Mockumentary
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Filmgenre-Begriff Mockumentary kommt aus dem Englischen (engl. to mock - sich lustig machen, engl. documentary - Dokumentarfilm) und ist die Bezeichnung für einen fiktionalen Dokumentarfilm, der einen echten Dokumentarfilm oder das ganze Genre parodiert.
Das Mockumentary tut so, als sei es ein Dokumentarfilm, ohne tatsächlich einer zu sein. Dabei werden oft scheinbar reale Vorgänge inszeniert oder tatsächliche Dokumentarteile in einen fiktiven bzw. erfundenen Zusammenhang gestellt. Es ist ein geläufiges filmisches Genremittel für Parodie und Satire. Eine Mockumentary kann außerdem das Ziel haben, ein stärkeres Medienbewusstsein zu schaffen und Zuschauer dazu zu bringen, Medien zu hinterfragen und nicht alles zu glauben, was täglich im Fernsehen zu sehen ist.
Mockumentaries präsentieren sich z.B. oft als historische Dokumentarfilme aus bisher noch unveröffentlichtem Material mit talking heads, die vergangene Ereignisse erörtern oder als cinema verité Leute durch verschiedene Ereignisse zu begleiten scheinen.
Der Autor, Schauspieler und Regisseur Christopher Guest hat sich auf dieses Genre spezialisiert und bislang vier derartige Pseudo-Dokumentationen geschaffen. Die wohl bekannteste war This Is Spinal Tap.
Auch das relative neue Genre der Doku-Soaps wird oft durch Mockumentary-Serien parodiert.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Allgemeine Merkmale
Die Darstellungen
- nehmen Bezug auf wahre Gegebenheiten.
- nehmen Bezug auf Gerüchte, mit denen manche Zuschauer bereits vertraut sind.
- müssen in sich konsistent sein, es darf keine erkennbaren internen Widersprüche geben.
- dürfen nur widerlegbare Gegenbeweise erwähnen, andere Gegenbeweise werden nicht erwähnt.
- müssen aktuellen Klischees entsprechen.
- müssen sich einfach und verständlich weitererzählen lassen.
Seltener angewandte Merkmale
- Es werden Interviews mit echten und bekannten Persönlichkeiten gezeigt, aber auch Interviews mit Schauspielern, die erfundene Rollen spielen.
- Die Interviews werden in sehr kurzen, raffiniert ausgewählten Schnipseln aneinandergefügt, sodass sie durch den anderen Kontext eine völlig neue, vom Interviewten nicht beabsichtigte Bedeutung bekommen.
- Bei Interviews in Sprachen, die den Zuschauern fremd sind, stimmen die Untertitel oder die Synchronisation inhaltlich nicht mit den tatsächlichen Aussagen des Interviewten überein.
- Die Präsentation vermischt authentische Ton- und Bildaufnahmen mit unwahren Aussagen, die von einer als autoritativ wahrgenommenen Erzählstimme gesprochen werden und mit abgestimmter Musik untermalt sind.
In Mockumentarys, die vorgeben eine Reportage zu sein oder reportagenartige Bestandteile enthalten, werden auch folgende Stilmittel eingesetzt
- schlechte, wie improvisiert wirkende Ausleuchtung
- unruhige Kamera, grobe Auflösung um billiges Filmmaterial vorzutäuschen
- bewusst laienhafte Darstellung seitens der Schauspieler, improvisierte Dialoge
- schlechter Ton
[Bearbeiten] Beispiele
[Bearbeiten] "Schlagzeilen"
- Krieg der Welten, das Radioprogramm von Orson Welles aus dem Jahr 1938, welches in den USA eine Panik auslöste.
- Smog, eine 1973 vom WDR ausgestrahlte, fiktive "Hier-und-Heute"-Sondersendung, die über die zunehmende Luftverschmutzung im Ruhrgebiet "berichtete".
- Bye-bye Belgium (2006), im Stil einer Sondersendung aufgemachte „Berichterstattung“ über die angebliche Teilung Belgiens
[Bearbeiten] Filme
- BBC-Bericht über die Spaghetti-Ernte (GB 1957).
- Woody, der Unglücksrabe (USA 1969), ein Film von Woody Allen, der den Lebenslauf eines unverbesserlichen Kriminellen zeigt.
- F for Fake (USA 1975), ein Film von Orson Welles, in dem der Kunsthandel parodiert wird.
- All You Need Is Cash (GB 1978), ein Fernsehfilm von Eric Idle, der die Geschichte der fiktiven britischen Popgruppe The Rutles angelehnt an den Werdegang der Beatles beschreibt.
- Zelig (USA 1983), ein Film von Woody Allen, dessen Held chamäleonhaft Aussehen und Verhalten seines jeweiligen Gegenüber anzunehmen scheint.
- This Is Spinal Tap (USA 1984), fiktive Geschichte der Hard Rock-Band Spinal Tap.
- Bob Roberts (USA 1992), Regie: Tim Robbins' Beschreibung des amerikanischen Wahlkampfs 1990 des gleichnamigen Millionärs.
- Mann beißt Hund (Belgien 1992) Film über einen Massenmörder, angeblich von einem Reporterteam aufgenommen, das ihn bei den Morden begleitet.
- Forgotten Silver (Neuseeland 1995), in diesem Film von Peter Jackson wird der Beginn der Filmgeschichte neu geschrieben.
- Hard Core Logo (Kanada 1996), der Film von Bruce McDonald begleitet die fiktive kanadische Punkband Hard Core Logo auf ihrer Reunion-Tour.
- Deckname Dennis (BRD 1996/97), Thomas Frickels Film über einen Geheimagenten, der getarnt als TV-Reporter in die lustigen, aber auch erschreckenden Abgründe der deutschen Gesellschaft blickt.
- Gnadenlos schön, (USA 1999), Satire auf Schönheitswettbewerbe.
- Best In Show (USA 2000), Spielfilm von Christopher Guest, der die Hintergründe einer Hundeschau beleuchtet.
- Kubrick, Nixon und der Mann im Mond (Frankreich 2002), Fernsehfilm, der behauptet, die Mondlandung hätte zwar stattgefunden, die Bilder seien aber von Stanley Kubrick in London gefilmt worden.
- www.betreuteLoecher.de (D 2002), Film über eine Lochforscherin von Helmut Schulzeck und Maria-Debora Wolf
- Borat (USA 2006), Film über einen kasachischen Fernsehreporter, der in die USA reist, um die dortigen Gebräuche und Gewohnheiten der Menschen zu studieren.
- Electric Apricot: Quest for Festeroo (USA 2006), ist ein Film von Primus-Frontmann Les Claypool über die Jamband "Electric Apricot" bzw. die heutige Musikkultur.
[Bearbeiten] Serien
- The Office (GB 2001), in dieser britischen Fernsehserie wird vorgeblich das Leben in einem Großraumbüro der Papier-Großhandelsfirma Wernham Hogg in Slough dokumentiert
- Stromberg (durch The Office inspiriert)