Fremdwort
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Ein Fremdwort ist aus einer anderen Sprache übernommen. Hinsichtlich Lautstand, Betonung, Flexion, Wortbildung oder Schreibung der Zielsprache (noch) unangepasst - als fremd empfunden. (Anders als ein integriert(er)es Lehnwort, besonders wenn ein gebräuchliches Synonym in der Zielsprache fehlt). Beim Fremdwort sind sich Muttersprachler des anderssprachigen Ursprungs meist bewusst.
In der modernen Sprachwissenschaft ist der durch Herkunft definierte Begriff des Fremdworts zunehmend umstritten. Es erscheint so oder so sinnvoll, einen von allen Sprechern benutzten Grund-Wortschatz (zum Beispiel Haus, Mutter, aber auch Telefon, Computer) von einem Aufbau-Wortschatz und einem Rand-Wortschatz zu unterscheiden. Der letzte enthält Wörter, die nicht alle beherrschen (zum Beispiel Phänomenologie, Thriller, aber auch gewärtigen oder Seinsverständnis bei Heidegger). Die Grenzen sind natürlich fließend.
Die Quantitativen Linguistik modelliert den Prozess der Übernahme von Fremd- und Lehnwörtern mit Hilfe des Sprachwandelgesetzes. Es zeigt sich immer wieder, dass Entlehnungsprozesse gesetzmäßig ablaufen. Dasselbe gilt für das Fremdwortspektrum, das eine Übersicht gibt, aus welchen Sprachen wie viele Wörter übernommen wurden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Fremdwörter im Deutschen
Viele Fremdwörter, die in die deutsche Sprache übernommen wurden, stammen aus (Auswahl):
- dem Französischen
- Portemonnaie
- vis-a-vis
- à propos
- Haute Couture
- Savoir-vivre
- Balkon
- Friseur
- Limousine
- Chauffeur
- Plafond
- dem Spanischen
[Bearbeiten] Deutsche Wörter in anderen Sprachen
Auch deutsche Wörter werden in andere Sprachen übernommen und sind dort dann Fremdwörter, zum Beispiel (vgl. auch Liste deutscher Wörter in anderen Sprachen oder Germanismus und Stiberc 1999). Die Themenbereiche von denen die Wörter übernommen worden sind sind auch bemerkenswert:
- im Englischen: achtung, angst, blitzkrieg, bratwurst, dachshund, doppelgänger, Fahrvergnügen (aus der Werbung), gedanken experiment, gestalt, gesundheit (höflicher Ausdruck nach dem Niesen eines anderen), glockenspiel, hausfrau, hinterland, Iceberg (Eisberg), kaffeeklatsch, kindergarten, klein bottle (aus Kleinfläche, als Kleinflasche verstanden), lebensraum, leitmotiv, nazi, poltergeist, putsch, rucksack, sauerkraut, schadenfreude, schnaps, sprachgefuhl, spritzer (Weinschorle), stark, stillstand, third reich, über-, übermensch, ur-, Waldsterben, weltanschauung, wunderkind, zeitgeist, zugzwang, zwieback
- im Niederländischen: ansichtkaart, sowieso, überhaupt
- im Bosnischen/Kroatischen (oft von österreichischer Aussprache beeinflusst): auspuh: Auspuff, tašna: (Tasche); sowie ausschließlich im Bosnischen: paradajz: (Paradeiser/Tomato), šrafciger: (Schraubenzieher), vinkl: (Winkel)
- im Russischen: Butterbrot, Eisberg, Landschaft, Schlagbaum, Zeitnot
- im Slowakischen: palatčinky (crêpe, aus dem österreichischen Palatschinken, mit dem Norddeutschen Plinzen verwandt)
- in Suaheli: shule
- im Französischen: blitzkrieg, bunker, drang nach osten, hemmungen, leitmotiv, poltergeist, waldsterben, weltanschauung
- im Spanischen: kindergarten
- im Japanischen: arubaito (Studentenjob, von Arbeit), karute (Karteikarten in der Medizin), baumukûhen (Baumkuchen)
[Bearbeiten] Internationale Suche „Wörterwanderung“
Für die Ausschreibung haben im Sommer 2006 über 1600 Menschen aus 57 Ländern „ausgewanderte Wörter“ mit persönlichen Erlebnissen und Erläuterungen zu Bedeutungsverschiebungen in anderen Sprachen gesammelt. Der Deutsche Sprachrat hat einige Ergebnisse inzwischen veröffentlicht (vgl. Limbach 2007).
Das deutsche „Hinterland“ steht beispielsweise in England für das Gebiet hinter einem Frachtschiffhafen, in Italien für die dicht besiedelte Gegend um Mailand und in Australien für Gebiete, die in einem größeren Abstand von der Küste liegen, jedoch im Gegensatz zu den riesigen Flächen im Landesinneren („Outback“).
Das dänische „habengut“ für Dinge, die man besitzt und mit sich tragen kann, kam mit deutschen Wandergesellen. Ein Teilnehmer aus der Schweiz berichtete von „schubladisieren“, abgeleitet von „Schublade“, in der französischen Schweiz im Sinne von zu den Akten legen, auf die lange Bank schieben bzw. nicht behandeln wollen. In der englischen Jugendsprache hat sich das Wort „uber“, „über“ ohne Umlaut, als Steigerungsform von „super“ oder „mega“ herausgebildet. Der deutsche Wort „Zeitgeist“ wird dort sogar als Adjektiv „zeitgeisty“ verwendet. In Italien, so ein Einsender, hat sich das Wort „Realpolitik“ in der Zeit des Eisernen Vorhangs verbreitet, mit Willy Brandt assoziiert, heute zunehmend als „wahre, sinnvolle, lebensnahe Politik“ verstanden.
Die meisten Zusendungen nannten ins Englische, Russische, Ungarische und Polnische ausgewanderte Wörter. Auch Vietnamesisch, Koreanisch, Chinesisch, Japanisch, Arabisch, Persisch, Hebräisch, Brasilianisch, Spanisch, Finnisch, Estnisch, Afrikaans, Swahili, Wolof und Kirundi kommen vor.
Spitzenreiter ist nach wie vor das französische „vasistas“ für „Oberlicht“ oder „Kippfenster“, abgeleitet vom deutschen „Was ist das?“. An zweiter Stelle steht der „Kindergarten“, den es im englischen, französischen, spanischen und japanischen Sprachgebrauch gibt, gefolgt vom russischen „Butterbrot“, das ein belegtes Brot, allerdings auch ohne Butter, bezeichnet und dem Wort „kaputt“ im Englischen, Spanischen, Französischen und Russischen.
[Bearbeiten] Zitate
- Immanuel Kant schrieb in Kritik der reinen Vernunft (B 402 Fußnote):
- Übrigens habe ich wegen der lateinischen Ausdrücke, die statt der gleichbedeutenden deutschen wider den Geschmack der guten Schreibart eingeflossen sind, [...] zur Entschuldigung anzuführen: dass ich lieber etwas der Zierlichkeit der Sprache habe entziehen als den [philosophischen] Schulgebrauch durch die mindeste Unverständlichkeit erschweren wollen.
[Bearbeiten] Siehe auch
Wiktionary: Fremdwort – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Liste von Gallizismen
- Liste deutscher Fremdwörter in anderen Sprachen
- Fremd- und Lehnwörter nach Ursprungssprachen
- Fremdwörterlexikon
[Bearbeiten] Literatur
(spezielle Literatur s. im Artikel Lehnwort unter Arabismus, Gallizismus, Latinismus, Slawismus etc.)
- Theodor W. Adorno: „Wörter aus der Fremde“ in Noten zur Literatur (Teil 2), Bibliothek Suhrkamp 1959, ISBN 3-518-01071-9
- Karl-Heinz Best: Wo kommen die deutschen Fremdwörter her? In: Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 5, 2001, 7-20.
- Karl-Heinz Best: Ein Beitrag zur Fremdwortdiskussion. In: Die deutsche Sprache in der Gegenwart. Festschrift f. Dieter Cherubim zum 60. Geburtstag. Hrsg. v. Stefan J. Schierholz in Zusammenarbeit mit Eilika Fobbe, Stefan Goes u. Rainer Knirsch. Lang, Frankfurt u.a. 2001, S. 263-270. ISBN 3-631-37009-1
- Best, Karl-Heinz (²2003). Quantitative Linguistik. Eine Annäherung. 2., überarb. u. erw. Aufl. Göttingen: Peust & Gutschmidt. ISBN 3-933043-10-7
- Karl-Heinz Best: Diversifikation der Fremd- und Lehnwörter im Türkischen. In: Archív Orientální 73, 2005, 291-298.
- Duden: Das grosse Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter, 3. Auflage, Dudenverlag 2003, ISBN 3-411-04163-3
- Helle Körner: Zur Entwicklung des deutschen (Lehn-)Wortschatzes. In: Glottometrics 7, 2004, 25-49.
- Jutta Limbach: Ausgewanderte Wörter. Hueber, Ismaning 2007. ISBN 3-19-107891-6
- Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, Band I: Einführung, Grundbegriffe, 14. bis 16. Jahrhundert, de Gruyter, Berlin und New York 1991. (2. überarb. u. ergänzte Aufl. 2000.) ISBN 3-11-016478-7
- Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, Band II: 17. und 18. Jahrhundert, de Gruyter, Berlin und New York 1994. ISBN 3-11-014608-8
- Andrea Stiberc: Sauerkraut, Weltschmerz, Kindergarten und Co. Deutsche Wörter in der Welt. Herder, Freiburg/ Basel/ Wien 1999. ISBN 3-451-04701-2