Stamfordscher Garten
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Der Stamfordsche Garten in Haina (Kloster) im Kellerwald ist ein englischer romantischer Garten in Nordhessen. Der Garten ümsäumt Kloster Haina.
Der Stampford `sche Garten in Haina (Kloster) ist ein von der Wohra durchflossener englischer romantischer Garten im Kreis Waldeck-Frankenberg. ( Nordhessen). Der Stamford` sche Garten ist eine der Natur nachgebildete, künstlerisch gestaltete Park- und Gartenanlage. Gartenarchitektonisch charakteristisch sind die geschwungenen Wege, die malerisch angeordnete Pflanzengruppen und die natürlich belassenen Teiche. Die Park – und Gartenanlage gilt als einer der ältesten englischen Gartenarchitekturen in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Im späten 18. und Anfang des 19. Jahrhundert wurde ein Park nach und nach um Kloster Haina angelegt. Der Goethe Tischbein Heinrich Wilhelm Tischbein schreibt in seinen Erinnerungen über die landschaftliche Vorraussetzung „Aus meinem Leben“ `
…Haina ist von drei Seiten mit Wald umgeben; von da zieht sich ein flaches Feld und Wiesental in die Ferne. Die nächsten Umgebungen sind Gärten und Obstbäume, und die Landstraßen sind mit Apfel- und Birnbäumen umsetzt, ebenso die große Fläche, die Gemeine genannt…
Der Obervorsteher des Klosters Haina Friedrich von Stamford (1786- 1803) griff die Idee auf und begann 1789 auf eigene Kosten mit der Gestaltung eines englischen Gartens mit dem gartenarchitektonischen Ziel Kloster Haina zu verschönern. Nach seinen Entwürfen wurden die Bereiche Grauhecke und Königsgrund gestaltet. Der Park war gedacht um
…zu Lustwandlungen für sämtliche Einwohner und Hospilatiten, für jedermann aus der Gegend…
Er entstanden Alleen, Schmuckplätze, Grotten, Wasserfälle und Erinnerungsmale und kleine gartenarchitektonische Bauten. Einige Bauten waren mit lyrischen Texten versehen. Ehemalige Sichtbezüge auf das Kloster sind durch nachwachsende Bäume verdeckt. Ein 5 km langer Wanderweg führt durch den Park.
[Bearbeiten] Gartenarchitektonische Bauten
[Bearbeiten] Kastanienallee
Die Kastanienallee ist der Zugang- und Eingangsbereich der Grauhecke. Die Allee ist noch heute in ihrer ursprünglichen Gestaltung erhalten geblieben.
[Bearbeiten] Aussichtsplatz an der Grauhecke
An dem Ort des ehemaligen Aussichtsplatz befand sich ein aus Blumen und amerikanischen Gehölzen gestaltetes Plateau. Der an dieser Stelle befand sich der kleine Tempel. Der Tempel war der verstorbenen Frau Friedrich von Stamford gewidmet. Die Inschrift des Tempels lautete:
... Hier kann mein Geist sich finden; hier kann ich immer rein mein innerstes empfinden und bei mir selber seyn. Was sind der Städter Spiele nur gegen diese Flur? Ich höre nichts, ich fühle nur dich allein Natur!...
Von dem Aussichtsplatz konnte man bis zur Amöneburg und Marburg (Lahn) sehen.
[Bearbeiten] Philipps-Eiche und antiker Altar an der Grauhecke
Die im ausgehenden 18. Jahrhundert schon umfangreiche Eiche mit damals noch zwei in die Höhe schwingenden Ästen regte Friedrich von Stamford dazu an
… diesen Ort dem Gedencken des in Gott ruhenden durchleuchtigsten Stifters der Samthospitalien , als Stammvater der beyden Hochfürstlichen hessischen Häuser zu weihen…
Die Äste der Eiche symbolisierten die beiden hessischen Fürstenhäuser Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt. Der Hessen-Darmstadt repräsentierende Ast ist mittlerweile abgebrochen. Zum Gedenken an Philipp den Großmütigen wurde der noch heute erhaltene antike Altar errichtet. Vor dem antiken Altar befand sich eine steinerne Urne. Die Urne war mit einer Inschrift dem Stifter des Hohen Hospitals Haina Landgraf Philipp dem Großmütigen gewidmet.
[Bearbeiten] Luisenlust
Die Luisenlust wurde als Schmuck und Aussichtsplatz angelegt. Bepflanzt wurde dieser Ort mit Blumen und Gehölzen. Von diesem Ort sah man auf die Klosteranlage Haina. Friedrich von Stamford ließ hier eine Pyramide errichten. Die Pyramide war mit einer Inschrift versehen, die an den Besuch des Landgrafen Wilhelm IX. (Hessen) 1787 erinnerte. Der Schlangenpfad wurde im 18.Jahrhundert beidseitig mit Terrassen und Bänken versehen und endete an einer „zarten Grotte“ (vermutlich die Steinnische gegenüber der Krankenhauseinfahrt). Auf der Rasentreppe stand ein Postament mit einer Vase. Friedrich von Stamford hatte die Vase mit einer Inschrift versehen lassen, die zu seiner eigenen Bestimmung Bezug nahm.
…Fleucht hin ihr Tage meines Lebens! Für mich besetzt und nicht vergebens zu meiner Mitgeschöpfe Glück…
[Bearbeiten] Hermannsdenkmal und Königsgrund
Im Bereich des Königsteichs befand sich die „Einsiedeley“. Entlang des Königsteichs und Königsgrunds wurden nach Entwürfen von Friedrich von Stamford Allen, ein Blumengarten und elf Wasserfälle angelegt. …“An schicklichen Orten…“ wurden Denkmäler für den ersten Obervorsteher der Hohen Hospitäler Heinz von Lüder und den barocken Maler Johann Heinrich Tischbein und dessen in Holland gefallenen einzigen Sohn Hans Tischbein angelegt. In einer Nische befand sich das Hermanns Denkmal. Erinnert wurde mit dem Denkmal an den Cheruskerfürsten Arminius der 9. n. Chr. die Römer unter Führung von Publius Quinctilius Varus im Teutoburger Wald geschlagen hatte. Diese häufig anzutreffende gartenarchitektonische Darstellung der Romantik war im 18. und 19. Jahrhundert weit verbreitet und genoss große Beliebtheit.
[Bearbeiten] Steinklippe
Der Bereich der Steinklippe entstand nach dem Tod von Friedrich von Stamfords 1803. Es wurden Nischen, Wege und Treppen in die örtliche Landschaft einfühlsam und naturnah eingebettet und eingelassen. 1870 wurde die romantische Naturkulisse durch eine Kegelbahn und Gärten für die Bediensten des früheren Hospitals ergänzt. Die Gärten wurden bis in die 1970er Jahre genutzt.
[Bearbeiten] Aussichtsplatz Steinklippe
Die Steinklippe hat ihren Namen von dem nahe liegenden Steinbruch, der zur Bereitstellung von Baumaterial des Klosters Haina diente. Die Steinklippe entstand geologisch im Karbon vor 230 Millionen Jahren. (Formation des oberen Clum). An der Aussichtsplattform sah man auf das Kloster und in die nahe liegende Gegend. Das auf dem Plateau befindende Fachwerkhäuschen ließ der Vorsteher des Klosters Haina Geheimrat Freiherr Schenk zu Schweinsberg während seiner Amtszeit 1853 errichten. Die zur Wege- Stufen und Einfassungsgestaltung benötigten Grauwacken stammen aus dem Steinbruch der Steinklippe.
[Bearbeiten] Direktorenbank
1891 übernahm der ehemalige Mediziner Dr. Otto Scheel die Position des Anstaltsleiters des Hospitals Haina. Während seiner Amtszeit ließ er zwischen 1891 und 1909 eine steinerne Bank und einen steinernen Tisch aufstellen-, die man seither Direktorenbank nannte.
[Bearbeiten] Kalkrück
Die ruinenhafte Anlage am Kalckrück ist der am besten erhaltene Teil der ehemaligen Parkanlage. Der Kalkrück wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angelegt und von dem Vorsteher des Hospitals Haina Friedrich Quentin 1868 bis 1891 während seiner Amtszeit vollendet. Die Terrassen wurden in drei Ebenen angelegt, die durch bruchsteingesäumten Wegen und Treppen und verbunden sind. Der romantische Charakter der Gartengestaltung wird durch halbrunde Nischen und die Bepflanzung mit Efeu, Maiglöckchen und Immergrün hervorgehoben. Die romantische Vorstellung vom Einssein des Menschen mit der Natur und der Vergänglichkeit des Seins werden an dieser Stelle des englischen Gartens besonders deutlich hervorgehoben.
[Bearbeiten] Aussichtsplattform Kalkrück
1844 wurde auf dem Kalkrück ein mit achteckigem Grundriß, offener , Schiefern gedeckter, chinesischer Pavillon errichtet. Bis Mitte der 1960er Jahre ist das Oktogon erhalten geblieben. Man hatte von der Aussichtplattform einen Blick auf die Gesamtanlage des Hospitals in Haina. Unterhalb der Aussichtplattform kreuzt der Tischbein-Wanderweg den englischen Garten.
[Bearbeiten] Literatur
- Johann Wilhelm Tischbein: Aus meinem Leben. Henschelverlag Berlin, 1956, S. 41
- Friedrich von Stamford: Beschreibung meiner hiesigen Anlagen, o. J., o. A. (verarbeitet in den Tafeln des Wanderwegs)
- Otto Kahm: Friedrich von Stamford: Obervorsteher der hessischen Samt-Hospitäler, Major, Kriegsrat, Dichter, Komponist, Menschenfreund, Verwaltungsbeamter, Landschaftsgestalter. (Frankenberger Hefte, 5), Kahm, Frankenberg (Eder) 1997, ISBN 3-922225-42-X
- Lisa Küpper (Verf.), Verein Freunde des Klosters Haina e.V. (Hrsg.): Historische Wanderwege um Haina: Tischbein-Wanderweg und Stamford'scher Garten. Cognitio-Verl., Niedenstein 1999