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Georg Büchner

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Karl Georg Büchner (* 17. Oktober 1813 in Goddelau, Großherzogtum Hessen; † 19. Februar 1837 in Zürich) war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller. Er ist Vertreter des Vormärz und tat sich auch als Revolutionär hervor, weshalb er ins Exil gehen musste. In seinem Lustspiel Leonce und Lena kommen dagegen romantische Elemente zum Tragen. Neben seiner Rolle als Schriftsteller war er außerdem Naturwissenschaftler.

 Georg Büchner
Georg Büchner

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Georg Büchners Geburtshaus in Goddelau
Georg Büchners Geburtshaus in Goddelau

Georg Büchner kam am 17. Oktober 1813 im hessischen Goddelau als Sohn des Distriktsarztes Ernst Büchner und dessen Ehefrau Louise Caroline Büchner, geborene Reuß, zur Welt. Er war das erste von sechs Kindern, die es alle im Laufe ihres Lebens zu Ansehen gebracht haben:

1816 siedelte die Familie nach Darmstadt über, wo der Vater die Stelle des Bezirksarztes antrat. 1821 begann für den achtjährigen Georg der Elementarunterricht bei seiner Mutter. Sie unterrichtete ihn im Lesen, Schreiben und Rechnen, brachte ihm die Bibel nahe und lehrte ihn zahlreiche Volkslieder, die in seinem weiteren Werk noch eine wichtige Rolle spielen sollten. Bei seiner Mutter lernte Büchner wohl auch Werke von Schiller kennen, mit dessen Weltbild sich Büchner im Laufe seines Schaffens noch kritisch auseinandersetzen würde.

Zu seinem Vater hatte Büchner dagegen zeitlebens ein schwieriges Verhältnis. Ernst Büchner war überzeugter Monarchist. Er verehrte Napoleon, weil dieser den revolutionären Umtrieben ein Ende gemacht hatte. Seine Stellung als Medizinalrat hatte er sich nur durch eigene Leistung erworben, weshalb er mit seinen Kindern sehr streng war.

In der Schule interessierte Georg Büchner sich nicht sonderlich für die alten Sprachen, mehr für die damals in den Schulen stark vernachlässigten Naturwissenschaften. Einmal notierte er am Rande seines Heftes: „Lebendiges! Was nützt der tote Kram?“ Büchner lernte in der Schulzeit außerdem die Geschichte der Französischen Revolution kennen, dies würde später noch Eingang in sein Werk Dantons Tod finden. Ende September 1830 hielt er anlässlich einer Schulfeier eine Verteidigungsrede für Cato von Utica, einem glühenden Verfechter der römischen Republik. Angesichts der französischen Juli-Revolution war dies die erste politische Aktion Büchners.

Studium in Straßburg

Am 9. November 1831 schrieb sich Georg Büchner in die medizinische Fakultät der Universität Straßburg ein. Dort wohnte er in dem Haus des evangelischen Pfarrers Johann Jakob Jaeglé, einem Bekannten des elsässischen Reuss-Zweiges, und lernte dessen Tochter Wilhelmine kennen. Hier in Straßburg wohnte er im Dezember dem Empfang der (von den zaristischen Truppen) geschlagenen Generäle des Aufstandes der unterdrückten Polen bei. Bezeugt werden diese und weitere Unternehmungen durch seine zahlreichen Briefe an die Eltern. Georg Büchner trat künftig immer häufiger für politische Freiheiten ein. So hielt er am 24. Mai 1832 einen Vortrag über die politischen Verhältnisse in Deutschland vor der Studentenvereinigung.

1832 verlobte er sich heimlich mit Wilhelmine Jaeglé (1810–1880). Sie ist die Empfängerin des sogenannten „Fatalismus-Briefs“, in dem Büchner sein Programm des Menschen als Subjectum der Geschichte formuliert. (Der Mensch könne nicht aktiv in den alles verschlingenden Prozess der Geschichte eingreifen, er werde zum „Schaum auf der Welle“, zum Spielball.)

Die Zeit in Straßburg nannte Büchner später seine glücklichste Zeit. Im Frankreich der Juli-Revolution war das politische Klima sehr viel offener als in Darmstadt. Nicht nachgewiesen ist, ob Büchner schon Mitglied der französischen Gesellschaft der Menschenrechte war. Sie diente ihm später aber als Vorbild für eine eigens von ihm gegründete Gesellschaft.

Universität Gießen

Zum November 1833 wechselte Georg Büchner an die Universität in Gießen, da maximal zwei Jahre Studium im Ausland (außerhalb von Hessen-Darmstadt) erlaubt waren. Hier im Großherzogtum Hessen erlebte er unmittelbar die Schikanen der Obrigkeit und die Gewalt im Staat. Von nun an konnte er die Vorgänge nicht mehr aus nüchterner Distanz beobachten.

Aus dieser Zeit sind uns große gesundheitliche Probleme von Büchner überliefert. Es bedrückte ihn nicht nur die Trennung von seiner Geliebten, sondern ihm missfiel die gesamte Situation. Im Vergleich zu Straßburg hatten ihm die Lehrer in Gießen nichts zu bieten. Zwar lehrte Justus Liebig hier Chemie, doch Büchner interessierte sich nur für Philosophie und Medizin. Später wurde einer von Büchners Gießener Dozenten Vorbild für den Doktor in Woyzeck, den man sich dümmer und grausamer kaum vorstellen kann.

In den gesundheitlichen Problemen zeigt sich die besondere Veranlagung Büchners, dass Körper und Geist bei ihm eine Einheit bilden.

Auch mit den Studenten war er unzufrieden. Es gab zwar oppositionelle Bestrebungen, doch diese waren ihm nicht radikal genug. Außerdem kritisierte er, dass die Studenten unter sich bleiben wollten; Büchner wollte dagegen auch andere Bürger aufnehmen. Deshalb gründete er zusammen mit ehemaligen Schulkameraden aus Darmstadt, die zu diesem Zeitpunkt wie er in Gießen studierten, und weiteren Studenten - darunter August Becker - sowie ein paar Handwerkern die „Gesellschaft für Menschenrechte“, eine Geheimorganisation nach französischem Vorbild, deren Ziel ein Umsturz der politischen Verhältnisse war. Es schlossen sich aber insgesamt nur wenige Mitglieder an.

Steckbrief, mit dem Georg Büchner gesucht wurde
Steckbrief, mit dem Georg Büchner gesucht wurde

Schon zu Beginn des Jahres 1834 war Büchner bei Friedrich Ludwig Weidig eingeführt worden, einem der führenden Oppositionellen aus Hessen-Darmstadt. Es kam aber immer wieder zu Differenzen. Weidig stand für ein Bündnis mit den wohlhabenden Liberalen, Industriellen und Handelsleuten, weil er nur so eine Chance für die Umsetzung der revolutionären Ideen sah. Büchner dagegen sah als Grundproblem die materielle Ungleichheit und die Armut der Landbevölkerung. Er wendete sich deshalb gegen eine Koalition mit den Wohlhabenden.

Im Juli 1834 wurde der Hessische Landbote, den Büchner verfasst hatte und der von Weidig gegen den Willen Büchners umfassend überarbeitet wurde – in Druck gelegt. Es handelt sich um eine Flugschrift, die unter der Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief. Weidig hatte die Stellen, die in offenem Konflikt mit den liberalen Bündnispartnern standen, gestrichen. Büchner fand daher, Weidig hätte der Schrift ihre Grundintention genommen. Trotz der Abschwächungen Weidigs wurde die Schrift von vielen liberalen und industriellen Oppositionellen scharf kritisiert. Bei der Landbevölkerung dagegen hatte sie einigermaßen Erfolg, weshalb sogar eine zweite Auflage aufgesetzt wurde. Die Schrift zeichnet sich durch die Verwendung von Statistiken aus, die der Landbevölkerung vor Augen führte, dass sie mit ihrer Steuerlast den überzogenen Hof finanzierten. Im August wurde Karl von Minnigerode, einer der Verschwörer, mit 150 Exemplaren des „Landboten“ gefasst und verhaftet. Am 4. August ließ Universitätsrichter Konrad Georgi das Zimmer Büchners in Abwesenheit durchsuchen. Einen Tag später wurde Büchner durch Georgi vernommen, aber nicht verhaftet.

Exil in Straßburg

1835 verfasste er nach eigenen Angaben innerhalb von fünf Wochen Dantons Tod und schickt es an Karl Gutzkow mit der Bitte um rasche Veröffentlichung. Er brauchte Geld für die geplante Flucht. Dantons Tod beschreibt das Scheitern der Französischen Revolution. Im Gegensatz zum historischen Danton, der aufgrund taktischer Fehler scheiterte, erkennt der literarische Danton von Beginn an die Sinnlosigkeit seines Unternehmens. Büchners deterministische Grundhaltung kommt hier zum Tragen. Nachdem Büchner einer Vorladung des Friedberger Untersuchungsrichters nicht Folge leistete, wurde er steckbrieflich gesucht. Am 9. März floh er über Weißenburg nach Straßburg. Das Geld hatte er aber nicht aus den Einnahmen von Dantons Tod, da die Untersuchungen sich schon vor dem Abschluss des Vertrages zuspitzten. Im letzten Moment hatte sich Büchner seiner Mutter anvertraut, die ihm Geld gab. Nach Büchners Flucht brach sein Vater zwar jeden Kontakt zu ihm ab, erlaubte aber der Mutter, Büchner weiter mit Geld zu unterstützen.

Dantons Tod wurde Ende Juli veröffentlicht. Noch in diesem Sommer übersetzte er zwei Dramen: Victor HugosLucretia Borgia“ und „Maria Tudor“. Im Herbst beschäftigte er sich mit der Erzählung Lenz, in der seelische Leiden des Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz dargestellt werden.

Im Winter 1835 widmete er sich wieder der Wissenschaft. Er erforschte das Nervensystem der Fische und vollendete im folgenden Jahr seine Dissertation „Abhandlung über das Nervensystem der Barbe“. Im Frühjahr stellte er die Arbeit in mehreren Lesungen der Gesellschaft für Naturwissenschaft in Straßburg vor. Daraufhin wurde er als Mitglied aufgenommen und die Arbeit wurde von der Gesellschaft veröffentlicht. In diesem Frühjahr entstand auch sein Lustspiel Leonce und Lena, mit dem er an einem Wettbewerb der Cotta'schen Verlagsbuchhandlung teilnehmen wollte. Er verpasste jedoch den Einsendeschluss und erhielt das Manuskript ungelesen zurück. Das Lustspiel Leonce und Lena unterscheidet sich stark von Büchners anderen Werken. Es ist eher romantisch geprägt, obwohl Büchner sonst einen materialistischen Realismus vertritt.

Letzte Monate in Zürich

Büchners Grab in Zürich
Büchners Grab in Zürich

Aufgrund seiner eingereichten Arbeit und der daran anschließenden Probevorlesung wurde Georg Büchner die Doktorwürde der Universität Zürich verliehen. Am 18. Oktober 1836 zog er dorthin und begann mit seiner Lehrtätigkeit als Privatgelehrter. Seinen Kurs „Zootomische Demonstrationen“, in dem er anhand von selbst angefertigten Präparaten die Anatomie von Fischen und Amphibien lehrte, besuchten aber nur wenige Studenten. Einer von ihnen, August Lüning, erinnerte sich aber noch 40 Jahre später mit Begeisterung daran. Schon vor seiner Übersiedlung nach Zürich hatte Büchner mit der Arbeit am Woyzeck in Straßburg begonnen. Entwürfe nahm er mit in die Schweiz - das Werk blieb ein Fragment.

Für das folgende Semester plante Büchner einen weiteren Kurs, zu dem es allerdings nicht mehr kam. Am 2. Februar 1837 erkrankte er schwer an Typhus (möglicherweise hatte er sich bei der Arbeit an seinen Präparaten infiziert), woran er am 19. Februar starb. Er wurde auf dem Stadtzürcher Friedhof „Krautgarten“ auf dem Zeltberg beerdigt. Nach der Einebnung des Friedhofes bettete man 1875 die sterblichen Überreste auf den Germaniahügel am Zürichberg um.

Philosophische Position

Büchner verfasste seine Werke nicht um der Kunst willen, sondern er vertrat damit auch eine philosophische Grundhaltung. Büchner lehnte den Idealismus der Klassik und Romantik ab. Er vertrat eine deterministische Grundhaltung: Der Mensch wird durch die Gesellschaft und seine soziale Stellung determiniert. Dies zeigt sich beispielsweise in der Hauptmann-Szene im Woyzeck. Der Idealist Hauptmann will Woyzeck dazu bewegen, doch moralisch zu sein. Dem geht es aber finanziell so schlecht, dass er nur daran denken kann, sich und seine Familie zu ernähren.

Büchner ist also auch Materialist. Die einzige Möglichkeit, aus der Determinierung auszubrechen, ist für ihn der Aufstand der Besitzlosen gegen die Besitzenden. Büchners Werk hat also auch sozialistische Tendenzen.

Dem Idealismus wirft Büchner vor, dass er Anforderungen an den Menschen stelle, die dieser nicht erfüllen könne. Wenn man den Menschen ändern wolle, müsse man die gesellschaftlichen Umstände ändern, so die Argumentation Büchners. Außerdem wirft Büchner dem Idealismus vor, den Respekt vor dem Menschen zu verlieren. Für Büchner ist ferner das Leben nicht nur Mittel, sondern zugleich auch Zweck, weshalb er ein auf ein Jenseits gerichtetes Leben ablehnt.

Der Schriftsteller Büchner zeigt aber auch keine positive Lösung des Problems auf, dass der Mensch durch die sozialen Umstände determiniert sei. Als Grundmotiv überwiegt hier mehr das Mitleid mit dem Menschen.

Werke

Editionsgeschichte

Vierzehn Jahre nach Georg Büchners Tod brachte sein Bruder Ludwig 1850 die „Nachgelassenen Schriften“ heraus. „Woyzeck“ beispielsweise wurde darin nicht aufgenommen, u. a. deshalb, weil das Manuskript stark verblasst und weitgehend unleserlich war. Der österreichische Schriftsteller Karl Emil Franzos publizierte 1879 „Georg Büchner: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß“, darin war dann auch das Fragment zum ersten Mal in einer stark überarbeiteten Fassung dem Publikum zugänglich.

Fritz Bergemann gab „Sämtliche Werke und Briefe“ heraus. Die nicht abgeschlossene „Kritisch-historische Ausgabe“ von Werner R. Lehmann war auch die Grundlage von „Werke und Briefe in einem Band“ des Carl Hanser Verlages im Jahr 1980. „Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zwei Bänden“, herausgegeben von Henri Poschmann, ist die jüngste Edition von Büchners Gesamtwerk (seit 2002 als Taschenbuch im Insel-Verlag).

Im Januar 2006 ist „Woyzeck“ als Band 7 der „Historisch-kritische[n] Ausgabe der Sämtlichen Werke und Schriften Georg Büchners“, der „Marburger Ausgabe“, in aktueller Edition erschienen. In dieser Ausgabe liegen bisher „Dantons Tod“, „Lenz“ und „Leonce und Lena“ vor.

Büchner im Film

  • Von der DEFA wurde 1979 unter der Regie von Lothar Warneke das Leben Büchners im Film Addio, piccola mia verfilmt.
  • Woyzeck wurde bisher seit 1947 zwölf mal verfilmt, am bekanntesten sind die Verfilmung der DEFA (Wozzeck, 1947, Regie Georg Klaren, Hauptrolle Kurt Meisel) und von Werner Herzog mit Klaus Kinski und Eva Mattes in den Hauptrollen.
  • Dantons Tod wurde bisher vier mal verfilmt, Lenz zwei-, Leonce und Lena dreimal.

Literatur

  • Hans Mayer: Georg Büchner und seine Zeit. Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-518-36558-4
  • Georg Büchner: Revolutionär – Dichter – Wissenschaftler (1813–1837). Der Katalog der Ausstellung Mathildenhöhe, Darmstadt vom 2. August bis 27. September 1987. Basel, Frankfurt am Main: Stroemfeld/Roter Stern 1987.
  • Marcel Begere: Ich liebe Rosa – Dichter. Bertelsmann, Hamburg (1813–1837)
  • Burghard Dedner / Günter Oesterle (Hgg.): Zweites Internationales Büchner Symposium 1987. Referate. Hain, Frankfurt a. M. 1990 (Büchner Studien, Bd. 6), ISBN 3-445-08900-0
  • Henri Poschmann (Hg.): Wege zu Georg Büchner. Internationales Kolloquium der Akademie der Wissenschaften (Berlin-Ost). Peter Lang, Berlin 1992, ISBN 3-86032-004-1
  • Jan-Christoph Hauschild: Georg Büchner - Biographie. Metzler, Stuttgart/Weimar 1993, ISBN 3-548-26505-7
  • Jan-Christoph Hauschild: Georg Büchner. Rowohlt, Reinbek 1993 u.ö. (rowohlts monographien 503), ISBN 3-499-50670-X
  • Gerhard P. Knapp: Georg Büchner. 3., vollst. überarb. Aufl. Metzler, Stuttgart 2000 (Slg. Metzler 159), ISBN 3-476-13159-9

Siehe auch

Weblinks

s:
Wikisource
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