Verband Deutscher Studentenschaften
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Der Verband Deutscher Studentenschaften – ab 1975: Vereinigte Deutsche Studentenschaften; abgekürzt VDS oder auch vds – war bis 1990 die studentische Interessenvertretung der damaligen Bundesrepublik und West-Berlins. Dem VDS gehörten anfangs nur die Studentenschaften der Universitäten und Hochschulen mit Promotionsrecht an (ca. 50); nach der Umgründung 1975 umfasste der Verband dann auch die zuvor getrennt organisierten Fachhochschulvertretungen. Zuletzt hatte er rund 170 Mitglieder.
[Bearbeiten] Geschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg lösten die Alliierten die Deutsche Studentenschaft als NS-Organisation auf, unterstützten aber zugleich den Neuaufbau demokratischer Studentenvertretungen an den Hochschulen. Ab 1946 fanden die ersten Studententage auf Zonenebene statt; der einzige gesamtdeutsche Studententag 1948 in Berlin war aber bereits vom aufkommenden Ost-West-Konflikt überschattet.
Am 30. Januar 1949 wurde in Marburg von Vertretern der westdeutschen und West-Berliner Hochschulen der Verband Deutscher Studentenschaften gegründet. Zu diesem Zeitpunkt waren die anfangs noch frei gewählten Studentenräte in der damaligen sowjetischen Besatzungszone längst von SED und FDJ gleichgeschaltet worden, so dass der VDS im Juli 1949 schließlich jede Zusammenarbeit mit ihnen abbrach.
In der Folgezeit setzte sich der Verband vornehmlich für die Betreuung von Flüchtlingsstudenten und politisch verfolgten Kommilitonen in der DDR, für die Wiederanknüpfung von Auslandskontakten sowie für die sozialen Belange der Studierenden ein. Als größter politischer Erfolg des VDS gilt bis heute die Einführung einer allgemeinen Studienförderung nach dem sogenannten „Honnefer Modell“ 1957, aus dem später das heutige BAföG hervorging. Später traten Forderungen nach einer grundlegenden Reform der Hochschulen, insbesondere nach studentischer Mitbestimmung, in den Vordergrund. So verfasste eine Kommission des VDS 1962 eine vielbeachtete Denkschrift zur Gründung und Ausgestaltung neuer Hochschulen.
Politisch verstand sich der VDS bis in die 1960er Jahre hinein als neutrale Interessenvertretung aller Studenten. Parteipolitische Gruppen spielten seinerzeit nur eine geringe Rolle, zumal die lokalen Studentenausschüsse lange Zeit nicht aus Listenwahlen hervorgingen, sondern sich – wie heute wieder an einigen ostdeutschen Hochschulen – aus direkt gewählten Fakultätsvertretern zusammensetzten. Auch traditionelle Studentenverbindungen waren anfangs im VDS verpönt; erst 1956 gelang es einem Angehörigen einer schlagenden Verbindung, zum Vorsitzenden des VDS gewählt zu werden. Für die Offenheit des damaligen VDS spricht, dass sein Nachfolger wiederum dem Sozialistischem Deutschen Studentenbund (SDS) angehörte; beide achteten im Übrigen streng darauf, nicht als Vertreter ihrer jeweiligen Gruppierung wahrgenommen zu werden.
Im Zuge der Studentenbewegung Ende der 60er gewannen indes linke Gruppen die Mehrheit in den ASten und im VDS. 1969 versuchte die Führung des SDS vorübergehend, den aus ihrer Sicht „reaktionären“ VDS ganz zu zerschlagen, nachdem dessen Umwandlung in einen „revolutionären Kampfverband“ nicht gelungen war. Innerhalb weniger Monate wurden die Bonner Geschäftsstelle aufgelöst und sämtliche Vermögenswerte verkauft. Nach Veröffentlichung einer „Liquidierungserklärung“ trat der SDS/VDS-Vorstand schließlich Ende 1969 zurück, und vom Amtsgericht wurde ein Notvorstand bestellt. Nach der Selbstauflösung des SDS übernahmen in den 70er Jahren andere linke Gruppen – MSB Spartakus, Sozialistischer Hochschulbund (SHB), Juso-Hochschulgruppen, Liberaler Hochschulverband und Basisgruppen – die Führung des so geschwächten VDS. Auch der 1975 erfolgte Zusammenschluss mit den Fachhochschulverbänden konnte den politischen Bedeutungsverlust des Verbandes langfristig nicht aufhalten.
Anfang 1990 brachen die Vereinigten Deutschen Studentenschaften schließlich im Streit auseinander, nachdem sich die verschiedenen in ihr vertretenen „Strömungen“ weder über die künftige Arbeit des Verbandes noch über die Bewertung des chinesischen Tian'anmen-Massakers im Sommer 1989 einigen konnten. Nach dem Auszug von Juso-Hochschulgruppen und Basisgruppen waren die VDS faktisch tot; eine offizielle Auflösung erfolgte mangels Beschlussfähigkeit nie.
Als Nachfolger gilt der 1993 gegründete freie zusammenschluss von studentInnenschaften.
[Bearbeiten] VDS-Ehemalige bei Wikipedia
- Rudolf von Bennigsen-Foerder (Vorstand 1949/50, später VEBA-Chef)
- Wolfgang Bergsdorf (VDS-Sozialreferent 1963/64, heute Präsident der Universität Erfurt)
- Dieter-Julius Cronenberg (Vorstand 1954/55, später Bundestagsvizepräsident)
- Frank Dahrendorf (Vorstand 1956/57, später Justizsenator in Hamburg und Innensenator in Berlin)
- Eberhard Diepgen (Vorstand 1965/66, später Regierender Bürgermeister in Berlin)
- Carl-Heinz Evers (Mitbegründer des „Amts für gesamtdeutsche Studentenfragen“, später Schulsenator in Berlin)
- Volker Gerhardt (Vorstand 1968/69, heute Philosophieprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin)
- Rudolf Hartung (Vorstand 1975/76, SPD-Politiker)
- Hannes Heer (Vorstand 1969, heute freier Autor und Ausstellungsmacher)
- Walter Hirche (Vorsitzender 1966/67, heute Wirtschaftsminister in Niedersachsen)
- Lothar Krappmann (Vorsitzender 1962-64, später Professor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin)
- Günter Meyer (Vorstand 1961/62, später CDU-Politiker und Staatsminister in Sachsen)
- Björn Pätzoldt (Vorstand 1968/69, heute Verleger)
- Ottmar Schreiner (Vorstand 1973/74, SPD-Politiker)
- Dietrich Spangenberg (Leiter „Amt für gesamtdeutsche Studentenfragen“ des VDS 1951-58, später Senatskanzleichef in Berlin und Staatssekretär in Bonn)
- Dieter Wellershoff (Chefredakteur Deutsche Studentenzeitung, heute freier Schriftsteller)