Kahramanmaraş
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Kahramanmaraş, kurz Maraş (alte deutsche Transkription Marasch, in der Antike auch Germanicia bzw. Germanikeia), ist eine Stadt in der gleichnamigen Provinz Kahramanmaraş im südöstlichen Teil Anatoliens in der Türkei, ca. 100 km nördlich der syrischen Grenze und ca. 150 km ostnordöstlich der Stadt Adana.
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[Bearbeiten] Bevölkerung
Über die Zusammensetzung der Bevölkerung gibt es verschiedene Informationen: 1) einem grossen Teil Türken und einem kleinen Teil Kurden, 2) ca. 50:50. Die wenigen Aleviten leben mehr in den Bezirken Pazarcik und Elbistan. Wegen der Geschehnisse in den letzten Jahrzehnten sind viele Aleviten aus Kahramanmaraş weggezogen.
[Bearbeiten] Lage
Kahramanmaraş liegt auf 549 m Höhe in den westlichen Ausläufern des Taurus-Gebirges, am Rand einer fruchtbaren Ebene am Südhang des Ahir Dag, nahe dem südlichen Anschluss dreier wichtiger Pässe. Die umgebende Region ist gebirgig und besitzt reiche Mineralvorkommen, hauptsächlich Eisen und Silber.
[Bearbeiten] Geschichte
Als Hauptstadt des Neo-Hethiter-Königreiches von Gurgum (12. Jahrhundert v. Chr.) war es bereits im 8. Jahrhundert v. Chr. den erobernden Assyrern als Markasi bekannt. Es war vermutlich Vasall von Tabal. In römischer Zeit hieß die Stadt Germanicia Caesarea (gr. Germanikeia), unter den Kreuzrittern Sebastia.
Die Araber eroberten die Stadt um 645 und verwendeten sie als Basis für Einfälle in Kleinasien. Die Stadt, mehrmals während der Arabisch-Byzantinisch-Armenischen Kämpfe zerstört, wurde durch den Umayyaden Kalifen Muawiya I. (7. Jahrhundert) umgebaut und um 800 durch den Abbasiden Kalif Harun ar-Raschid erweitert. Ab 1071 wurde Maraş das Regierungszentrum von Philaretus Brachamius, der sich nach der Niederlage des Kaisers Romanos IV. Diogenes in der Schlacht von Manzikert 1071 im Südosten des byzantinischen Reiches eine eigene Machtbasis schuf. Zu seinem Gebiet gehörten auch Antiochia und Edessa. Nach dem Tod von Philatos übernahm sein Offizier Tatul die Herrschaft in Maraş und wurde von Kaiser Alexios III. anerkannt. Kurzfristig wurde der Rubenide Mleh, später Herrscher von Kleinarmenien, von Nur ad-Din mit der Stadt belehnt. Die Kreuzfahrer besetzten Maraş 1097. Balduin eroberte Maraş 1103. 1114 wurde die Stadt durch ein Erdbeben zerstört und nach Matthias von Edessa 40.000 Menschen getötet. Die Auswirkungen dieser Katastrophe waren bis nach Sis zu verspüren. 1135 belagern die Danischmaniden Maraş erfolglos. 1146 fällt Balduin von Maraş auf der Seite Joscelins II. bei dem Versuch, Edessa zurückzuerobern, gegen Nur ad-Din.
Danach fällt die Stadt 1150 an Masud, den Sohn Kılıç Arslans I. von Konya, (Iconium), der auch Behesni, Kesun und Raban (Altınaşkale) erobert. Der Rubenide Stephane unternimmt von seinem Sitz in Pertunk aus Überfälle auf das Gebiet von Maraş, kann die Herrschaft Masuds aber nicht erschüttern.
Zum Osmanischen Reich kam Maraş ca. 1515 unter Sultan Selim I.
Ende des 19. Jahrhunderts lag die Stadt im asiatisch-türkischen Vilayet Aleppo und war Hauptort eines Sandschaks. Sie machte zu jener Zeit einen großartigen Eindruck, hatte 25 Moscheen, mehrere armenische Kirchen, zahlreiche öffentliche Bäder und 10-15.000 Einwohner, darunter viele Armenier. Unter den Handwerkern zeichneten sich die Türkischrot(Kermes)färber, die Weber und Kammmacher aus.
1919 besetzte Frankreich Maraş samt umgebender Provinz, gab die Stadt aber zwei Jahre später an die Türkei zurück.
1920, während des Unabhängigkeitskrieges nach der Auflösung des Osmanischen Reiches hatten sich die Provinzen "Maraş", "Antep" und "Urfa" erfolgreich gegen die französischen Bataillone von General Gouraud zur Wehr gesetzt, die sich zurückzogen. Zur Erinnerung an den erfolgreichen Widerstand erhielten die drei genannten Städte Namenszusätze: so wurde aus Maraş "Kahramanmaraş" (heldenhaftes), aus Antep "Gaziantep" (sieghaftes) und aus Urfa "Sanliurfa" (glorreiches).
[Bearbeiten] Pogrom von 1978
Am 21. Dezember 1978 wurden zwei Lehrer erschossen. Bei der Beisetzung am nächsten Tag kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen erneut zwei Menschen starben. Am 23. Dezember griffen Anhänger der rechtsgerichteten Partei MHP kurdisch-alevitische Wohnviertel in Kahramanmaraş an. Es gab 31 Tote und 150 Verletzte. Trotz der Verlegung neuer Armeeeinheiten nach Kahramanmaraş am 24. Dezember konnten die Gruppierungen nicht an weiteren Angriffen gehindert werden. Die Ereignisse führten dazu, dass die Regierung über die 13 Provinzen im Südosten der Türkei den Ausnahmezustand verhängte. Nach offiziellen Angaben sind 102 Menschen gestorben. Als offizielles Motiv für diese Übergriffe gab die Regierung einen Konflikt zwischen Linken und Rechten an.
[Bearbeiten] Wirtschaft
Die Stadt ist ein Zentrum für Industrie und Handel. Produziert und exportiert werden Olivenöl, Gewürze, und von Hand gewebte Textilien. Geschnitzte Möbel sowie Kupfer-, Silber- und Messingarbeiten werden ebenfalls geschätzt. In der Umgegend werden hauptsächlich Weizen, Reis und Hülsenfrüchte angebaut, der Fluss Ceyhan dient dabei zur Bewässerung der Felder.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
In der mittelalterlichen Zitadelle, die über der Stadt thront, befindet sich ein archäologisches Museum mit einer Sammlung hethitischer Skulpturen aus der Region. Zudem gibt es einige Moscheen, darunter die Ulu Cami aus dem 15. Jahrhundert sowie Hatuniye und Beyazit aus der osmanischen Epoche, Koranschulen, von denen besonders die Taş Medresesi (15. Jahrhundert) erwähnenswert ist, und alte Kirchen zu sehen.
[Bearbeiten] Verkehr
Durch eine Nebenlinie ist Maraş mit der Zugstrecke Adana–Malatya verbunden.
[Bearbeiten] Sonstiges
Die Spezialität der Region ist das Speiseeis Maraş Dondurması, das traditionell aus Ziegenmilch und aus Schnee des Bergs Ahirdağ zubereitet wird.
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.ksu.edu.tr Sütçü-İmam-Universität in Kahramanmaraş
- Informationsvideo über Kahramanmaraş
Koordinaten: 37° 35' 15" N, 36° 55' 43" O