Vaudeville
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Der Ausdruck Vaudeville bezeichnet:
- eine Frühform des französischen Schlagers seit dem 16. Jahrhundert.
- eine Pariser Theatergattung mit Gesang und Instrumentalbegleitung, die in den 1840er-Jahren den Höhepunkt ihrer Beliebtheit erreichte.
- ein Genre des amerikanischen (vor allem New Yorker) Unterhaltungstheaters seit etwa 1860, das gegen 1900 am populärsten war.
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[Bearbeiten] Etymologie
Die Herkunft des Wortes ist umstritten. Möglicherweise ist es eine Verballhornung des „Vau de Vire“, eines Tals in der Normandie, wo Olivier Basselin um die Mitte des 15. Jahrhunderts Trinklieder dichtete. Andere Deutungen führen es auf französisch „voix de ville“, Stimme der Stadt, zurück.
[Bearbeiten] Vaudeville als französischer Schlager
Das Vaudeville war seit dem 16. Jahrhundert eine Art Schlagerlied in Frankreich und dem französischen Kanada, das von allen Ständen gesungen wurde, eine Vorform des Chansons. Zu bekannten Melodien ("timbres"), von denen mehrere Tausend im Umlauf waren, wurden stets neue Texte gedichtet. Selbst Fabeln und Grammatikregeln wurde auf diese Weise zu Liedern gemacht. Dieser Begriff des Vaudevilles lässt sich etwa wie folgt umschreiben: „Bekannte Melodie bleibt, aktueller Text wechselt.“ Der Gebrauch solcher Lieder im Theater hat vermutlich die neueren Wortbedeutungen angeregt, was sich aus einigen Gattungsbezeichnungen schließen lässt. Z. B. "comédie en vaudevilles mélée de prose": Komödie aus Vaudevilles, vermischt mit Prosatext.
[Bearbeiten] Vaudeville als Pariser Theatergattung
Das Vaudeville als Theatergattung hat seine Ursprünge auf den Pariser Jahrmärkten und ist dort oft mit Tanz verbunden. Die einfache Form eines Stücks mit Liedern, die zu bekannten Melodien gesungen werden, geht in die musikalisch anspruchsvollere Opéra comique über.
Um 1800 herum ist mit "Vaudeville" auch oft ein Schlusschor gemeint, den die Figuren eines Bühnenstücks gemeinsam singen.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Vaudeville als Theatergattung zur kommerziellen Unterhaltung für ein subbürgerliches Publikum in der Großstadt. Vaudevilles waren in dieser Zeit modische Komödien mit zumeist alltäglichem Inhalt und lokalen Anspielungen (vgl. Boulevardtheater), die kurze Musiknummern enthielten. Die Handlungen waren frivol, witzig, satirisch.
Je nach der mehr melodramatischen oder mehr possenhaften Färbung unterschied man Drame-Vaudeville, Comédie-Vaudeville oder Folie-Vaudeville. In Paris bestanden Mitte des 19. Jahrhunderts mehrere spezialisierte Vaudevilletheater, z. B. Théâtre du Gymnase, Théâtre du Vaudeville, Théâtre des Variétés, Théâtre du Palais-Royal u. a.
Epochemachend war in der Vaudevilledichtung besonders Augustin Eugène Scribe, der in seiner Antrittsrede in der Académie française 1836 die Berechtigung dieses Genres nachzuweisen suchte und die Pariser Bühnen reichlich mit Vaudevilles versorgte. Die Operette von Jacques Offenbach seit den 1850er-Jahren orientierte sich am Vaudeville und gab der Musik stärkeres Gewicht. Gegen 1900 bezeichnete man dann eine Art Schwank als Vaudeville.
Im deutschen Sprachgebiet konnte man der Menge der französischen Stücke nichts entgegenhalten und übersetzte sie oft zum Eigengebrauch, wobei man die Handlungen meist sentimentaler gestaltete. Eine etwas biedere, von der Zahl der Produktionen her nicht vergleichbare deutsche Entsprechung des Vaudevilles war das Liederspiel.
[Bearbeiten] Das US-Vaudeville
Das US-Vaudeville als Bühnenunterhaltung bestand aus einer temporeichen Zusammenstellung gemischter Nummern in der Art eines Varietés. Es begann in den 1880er-Jahren mit dem Wachsen der Industrie in Nordamerika populär zu werden und erlebte seinen Niedergang ab den 1920er-Jahren mit dem Aufkommen des Tonfilms und des Radios und in der großen Depression der 1930er-Jahre.
Ein erstes Theater für das Vaudeville wurde 1865 in Manhattan von dem Impresario Tony Pastor eröffnet. Eine ganze Kette von Theatern gehen auf Benjamin Franklin Keith zurück. Im Vaudeville traten unterschiedliche Künstler auf: Musiker, Komödianten, Magier, Tierdresseure, Akrobaten und Gymnastikkünstler, Bauchredner und viele mehr. Darunter waren so bekannte Personen wie W. C. Fields, Buster Keaton, die Marx-Brothers, Edgar Bergen mit seiner Puppe Charlie McCarthy und die „Drei Stooges“, die allesamt ihre Karrieren im Vaudeville-Theater begannen. Sogar gestandene Schauspieler, wie z.B. Sarah Bernhardt, ergänzten manchmal ihr Einkommen durch das Auftreten in Vaudeville-Shows.
In Großbritannien und Frankreich nannte man diesen Theatermix eher „Music Hall“. Charlie Chaplin und Stan Laurel gingen aus dieser Theaterform hervor. Der Begriff „Vaudeville“ bekam in London einen eher anrüchigen Charakter durch das Einbeziehen von Stripshows und erotischen Tänzen (dies wurde dann wiederum in Amerika als Burlesque bezeichnet).
Ein in Deutschland bekannter englischer Vaudeville-Künstler ist Freddie Frinton, dessen TV-Geschichte Dinner for One auf eine Vaudeville-Vorstellung zurückgeht. Der Begriff Vaudeville markierte in den USA auch die Einführung des so genannten „Big Business“ in die Welt der populären Unterhaltung. Vaudeville-Ketten kämpften um die Vorherrschaft auf dem Unterhaltungsmarkt. Daraus ergab sich ein striktes Regelwerk, was in den Shows gezeigt werden durfte und was nicht. Sie engagierten Künstler, die von einem Theater zum anderen reisten und scheuten sich auch nicht, sich untereinander die besten Künstler abspenstig zu machen.
Diese Theaterform war handwerkliche Basis für die Stummfilmkomik.
[Bearbeiten] Literatur
- Herbert Schneider (Hrsg.): Das Vaudeville. Funktionen eines multimedialen Phänomens. Hildesheim: Olms 1996. ISBN 3-487-10264-1 (Vaudeville als früher Schlager)
- Lothar Mattes: Vaudeville. Untersuchung zu Geschichte und literatursystematischem Ort einer Erfolgsgattung. Heidelberg: Winter 1983. ISBN 3-533-03430-5 (Vaudeville als Pariser Komödie)
- Anthony Slide: The Encyclopedia of Vaudeville. Westport (CT): Greenwood Press 1994. ISBN 0-313-28027-4 (amerikanisches Vaudeville)