Faschoda-Krise
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Die Faschoda-Krise ist ein Konflikt, der 1898 zwischen Großbritannien und Frankreich stattfand. Für die III. Französische Republik war die Faschoda-Krise neben dem Panamaskandal und der Dreyfus-Affäre die dritte große Krise innerhalb von 10 Jahren.
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[Bearbeiten] Interessen
Großbritannien hatte sich zum Ziel gesetzt, einen Nord-Süd-Gürtel von Kolonien in Afrika, vom Kap der Guten Hoffnung bis Kairo, zu errichten. Frankreich wollte dagegen einen Ost-West-Gürtel, von Dakar bis Dschibuti. Die Ansprüche beider Staaten kollidierten schließlich in dem kleinen sudanesischen Ort Faschoda (seit 1905 Kodok) am Weißen Nil. Dort hatten die Ägypter 1820, zur Zeit Muhammad Ali Paschas, ein kleines Fort errichtet, das aber seit Jahren verlassen und verfallen war.
[Bearbeiten] Verlauf
[Bearbeiten] Kitchener
Als Sirdar (Oberbefehlshaber) der ägyptischen Armee vertrat der britische General Kitchener formal den ägyptischen Khediven, nicht die britische Regierung in London. Ägypten hatte Sudan in den Jahren seit 1819 schrittweise erobert, durch den Mahdi-Aufstand aber die tatsächliche Kontrolle über das Land verloren. Mit dem Sieg in der Schlacht von Omdurman am 2. September 1898 war der Aufstand praktisch niedergeschlagen. Trotz seiner Position als "ägyptischer" General war Kitchener de facto an die Anordnungen der britischen Regierung und ihres Generalkonsuls Sir Evelyn Baring gebunden.
[Bearbeiten] Marchand
Frankreich hatte es 1882 versäumt, an der Besetzung Ägyptens teilzunehmen, und seinen zuvor großen Einfluss dort zunehmend an die Briten verloren. Eine Expedition zum Nil sollte Frankreichs Rolle in der Region aufwerten. Die Truppe unter Major Jean-Baptiste Marchand erreichte Faschoda nach ungefähr zweijähriger Reise von Brazzaville aus kommend am 10. Juli 1898 und hisste dort die französische Flagge zum Zeichen der Besitzergreifung. Das Fort wurde in Fort Saint-Louis umbenannt. Das Kontingent bestand aus 12 französischen Offizieren und ungefähr 100 afrikanischen Schützen aus dem Senegal (tirailleurs). Zum Zeitpunkt ihres Aufbruchs in Brazzaville war der Anglo-Ägyptische Feldzug in Sudan noch in vollem Gange.
[Bearbeiten] Abessinien
Frankreich hatte den Kaiser von Abessinien, Menelik II. vorab über Marchands Mission informiert. Dieser schickte eine Kavallerieabteilung zur Begrüßung in die Gegend von Faschoda, die aber lange vor den Franzosen eintraf und die Region vor dem Eintreffen Marchands bereits wieder verlassen hatte.
[Bearbeiten] Verhandlungen
Am 18. September erreichte ein britisches Kanonenboot mit Kitchener an Bord Faschoda. Die Franzosen wurden aufgefordert, ihr kleines Fort zu räumen. Die Gespräche zwischen beiden Seiten fanden in einer freundlichen Atmosphäre statt, Marchand erklärte aber, sich ohne Anweisungen seiner Regierung nicht zurückzuziehen.
[Bearbeiten] Reaktionen
Die Nachricht von der Situation in Faschoda erreichte schnell Europa und rief in der britischen und französischen Presse heftige Reaktionen hervor. Beide Regierungen reagierten besonnen. Die Franzosen waren sich ihrer Unterlegenheit bewusst und hatten einen zukünftigen Konflikt mit Deutschland im Auge, beide Seiten wollten keinen Krieg um ein abgelegenes Territorium führen und durch den formalen Anspruch Ägyptens auf Sudan waren die Briten auch rechtlich in der besseren Lage.
[Bearbeiten] Ergebnis
Der neue französische Außenminister Théophile Delcassé gab in den Verhandlungen nach und Marchand erhielt den Befehl zum Abzug. Im Sudanvertrag grenzten beide Seiten kurz darauf ihre jeweiligen Interessengebiete ab. Marchands Gruppe erreichte im Mai 1899 den Indischen Ozean. Die friedliche Beendigung dieser Krise wurde als wichtige Voraussetzung für die Entente Cordiale von 1904 betrachtet.
[Bearbeiten] Literatur
- Hillas Smith: The Unknown Frenchman: The Story of Marchand and Fashoda. - Book Guild Ltd, 2001; ISBN 1857765370
[Bearbeiten] Weblinks
- La Mission Marchand (französisch)
Siehe auch: Wettlauf um Afrika