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Horatio Herbert Kitchener - Wikipedia

Horatio Herbert Kitchener

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Kitchener als Sirdar aus Celebrities of the Army, London 1900
Kitchener als Sirdar aus Celebrities of the Army, London 1900

Horatio Herbert Kitchener, 1. Earl Kitchener of Khartoum and of Broome (* 24. Juni 1850 in Kerry, Irland; † 5. Juni 1916 westlich der Orkneyinseln) war britischer Feldmarschall und Politiker. Er schlug den Mahdi-Aufstand in Sudan nieder, war Oberbefehlshaber im Burenkrieg und Kriegsminister im Ersten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Kindheit und Erste Einsätze im Orient

Horatio Herbert Kitchener wurde 1850 als Sohn des pensionierten Oberstleutnants Henry Horatio Kitchener in Crotter House bei Listowel, County Kerry (Irland), geboren. Von 1863 bis 1868 besuchte er eine französische Schule in der Schweiz und trat danach in die britische Armee ein. Er wurde an der Royal Military Academy in Woolwich ausgebildet, nahm als Freiwilliger auf französischer Seite am Deutsch-Französischen Krieg teil und erhielt 1871 sein Patent als Leutnant im Königlichen Ingenieurkorps. Als junger Offizier führte er 1874–1878 im Auftrag des Palestine Exploration Fund die Vermessung Palästinas durch. In dieser Zeit lernte er die arabische Sprache und die Denkweise der Menschen im Nahen Osten kennen. Die durch Kitchener gesammelten Daten zur Topographie sowie zur lokalen Flora und Fauna wurden in einem achtbändigen Werk veröffentlicht. 1878 wurde Kitchener mit der Vermessung Zyperns beauftragt. Der damalige Hochkommissar von Zypern Garnet Joseph Wolseley hatte aber andere Vorstellungen vom Umfang der Vermessung, so dass diese erst von 1880–1882, nach Wolseleys Ernennung zum Oberbefehlshaber im Zulukrieg, durchgeführt werden konnte. Das schwierige Verhältnis zwischen Wolseley und Kitchener, die zum Ende des Jahrhunderts führende Positionen in der Armee besetzen sollten, wurde in dieser Zeit begründet.

[Bearbeiten] Ägypten – Der Urabi-Aufstand

Kitchener begab sich im Juni 1882 auf eigene Faust nach Ägypten, um an der Expedition zur Niederschlagung des Urabi-Aufstandes teilzunehmen. Aufgrund seiner guten Kenntnisse der Sprache wurde er in einer Spionagemission zur Vorbereitung des Feldzugs eingesetzt. Im Zuge der Besetzung Ägyptens durch Wolseley wurde die ägyptische Armee in der Schlacht von Tel-el-Kebir zerschlagen. Sie wurde anschließend unter dem Kommando eines britischen Oberbefehlshabers, des Sirdar, und britischer Offiziere neu aufgebaut. Kitchener blieb nach der Niederschlagung des Aufstandes als Hauptmann in Ägypten um am Aufbau dieser Armee mitzuarbeiten.

Kitchener nahm 1884–85 an Wolseleys Gordon Relief Expedition zur Rettung von Gordon Pascha und zum Entsatz von Khartum vor dem Mahdi-Aufstand in Sudan teil. Die Expedition erreichte die Stadt am 28. Januar 1885, zwei Tage nachdem diese gefallen und Gordon getötet worden war.

1885/86 war Kitchener Vertreter der britischen Regierung in einer gemeinsamen britisch-französisch-deutschen Kommission in Sansibar zur Klärung der Zugehörigkeit der Küstengebiete.

Im August 1886 wurde er als Oberst Generalgouverneur des östlichen Sudan und Kommandant von Suakin. Suakin und Wadi Halfa, in der Nähe der ägyptischen Grenze, waren die einzigen von anglo-ägyptischen Truppen gegen die Mahdisten in Sudan gehaltenen Orte. Suakin war für die Briten ein wichtiger Stützpunkt zur Sicherung des Seeweges nach Indien. Ende 1887 versuchte der General der Mahdisten Osman Digna die Briten aus Suakin zu vertreiben und belagerte die Stadt. Kitchener konnten die Belagerung beenden, ging zum Gegenangriff über und konnte Osman Digna aus der Region Suakin vertreiben.

[Bearbeiten] Sirdar – Die Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes

Kamelreiter der Mahdisten bei Omdurman
Kamelreiter der Mahdisten bei Omdurman

Ab 1888 arbeitete Kitchener als Generaladjutant in Kairo wieder an der Reorganisation der ägyptischen Armee, die er ab dem 9. April 1892 als Sirdar kommandierte. Ab dem Zeitpunkt seiner Ernennung zum Sirdar arbeitete Kitchener an der Vorbereitung der Rückeroberung Sudans. 1896 wurde schließlich die Anglo-Egyptian Nile Expeditionary Force unter seinem Kommando zur Besetzung des nördlichen Sudan in Marsch gesetzt. Im sog. Dongola-Feldzug kam es am 7. Juni 1896 zur Schlacht von Firket und am 23. September fiel Dongola selbst. Nachdem das Problem der langen Nachschubwege durch den Bau einer Eisenbahnlinie im großen Nilbogen von Wadi Halfa nach Abu Hamed gelöst worden war, konnte die anglo-ägyptische Armee weiter vorrücken. Von 1897 bis 1898 marschierte sie im Nil-Feldzug weiter nach Süden. Der Kalif ließ Truppen unter seinem Neffen Mahmud Ahmed und unter Osman Digna gegen die Angreifer vorrücken. Am 8. April 1898 konnten Kitcheners Truppen diesen Vorstoß am Atbara vereiteln und am 1. September 1898 standen sich die Hauptarmeen elf Kilometer nördlich der Mahdisten-Hauptstadt Omdurman gegenüber.

Am 2. September besiegte Kitchener die Mahdisten in der Schlacht von Omdurman. Für diesen Sieg erhielt er den Titel eines Barons (Lord Kitchener of Khartoum and of Aspall in the County of Suffolk, 1. November 1898) und den Bathorden. Nach der Schlacht wurden Omdurman und das vom Mahdi zerstörte Khartum besetzt, welches dann von Kitchener wiederaufgebaut wurde. Kitchener fungierte vom 2. September 1898 bis zum 19. Januar 1899 als Militärgouverneur des Landes. Die Mahdisten flohen nach Süden, wo sie am 24. November 1899 in der Schlacht von Umm Diwaykarat in der Provinz Kordofan endgültig geschlagen wurden. Das zurückeroberte Land wurde nicht an Ägypten zurückgegeben, sondern 1899 als anglo-ägyptisches Kondominium mit Kitchener, ab dem 19. Januar, als erstem Generalgouverneur konstituiert.

Kitchener-Island heute
Kitchener-Island heute

Am 18. September 1898 erreichte Kitchener mit einem Kanonenboot Faschoda. Dort war im Juli die französische Expedition unter Major Jean-Baptiste Marchand angekommen, wodurch zwischen Großbritannien und Frankreich die Faschoda-Krise ausgebrochen war. Die Vermittlung Kitcheners legte die Streitigkeiten zwischen den Mächten bei. Dies ermöglichte 1904 die Bildung der Entente.

Zum Dank für seinen Sieg im Feldzug gegen die Mahdisten erhielt Kitchener eine kleine Nilinsel neben Elephantine, die nach ihm Kitchener-Island benannt wurde. Er ließ die Insel in einen tropischen Garten voller exotischer Pflanzen verwandeln. Da der Name aus der Kolonialzeit heute nicht mehr gern gebraucht wird, heißt die Insel heute Geziret el-Nabatat (Pflanzeninsel).

[Bearbeiten] Burenkrieg

Nach einem Jahr als Gouverneur Sudans wurde Kitchener im Dezember 1899 Generalstabschef von Lord Roberts, dem Oberbefehlshaber der Briten im Burenkrieg. Kitchener kommandierte bis zur Ankunft von Roberts die erste Phase der Schlacht von Paardeberg (18.–27. Februar 1900). Der bis dahin für die Buren erfolgreiche Krieg wendete sich im Laufe des Jahres 1900 zugunsten der Briten. Lord Roberts kehrte deshalb nach England zurück und Kitchener übernahm im November 1900 den Oberbefehl. Die Buren gingen aber in dieser Zeit zu einem Guerillakrieg über, dem Kitchener mit einer Taktik der verbrannten Erde begegnete. Die Farmen in den Guerillagebieten wurden zerstört, und die Ernten vernichtet. Die Bewohner der Farmen, vor allem Frauen und Kinder, wurden in so genannten „Konzentrationslagern“ interniert. Kitchener schränkte die Bewegungsfreiheit der Buren durch ein Blockhaussystem ein. Dazu legte er zunächst eine Kette von Blockhäusern zum Schutz der Bahnlinien an. Von dort aus dehnte er das System immer weiter aus, bis am Ende ein Netz solcher Blockhäuser, mit kleinen Garnisonen, das ganze Land bedeckte und die Bewegung der burischen Guerilla behinderte. Durch seine kompromisslose Kriegsführung konnte er 1902 den Sieg über die Buren erringen. Nach dem Frieden von Vereeniging erhielt er den Titel eines Viscount (Viscount Kitchener of Khartoum and of the Vaal in the Colony of Transvaal, and of Aspall in the County of Suffolk, 11. Juli 1902).

[Bearbeiten] Indien und Ägypten

Von 1902 bis 1909 war Kitchener Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Indien. Gleich zu Begin seines Dienstes dort hatte er eine Kontroverse mit Lord Curzon, dem damaligen Vizekönig von Indien über die Befugnisse seines Kommandos. Kitchener konnte sich dabei durchsetzen und Curzon trat vom Amt des Vizekönigs zurück. Nachdem Kitchener damit die Kompetenzen des Oberbefehlshabers in Indien geklärt hatte, reorganisierte er die Truppen dort grundlegend. So wurden durch ihn die ursprünglich drei Armeen (Bengal Army, Madras Army und Bombay Army) zu einer Armee vereinigt, in der britische und indische Einheiten in einer gemeinsamen Kommandostruktur dienten, der Army of India. Es wurde das System der Mobilisierung und die Ausrüstung der Truppen verbessert.

1910 wurde er zum Feldmarschall befördert. Ein Aufstieg zum Vizekönig von Indien misslang 1911. Die Gründe dafür waren sein schlechtes Verhältnis zu Curzon – aus der Kontroverse um die Position des Oberbefehlshabers – und John Morley. Morley war bis 1910 Staatssekretär für Indien gewesen und fürchtete einen starken Vizekönig. Stattdessen wurde er 1911 bis 1914 Vizekönig von Ägypten und Sudan. Am 27. Juli 1914 wurde Kitchener zum Earl Kitchener of Khartoum and of Broome in the County of Kent erhoben.

[Bearbeiten] Kriegsminister im Ersten Weltkrieg

Plakat von Alfred Leete (1880–1933), 1914
Plakat von Alfred Leete (1880–1933), 1914

Einen Tag nach dem Eintritt Großbritanniens in den Ersten Weltkrieg wurde er von Premierminister Asquith am 5. August 1914 zum Kriegsminister des britischen Königreichs ernannt, was er bis zu seinem Tod 1916 blieb.

Kitchener sagte als einer der ersten in der britischen Führung einen mehrjährigen Krieg voraus und richtete seine Politik von Anfang an darauf aus. So stellte er binnen kurzer Zeit 70 neue Heeresdivisionen auf. Besonders erfolgreich war seine Kampagne zur Rekrutierung von Millionen Freiwilligen für den Einsatz in Frankreich (bekannt als Kitcheners Armee). Aus dieser Zeit stammt auch das bekannte Plakat, das ihn direkt auf den Betrachter weisend zeigt, verbunden mit dem Aufruf zur Erfüllung der „vaterländischen Pflicht“. Dieses Plakat wurde später kopiert, z. B. in den USA (Uncle Sam).

Kitchener in der Schlacht von Gallipoli
Kitchener in der Schlacht von Gallipoli

Sein Vorschlag einer Anlandung von Truppen bei Alexandretta in der Südtürkei zur Entlastung der Westfront wurde zugunsten der Landung bei Gallipoli verworfen. Diese scheiterte dann allerdings unter großen Verlusten. 1916 wurde bekannt, dass Kitchener frühzeitig auf eigene Faust große Mengen an Ausrüstung in den Vereinigten Staaten bestellt hatte. Im gleichen Jahr setzte er die Einführung der Wehrpflicht in Großbritannien durch.

Kitchener wurde 1914 zum Lord Rector der Universität Edinburgh gewählt.

[Bearbeiten] Kitcheners Tod

Am 5. Juni 1916 begab sich Kitchener an Bord des Panzerkreuzers HMS Hampshire auf eine diplomatische Mission nach Russland. Die HMS Hampshire verließ den Hauptstützpunkt der britischen Flotte Scapa Flow durch den Hoy Sound in Richtung Archangelsk. Wenig später lief sie jedoch westlich der Orkneyinseln auf eine Mine und sank binnen 15 Minuten. Mit Kitchener starb ein großer Teil seines Stabs und fast die gesamte 655 Mann starke Besatzung, es gab nur 12 Überlebende. Zum Untergang der HMS Hampshire gibt es eine Reihe teilweise recht abenteuerlicher Verschwörungstheorien, unter anderem die Idee, dass das Schiff nicht durch eine Mine, sondern durch eine Bombe der Irish Republican Army zerstört worden sei. Durch Lord Alfred Douglas wurde konstruiert, dass Winston Churchill verantwortlich für den Tod Kitcheners sei.

Der vorübergehender Nachfolger Kitcheners als Kriegsminister wurde der noch im gleichen Jahr zum Premierminister aufgestiegene David Lloyd George.

Nach seinem Tod wurden die kanadische Stadt Kitchener, vorher Berlin, und der Berg Mount Kitchener in den Rocky Mountains nach ihm benannt.

[Bearbeiten] Kitcheners Kriegsführung

Kitcheners Methoden der Kriegsführung waren nicht unumstritten. So wendete Kitchener zur Niederschlagung seiner Gegner oft sehr brutale Methoden an. Kitchener ließ die Leiche des Mahdi, unter anderem zur Vermeidung einer künftigen Mystifizierung, schänden. Eine derartige Schändung als Siegessymbol, analog zur Enthauptung von Gordon Pascha oder Kaiser Yohannes IV. durch die Mahdisten, war in Sudan damals aber durchaus üblich. Auch seine Methoden im Burenkrieg werden kritisiert. So ließ er Konzentrationslager errichten, in denen Frauen und Kinder der Burensoldaten unter extrem harten Bedingungen gefangen gehalten wurden.

Kitchener war der erste britische General, der die Möglichkeiten des industriellen Zeitalters (Massenmobilisierung, Infrastruktur, umfangreiche Kriegstechnik) erfolgreich einsetzte. Sein Ziel war dabei nie der reine Sieg, sondern die endgültige Unterwerfung des Feindes. Den entscheidenden letzten Schritt dazu vollzog er im Burenkrieg, als er dem Gegner seine Ressourcen entzog.

[Bearbeiten] Auszeichnungen, Ehrungen, Mitgliedschaften

[Bearbeiten] Zeittafel

 Lord Kitchener
Lord Kitchener
  • 24. Juni 1850 Geburt in Kerry, Irland
  • 1874–1878 Vermessung Palästinas
  • 1892 Ernennung zum Sirdar (Oberbefehlshaber der ägyptischen Armee)
  • 1896–1899 Sudanfeldzug - Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes
  • 1898 Verhandlungsführung in der Faschoda-Krise
  • 1899 Generalstabschef im Burenkrieg
  • 1900–1902 Oberbefehlshaber im Burenkrieg
  • 1902–1909 Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Indien
  • 1910 Feldmarschall
  • 1911–1914 Vizekönig von Ägypten und Sudan
  • 1914–1916 Kriegsminister des britischen Königreichs
  • 5. Juni 1916 Tod beim Untergang der HMS Hampshire westlich der Orkneyinseln

[Bearbeiten] Literatur

  • Arthur Hodges: Kitchener, Vorhut-Verl., Berlin 1937
  • Philip Magnus: Kitchener: Portrait of an Imperialist, London: John Murray, 1958 (gibt einen guten Überblick über die Kontroverse zwischen Kitchener und Curzon)
  • Donald Feathertone: OMDURMAN 1898, Osprey, London 1993, ISBN 1855323680
  • Donald Featherstone: Victorian Colonial Warfare – AFRICA, Cassell, London 1992, ISBN 0-304-34174-6
  • Peter King: The Viceroy's fall : how Kitchener destroyed Curzon, Sidgwick & Jackson, London, 1986, ISBN 0283993138
  • G. W. Steevens : With Kitchener to Khartum, ISBN 1843421585
  • H.F.B. Wheeler: The Story of Lord Kitchener, London 1917

[Bearbeiten] Weblinks

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