Geschichtsfälschung
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Geschichtsfälschung ist der Versuch einen Teil der menschlichen Geschichte so umzuschreiben oder falsch darzulegen, sodass dadurch ein dem vorherrschenden historischen Konsens zuwiderlaufendes „verfälschtes“ Geschichtsbild entsteht. Sie wurde und wird von einzelner Personen, Gruppen oder Staaten versucht.
Die äußerste Form von Geschichtsfälschung wird von Vertretern der Geschichtskritik und der Chronologiekritik unterstellt, die annehmen, dass ganze Jahrhunderte erfunden worden seien. (Siehe auch Hauptartikel Erfundenes Mittelalter)
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[Bearbeiten] Ziele der Fälschung
Die Ziele sind beispielsweise:
- das „Reinwaschen“ einer bestimmten Gruppe von Handlungstragenden, etwa einer Regierung oder eines Volkes, von gravierenden Vorwürfen wie der Schuld am Ausbruch eines Krieges oder an Verbrechen wie Völkermord;
- das Herausstellen von besonderen „Verdiensten“ einer handlungstragenden Gruppe, wenn deren tatsächliche Leistung nur gering oder im wesentlichen antagonistisch war.
Der Rezipient der Botschaft soll die persönliche Überzeugung gewinnen, dass bestimmte Vorgänge sich anders abgespielt haben, als die seriöse Geschichtsschreibung wiedergibt.
In jedem Falle ist damit eine Verzerrung in der Meinungsbildung über geschichtliche Vorgänge verbunden.
[Bearbeiten] Beispiele
- Im Hinblick auf Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus, des Stalinismus oder des europäischen Faschismus im 20. Jahrhundert werden bis heute Fälschungsversuche unternommen. In dem Zusammenhang geht es häufig um das In-Abrede-Stellen historischer Geschehnisse. Beispielsweise das Leugnen des türkischen Völkermordes an den Armeniern, die stalinistischen Verbrechen in der Sowjetunion, die europäischen Judenverfolgungen oder die Holocaustleugnung, usw. Versuche, das Geschichtsbild zu manipulieren, sind nicht auf ein bestimmtes politisches Spektrum beschränkt.
- Historische Abläufe werden oftmals aus verschiedenen Sichtweisen betrachtet. Bestimmte Ereignisse haben immer eine Vorgeschichte, die sich interpretieren lässt im Sinne von „was wäre geschehen, wenn..”. So schreibt Udo Walendy in seinem Buch mit dem Titel: "Wahrheit für Deutschland - Die Schuldfrage des Zweiten Weltkriegs" die Hauptschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Großbritannien zu, wohl wegen bestimmter politischer Vorereignisse. Werden allerdings bestimmte historische Zusammenhänge bewusst verschwiegen, so kann dies sehr schnell zu einer Geschichtsfälschung werden. Frühere diktatorisch regierte Ostblockstaaten wie die UdSSR, DDR, CSSR usw. waren bekannt für ihre vielfachen Geschichtsfälschungen aus ideologischen Gründen.
- Die derzeitige chinesische Darstellung über die militärische Besetzung Tibets, die als „friedliche Befreiung“ bezeichnet wird [1], oder die Darstellung Chinas über „derzeitige und vergangene Erfolge“ in der Menschenrechtsentwicklung [2], obwohl China von allen anerkannten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder auch freedomhouse.org als einer der repressivsten Staaten der Welt mit den meisten Menschenrechtsverletzungen eingestuft wird, und auch in seiner Geschichte wegen politischer Säuberungen und Ereignissen wie der Kulturrevolution bei weitem keine „neue Ära der Entwicklung der Menschenrechte in China einleitete“ deuten auf Geschichtsfälschungen hin. Chinesische Schüler lernen, dass China in Korea einmarschiert sei, weil die USA Bomben auf chinesisches Gebiet geworfen hätten, was dem tatsächlichen und ausgiebig dokumentierten Ablauf widerspricht.
- Nicht selten wird auch der Versuch mancher fundamentalistischer Christen und Sekten, das wissenschaftliche Geschichtsbild durch ein kreationistisches zu ersetzen, nach dem die Erde nur etwa 6000 Jahre alt wäre, dazu gezählt, obwohl die Kreationisten ihre Darstellung auch für historisch richtig halten, also nicht bewusst fälschen.
- die Urkundenfälschungen aus dem Mittelalter dar, insbesondere die Konstantinische Schenkung. Hier ging es nicht so sehr um eine Änderung des Geschichtsbildes, sondern um eine Veränderung der gegenwärtigen rechtlichen Situation. Der Übergang zu der nur auf Änderung des Geschichtsbildes zielenden Fälschung ist aber fließend.
- Sehr häufig werden Geschichtsfälschungen auch begangen, um den Überfall auf andere Staaten bis zu dessen vollständiger Besetzung zu rechtfertigen. So veranstaltete das nationalsozialistische Regime mit Häftlingen in polnischer Uniform einen Überfall auf den Sender Gleiwitz, um den 2. Weltkrieg auszulösen. Aber auch demokratische Länder sind nicht frei von solchen Geschichtsfälschungen. Berüchtigt sind dafür insbesondere die Vereinigten Staaten. So nahm die amerikanische Regierung 1898 einen angeblichen Angriff auf das Schlachtschiff USS Maine im Hafen von Havanna zum Anlass, Spanien den Krieg zu erklären, in dem die USA Kuba und die Philippinen eroberten. Dieselbe Strategie wurde 1907 gegenüber Mexiko beim Zwischenfall von Veracruz angewandt. Ebenso behauptete im Ersten Weltkrieg die amerikanische Regierung zur Rechtfertigung ihres Kriegseintritts, dass der Angriff deutscher U-Boote auf das Passagierschiff Lusitania in Verletzung des Kriegsvölkerrechts ein rein ziviles Schiff getroffen habe, obwohl dieses auch Rüstungsgüter für Großbritannien als Kriegsgegner Deutschlands transportierte. Weitere berühmte Geschichtsfälschungen zur Rechtfertigung von sonst schwer vermittelbarem Kriegsbeginn durch westliche Staaten waren der Arrows-Zwischenfall als Rechtfertigung des Angriffs auf China durch Großbritannien im Rahmen des Opiumkrieges, die Boxer-Protokolle 1900 als angebliche Wiedergutmachung des erlittenen Schadens im Rahmen des Boxeraufstandes, der angebliche Tonking-Zwischenfall zur Rechtfertigung der massiven Ausweitung des Vietnamkrieges gegen Nordvietnam und die angeblichen Massenvernichtungswaffen und der behauptete Einkauf von radioaktiv spaltbarem Material durch den Irak im Niger.
Weitere Beispiele: Massaker von Katyn, Massaker von Jedwabne
[Bearbeiten] Abgrenzung
Von Geschichtsfälschung zu unterscheiden ist Geschichtsverfälschung, die ungewollt auftritt. Dazu zählt einerseits die unbedachte Geschichtsklitterung, andererseits die unvermeidliche Verfälschung, wenn aufgrund mangelnder Information falsche Schlüsse über eine historische Epoche oder Kultur gezogen werden. Dies geschieht vor allem bei Kulturen, deren Sprache unübersetzbar oder verloren ist.
Einen strittigen Fall stellen die Hypothesen von der Entstehung unserer Kultur durch Eingreifen von Wesen aus dem Weltraum von Erich von Däniken dar. Es ist zu vermuten, dass er selbst an seine Darstellung glaubt, insofern handelt es sich um Geschichtsklitterung, doch hat er in einzelnen Fällen auch das Fälschen angeblicher Beweisstücke eingestanden. Ähnliche Probleme finden sich bei auch Johannes von Buttlar, obgleich es mehr den Bereich Astronomie, Weltraum und Entstehungsgeschichte der Erde betrifft.
[Bearbeiten] Zitate
Napoléon Bonaparte: „Geschichte ist Lüge, auf die man sich geeinigt hat.“
Bertolt Brecht: „Immer noch schreibt der Sieger die Geschichte des Besiegten. - Dem Erschlagenen entstellt der Schläger die Züge. - Aus der Welt geht der Schwächere - Und zurück bleibt die Lüge.“