und die Übertragung des Bologna-Prozesses auf diese im Koalitionsvertrag (S. 145) abgelehnt.