Stummfilm
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Als Stummfilm werden seit der Verbreitung des Tonfilms Ende der 1920er Jahre Kinofilme ohne synchrone Tonspur bezeichnet. Die Aufführung dieser Filme wurde zeitgenössisch jedoch fast ausnahmslos musikalisch untermalt. Der Stummfilm entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Westeuropa. Grundlage für die Herstellung und Wiedergabe der ersten Stummfilme waren Erfindungen im Bereich der Technik und der Fotografie, die im Artikel Filmgeschichte näher beschrieben werden.
Während der Frühzeit des Kinos gab es noch keine zufriedenstellende Möglichkeit, Bild und Ton synchron aufzunehmen und abzuspielen, weshalb die Filme so genannte Stummfilme waren. Die Filme wurden jedoch vor Publikum je nach Art der Vorführstätte durch u. a. Orchester, Klavier bzw. Pianola oder Grammophon begleitet. Neben den Filmbildern wurden die Handlung und Dialoge mit zwischengeschnittenen Texttafeln, den Zwischentiteln, erzählt. Oft begleitete auch ein Filmerklärer Vorführungen. Trotzdem musste ein Großteil der Handlung und Gefühle über die Filmbilder transportiert werden. Das Schauspiel der Akteure früher Filme war aus diesem Grund und der niedrigeren Bildqualität meistens sehr körperbetont; die Gesten der Schauspieler vor allem in Dramen wirken vom heutigen Blickpunkt aus oft übertrieben (das sog. over-acting).
Der Vorteil des Stummfilms lag darin, dass er universell verständlich war. Die Sprache der Schauspieler spielte keine Rolle, da sie ohnehin nicht zu hören waren, und Zwischentitel mit geringem Aufwand in andere Sprachen übersetzt werden konnten. Besonders in den USA war diese universelle Verständlichkeit von Vorteil, da dort sehr viele Einwanderer lebten, die des Englischen nicht mächtig waren.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Erste Filmvorführungen
Die erste öffentliche Filmvorführung gegen Geld wird den Brüdern Skladanowsky zugeschrieben. Am 1. November 1895 präsentierten sie mit ihrem Bioskop eine 15minütige Aufführung von kurzen Filmen im Rahmen eines Unterhaltungsprogramms im Berliner Varieté Wintergarten. Zur selben Zeit erfanden die französischen Brüder Lumière ihren Cinématographen – ein Aufnahme-, Kopier- und Abspielgerät in einem, in dem der Film mittels Perforation über Greifzähne vor dem Objektiv entlanggeführt wird. Im Gegensatz zu den Skladanowsky fand die erste Präsentation ihres Filmgeräts vor einem ausgewählten Publikum der gesellschaftlichen Oberschicht am 22. März 1895 statt. Am 28. Dezember 1895 folgte die erste öffentliche Präsentation in Paris. In den folgenden Jahren setzten sie sich nicht zuletzt auch deshalb gegen die Skladanowsky durch, da sie als Industrielle über das nötige Kapital verfügten, ihre Erfindung patentieren zu lassen, in großem Stil zu produzieren und auf Reisen durch ganz Europa in den größten Städten zu präsentieren und zu bewerben.
Die Filme, die in der Frühzeit des Kinos vorgeführt wurden, waren meistens nur einige Sekunden lang und zeigten unspektakuläre Szenen aus dem alltäglichen Leben, manchmal aber auch gespielte Witz-Szenen. Sie faszinierten anfangs durch ihre schiere technische Machbarkeit – das Interesse an Filmhandlungen wuchs dagegen erst Jahre später.
[Bearbeiten] Die ersten Jahre
In den ersten Jahren des Films wurden die kurzen Streifen als Teil von Revuen in Varieté-Theatern vorgeführt und waren in erster Linie der Mittelschicht vorbehalten. Die Brüder Lumière machten ein großes Geschäft damit, ihren Cinématographen an Schausteller in aller Welt zu verleihen. Als sie die steigende Nachfrage nach Filmprojektoren nicht mehr befriedigen konnten, verkauften sie das Patent zur Gerätherstellung.
Da die Brüder Lumière den Film nur als eine Ergänzung zur Fotografie sehen – sie sprechen von „lebender Fotografie“ –, beschränken sie sich in ihrer Arbeit auf die Dokumentation realer Ereignisse. In diesen Filmen wird die Krönung des Zaren Nikolaus II ebenso dokumentiert wie die Fütterung eines Bébés oder die Einfahrt eines Zuges (L’arrivée d’un train à la gare de la Ciotat). Eine Ausnahme bildet ihr humoristischer Film L’arroseur arrosé, in dem sie erstmals eine nachgestellte Szene filmen.
Der französische Illusionist und Theaterbesitzer Georges Méliès ist jedoch der erste, der das narrative Potential des jungen Mediums erkennt und ausschließlich inszenierte Filme dreht. Für die Umsetzung seiner weitgehend phantastischen Stoffe und Szenen entwickelt Méliès bereits Filmtricks, z. B. den Stopp-Trick, der noch heute angewandt wird. Mit Die Reise zum Mond gelang Méliès 1902 ein frühes Meisterwerk, das vollständig mit Trickeffekten hergestellt wurde. Dieser Film wird häufig als erstes bedeutendes Exemplar des Genres Sciencefiction-Film bezeichnet.
Doch Méliès fühlt sich stark den Regeln des Theaters verpflichtet, und so verharrt sein filmisches Bildvokabular weitgehend auf einer Einstellungsgröße, der Totalen. Diese entspricht nämlich dem Bildausschnitt, den auch ein Theaterzuschauer auf der Bühne sehen würde. Méliès macht diesen „Stil“ mit Hilfe seines immensen Filmausstoßes und der weltweiten Vermarktung jedoch zu einer gängigen Praxis.
Der erste bekannte Film, der mit dieser Regel bricht (The Little Doctor, 1902), stammt von dem britischen Filmproduzenten George Albert Smith. Smith zeigt zum ersten Mal die Nahaufnahme einer Katze und legt dadurch einen Grundstein für filmisches Erzählen. Durch den Perspektivenwechsel, durch die Variation der Bildgrössen und folglich durch die Montage, die diese Wechsel in einen Rhythmus bringt, entwickelt sich in den folgenden Jahren eine Filmsprache.
Als wegweisend für den erzählenden Film wird der 12minütige Film Der große Eisenbahnraub (1903) von Edwin S. Porter angesehen. In diesem ersten Western wird ein Zugüberfall von der Durchführung über die Flucht bis hin zum Showdown geschildert.
Das Interesse an dem neuen Medium Film stieg im Nu, so dass eine neue Marktidee aufkam: die Einrichtung ortsfester Kinos. Auch die fallenden Preise für Vorführgeräte verlockten Unternehmer dazu, Lichtspielhäuser – sogenannte Kintöppe (Deutschland) bzw. Nickelodeons (USA) – zu eröffnen. Mit der Einrichtung der ersten festen Kinos stieg auch die Nachfrage nach neuen Filmaufnahmen. Wurden bisher die Aufnahmen der verschiedenen Schausteller und Filmunternehmer nur selten ausgewechselt, da sich in jeder Stadt wieder neues, erstauntes Publikum fand, so war mit den ersten Kinos Innovation gefragt. Die Filme bekamen erstmals Handlung verpasst. Die zumeist komischen Sketche bzw. Einakter wuchsen in den 1900er Jahren auf eine Länge von bis zu zehn Minuten, was der maximalen Kapazität einer Filmrolle entsprach (one-reeler).
Die führenden Filmproduktionsgesellschaften waren die französischen Pathé Frères und Gaumont, die noch vor der Jahrhundertwende die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Films entdeckten, und die ganze Welt mit ständig neuen Kurzfilmen versorgte. Ab etwa 1900 entstehen jedoch auch in einigen anderen Ländern erste Filmgesellschaften - der internationale Austausch an Filmen begann zu florieren und erste Filmverleihe entstanden, um die rasch wachsende Zahl der Kinos zu leistbaren Preisen mit den Filmen versorgen zu können. Kino wurde so zu einem Volksvergnügen für die breiten Massen. In den USA betrug der Eintrittspreis anfangs lediglich fünf Cents (einen nickel, daher auch der Begriff Nickelodeon). Man saß gemeinsam im Dunkeln und bekam endlich Einblicke in die Welt der Reichen und Schönen, von der man bislang ausgeschlossen war.
[Bearbeiten] Ton in der Stummfilmzeit
siehe auch Hauptartikel Tonfilm
Wenn die Notwendigkeit bestand, Handlungen zu erklären, wurden bis 1908 unsystematisch Filmerklärer eingesetzt, danach meistens Texttafeln mit erklärenden Zwischentiteln. Im japanischen Kino gab es ab etwa 1908 einen oder mehrere Benshi, die die Filme erklärten und alle Rollen live während der Vorführung sprachen. Zu allen Stummfilmen lief Musik, entweder in Form einer für den Film geschriebenen Partitur oder als Improvisation eines Musikers. Gespielt wurde meistens am Klavier. Klavierspieler in den Kinos wurden auch Tappeure genannt. Der Umfang und die Qualität der musikalischen Begleitung hingen vom Kino ab, für Galaveranstaltungen und Premieren großer, auwändiger Filme, die ab Mitte der 1910er-Jahre allmählich entstanden, wurden teilweise ganze Orchester zur Begleitung engagiert. Einige Kinos verfügten über eigens konstruierte Kinoorgeln die auch Geräuscheffekte ermöglichten. Als Deutschlands bekanntester Stummfilmpianist gilt Willi Sommerfeld, in Österreich ist Gerhard Gruber der bedeutendste Stummfilmbegleiter am Klavier.
Von Beginn der Filmprojektion an bestand der Wunsch, die stummen Filme mit Ton auszustatten. Zeitungskritiken zu den ersten Filmvorführungen sprachen, bei aller Bewunderung für die „Lebende Photographie“, den Mangel der stummen Bilder deutlich aus. Zu den ersten Filmvorführungen z. B. in Ostfriesland wurde durch den Wanderkinopionier als Hintergrundvertonung Militärmusik mittels des Phonographen gespielt. Von 1904 an führten die Wanderkinos auf den Jahrmärkten mittels Nadeltonverfahren die sog. „Tonbilder“, mit speziell für die Filme produzierten Schallplatten, auf. Diese Tonbilder konnten sich noch bis in die Frühzeit der ersten Ladenkinos im Programm jedes Kinos halten. Die Qualität war schlecht und die Platten liefen fast nie synchron zu den Bildern; für die von etwa 1915 an üblichen längeren Filme hatten die damaligen Schallplatten auch eine viel zu kurze Laufzeit, so dass die „Tonbilder“ bald wieder verschwanden.
[Bearbeiten] Zwischen erster Krise und Erstem Weltkrieg
1907/1908 gab es erstmals eine Krise in der Filmgeschichte. Die Besucherzahlen gingen zurück, da die häufig wenig phantasievollen und kurzen Produktionen an Attraktivität verloren. Erstmals setzte man sich mit Filmtheorie und Filmsprache auseinander. In Frankreich reagierte man darauf mit der Orientierung an zeitgenössischen, literarischen Vorlagen. Die Produktionen wurden länger und behandelten nun komplexere Geschichten. Diese französische Innovation nannte sich „Film d'Art“ und fand Nachahmer in vielen Ländern der Welt. Im deutschsprachigen Raum orientierte man sich an deutschsprachiger Literatur - vor allem Volksstücke. Die Wiener Kunstfilm-Industrie stellte den Bezug zu solchen Filmen bereits in ihrem Firmennamen her. Laiendarsteller und Bekannte der Filmproduzenten wurden von nun an durch professionelle Schauspieler, die häufig vom Theater kamen und sich als Filmschauspieler ein Zusatzeinkommen verschafften, ersetzt. Von der Filmschauspielerei alleine konnte sich vorerst kaum jemand ein Leben finanzieren. Zu den ersten die dazu jedoch im Stande waren zählte die dänische Schauspielerin Asta Nielsen, die mit den damals international weit verbreiteten dänischen Filmen Bekanntheit erlangte und zum wahrscheinlich ersten weiblichen Filmstar avancierte.
In Dänemark und den anderen skandinavischen Ländern sowie dem Ursprungsland des Films, Frankreich, war der Film zu dieser Zeit bereits eine anerkannte Kunstform. Im deutschen Sprachraum war dieses anders. Das Bildungsbürgertum blickte auf den Film als anspruchslose Unterhaltungsform für die Unterschicht herab, was zumindest in den ersten Jahren des Films nicht einer gewissen Berechtigung entbehrte. Diese Einstellung wurde jedoch noch zumindest bis in die 1920er-Jahre beibehalten, und bis 1914 verboten große Theater des deutschsprachigen Raums ihren Schauspielern in Filmen mitzuwirken. Die staatlichen Zensurstellen veranlassten zudem häufig das Herausschneiden gesellschaftskritischer oder „anrüchiger“ Szenen. Der deutschsprachige Film bekam seine entscheidenden Impulse in seiner frühen Phase von komödiantischen Wandertruppen, dem Kabarett, dem Boulevard- und Schmierentheater. Hier wusste man, wie man Stücke erarbeitet und Spannung erzeugt. Die ersten Filmlustspiele waren von Schwank und Operette beeinflusst. Zum ersten deutschen Filmstar wurde Henny Porten. In Österreich war es Liane Haid.
In den folgenden Jahren erforschten die Filmschaffenden nach und nach die Möglichkeiten des Films. Kulissen und Dekorationen wurden aufwändiger, die Handlungen komplexer, und auch die technischen Ansprüche, vor allem bezüglich der Belichtung, stiegen. Das Filmemachen wurde dadurch teurer, und aufwändige technische Ausstattung konnten sich die wenigsten leisten. Private Filmemacher hatten somit immer weniger Chancen auf dem Filmmarkt, der Regisseur nicht mehr die alleinige Verantwortung über die Filme.
In den Vereinigten Staaten explodierte die Filmindustrie förmlich, denn der Hunger der Kinogänger nach neuen Filmen war schier unersättlich. Im Jahr 1909 war Film bereits „Big Business“, in den USA expandierte die Branche um 25 Millionen Dollar jährlich. Wegen der riesigen Nachfrage gründeten die größten Filmverleiher die Motion Picture Patents Company (MPPC), um ihre Marktanteile zu halten. Sie gingen davon aus, dass das technische Equipment der Boden ist, auf dem das Filmgeschäft baut. Zusammen hielten sie 16 Patente auf Aufnahme- und Vorführgeräte. Gleichzeitig schlossen sie einen Exklusiv-Vertrag mit Eastman Kodak, damals praktisch dem einzigen Lieferanten von Filmmaterial. Darüber hinaus machten sie über ein spezielles Lizenzierungs-System Druck auf die Kinobetreiber, möglichst nur noch Filme aus ihrer Produktion zu zeigen.
Unabhängige Filmproduktionen in den Vereinigten Staaten wurden von organisierten Banden, unterstützt von Polizei und Sheriffs, sabotiert; Kinos wurden demoliert, Schauspieler verprügelt und Geräte beschlagnahmt. Die freien Produzenten versuchten dennoch, ihre Projekte zu verwirklichen. Die Dreharbeiten wurden von Bewaffneten geschützt. Teilweise wurde mit dem gesamten Set jeden Tag an einem anderen Ort gedreht. Der größte Teil der amerikanischen Filmindustrie war zu dieser Zeit in New York ansässig, wo sich die oben beschriebenen Szenen auch abspielten. In den folgenden Jahren begann die Macht der MPPC zu bröckeln und auch unabhängige Produzenten konnten erfolgreich arbeiten.
Von 1910 an ließen sich in Hollywood verschiedene Filmschaffende nieder, unter ihnen William Fox, Samuel Goldwyn und Adolph Zukor, und legten den Grundstein für die spätere Traumfabrik. Grund für die Wahl Kaliforniens war zum einen die große Entfernung von den brancheninternen Revierkämpfen an der Ostküste, zum anderen das sonnige Wetter: Aufgrund des relativ lichtunempfindlichen Filmmaterials und des damaligen Standes in der Lichttechnik, war Tageslicht die wichtigste Beleuchtungsquelle beim Dreh.
Die „Kunst des Erzählens“ wurde in den 1910er Jahren perfektioniert, und zwar auch außerhalb der Vereinigten Staaten. Italienische Monumentalfilme wie Cabiria (1914) setzten Maßstäbe in Sachen Produktionsaufwand. Bekannter und einflussreicher sind jedoch die Filme des Amerikaners David Griffith, aus denen Die Geburt einer Nation (1915) und Intoleranz (1916) als Meilensteine herausragen.
Im Ersten Weltkrieg isolierten sich die Mittelmächte, allen voran Deutschland und Österreich, weitgehend von Filmimporten aus den nun teils verfeindeten großen Filmnationen, allen voran Frankreich. Die heimische Filmwirtschaft erfuhr dadurch zumindest im inländischen Markt einen starken Aufschwung, der auch in die wirtschaftlich schwierige Nachkriegszeit mitgenommen werden konnte. Die Verknüpfung der Filmszenen der im Kriege verbündeten Nachbarländer Österreich und Deutschland fand hier ebenfalls ihren Anfang. Die erstarkte deutsche Filmwirtschaft rund um ihre Hauptstadt Berlin wurde nach dem Weltkrieg zum Arbeitsplatz zahlreicher österreichischer Filmschaffender. Aber auch deutsche Schauspieler und Regisseure wirkten in den folgenden zwei, drei Jahrzehnten häufig in Filmstudios der österreichischen Hauptstadt Wien.
Mit dem Ersten Weltkrieg erfuhr der Film zudem eine weitere Funktion: jene der Propaganda. Bereits im September 1914 wusste die Wiener Kunstfilm-Industrie in ihrem Kriegs-Journal begeistert vom Frontgeschehen zu berichten. 1915 folgte die Einrichtung einer Filmexpositur im k.u.k. Kriegspressequartier, dessen Leitung der bedeutendste österreichische Produzent jener Jahre, Sascha Kolowrat-Krakowsky, übernahm. Es entstanden weitere geschönte Kriegs-Wochenschauen und zahlreiche Propagandafilme wie Mit Herz und Hand fürs Vaterland mit dem Star des österreichischen Film, Liane Haid. In Deutschland erkannte man ebenfalls bald die kriegsdienlichen Möglichkeiten des Films. Die Deulig, gegründet Ende 1916, sollte im Ausland Sympathien für Deutschland wecken und mit dem Bild- und Filmamt (BUFA) schuf man Anfang 1917 auch hier eine zentrale Stelle zur Steuerung der propagandistischen Filmproduktion. Es folgte die Zentralisierung der deutschen Filmproduktion, zu dessen Zweck gegen Kriegsende die UFA gegründet wurde. Sie entwickelte sich nach dem Krieg zu einer der weltweit wichtigsten Produktionsstätte von Filmen in den 1920er Jahren. Aber auch die Kriegsgegner wussten den Film als Propagandamittel einzusetzen. In den Vereinigten Staaten etwa warb The Battle Cry of Peace (1915) für den Kriegseintritt.
[Bearbeiten] Nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Beginn der Tonfilmära
Vor dem Ersten Weltkrieg war Frankreich der bedeutendste Filmproduzent der Welt, denn dort wurden bis 1914 noch mehr Filme produziert als in den USA. Französische Unternehmen hatten von Anfang an auf Expansion gesetzt und verfügten europaweit über Vertriebsstellen und Kinos. Der Krieg isolierte die Filmwirtschaften der beiden Bündnissysteme voneinander und beanspruchte Rohstoffe, die auch zur Filmherstellung notwendig waren, was für das international orientierte und produktionsstarke Frankreich einen schweren Rückschlag bedeutete. Für andere Länder wiederum, wie etwa Österreich oder Deutschland, bedeutete der Erste Weltkrieg eine Entledigung von der bis dahin so starken ausländischen Konkurrenz. Heimische Filmhersteller blüten regelrecht auf. Die Qualität der Produktionen stieg aber nicht in der selben Relation wie die Anzahl der Produktionen. Anfang der 20er-Jahre stellte sich dieses als fatal heraus, da die rasch expandierende US-Filmindustrie, die wirtschaftlich wesentlich besser organisiert war als die europäischen Unternehmen, nun eine bedrohliche Konkurrenz für den europäischen Film darstellte.
Sehr beliebt beim Publikum waren von Anfang an Slapstick-Komödien, deren bekanntester Vertreter, Charlie Chaplin, schon in den 1910er Jahren mit kurzen Sketchen großen Erfolg hatte. Mit The Kid (1921) drehte er seinen ersten abendfüllenden Film, auf den noch eine Reihe von Meisterwerken in den 20ern folgten (zum Beispiel Goldrausch). Auch Buster Keaton war ein Star des Slapsticks und für seine regungslose Mimik berühmt. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören Der General (1927) und Steamboat Bill junior (1928). Während Chaplin auch in der Tonfilmära noch künstlerisch tätig war, bedeutete das Ende des Stummfilms das Ende der Karriere Keatons.
In Europa bestand seit den 1910er Jahren ein besonderes Interesse am kunstvollen Film. Daraus entwickelte sich Schritt für Schritt die Avantgarde des Stummfilms. Einige besonders ausgeprägte Stilrichtungen sollen im Folgenden beschrieben werden.
In Frankreich erlebte der Film eine Blütezeit mit künstlerischen Ansätzen, die zunächst dem Impressionismus angelehnt waren, später aber mehr zum Surrealismus tendierten. Künstler wie Luis Buñuel oder Jean Cocteau prägten diese Stilrichtung mit Filmen wie z. B. Ein andalusischer Hund (1929).
Der deutsche und österreichische Film dieser Zeit entwickelte eine besondere Ästhetik, die sich an der expressionistischen Malerei orientierte. Als erster expressionistischer Film gilt Das Cabinet des Dr. Caligari (1919) von Robert Wiene, dessen Elemente der expressionistischen Filmästhetik von den somnambulen Charakteren über die Schattenmalereien bis hin zu den spitzwinklig verzerrten Kulissen reichen. Weitere Vertreter dieser Stilrichtung sind der Gruselfilm Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (1922) von Friedrich Wilhelm Murnau und Das Wachsfigurenkabinett (1924) von Paul Leni. Bedeutende expressionistische Werke kamen auch aus Österreich, wo das Stummfilmerbe allerdings erst spät zu erforschen begonnen wurde, weshalb viele Bereiche filmwissenschaftlich erst unzureichend verarbeitet werden konnten. Gesicherte Belege für die Integration expressionistischer Stilelemente in österreichischen Filmen sind Robert Wienes „Orlacs Hände“ (1924) und Hans Karl Breslauers „Die Stadt ohne Juden“ (1924).[1] Ihren Kulminationspunkt erreicht die Epoche in dem Film Metropolis (1927) von Fritz Lang, der zugleich einer der ersten wegweisenden Sciencefiction-Filme ist.
Die russische Avantgarde zählt Künstler wie Sergej Eisenstein in ihren Reihen, der die Montagetechnik maßgeblich beeinflusste. Sein bekanntester Film, Panzerkreuzer Potemkin (1925) erzählt von einem Aufstand auf dem gleichnamigen Schiff und der Konfrontation der Meuterern mit der russischen Armee in Odessa. Einige Szenen aus dem Film, darunter die Treppenszene in Odessa, gehören zu den meistzitierten in der Filmgeschichte. Der Russe Dsiga Wertow hingegen war ein Vertreter des so genannten absoluten Films, durch den eine universale Filmsprache ohne sprachliche Hürden propagiert wurde. Sein berühmtestes Werk ist Der Mann mit der Kamera (1929), ein vielschichtiges Bild der Stadt Moskau durch das Auge eines Kameramannes.
Mitte der 1920er-Jahre erlebte der europäische Stummfilm seine schwerste Krise. Da die US-Produzenten ihre Produktionskosten bereits in den USA hereinspielen konnten, wurden die Filme in Europa zu wesentlich niedrigeren Preisen vertrieben. Der enorme Ausstoß der US-Filmindustrie von jährlich über 1000 Filmen, die europäische Produktionen vom Markt verdrängte, bedeutete für zahlreiche Unternehmen das Ende. Die britische, französische und italienische Filmindustrie kamen als erste nahezu zum Erliegen. In Großbritannien wurde der Tiefpunkt im „schwarzen November“ 1924 erreicht, als sich kein einziger Film in Produktion befand. Auch andere bis dahin große Filmproduzenten, etwa Österreich und Dänemark, traf es nicht weniger hart. Es wurde ein Eingreifen der Politik gefordert. In den meisten Ländern kam es bis 1926, 1927 zu Gesetzen, die die Einfuhr US-amerikanischer Produktionen, oder ausländischer Produktionen generell, einschränkten: Importbeschränkungen, Zölle, Förderungen an heimische Produzenten usw.
Um Filmemachern eine größere Partizipation am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Filme zu ermöglichen, wurde 1919 die zuerst nur als Verleihfirma, später aber auch als Produktionsfirma tätige United Artists von Charlie Chaplin, Mary Pickford, Douglas Fairbanks sen. und David Griffith gegründet.
[Bearbeiten] Das Ende der Stummfilmära am Beispiel der USA
In den späten 1920er und den frühen 1930er Jahren wurde der Stummfilm durch den Tonfilm - auch „Talkie“ genannt - abgelöst. Am Ende setzte sich das Verfahren durch, bei dem sich die Tonspur mit auf dem Film befand.
Künstlerisch hatte der Stummfilm ab Mitte der Zwanziger Jahre einen Höhepunkt erreicht. Hollywood war damals der Magnet für internationale Fachkräfte und da es im Stummfilm per se keine Sprachbarrieren gab, konnte eine sehr fruchtbare Wechselwirkung zwischen individueller Kreativität und technischem Know-How entstehen. Regisseure wie Victor Sjöström, Mauritz Stiller, Jacques Feyder, Ernst Lubitsch, Paul Leni, Josef von Sternberg, Erich von Stroheim, Harrie d'Abbadie d'Arrast und Maurice Tourneur hatte teilweise sehr erfolgreiche Karrieren. Gleiches galt für die Schauspieler, die in Hollywood arbeiteten. Als Beispiele mögen genügen: Vilma Bánky (Ungarin), Greta Garbo (Schwedin), Camilla Horn (Deutsche), Emil Jannings (Deutscher), Pola Negri (Polin), Alla Nazimova (Russin), Nils Asther und Lars Hanson (Schweden), Ramon Novarro (Mexikaner). Es gab damals soviele ausländische Stars, dass die nationale Filmpresse in den USA bereits xenophobe Artikel veröffentlichte, die vor einer Überfremdung der heimischen Industrie warnten. Die dramaturgische Dichte und ausgefeilte Darstellungstechnik die Streifen wie Hotel Imperial von Mauritz Stiller aus dem Jahr 1927 oder Show People, einer Komödie mit Marion Davies aus dem Jahr 1928 aufweisen, konnte der Tonfilm erst viele Jahre später erreichen. Interessanterweise waren gerade die stummen Verfilmungen populärer Operetten in diesen Jahren Kassenmagneten, angefangen von The Merry Widow - Regie Erich von Stroheim bis hin zu The Student Prince von Ernst Lubitsch. Wirklich vermissen tat der Zuschauer somit den Dialog nicht.
Die Gründe für die letztendliche Einführung des Tons waren daher hauptsächlich wirtschaftlicher Art. Die Zuschauerzahlen stagnierten mit rund 55 Millionen Zuschauern wöchentlich seit 1926 auf mittlerem Niveau. Zur größten Konkurrenz wurde zunehmend das Radio, wo sehr populäre Shows, Hörspiele und Sportreportagen ein Millionenpublikum fesselten. Das Studio Warner Brothers hatte vor dem Hintergrund bereits seit Mitte der Zwanziger Jahre gemeinsam mit der Firma Western Electronic unter dem Namen Vitaphone tonunterstützte Filme produziert. Der am 6. August 1926 uraufgeführte Streifen Don Juan mit dem sehr populären Broadwayschauspieler John Barrymore wurde ein großer Erfolg, Bei diesen frühen Werken lief die Tonspur parallel auf einem einem anderen Medium, häufig auf Matrizen, die Schallplatten vergleichbar waren (sog. Nadeltonverfahren). Ermutigt von den Erfolgen brachten Warners weitere Tonfilme in die Kinos. Die Neuerung bestand in der integralen Bedeutung des Dialogs für die Handlung. Waren in den vorherigen Werken meistens nur Monologe zu hören, konnte das Publikum nunmehr echte Gespräche zwischen den Schauspielern verfolgen. Als offizieller Beginn der Tonfilmära gilt der 6. Oktober 1927, als der Film The Jazz Singer/Der Jazzsänger uraufgeführt wurde. Allerdings machen die gesprochenen Teile nur knapp ein Viertel der Gesamtlaufzeit des Films aus.
Das Publikum war sehr angetan von der Neuerung und Warners nutzten die Neugier, um weitere dialogunterstützte Filme zu produzieren. Das Studio wurde dank des starken Zuschauerzuspruchs eine Zeit lang das profitabelste Unternehmen der Filmbranche und produzierte Mitte 1928 mit Lights of New York den ersten Film, der komplett nur aus Dialogen besteht. Warners bekamen rasch Konkurrenz von William Fox, dem zu diesem Zeitpunkt mächtigsten Mann im Filmgeschäft. Er stand kurz vor der Übernahme der neu entstandenen Filmgesellschaft MGM und erkannte das Potential, das in der Invovation des Tonfilms lag. Dabei stützte sich Fox auf ein anderes zukunftsträchtigeres Soundsystem als Warners, die die Tonspur in einem komplizierten Verfahren mit dem Filmspur synchronisieren mussten. Die übrigen Studios zögerten teilweise lange, ehe sie ebenfalls die Investitionen für das notwendige technische Equipment wagten. Besonders Irving Thalberg, Produktionschef bei MGM war skeptisch über die Zukunft der Neuerung. Erst Mitte 1928, als die New Yorker Finanzgeber der großen Studios sich für den Tonfilm entschieden hatten, begann auch MGM Tonfilme zu produzieren. Es war der Tontechniker Douglas Shearer, Bruder von Hollywoodstar Norma Shearer, der ein Verfahren perfektionierte, die Tonspur auf die Filmspur zu kopieren. Mit dem Slogan All Talking, All Dancing, All Singing wurde Anfang 1929 der Streifen The Broadway Melody beworben, der erstmals das neue Verfahren präsentierte. Der Film gewann als zweiter Film den Oscar als Bester Film des Jahres und etablierte die Hauptdarstellerin Bessie Love als ersten Gesangsstar der neuen Epoche.
Eine Zeit lang existierten noch sog. Hybridfilme, die nur Dialogpassagen oder Soundeffekte aufwiesen. Die Studios brachten mitunter auch etablierte Streifen erneut heraus, die mit zuätzlichen Geräuscheffekten versehen waren Zu den bekannteren Beispielen zählen Seventh Heaven, The Patriot und The Wedding March. Darüber hinaus produzierte man für die Kinos, die noch nicht auf Tonfilme umgerüstet waren, eine stumme Vision des Streifens mit dazu. Der erste Film, für den das nicht mehr gemacht wurde, war Wise Girls aus dem Jahr 1929. Nachdem auch MGM sich für den Tonfilm entschieden hatte, entstand Ende 1929 mit The Kiss dort der letzte reine Stummfilm aus US-amerikanischer Produktion.
Die primitive Aufnahmetechnik machte es notwendig, dass die Schauspieler während ihrer Dialoge völlig still standen und ganz gezielt in das meistens nur grob kaschierte Mikrophon sprachen. Daher wirken die meisten frühen Tonfilme extrem statisch und die Schauspieler angestrengt und immobil. Erst von 1929 an konnte der Tonfilm beginnen, sich dem hohen künsterlischen Niveau, das der Stummfilm gerade in den letzten Jahren erreicht hatte, wieder zu nähern. Wichtige Innovationen auf dem Weg zu einer neunen, integrativen Behandlung des Tons für die Dramatik der Handlung waren Werke wie Applause von Rouben Mamoulian, The Love Parade und Monte Carlo von Ernst Lubitsch sowie In Old Arizona, der ersten Großproduktion, die außerhalb des Studios sozusagen im Freien produziert wurde. Der Tonfilm bescherte Hollywood dramatisch höhere Zuschauerzahlen (von 55 Millionen wöchtentlich im Jahr 1927 auf 155 Millionen wöchentlich im Jahr 1930) und entsprechend stiegen die Gewinne der Studios. 1930, auf dem Höhepunkt der sog. Talkie Craze, dem Run des Publikums auf Dialogfilme, verdiente Paramount über 18 Millionen, den höchsten Gewinn eine Studios bis dahin. MGM konnte über 16 Millionen als Gewinn verbuchen. Erst 1946/1947 konnten vergleichbare Zahlen wieder erzielt werden. Die Neuerung brachte naturgemäß auch neue Genre mit sich. Gerade am Anfang waren dialogreiche Gerichtsdramen, Kriminalgeschichten und Salonkomödien populär. Auch konnte sich das aus den ersten Revuefilmen das Musical entwickeln.
In Hollywood bereitete der Übergang einigen Künstlern große Schwierigkeiten. Besonders ausländische Stars, die mit teilweise starkem Akzent Englisch sprachen, hatten Probleme, ihren Status zu wahren. Zu den bekannteren Opfern gehörten:
- Pola Negri, deren Karriere sich seit 1925 kontinuierlich nach unten entwickelt hatte. Sie versuchte 1932 ein Tonfilmcomeback mit dem Streifen A Woman Commands, doch das Publikum akzeptierte ihren Akzent, den das Studio euphemisch als pikant bezeichnete, nicht.
- Vilma Bánky, eine sehr populäre Ungarin, deren Aussprache ein Kritiker als seltsamen Mix aus Budapest und Chicago bezeichnete.
- Emil Jannings, der den ersten Oscar als bester Schauspieler gewonnen hatte, jedoch vor der Herausforderung des Tonfilms kapitulierte und zurück nach Deutschland ging.
- Norma Talmadge stellte unter Beweis, dass auch ein starker Brooklynakzent hinderlich sein konnte. Ihre Schwester Constance Talmadge drehte überhaupt keinen Tonfilm mehr.
Keine Regel ohne Ausnahme: Greta Garbo erlebte durch den Tonfilm noch eine Zunahme der Popularität. Das Studio setzte sie erst spät, als die Aufnahmetechnik schon verbessert war, als Schwedin in dem Streifen Anna Christie ein und warb gleichzeitig mit dem Slogan Garbo talks!. Auch Ramon Novarro und Dolores del Río machten eine erfolgreichen Wechsel ins neue Metier.
Einige Schauspieler wurden auch gerade aufgrund ihres Akzents beliebt. Maurice Chevalier stieg 1929 zum größte Star der Paramount auf, nachdem er einige erfolgreiche Musicals gedreht hatte. Ein Jahr später bewies Marlene Dietrich, dass die Fähigkeit, Englisch zu sprechen, nur ein Aspekt für beruflichen Erfolg war. Zu den Gewinnern des Tonfilms gehörten vor allem Schauspieler, die eine gewissen Bühnen- und damit Sprecherfahrung aufweisen konnten. George Arliss, John Barrymore und Ronald Colman waren schon zu Stummfilmzeiten populär und konnten durch ihre klare Diktion überzeugen. Dazu kam eine ganze Karavane von Broadwaymimen, die von 1929 an in Richtung Westen zog und dort teilweise sehr populär wurden: Ruth Chatterton, Fredric March,Nancy Carroll, Ann Harding, Barbara Stanwyck, Tallulah Bankhead um nur einige zu nennen.
Etliche Stars, die bereits in Stummfilmtagen beliebt waren, konnte sich gut bis zur Mitte der Dekade behaupten. So wurden Joan Crawford, Gary Cooper, William Haines, Wallace Beery, Richard Dix, Marion Davies, Marie Dressler, Janet Gaynor, Betty Compson, Bebe Daniels und Norma Shearer noch populärer.
Viele Karrieren endeten langsam, da sich mit dem Wechsel zum Tonfilm auch neue Vorlieben im Publikumsgeschmack ergaben. Mary Pickford, Corinne Griffith, Gloria Swanson, Lila Lee, Laura La Plante, John Gilbert und Clara Bow waren einige Namen, die zwar gut die Hürde des Mikrophons nahmen, jedoch allmählich ihre Anziehungskraft an der Kinokasse verloren. Besonders deutlich wird dieses am Beispiel von Colleen Moore, die 1923 durch den Film Flaming Youth das Image des Flapper-Girl schuf und noch 1928 mit dem Streifen Liliac Times einen der größten Hits des Jahres produzierte. Sie hatte eine angenehme Stimme, konnte passabel tanzen und drehte 1929 dahr noch einige Musicals, doch der Geschmack de Publikums hatte sich bereits zu ihren Ungunsten verändert. Flapper waren passé und Miss Moore zog sich 1930 zeitweise ins Privatleben zurück.
Manche Schauspieler machten sehr spät ihr Tonfilmdebut. Lon Chaney drehte erst 1930 seinen ersten und zugleich letzten Streifen. Lillian Gish hatte ebenfalls in dem Jahr ihre Premiere im Sprechfilm und Charles Chaplin wartete damit sogar bis 1940. Hollywood präsentierte die Stummfilmepoche schon 1939 in dem Streifen Hollywood Cavalcade mit Don Ameche und Alice Faye als längst vergangene Ära, die bestenfalls als Hintergrund für Komödien zu gebrauchen war. Eine besonders witzige Persiflage über die Panik, die Hollywood damals heimsuchte, bildet der Streifen Singin' in the Rain aus dem Jahr 1952. Besonders die Rolle von Jean Hagen als temperamentvollem Star ist stark am Charakter von Norma Talmadge orientiert.
[Bearbeiten] Bedeutende Filmschaffende des Stummfilms
Die erste Spielfilmregisseurin der Filmgeschichte war die Französin Alice Guy-Blaché, die 1896 „La Fée au Choux“ drehte. Frauen kam im Stummfilm auch hinter den Kameras eine bedeutende Rolle zu.
Der einflussreichste und erfolgreichste amerikanische Stummfilm-Regisseur war D. W. Griffith. Dessen bedeutendsten Werke sind „Intoleranz“ und „Die Geburt einer Nation“, wobei letzter wegen seiner relativ kritiklosen Verherrlichung des Ku Klux Klans umstritten ist. Aus technischer und stilistischer Sicht aber gelten seine Filme als frühe Meisterwerke des Kinos. 1919 gehörte Griffith zu den Gründern der United Artists. Die bekanntesten Stummfilme für den US-amerikanischen Filmverleih waren: „Weit im Osten“, „Zwei Waisen im Sturm“ und „Frauen sind schamlos“.
In Europa war der russische Regisseurs Sergej Eisenstein insbesondere durch seinen Stummfilm „Panzerkreuzer Potemkin“ sehr einflussreich und bekannt. Er erregte mit seiner neuen Schnitttechnik Aufsehen und prägte die filmische Sprache bis heute. Insbesondere die sogenannte Odessa-Sequenz ist legendär und wurde oft zitiert und auch parodiert. Eisenstein prägte den filmästhetischen Begriff der Montage.
Auch Deutschland, Österreich, Frankreich, England und Dänemark waren führende Filmproduzenten. Wichtigste Filmstadt im deutschsprachigen Raum war damals Berlin, wo auch viele Österreicher tätig waren. Die dort entstandenen expressionistischen Filme zählen noch heute zu den wichtigsten Werken der Filmgeschichte. So etwa „Das Cabinet des Dr. Caligari“, dessen Drehbuch von zwei Österreichern geschrieben wurde, „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ und insbesondere „Metropolis“ des österreichischen Regisseurs Fritz Lang, der für die Berliner Universum Film (UFA) tätig war. Die UFA zählte damals als größte Filmproduktionsgesellschaft des deutschsprachigen Raums. Größte österreichische Gesellschaft war die Sascha-Film, die jedoch in den 1930er Jahren wie viele andere Gesellschaften von der UFA aufgekauft wurde. Alfred Hitchcock begann seine Karriere in London als Zeichner von Zwischentiteln und Regieassistent. Zwischen 1925 und 1929 drehte er als Regisseur neun eigene Stummfilme, darunter als den berühmtesten Der Mieter (1927).
International beliebter Stummfilmschauspieler und -komiker war der Franzose Max Linder, der Charlie Chaplin als Vorbild diente. Noch heute bekannt sind neben den bereits genannten großen ernsten Klassikern vor allem amerikanische Stummfilm-Komödien von zum Beispiel Charlie Chaplin, Laurel & Hardy, Buster Keaton, Harold Lloyd, Fatty Arbuckle und W. C. Fields. Nur wenige Stars des Stummfilms schafften den Sprung zum Tonfilm, der ganz andere Ansprüche an die Darsteller hatte.
[Bearbeiten] „Moderne Stummfilme“
Auch nach Einführung des Tonfilms entstanden Filme, deren Handlung ganz oder teilweise ohne gesprochenes Wort vermittelt wird. Diese Filme sind keine Stummfilme im eigentlichen Sinn. Anders als beim echten Stummfilm handelt es sich dabei nicht um die Konsequenz des Fehlens der Tonspur (eines technischen Aspekts), sondern um das künstlerische Mittel der Verwendung sekundärer stummfilmtypischer Eigenheiten wie Schwarzweißfilm, Zwischentitel und pantomimische Elemente.
Charles Chaplin war einer der ersten Künstler, die auch nach Einführung des Tonfilms weiter auf den Stummfilm als künstlerisches Ausdruckmittel setzte. So entstanden Filme wie Lichter der Großstadt (1931) und Moderne Zeiten (1936). In den 1970er-Jahren setze Mel Brooks mit dem Film Silent Movie eine Homage an den Stummfilm. In jüngerer Zeit setzen einige Filmemacher den Stummfilm wieder als künstlerisches Ausdrucksmittel ein. So entstanden 1995 der als Hommage konzipierte Film Die Gebrüder Skladanowsky von Wim Wenders und 1999 der Film Juha von Aki Kaurismäki. In den 2000er-Jahren folgen dann The Call of Cthulhu (2005) von Andrew Leman, sowie Franka Potentes Film Der die Tollkirsche ausgräbt von 2006.
[Bearbeiten] Erforschung des Stummfilms
Experten schätzen, dass 80 bis 90 Prozent aller Stummfilme unwiederbringlich verloren sind. Dieses ist vor allem auf das damals verwendete Filmmaterial Zellulosenitrat zurückzuführen, das nach langer Lagerung zu Selbstzersetzung und Entzündung neigt.
In den 1920er Jahren wurden in den USA systematisch Nitratfilme zerstört, um daraus Silber zu gewinnen. Dazu kam das jahrzehntelange Desinteresse an Produktionen vor dem Ersten Weltkrieg. Die frühen Filme galten als 'primitiv' . Erst mit einem Treffen der FIAF 1978 setzte langsam ein Umdenken ein.
Die Suche nach verschollenen Filmen gestaltet sich sehr schwierig. Filmhistoriker forschten jahrzehntelang nach einer Kopie des verloren geglaubten Greta-Garbo-Films The Divine Women. Am Ende konnte in Moskauer Archiven ein gut zehnminütiges Fragment gefunden werden, das im New Yorker Filminstitut wieder aufgeführt wurde.
[Bearbeiten] Verfügbarkeit
Zahlreiche Stummfilme sind in den letzten Jahren auf DVD verfügbar gemacht worden. Dabei wurde die ursprüngliche Filmmusik (wenn es eine eigene Komposition für den Film gab) oft von bekannten heutigen Künstlern neu eingespielt; bei Filmen ohne eigene Musik wurde oft auf zeitgenössische Berichte über die zu einer Aufführung gespielte Musik zurückgegriffen. Neben dem Stummfilmangebot in Programmkinos werden auch dem Stummfilm gewidmete Filmfestivals und Veranstaltungen wie die StummFilmMusikTage Erlangen oder das Kino Kabarett angeboten, die historische und zeitgenössische Stummfilme in traditioneller Aufführung mit Musikern zeigen.
[Bearbeiten] Literatur
Bücher
- Kevin Brownlow: Pioniere des Films. Vom Stummfilm bis Hollywood (OT: The Parade's Gone by...). Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums Frankfurt am Main. Stroemfeld, Basel und Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-87877-386-2
- ders.: Behind the mask of innocence. Sex, violence, prejudice, crime; films of social conscience in the silent era, Knopf, New York 1990, ISBN 0-394-57747-7
- Ilona Brennicke, Joe Hembus: Klassiker des deutschen Stummfilms. 1910 - 1930.Citadel-Filmbücher. Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-10212-X
- Detlef Hoffmann, Jens Thiele: „Lichtbilder, Lichtspiele“. Anfänge der Fotografie und des Kinos in Ostfriesland, Jonas-Verlag, Marburg 1989, ISBN 3-922561-84-5
- Gabriele Jatho / Rainer Rother (Hg.): City Girls. Frauenbilder im Stummfilm, Berlin: Bertz+Fischer, 2007, ISBN 3865051774
- Walter Kerr: The Silent Clowns. Knopf, New York 1979, ISBN 0-394-73450-5
- Thorsten Lorenz: Wissen ist Medium. Die Philosophie des Kinos, Fink, München 1988, ISBN 3-7705-2400-4 (zugl. Universität Freiburg/B. Dissertation 1985)
- Heide Schlüpmann: Unheimlichkeit des Blicks. Das Drama des frühen deutschen Kinos, Frankfurt/M. 1990, ISBN 3-87877-373-0
Zeitschriften
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Thomas Ballhausen und Günter Krenn in: Medienimpulse, Heft Nr. 57, September 2006, S. 35 - 39 (PDF)
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Stummfilm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Datenbank über Stummfilme auf DVD - engl.
- Internationale Stummfilmgeschichte im Kompendium Filmgeschichte
- Porträts deutscher Stummfilmstars - Ankauf, Verkauf und Tausch von Autogrammen aus der Stummfilmära
- Open Directory Project: Stummfilm - Linksammlung zum Thema Stummfilm
- Der erste experimentelle Tonfilm von 1894 oder 1895
- Information zu Stummfilmen
- Übersicht von Stummfilmfestivals