Karbon
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
N | Jünger | Jünger |
P A L Ä O Z O I K U M |
Periode Perm |
Oberes |
Mittleres | ||
Unteres | ||
Periode Karbon |
Pennsylvan. | |
Mississipp. | ||
Periode Devon |
Oberes | |
Mittleres | ||
Unteres | ||
Periode Silur |
Pridoli | |
Ludlow | ||
Wenlock | ||
Llandovery | ||
Periode Ordovizium |
Oberes | |
Mittleres | ||
Unteres | ||
Periode Kambrium |
Oberes | |
Mittleres | ||
Unteres | ||
N | Älter | Älter |
Das Karbon ist eine Periode der Erdgeschichte. Es wurde bereits 1822 in England als geologisches System (= Periode) eingeführt. Namensgebend sind die weltweit verbreiteten Kohleflöze vor allem im Oberkarbon (lateinisch carbo - Kohle). Das Karbon begann vor 359,2 ± 2,5 Millionen Jahren und endete vor 299 ± 0,8 Millionen Jahren. Die zeitlichen Grenzen zum älteren Devon und jüngeren Perm werden durch radiometrische Datierungen des Alters von Grenzsedimenten ermittelt.
Die stratigraphische Gliederung des Karbons wird regional unterschiedlich vorgenommen; die nebenstehende stratigraphische Tabelle gibt die globale Stufengliederung und deren internationale Benennung wieder. Das mitteleuropäische Unterkarbon wird als Dinantium, das Oberkarbon als Siles bezeichnet. In Nordamerika wird ebenfalls eine, jedoch von den europäischen Verhältnissen abweichende, Zweiteilung des Karbons vorgenommen. Das Mississippium (Mississippian) entspricht in etwa dem mitteleuropäischen Unterkarbon und ist nach mächtigen Kalksteinserien benannt, die besonders gut im Tal des Mississippi aufgeschlossen sind. Das Pennsylvanium (Pennsylvanian) enthält die kohlehaltigen Flöze des Oberkarbons. Das russische Karbon wird in Ober-, Mittel- und Unterkarbon unterteilt.
Die biostratigraphische Zonengliederung beruht hauptsächlich auf marinen Wirbellosen: Goniatiten (eine Gruppe der Ammoniten), Conodonten (zahnähnliche Hartteile schädelloser Chordatiere), Armfüßer (Brachiopoda), Korallen und Großforaminiferen sowie phosphatischem Material). Im Oberkarbon fußt die biostratigraphische Gliederung für die terrestrischen (festländischen) Ablagerungen zum Teil auch auf Landpflanzen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Paläobiologie
[Bearbeiten] Pflanzenreich
Man könnte das Karbon, zumindest das Oberkarbon, auch als das Zeitalter der Farne bezeichnen. Wenn man bedenkt, dass mehrere Kubikmeter Holz nötig sind um einen Kubikmeter Kohle entstehen zu lassen, lässt sich das enorme Ausmaß der Steinkohlewälder des Oberkarbon erahnen.
Die beherrschenden Vertreter der Flora in den Kohlesümpfen waren die Gattungen Lepidodendron und Sigillaria, baumartige Pflanzen, die zur Pflanzenabteilung der Bärlapppflanzen (Lycopodiophyta) gezählt werden. Die Vertreter beider Gattungen erreichten Größen von bis zu 40 Metern und Stammdurchmesser von über einem Meter.
Die Schachtelhalme (Spenophyta) brachten mit den Kalamiten (Calamites) ebenfalls bis zu 20 Meter große Baumformen hervor (meist sind von den Stämmen nur Steinkerne der verholzten Markröhren erhalten).
Die bereits im Devon erschienene Gruppe der Farnsamer (Pteridospermatophyta) brachte mit Glossopteris (vom damaligen Südkontinent Gondwana) ebenfalls baumartige Formen hervor. Diese Pflanzen zeigten Jahresringe was auf die Gonwana-Vereisung im Oberkarbon zurückzuführen ist. Erst gegen Ende des Oberkarbon lassen sich die ersten Vertreter der Samenpflanzen (Gymnospermen, Nacktsamer) nachweisen. Bekannte Beispiel sind die zu den Voltziales zählenden Gattungen Lebachia und Walchia. Ebenfalls traten die Cordaiten erstmals gegen Ende des Karbons auf. Sie überlebten das Massenaussterben im Perm nicht. Die Cordaiten und die Voltziales welche im Unter-Jura wieder ausstarben werden zu den Koniferen (Nadelbäume) gestellt.
[Bearbeiten] Tierreich
[Bearbeiten] Leben in den Ozeanen
Gepanzerte Fische (Placodermen), die in den Ozeanen des Devon die vorherrschende Gruppe waren, erholten sich nicht vom Massenausterben an der Wende Devon/Karbon. Die Entwicklung verlief hin zu beweglicheren Formen der Strahlenflosser.
Es entstanden die Crinoiden, die zum Stamm der Stachelhäuter (Echinodermata) gehören. Crinoiden sind am Meeresboden festgeheftete Nahrungsfilterer, die in den Ozeanen des Karbon regelrechte „Rasen“ bildeten und oft gesteinsbildend auftraten. Andere gesteinsbildende Organismengruppen waren Moostierchen (Bryozoa, verästelte oder fächerförmige, koloniebildende Tiere) und Formen der Foraminiferen, die Großforaminiferen (vor allem die Gattungen Schwagerina und Fusulina). Großforaminiferen sind einzellige, benthisch lebende, amöboide Lebewesen, die jedoch bis 10 cm Größe erreichen.
Die Ammonoideen, eine Gruppe der Kopffüßer (Cephalopoda), entwickelten sich zu großer Mannigfaltigkeit. Die Biostratigraphie des Karbon beruht zum großen Teil auf dieser Gruppe.
[Bearbeiten] Leben an Land
Die ältesten, flügellosen Insekten (Insecta) sind bereits aus dem Unterdevon bekannt, im Oberkarbon waren bereits geflügelte Insekten entwickelt. Diese unterscheiden sich jedoch von heute lebenden Formen dadurch, dass ihre Flügel nicht zusammenfaltbar waren (heute sind nichtzusammenfaltbare Flügel nur von Libellen und Eintagsfliegen bekannt). Die einzigen an Land lebenden Wirbeltiere des Karbon waren Amphibien. Meist behielten sie jedoch eine aquatische oder zumindest semiaquatische Lebensweise bei. Die Amphibien hatten an Land keinerlei Nahrungskonkurrenten und entwickelten mannigfaltige Formen. Manche Arten erreichten Größen von bis zu sechs Metern.
Die ersten den Reptilien zugeordneten Skelette sind an der Basis des Oberkarbon gefunden worden. Vermutlich während des Oberkarbon entwickelte sich auch das so genannte Amnion-Ei, mit fester Außenschale und zwei Dottersäcken. Da das Amnion-Ei in sich einen abgeschlossenen Flüssigkeitskörper darstellt, bedeutete es größere Unabhängigkeit vom Wasser bei der Fortpflanzung.
[Bearbeiten] Paläogeographie
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Bereits im Devon war es zur Kollision der beiden Kontinentmassen Laurentia (Kontinent) (Nordamerika) und Fennosarmatia (Nordeuropa und Russische Tafel) gekommen. Dieses plattentektonische Ereignis bezeichnet man als kaledonische Orogenese. Die neu gebildete Kontinentmasse trägt den Namen Laurussia. Im Devon befand sich Laurussia in kontinentaler Position. Zwischen Laurussia und der etwas weiter südlich liegenden Kontinentmasse von Gondwana (Afrika, Südamerika, Antarktis, Australien und Indien) befand sich ein durch verschiedene Terranes, kleinere Massen kontinentaler Kruste, gegliederter Meeresraum. Erste Kollisionen in diesem Bereich hatten schon im oberen Devon die variszische Orogenese eingeleitet.
[Bearbeiten] Entwicklung im Karbon
Im Verlauf des Unterkarbon setzte sich die Konvergenz von Laurasia und Gondwana fort und erreichte an der Wende von Unter- und Oberkarbon einen ersten Höhepunkt. Diese Kontinent/Kontinent-Kollision ist die Ursache der variszischen Orogenese in Europa. Erst im Oberkarbon schloss sich der Bereich zwischen Nordwestafrika und Nordamerika, die Bildung der Appalachen fand damit ihren Abschluss. Mit dem Anschluss des sibirischen und des Kasachstan-Kraton an Laurussia (dabei entstand das Ural-Gebirge) waren schließlich im Perm alle großen Kontinentmassen zu einem Superkontinent, der Pangäa, vereinigt. Der die Pangäa umgebende Ozean wird Panthalassa genannt.
[Bearbeiten] Klima
Zu Beginn des Karbon befand sich die Südspitze Afrikas im Bereich des Südpols. Im weiteren Verlauf des Karbon drehte sich Gondwana im Uhrzeigersinn, im Perm befand sich die Antarktis über dem Südpol. Im Unterkarbon bildeten sich bereits erste Vergletscherungen, die Eisausbreitung fand allerdings erst an der Grenze Karbon/Perm ihren Höhepunkt. Hinweise auf diese permo-karbone-Vereisung finden sich auf allen Teilen des Gondwana-Kontinents in Form von Tilliten (Moränenablagerungen) in mehreren sedimentären Horizonten. Dies lässt auf einen mehrfachen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten schließen. Eine Ursache in den weitverbreiteten Kohleablagerungen des Oberkarbon kann in glazio-eustatischen Meeresspiegelschwankungen gesehen werden, die durch wiederholte Bildung großer Inlandseismassen im Südbereich von Gondwana hervorgerufen wurden.
[Bearbeiten] Das Karbon in Europa
[Bearbeiten] Unterkarbon
[Bearbeiten] Kohlenkalk-Fazies
Am Südrand von Laurussia (dem Kontinent, der sich im Devon durch die Kollision von Laurentia (Nordamerika) und Fennosarmatia (Nordeuropa und Russland) gebildet hatte) kam es im Unterkarbon zu einer sehr fossilreichen Sedimentation von Kalkstein. Der Bereich der Kohlenkalk-Fazies erstreckte sich von Irland/England, Belgien und die Ardennen über das linksrheinische Schiefergebirge bis nach Polen. Im Bereich Englands wurde die marine Karbonatsedimentation durch mehrere Hochzonen gegliedert (vor allem das London-Brabanter-Massiv und die Normannische Schwelle). Zur Ablagerung kamen Moostierchen-Riffkalke, Schuttkalke und dunkle bituminöse Kalke. An Fossilien sind vor allem Bryozoen, Korallen, Armfüßer (Brachiopoda), Goniatiten und Crinoiden überliefert. Die Mächtigkeit des Kohlenkalk erreicht 300-700 Meter und ist zur südlich anschließenden Kulm-Fazies, siehe unten, durch Riffschutt und Kalkturbidite verzahnt.
[Bearbeiten] Kulm-Fazies
Die Kulm-Fazies schließt sich südlich an die Kohlenkalk-Fazies an, sie stellt eine synorogene Sedimentation dar, also Ablagerungen, die gleichzeitig mit der Gebirgsbildung der variszischen Orogenese erfolgten. Das klastische Material wurde dabei von der Mitteldeutschen Kristallinschwelle, damals ein Inselbogen, geliefert. Das Sedimentationsbecken, in dem die Kulm-Fazies zur Ablagerung kam, wurde durch diese Schwelle grob in einen nördlichen und einen südlichen Bereich geteilt. Der nördliche Bereich bildet heute das Rheinische Schiefergebirge Im diesem Beckenbereich kamen hauptsächlich Tonschiefer (mit der bivalven Muschel Posidonia becheri) und Radiolarien führende Kieselschiefer (Lydite) zur Ablagerung.
Im südlichen Bereich herrschte eine Flyschfazies mit turbiditischen Sandsteinen, Grauwacken und Olisthostromen vor. Die Kulm-Fazies erreichte in diesem südlichen Becken Mächtigkeiten von bis zu 3.000 Meter.
[Bearbeiten] Die variszische Orogenese
Beim variszischen Gebirge handelt es sich um ein kompliziert gebautes Decken- und Faltengebirge. Die enorme Krustenverkürzung macht sich in starken Verfaltungen und internen Überschiebungen bemerkbar. Der Name stammt von den Varisziern, einem alten bayerischen Volksstamm. Das mitteleuropäische Variszikum wird von Norden nach Süden in folgende Zonen eingeteilt:
- Das Subvariszikum stellt einen Molassetrog dar, der im Oberkarbon die Abtragungsprodukte des aufsteigenden Gebirges aufnahm. Im Subvariszikum, beziehungsweise an dessen Randbereich entwickelten sich außerdem im Oberkarbon die größte Masse der Mitteleuropäischen Kohlevorkommen.
- Das Rhenoherzynikum umfasst Harz, Ardennen, Rheinisches Schiefergebirge und reicht bis Cornwall.
- Zum Saxothuringikum gehören die Sudeten, das Erzgebirge, Thüringer- und Frankenwald, Spessart und Odenwald und die nördlichen Bereiche der Vogesen und des Schwarzwalds, wobei Odenwald, Spessart und zudem Pfalz, Ruhla und Kyffhäuser zur Mitteldeutschen Kristallinzone zählen, die der nördliche Teil des Saxothuringikums darstellt.
- Das Moldanubikum umfasst die Böhmische Masse, Schwarzwald und Vogesen.
Wie bereits erwähnt fanden erste Kollisionen von Terranes (kleinere Massen kontinentaler Kruste) bereits im Devon statt. Zur Hauptfaltungsphase der variszischen Orogenese kam es an der Grenze Unter/Oberkarbon, auch als sudetische Phase bezeichnet. Bis ins Perm ist in den mitteleuropäischen Varisziden tektonische Aktivität nachweisbar.
[Bearbeiten] Oberkarbon, oder: die postvariszische Entwicklung
Während der Hauptphase der variszischen Gebirgsbildung waren große Teile Europas zu Festland und damit zu Abtragungsgebieten geworden. Die Sedimentation im Oberkarbon unterschied sich damit grundlegend von den Verhältnissen im Unterkarbon.
[Bearbeiten] Subvariszikum
An den Rändern des Subvariszischen Beckens entwickelte sich hauptsächlich im Westfal (siehe stratigraphische Tabelle oben) ein paralischer Kohlegürtel mit ausgedehnten Kohlesümpfen (zur Entstehung paralischer Kohlen kommt es an Küstengebieten: durch wiederholten Anstieg und Abfall des Meeresspiegels werden Sumpfgebiete überschwemmt, von Schlamm überdeckt und wieder zu Festland, sodass sich neue Sumpfgebiete entwickeln ...). Dieser Gürtel paralischer Kohlen zieht sich von Südengland über das Ruhrgebiet bis nach Polen. Im Ruhrgebiet erreicht das Oberkarbon eine maximale Mächtigkeit von 6000 Metern.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Andreas Braun: Das Karbon: Nicht nur Steinkohle. Biologie in unserer Zeit 32(5), S. 286 - 293 (2002), ISSN 0045-205X
- Peter Faupl: Historische Geologie, UTB für Wissenschaft, 2. Aufl. (2003), ISBN 3-8252-2149-0.
- Wolfgang Frisch und Jörg Loeschke (1993): Plattentektonik, Kapitel 10.2: Paläozoische Gebirgsgürtel, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, ISBN 3-534-09410-7.
- Reinhard Schönenberg und Joachim Neugebauer (1997): Einführung in die Geologie Europas, Rombach Verlag Freiburg, ISBN 3-7930-9147-3.
- Ernst Probst: Deutschland in der Urzeit", C. Bertelsmann, München 1986, ISBN 3-570-01066-X