Józef Piłsudski
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Józef Klemens Piłsudski ['juzεf piw'sutski] (* 5. Dezember 1867 in Zułów bei Wilna; † 12. Mai 1935 in Warschau) war ein polnischer Marschall und Politiker in der Zeit zwischen den Weltkriegen.
[Bearbeiten] Leben
Piłsudski war eines von 12 Kindern polnischer Kleinadliger. Seine römisch-katholische Taufe fand in Podbrodzie statt.
Während seines Medizinstudiums in Charkow wurde er Mitglied der radikal sozialistischen Organisation „Narodnaja Wolja“ („Wille des Volkes“) und der Universität verwiesen. Sich an der Universität Dorpat zu immatrikulieren gelang ihm nicht. Er kehrte nach Wilna zurück.
Im Dezember 1886 reiste er zu seinem Bruder Bronisław Piłsudski nach Petersburg und beteiligte sich an der Vorbereitung eines Sprengstoffattentats auf Zar Alexander III. (1845–1894).
Die Verschwörer konnten jedoch am 13. März 1887 verhaftet und in der „Peter-und-Paul-Festung“ in St. Petersburg inhaftiert werden. Neben den Piłsudskis gehörte auch Lenins Bruder Alexander Uljanow zu der Gruppe. Józef Piłsudski wurde zu 5 Jahren Verbannung verurteilt und nach Sibirien deportiert.
Seit 1893 war er führendes Mitglied der Polska Partia Socjalistyczna innerhalb des Russischen Reichs. Die Anhänger Piłsudskis konnten sich einzig im österreichisch regierten Galizien und in Teilen Schlesiens ungehindert organisieren. Entsprechend stellte sich Piłsudski im Ersten Weltkrieg im Interesse einer polnischen Eigenstaatlichkeit zunächst auf die Seite des Habsburger Reiches.
Als die Mittelmächte den polnischen Willen zur völligen Unabhängigkeit nicht respektierten und auf Zeit spielten und wegen der Ablehnung der Polen, gegenüber dem österreichischen Kaiser einen Treueeid abzugeben, erst recht nicht mitspielten, kam es zum Bruch und 1917 zur Internierung Piłsudskis in Magdeburg durch die deutschen Behörden. Von Magdeburg aus ernannte er Edward Rydz-Śmigły Anfang 1918 zum Chefkommandanten der Kampforganisation Polska Organizacja Wojskowa (POW).
In den Wirren der Novemberrevolution wurde entschieden, ihn in Begleitung von Harry Graf Kessler nach Berlin zu bringen und von dort mit dem Zug nach Warschau, wo er von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde. 1918, nach der wiedererlangten und vollständigen Unabhängigkeit Polens, wurde Piłsudski Staatschef (bis 1922). Er verfolgte das Ziel der Wiederherstellung der polnischen Grenzen aus der Zeit vor den Polnischen Teilungen, auch weit über die Grenzen des polnischen Siedlungsgebietes hinaus. Durch diese Politik kam es zunächst zur durch den Versailler Vertrag festgelegten Integration von Großpolen sowie zum Krieg mit der Sowjetunion und in der Folge auch zu Streitigkeiten mit Litauen wegen des von beiden Seiten beanspruchten Gebietes um Wilna, in dem die Polen damals die Mehrheit der Bevölkerung bildeten (heute bilden die Polen in Litauen mit knapp 7% nach den Russen die zweitstärkste Minderheit).
Nach anfänglichen Erfolgen im Bündnis mit dem ukrainischen Präsidenten Symon Petljura musste die von Piłsudski im Krieg gegen die Sowjetunion 1920 befehligte Armee starke Verluste hinnehmen. Die Sowjettruppen wurden erst vor Warschau aufgehalten und durch ein riskantes Zangenmanöver gelang der polnischen Armee unter Piłsudskis Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten ("Wunder an der Weichsel"). Am 18. März 1921 unterzeichnete Polen den Friedensvertrag von Riga, in dem die Ostgrenze so definiert wurde, dass auch eine Reihe von Gebieten, die nicht mehrheitlich von Polen bewohnt waren, Teil des neuen polnischen Staates wurden. Trotzdem verblieb eine größere Zahl von Polen außerhalb des neuen Staates. Auch gegenüber Litauen setzte sich Piłsudskis Politik vorläufig durch. Obwohl Polen im Vertrag von Suwałki (7. Oktober 1920) auf den größten Teil des strittigen Gebiets von Wilna mit seiner polnischen Bevölkerungsmehrheit verzichtet hatte, nahmen schon am 9. Oktober polnische Truppen unter General Lucjan Żeligowski in einem Handstreich die Stadt ein. Nachdem die Stadtverordnetenversammlung den Anschluss an Polen am 20. Februar 1922 gebilligt hatte, wurde er am 20. April 1922 endgültig vollzogen.
1923 bildete Premierminister Wincenty Witos eine neue Regierung. Marschall Piłsudski, der nicht mit der Aufnahme einiger Politiker in die neue Regierung einverstanden war, legte alle Ämter nieder und zog sich in sein Landhaus in Sulejówek bei Warschau, zurück.
Die nächsten Jahre waren von politischen und wirtschaftlichen Krisen geprägt. Nach der Ablehnung einer Regierungsbildung mit Aleksander Skrzyński als Premierminister durch Staatspräsident Stanisław Wojciechowski entschlossen sich die Anhänger Piłsudskis im Militär zu einem Staatsstreich (s. Maiputsch), der im Mai 1926 stattfand. Piłsudski wurde erneut vom polnischen Sejm zum Staatsoberhaupt gewählt, verzichtete aber auf die weitere Präsidentschaft und überließ das Amt seinem treuem Kandidaten Ignacy Mościcki. In der Folge beherrschte Piłsudski das Land in wechselnden Funktionen, u.a. als Verteidigungsminister.
In seiner späten Lebenszeit bemühte er sich um eine Sicherung der polnischen Staatsgrenzen und eine Stabilisierung des Landes nach innen ("Sanacja", also "Genesung" des Staates). Die politische Opposition konnte zwar an Wahlen teilnehmen, wurde aber mit teils polizeistaatlichen Mitteln bekämpft (Inhaftierungen von Mitgliedern der Bauernpartei und von Nationaldemokraten sowie Wincenty Witos). Aufständische der ukrainischen und weißrussischen Minderheiten im Osten wurden mit brutalen polizeilichen Methoden bekämpft. Antisemitismus spielte hingegen in der Politik Piłsudskis keine Rolle.
Im Jahr 1932 wurde der polnisch-sowjetische Nichtangriffspakt unterzeichnet und am 26. Januar 1934 der deutsch-polnische Nichtangriffspakt, der Polen von beiden Seiten absichern sollte. Gleichzeitig wurden die Beziehungen mit Frankreich und England weiter vertieft, die später im Zweiten Weltkrieg zu Alliierten Polens wurden.
Das Privatleben Piłsudskis war von großer materieller Bescheidenheit geprägt. Verheiratet war er in erster Ehe mit Maria Juszkiewiczówna. Da diese geschieden war, trat er vor der Eheschließung in Paprocie bei Łomża zur evangelisch-lutherischen Kirche über. Während des Ersten Weltkrieges kehrte er zur römisch-katholischen Kirche zurück. Mit seiner späteren Gefährtin Aleksandra Szczerbińska hatte er zwei Töchter, Wanda und Jadwiga. Er heiratete Aleksandra allerdings erst nach dem Tod der ersten Ehefrau.
[Bearbeiten] Literatur
- Heidi Hein, Der Piłsudski-Kult und seine Bedeutung für den polnischen Staat 1926–1939 (= Materialien und Studien zur Ostmitteleuropa-Forschung, Bd. 9), Marburg 2002
- Wacław Jędrzejewicz: Józef Piłsudski (Editions L'Age d'Homme, 1986)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Józef Piłsudski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie Józef Piłsudskis (deutsch)
- Zeitgeschichte und Hintergründe von Robert Korda] (deutsch)
- Et si l'Europe avait écouté Jozef Pilsudski ?
- Le maréchal Jozef Pilsudski, homme d’État polonais.
- Piłsudski (Blason et Clan Kościesza)
Józef Piłsudski | Gabriel Narutowicz | Stanisław Wojciechowski | (Józef Piłsudski) | Ignacy Mościcki
Vorgänger |
Präsidentenzyklus (Polen) 1918–1939 |
Nachfolger |
Jędrzej Moraczewski | Ignacy Jan Paderewski | Leopold Skulski | Władysław Grabski | Wincenty Witos | Antoni Ponikowski | Artur Śliwiński | Julian Nowak | Władysław Sikorski | Wincenty Witos | Władysław Grabski | Aleksander Skrzyński | Wincenty Witos | Kazimierz Bartel | Józef Piłsudski | Kazimierz Bartel | Kazimierz Świtalski | Kazimierz Bartel | Walery Sławek | Józef Piłsudski | Walery Sławek | Aleksander Prystor | Janusz Jędrzejewicz | Leon Kozłowski | Walery Sławek | Marian Zyndram-Kościałkowski | Felicjan Sławoj Składkowski
Vorgänger |
Ministerpräsidentenzyklus (Polen) 1920–1939 |
Nachfolger |
Personendaten | |
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NAME | Piłsudski, Józef Klemens |
KURZBESCHREIBUNG | Polnischer Marschall und Staatsmann |
GEBURTSDATUM | 5. Dezember 1867 |
GEBURTSORT | Zułów (lit. Zalavas) bei Wilna, heute in Litauen |
STERBEDATUM | 12. Mai 1935 |
STERBEORT | Warschau |