Aleppo
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Aleppo (arab. حلب, Halab) ist eine Stadt und eine Provinz in Nordsyrien.
Die Stadt hat um die 2,1 Millionen Einwohner (2005) und wird für gewöhnlich als die zweitgrößte Stadt Syriens nach Damaskus angesehen. Sie ist eine der ältesten Städte in der Region und nimmt einen strategischen Punkt zwischen dem Mittelmeer und dem Euphrat ein. Ursprünglich wurde sie auf einer Hügelgruppe in einer breiten fruchtbaren Senke auf beiden Seiten des Flusses Quwaiq erbaut. Die gleichnamige Provinz oder das Gouvernorat um die Stadt vergrößert diese um 16.000 km² und hat 3,7 Millionen Einwohner (Aleppiner). Die Mehrheit der Bevölkerung sind Araber, Türken und Kurden, sowie in geringerem Maße Armenier und andere kleinere Volksgruppen. Etwa 20% der Einwohner sind Christen verschiedener Konfessionen.
Im Jahr 2006 ist Aleppo die erste Kulturhauptstadt des Islam. Damit ist Aleppo die erste Stadt, die diesen neu eingeführten Titel tragen darf.
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[Bearbeiten] Der Name
Der akkadische Name der Stadt war Halab bzw. Halap (auch Hallaba, Halba, Halbi, Halpa geschrieben). In den ägyptischen Quellen heisst die Stadt hlp, in ugaritischen und aramäischen hlb, in der Antike war sie bekannt als Halpa, in seleukidischer Zeit hieß sie Beröa.
Der arabische Name Halab ist die Vergangenheitsform von „melken“. Eine Legende verbindet den Namen mit Abraham, der an diesem Ort seine Kuh asch-Schahba gemolken und die Milch an die Armen verteilt haben soll. Wenn die armen Menschen sich trafen, fragten sie sich „Halab Abraham?“, was soviel wie „hat Abraham gemolken?“ bedeutet. Der Name der Stadt heißt in der syrisch-arabischen Sprache Halaba asch-Schahba.
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Antike
Am Ende des 19. Jahrhunderts v. Chr. (gemäß der Mittleren Chronologie) taucht Aleppo erstmalig in den Quellen auf. Zu dieser Zeit war es die Hauptstadt des Staates Jamchad, der von hier an bis in die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts Nordsyrien dominierte. Zu seinem Einflussbereich gehörten unter anderem Karkemisch am Euphrat und Alalach bei Antakya. Für die Jamchad-Könige Yarim Lim I. und Hammurabi I., die von den 80er bis in die 50er Jahre des 18. Jahrhunderts regierten, ist sogar ein Einfluss bis in das transtigridische Gebiet von Der und ein Bündnis mit Hammurabi von Babylon nachweisbar. Schon in dieser Zeit war Aleppo ein Zentrum der Verehrung des Wettergottes Hadad.
Die Stadt wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts durch den Hethiterkönig Muršili I. eingenommen. Ihre Situation nach dem Untergang des Althethitischen Reiches ist unklar. Mitanni unterwarf Aleppo spätestens am Anfang des 15. Jahrhunderts. Der Hethiterkönig Tudhalija I. scheint einen Feldzug gegen Aleppo unternommen und die Stadt kurzzeitig kontrolliert zu haben. Jedoch wurde die Stadt erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts unter Schuppiluliuma I. wieder Teil des hethitischen Reiches. Aleppo war jetzt die Hauptstadt der hethitischen Provinz Halpa. Nach dem Fall des Hethitischen Großreiches um 1200 wurde Aleppo Sitz eines späthethitischen Kleinfürstentums. Darauf verweisen beispielsweise in der Zitadelle ausgegrabene Orthostaten (die derzeit leider noch nicht öffentlich zu besichtigen sind).
Später wurde Aleppo Hauptstadt des aramäischen Königreiches von Bit Agusi, das außerdem auch Arpad (Tell Rifa'at) umfasste. Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) konnte die Stadt dem assyrischen Reich eingliedern und erreichte, wie bereits sein Vorgänger Adad-nirari II. (911-891), das Mittelmeer. Ab 610 folgte eine Periode der Persischen Herrschaft, bis Aleppo durch Alexander 333 v. Chr. besetzt und durch Seleukos I. Nikator in Beröa umbenannt wurde. Hadad wurde als Zeus weiter verehrt. Die Stadt blieb in seleukidischen Händen bis 64 v. Chr., als Syrien durch die Römer erobert wurde.
[Bearbeiten] Mittelalter
Die Stadt wurde Teil des byzantinischen Reiches, bevor sie 637 den Arabern in die Hände fiel. Unter den Hamdaniden (944–1003) erreichte Aleppo eine gewisse Unabhängigkeit. Der wichtigste hamdamidische Herrscher war Saif ad-Daula (944–67). 962 wurde die Stadt durch den byzantinischen Kaiser Nikephoros Phokas zurückerobert und systematisch geplündert. Sie blieb bis 987 byzantinisch. Ab 1023 wurde die Stadt von den arabischen Mirdasiden beherrscht, bis sie 1070 durch die Seldschuken eingenommen wurde.
Die Stadt wurde 1098 und 1124 von Kreuzfahrern belagert, aber nicht erobert. Unter Nur ad-Din az-Zengi (1128–70), einem Turkmenen aus Mossul wurde Aleppo zum Zentrum des Widerstands gegen die Kreuzritter. Sein Sohn Nur ad-Din stellte die Stadtbefestigungen wieder her, unter seiner Herrschaft wurden außerdem zahlreiche wichtige Gebäude errichtet. Nach dem Tode Nur ad-Dins fiel Aleppo an den Kurden Saladin. Die Dynastie der Ajjubiden beherrschte die Stadt von 1176 bis 1260. Al-Zaher Ghazi (1193–1215), der Sohn Saladins, erneuerte die Befestigung der Zitadelle.
Aleppo blieb in arabischen Händen, bis es, wie weite Teile Nordsyriens, 1260 von den Mongolen erobert und verwüstet wurde. 1260 bis 1516 war die Stadt Teil des Mamelukken-Reiches. Die Zitadelle wurde 1292 wieder aufgebaut, aber um 1400 durch Timur erneut zerstört.
[Bearbeiten] Neuzeit
1517 wurde Aleppo Teil des osmanischen Reiches. Damals zählte die Stadt etwa 50.000 Einwohner. Sie war Sitz eines Provinzgouverneurs (Wali). Die Stadt blieb Teil des osmanischen Reiches bis zu dessen Untergang, aber sie wurde weiter durch interne Fehden erschüttert sowie durch Pestepidemien und 1823 durch die Cholera heimgesucht. Im November 1850 schlug der Artillerieoffizier Josef Bem an der Spitze türkischer Truppen ein Pogrom der muslimischen Bevölkerung gegen die Christen nieder. 1901 lag die Einwohnerzahl von Aleppo um 125.000.
Die Stadt blühte kurzfristig wieder auf, als sie unter französische Kolonialherrschaft kam, erlebte jedoch nach der Abtretung des Sandschaks Alexandrette mit der Hafenstadt Antiochien an die Türkei 1939 weiter einen Niedergang.
[Bearbeiten] Aufbau der Stadt
Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen der Alt- und der Neustadt. Die Stadt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen neu entworfen.
[Bearbeiten] Altstadt
Die Altstadt (Medina) von Aleppo befand sich innerhalb einer fünf Kilometer langen und siebentorigen Stadtmauer und hat eine Ausdehnung von ca. 350 ha. 1952 schuf der französische Architekt Andre Gutton zahlreiche neue breite Straßen durch die Stadt im Interesse moderner Verkehrsführung. In den 1970ern wurden große Teile der Altstadt zugunsten moderner Wohnblöcke abgerissen, die Altstadt verkam mehr und mehr. Nach der Volkszählung von 2004 leben 118.000 Menschen in der Altstadt.
Die Altstadt wurde 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Seit 1993 wird sie in Zusammenarbeit mit der GTZ renoviert (10 Millionen Euro aus dem deutsch-syrischen Schuldenerlassabkommen), mit Unterstützung vom Aga Khan-Trust for Culture und dem Arab Fund for social and economic development. 2004 bekam das Projekt einen Städtebaupreis der Harvard School of Design verliehen.
Sie enthält die Große Moschee, die Zitadelle und den Stadtpalast Saif al-Daula. Das Stadttor Bab Antakya wird zur Zeit von illegalen Anbauten befreit und wieder freigelegt. Das Viertel Dschudaide außerhalb der Stadtmauern, das christliche Viertel, ist inzwischen in Mode gekommen und zieht auch wohlhabende Bewohner an.
[Bearbeiten] Wirtschaftliche Bedeutung
Die Stadt war vor allem als Handelsplatz bedeutend. Sie lag am Kreuzungspunkt zweier Handelsstraßen und vermittelte den Handel von Indien, der Euphrat- und Tigris-Region mit Damaskus im Süden, der dem Fuß des Gebirges statt der unwegsamen Seeküste folgte.
Im Mittelalter machte besonders Zengi (1128–70) die Stadt zu einem Zentrum des Fernhandels. Er schloss unter anderem Handelsverträge mit Venedig ab. In osmanischer Zeit gab es Handelsniederlassungen und Faktoreien nicht nur von Venedig, sondern auch von französischen (1535), englischen (1580) und niederländischen (1612) Kaufleuten.
Obgleich der Handel häufig aus politischen Gründen aus der Stadt verbannt wurde, wuchs er stetig, bis die Europäer den Seeweg nach Indien um das Kap der guten Hoffnung und den Weg nach Ägypten über das Rote Meer einschlugen. Damit begann der wirtschaftliche Niedergang der Stadt; ihre Hauptexporte sind jetzt Agrarerzeugnisse der Region, hauptsächlich Weizen und Baumwolle, Pistazien, Oliven und Schafe.
1906 erhielt Aleppo durch die Hedschas-Bahn einen Bahnanschluss nach Damaskus, 1912 nach Konstantinopel.
Aleppo verfügt über eine Universität.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
- Nationalmuseum, mit zahlreichen archäologischen Funden.
- Als ein traditionelles Handelszentrum weist Aleppo auch eindrucksvolle Souks und Handelshöfe (Hane) auf.
[Bearbeiten] Zitadelle
Das mittelalterliche Stadtschloss Saif al-Daula liegt auf einem teilweise künstlich errichteten Siedlungshügel (Tell) 50 m über der Stadt (36° 11' 57" N, 37° 9' 45" O). Der gegenwärtige Bau wurde im 13. Jahrhundert nach der Zerstörung eines Vorgängerbaus durch Timur errichtet, aber 1822 durch ein Erdbeben beschädigt. Vorgängerbauten sind bereits aus seleukidischer Zeit bekannt, die Dichte der Bebauung und die Dicke der Ablagerungen verhinderten jedoch bisher eingehende archäologische Untersuchungen. Es ist aber zu vermuten, dass die Zitadelle spätestens seit der Bronzezeit befestigt war.
[Bearbeiten] Moscheen
Die Stadt hat viele Moscheen, wozu auch die Madrasa Halawiya zählt. Ein früherer Tempel wurde zu Aleppos großer byzantinischen Kathedrale umgebaut und Helena geweiht, der Mutter Konstantins I.. Hier befindet sich der Überlieferung nach das Grab des Vaters Johannes d. Täufers. In der Kreuzfahrerzeit wurde die Kathedrale St. Helena in eine Moschee umgewandelt. Im 12. Jahrhundert gründete Nur ad-Din eine Medresse (religiöse Schule) in der ehemaligen Kathedrale.
Die große Moschee Al-Dschami' al-Kabir wurde von den Umayyaden begonnen; der erhaltene Bau von Nur ad-Din stammt von 1158, und die Rekonstruktion nach dem Mongolensturm von 1260.
[Bearbeiten] Archäologie
Bisher fanden keine Ausgrabungen im Stadtgebiet statt. Zahlreiche Siegel aus der späten altsyrischen Zeit I (um 1800 v. Chr.) lassen vermuten, dass Aleppo Sitz bedeutender Steinschneiderwerkstätten war.
Durch Funde aus Gabbul erscheint wahrscheinlich, dass Aleppo in mittelsyrischer Zeit (1600-1200 v. Chr.) Sitz einer Bildhauerschule war. Auf der Zitadelle wurden zwei Löwen aus Basalt gefunden, die vermutlich von einem späthethitischen Tor oder einem Tempel des 10. Jahrhundert v. Chr. stammen. Auch die Fürstenstatue von 'Ain et-Tell (Arpad) wird um 800 v. Chr. in Aleppo entstanden sein.
[Bearbeiten] Söhne und Töchter der Stadt
- Ignace Pierre VIII. Abdel-Ahad (syrisch-katholischer Erzbischof von Beirut und Patriarch der mit Rom unierten syrisch-katholischen Kirche von Antiochien)
- Muhammed Achmed Faris (Pilot der syrischen Luftstreitkräfte, erster Syrer im Weltraum)
- Muhammad Nadschi al-Utri (Premierminister von Syrien)
- François Rabbath (US-Amerikanischer Komponist)
- Lewon Ter-Petrosjan (erster Präsident von Armenien)
- Wartan Oskanjan (Außenminister von Armenien)
[Bearbeiten] Liste der Herrscher von Aleppo
- Wantarassura von Aleppo, gleichzeitig mit Šauštatar von Mitanni und Niqmepa von Alalach
- Yarim Lim I.
- Hammurabi I.
Seldschuken-Dynastie in Aleppo und Damaskus:
- Ak Sunkur Qasim al-Awla, Gouverneur von Aleppo und Damaskus bis 1094
- Tausch, Sultan von Aleppo und Damaskus 1094–1095
Seldschuken Dynastie in Aleppo:
[Bearbeiten] Literatur
- S. Saouaf: Le Musée d'Alep. Aleppo 1968.
- Abdallah Hadjar: Historical Monuments of Aleppo. Aleppo 2000.
- Heinz Gaube und Eugen Wirth: Aleppo. Historische und geographische Beiträge zur baulichen Gestaltung, zur sozialen Organisation und zur wirtschaftlichen Dynamik einer vorderasiatischen Handelsmetropole. Wiesbaden 1984.
- Mariam de Ghantuz Cubbe: I Maroniti d'Aleppo nel XVII secolo attraverso i racconti dei missionari europei. Jaca Book, Milano 1996.
[Bearbeiten] Weblinks
- Lagekarte und Stadtplan
- Reiseinformationen mit geschichtl. Überblick
- Englische Seite der Universität Aleppo
- Homepage des Vereins "Freunde der Altstadt von Aleppo e.V."
Commons: Aleppo – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Koordinaten: 36° 12' N 37° 09' O