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Max Scheler - Wikipedia

Max Scheler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Max Scheler
Max Scheler

Max Scheler (* 22. August 1874 in München; † 19. Mai 1928 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Philosoph und Soziologe.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Er war der Sohn eines Domänenverwalters und einer streng jüdischen Mutter, konvertierte jedoch 1899 zum Katholizismus. Er studierte Medizin, Philosophie und Psychologie in München und Berlin. In Berlin studierte er noch Soziologie, u.a. bei Wilhelm Dilthey, Carl Stumpf und Georg Simmel.
In Jena lernte er den Neukantianismus mit den Bereichen Ethik und Erkenntnistheorie kennen und promovierte bei Rudolf Eucken 1897 mit dem Thema Beiträge zur Feststellung der Beziehungen zwischen den logischen und ethischen Beziehungen. Danach erfolgte 1899 auch dort die Habilitation über das Thema Die transzendentale und die psychologische Methode.

Sein Studium von 1900 bis 1901 des Werkes Logische Untersuchungen von Edmund Husserl führten bei ihm zu ersten Momenten des Umdenkens. Bis 1905 lehrte an der Universität Jena als Privatdozent. Aufgrund eines Eheskandals mit seiner Frau Amélie von Dewitz-Krebs musste er seine Position in Jena aufgeben.

Bei einer Umhabilitation im Jahr 1906 nach München machte er die Bekanntschaft der dort ansässigen Phänomenologen als Schüler von Theodor Lipps. Neben Husserl wird er in dieser Periode von Immanuel Kant, Henri Bergson und Friedrich Nietzsche beeinflusst. Im Jahre 1909 wird er durch seine Frau wiederum in einen Skandal, den Prozess „über die Würde des Hochschullehrers“, verwickelt, so dass er 1910 auch dort seine Position als Dozent aufgeben muss. Er geht nach Göttingen und Berlin und nimmt dort eine freie Lehrtätigkeit auf. Ab 1911 beginnt seine fruchtbare Schaffensperiode mit zahlreichen Publikationen, beginnend mit seinem Hauptwerk über einen ethischen Personalismus. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heiratet er 1912 Märit Furtwängler, die Tochter des Archäologen Adolf Furtwängler.

Im Jahre 1913 veröffentlicht er die Arbeit Der Formalismus in der Ethik und materiale Wertethik. Hier beschreitet er neue Wege abseits von Husserl mit ontologischen und/oder realistischen Tendenzen, beginnend mit einem materialen Apriori. Ausgangspunkt sind bei ihm die Erfahrungen der Sachen und ihren Wesensgesetzen. Er löst hierbei die Kantische Pflichtethik durch seine Wertethik ab, indem er zum Theoretischen und Praktischen das emotionale Wertgefühl einbringt. Das Sittliche baut nun bei ihm personalistisch auf einer konkreten Wertbestimmung auf. Damit führte er die phänomenologische Philosophie weiter, wichtige Momente der Zeit aufnehmend.

Scheler hat damit ein stufenförmiges System der Werte aufgebaut (als Selbstwertmodi):

  1. sinnliche Werte: angenehm - unangenehm
  2. vitale Werte (Lebenswerte): edel - gemein
  3. geistige Werte: recht - unrecht, schön - hässlich, wahr - falsch („reine Wahrheitserkenntnis“) (Funktionen des geistigen Fühlens)
  4. heilige (und profane) Werte

Aus gesundheitlichen Gründen brauchte er im Ersten Weltkrieg nicht zu dienen. Er vertrat aber zu Beginn des Krieges wie viele andere Akademiker eine nationale Position, die er im Verlaufe der Kriegsjahre revidierte. So äußerte er 1915 in seiner Schrift „Der Genius des Krieges“, dass der Weltkrieg ein Aufruf zur geistigen Wiedergeburt des Menschen und eine Zerfallserscheinung des Kapitalismus sei. Er kam zu der Auffassung, dass für Europa ein christlicher Sozialismus oder Solidarismus der geeignete Weg wäre, um auch einen Weg zwischen dem kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Osten zu finden. In der Beschäftigung des Geistes der platonisch-augustinischen Liebe im Katholizismus entwickelte er sich zu einem weltoffenen Glauben.

Der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer holte ihn an die Universität, wo er Direktor des Instituts für Sozialwissenschaften wurde, womit er zum Aufbau einer neuen Soziologie beitrug. In dieser Lehre verknüpfte er zwei historische Momente der Gesellschafts- und Wissenschaftsentwicklung in Europa: die neue Physik im 17. Jahrhundert und die Herausbildung der kapitalistischen Wirtschaft. In seiner Wissenssoziologie traf er die Unterscheidung von drei Arten oberster Wissensformen:

  • das Leistungs- und Herrschaftswissen der positiven Wissenschaften
  • das Bildungswissen der Philosophie
  • das Erlösungs- und Heilswissen der Religionen

Jede dieser Wissensformen zeichnet sich durch spezifische Motivation, Erkenntnisziele, Erkenntnisakte, vorbildhafte Persönlichkeitstypen, soziale Gruppen des Wissenserwerbs und der Wissensverbreitung und historischer Bewegungsformen aus.

Mit der Publikation Vom Ewigen im Menschen von 1921 wurde er zur Führungsperson der geistigen religiösen Erneuerungsbewegung in der katholischen Tradition. Doch seine eigenpersönliche Entwicklung band ihn selber in diese Bewegung nicht ein. Auf einer Gedenkfeier zum 250. Geburtstag von Spinoza hielt er eine Rede, die zeigte, dass er sich inzwischen dem Neuspinozismus der Goethezeit und den Ideen von Friedrich Nietzsche zugewandt hatte.

Nach seiner Berufung von 1921/1922 zum Professor für Philosophie und Soziologie an die Universität Köln distanzierte er sich öffentlich vom katholischen Glauben. Als er 1924 nach erneuter Scheidung eine Ehe mit Maria Scheu einging, wurde er von konservativen Katholiken als ein labiler Charaktermensch beurteilt, der zwischen Triebhaftigkeit und Geistigem schwanke.

Sein Hang zur geistigen Bewältigung der Zeitkrisen drängte ihn zu neuen Auffassungen. So nahm er eine Einladung des Reichskanzlers an und sprach vor den Generälen der Reichswehr zum Thema der Friedenssicherung. An der Deutschen Hochschule für Politik hielt er einen Vortrag zum Thema „Der Mensch im Zeitalter des Ausgleichs“. Mit diesem Thema wollte er den „uralten tragischen deutschen Gegensatz von Macht und Geist überwinden“. Er hatte die Absicht, die parlamentarische Demokratie gegen Angriffe von Rechts und Links zu verteidigen. Den Ausgleich wollte er auch gegenüber den „Panromantikern“ wie Ludwig Klages suchen, eine Brücke zwischen dem Männlichen und Weiblichen, der westlichen und östlichen Welt, den apollinischen und dionysischen Tendenzen im Geiste der Idee von Nietzsche schlagen. Er vertrat die Ansicht, dass ohne diese geistige Brückenbildung des Ausgleichs es zu einer verhängnisvollen Entwicklung kommen müsste.

Sein Schaffen entfaltete Wirkung durch eine Veröffentlichung von 1928: Die Stellung des Menschen im Kosmos, die auf einen Vortrag im April 1927 zurückgeht, wo er auf der Tagung „Mensch und Erde“ in Darmstadt an der „Schule der Weisheit“ von Hermann von Keyserling einen Vortrag hielt, zusammen mit dem Ethnologen Leo Frobenius, dem Sinologen Richard Wilhelm und dem Psychologen Carl Gustav Jung. In dieser Schrift zeichnete er die menschliche Psyche in vier Schichten nach dem Stufenbau der organischen Natur:

Diesen setzte er ein gänzlich anderes Prinzip des Geistes entgegen, wodurch der Mensch dem Naturzusammenhang vollkommen „enthoben“ sei. Allerdings seien das Leben und der Geist aufeinander angewiesen: der Geist durchdringe das Leben mit Ideen, die dem Leben erst seine Bedeutung geben würde. Dagegen würde das Leben erst den Geist ermöglichen, ihm eine Tätigkeit zu geben und diese im Leben zu verwirklichen.

In seinem Vortrag nimmt er zum Standpunkt der technischen Intelligenz eine radikale Position ein. So behauptete er, dass die Intelligenz von Thomas Edison als Physiker den Menschen nicht über die Leistungen eines Schimpansen erhöhe, wenn man von den Untersuchungen Wolfgang Köhlers ausgehen würde. Er bezeichnete den Weltgrund als bipolar. Dieser würde in der Selbstbehauptung des Lebensdrangs einerseits und der Ausrichtung des Geistes auf Wesenheiten andererseits bestehen. So würden die technischen Leistungen sich in einem „Weltauftrag“ bestimmen und begrenzen lassen.

Max Scheler ist der Vater des Fotografen Max Scheler (1928-2003).

[Bearbeiten] Werke

  • Zur Phänomenologie und Theorie der Sympathiegefühle und von Liebe und Haß, 1913
  • Der Genius des Kriegs und der Deutsche Krieg, 1915
  • Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik, 1913 - 1916
  • Vom Umsturz der Werte, 1919
  • Neuer Versuch der Grundlegung eines ethischen Personalismus, 1921
  • Vom Ewigen im Menschen, 1921
  • Probleme der Religion. Zur religiösen Erneuerung, 1921
  • Wesen und Formen der Sympathie, 1923 (neu aufgelegt als Titel von 1913: Zur Phänomenologie ...)
  • Schriften zur Soziologie und Weltanschauungslehre, 3 Bände, 1923/1924
  • Die Wissensformen und die Gesellschaft, 1926
  • Der Mensch im Weltalter des Ausgleichs, 1926
  • Die Stellung des Menschen im Kosmos, 1928
  • Philosophische Weltanschauung, 1929
  • Gesammelte Werke, 15 Bände, 1954 - 1998

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Wilhelm Mader: Max Scheler. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 2. Aufl. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1995, ISBN 3-499-50290-9 (Rowohlts Monographien Bd. 290)
  • Angelika Sander: Max Scheler zur Einführung. Junius, Hamburg 2001, ISBN 3-88506-338-7 (Zur Einführung Bd. 238)
  • Wolfhart Henckmann: Max Scheler. Beck, München 1998, ISBN 3-406-41943-7 (Beck`sche Reihe Bd. 543; Denker)
  • Paul Good: Max Scheler. Eine Einführung. Parerga, Düsseldorf u.a. 1998, ISBN 3-930450-34-8
  • Jan H. Nota: Max Scheler. Der Mensch und seine Philosophie. Börsig, Fridingen a.D. 1995, ISBN 3-9802256-4-X

[Bearbeiten] Weblinks

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