Politik in Kroatien
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[Bearbeiten] Staatsaufbau
[Bearbeiten] Exekutive
Der kroatische Präsident wird für 5 Jahre direkt vom Volk gewählt. Er ist das Staatsoberhaupt, beruft Parlamentswahlen ein und ernennt die Mitglieder des Parlaments (kroat. Sabor), ebenso wie den Premierminister. Seit dem 18. Februar 2000 ist Stjepan Mesić (auch "Stipe" Mesić genannt) kroatischer Staatspräsident. Er wurde am 16. Januar 2005 für eine zweite Amtsperiode gewählt.
[Bearbeiten] Legislative
Das kroatische Parlament (kroat. Sabor) hat nach der Verfassung von 1990 mindestens 100 und höchstens 160 Mitglieder. Zur Zeit zählt der Sabor 153 Abgeordnete. Die Verfassung von 1990 orientierte sich am deutschen Zwei-Kammern System. Die zweite Kammer war die Vertretung der Regionen. Die Bezeichnungen der Kammern lauteten Zastupnički dom (Abgeordnetenhaus) und Županijski dom (Gespanschaftsvertretung). Seit der Verfassungsänderung von 2001 gibt es nur noch ein Einkammernsystem. Die Abgeordneten werden jedoch, anders als der Präsident (5 Jahre), alle vier Jahre direkt gewählt. Per Gesetz ist festgelegt, dass von den 153 Sitzen des Abgeordnetenhauses, vier für Kroaten im Ausland und acht für Minderheiten (drei davon für die serbische Minderheit) vorgesehen sind. Alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr sind wahlberechtigt.
[Bearbeiten] Judikative
Der Oberste Gerichtshof Kroatiens (Vrhovni sud Republike Hrvatske) ist, ähnlich wie in Deutschland, die höchste juristische Instanz. Nach Empfehlung des Justizausschusses des Abgeordnetenhauses werden die Richter vom staatlichen Richterrat ernannt. Außerdem gibt es ein Verfassungsgericht und mehrere Straf- und Zivilgerichte sowie Berufungsgerichte. Derzeit befindet sich das kroatische Gerichtswesen in einem grundlegenden Reform-Prozess.
[Bearbeiten] Politik
Hauptartikel: | Kroatisches Parlament (Sabor) |
Liste der Präsidenten und Premierminister von Kroatien |
[Bearbeiten] Politisches System
Kroatien ist eine parlamentarische Republik mit einem Mehrparteiensystem. In der Verfassung von Dezember 1990 war ein semi-präsidentielles Regierungssystem vorgesehen, das jedoch durch Verfassungsänderung vom November 2000 durch ein parlamentarisches Regierungssystem ersetzt wurde. In Kroatien gilt bei Parlamentswahlen das Mehrheitswahlrecht. Die Entscheidung über die Entsendung von Abgeordneten ins Parlament obliegt jedoch den Parteien. Koalitionen werden angesichts der sehr großen Parteienanzahl manchmal bereits vor der Wahl geschlossen. Kroatien ist in 10 Wahlbezirke aufgeteilt. Sobald eine Partei mehr als 5 Prozent in einem Wahlbezirk hat entsendet Sie für diesen Bezirk Vertreter ins Parlament. Diese Regelung bietet lokalen Parteien einen Zugang zum Parlament, erhöht aber auch gleichzeitig die Anzahl der Parteien und macht eine Regierungskoalition schwieriger.
Im Januar 2006 wurden Änderungsvorschläge präsentiert, die künftig eine Direktwahl der Kandidaten für das Parlament in den einzelnen Wahlkreisen vorsehen. Somit soll die Rolle des Sabors gestärkt werden und der Bevölkerung direkte Einflussmöglichkeiten auf das Parlament gegeben werden. Abgeordnete wären demnach stärker verantwortlich gegenüber den Interessen der Bevölkerung in ihrem Wahlkreis, statt gegenüber den Interessen ihrer Partei. Auch auf lokaler Ebene zeichnet sich eine Änderung des Wahlvorgangs ab. Bereits 2006 soll die Direktwahl von Bürgermeisterkandidaten eingeführt werden.
[Bearbeiten] Politische Parteien
Seit Dezember 2003 regiert in Kroatien die HDZ unter Premierminister Ivo Sanader. Die größten Parteien Kroatiens sind die Kroatische Demokratische Union (HDZ), die Sozialdemokratische Partei (SDP), die Sozial-liberale Partei (HSLS), die Bauernpartei (HSS), die Volkspartei (HNS), die Istrische Demokratische Versammlung (IDS), die Christlich-Demokratische Union (HKDU), die slawonische Regionalpartei, die Partei des Rechts (HSP) sowie die Unabhängigen Demokraten. Die nächsten turnusmäßigen Parlamentswahlen werden voraussichtlich im November 2007 stattfinden.
[Bearbeiten] Aktuelle politische Lage
Präsident Kroatiens ist seit 2000 Stjepan Mesić, der im Januar 2005 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde.
Im Parlament ist seit den Parlamentswahlen vom November 2003 die HDZ die stärkste Partei, hat jedoch keine absolute Mehrheit der Sitze. Parlamentspräsident ist Vladimir Šeks. Die nächsten Wahlen wären turnusgemäß im Jahr 2007.
Seit Dezember 2003 ist eine Minderheitsregierung der HDZ unter dem Vorsitz von Premierminister Ivo Sanader im Amt, die im Parlament durch die Rentnerpartei HSU und weitere Kleinparteien, sowie von den meisten Vertretern der nationalen Minderheiten gestützt wird. Die derzeitige kroatische Regierung besteht aus vierzehn HDZ-Ministern.
Viel diskutierte politische Themen sind der angestrebte EU-Beitritt, die Privatisierung und die Auslandsverschuldung. Aber auch die Vergangenheitsbewältigung ist immer noch ein aktuelles Thema, so kam es etwa regelmäßig über die Auslieferung des kroatischen Angeklagten Ante Gotovina an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu heftigen Kontroversen. Seit Dezember 2005 befindet sich dieser in Untersuchungshaft in Den Haag.
Die kroatische Parteienlandschaft ist sehr vielfältig (derzeit über 100 registrierte Parteien). Eine alphabetische Liste aller kroatischen Parteien ist hier zu finden: Croatian Information and Documentation Referral Agency - Hidra (englisch)
Die Zahl der Mandate der Diaspora wurde 2003 im Vergleich zu früheren Wahlen um zwei Sitze reduziert, da eine geringere Wahlbeteiligung im Ausland erzielt wurde. Aufgrund der Verteilung der Sitze nach der D'Hondtschen Methode wurden den unabhängigen Listen der Diaspora keine Mandate zugeteilt, auch wenn über 5% der Gesamtstimmen erreicht wurden.
[Bearbeiten] Außenpolitik
Kroatien strebt die Aufnahme in die Europäische Union (EU) und die NATO an. Das Erreichen beider Ziele wird häufig unter dem Stichwort euro-atlantische Integration genannt. 2001 hat Kroatien ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen mit der EU unterzeichnet, welches 2005 in Kraft trat. Mit Wirkung vom 1. Januar 2006 hat Kroatien den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten zur Europäischen Union.
Seit dem Jahr 1992 ist Kroatien Mitglied in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), seit 2000 auch Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Anfang 2003 trat Kroatien der CEFTA (Central European Free Trade Agreement) bei und bildet seit den jüngsten EU-Beitritten 2004 mit Bulgarien und Rumänien die einzigen verbleibenden Staaten in dieser Organisation. Angesichts des baldigen EU-Beitritts der letztgenannten Staaten soll die CEFTA - nach Lockerung der Beitrittskriterien - auch weitere Länder Südosteuropas, wie auch die Ukraine umfassen.
Kroatien lehnt die Gründung eines Balkan-Wirtschaftsraumes ab, der Ende Jänner 2006 von Seiten der Europäischen Kommission vorgestellt wurde und verweist hierbei auf die bereits vorhandene CEFTA. Es wird von offiziellen Stellen in Kroatien angegeben, dass die EU in Wirklichkeit kein Konzept für die wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität des südosteuropäischen Raumes besitze, was für Kroatien aber von vorrangiger Priorität sei. Kroatien betreibt eine aktive Nachbarschaftspolitik in der Region und bietet Know-How in südosteuropäischen Fragen an.
In der Frage des neuen Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat sich Zagreb an die Empfehlungen der Europäischen Union gehalten. Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern Mitteleuropas gewährt Kroatien US-Bürgern keine Immunität vor der Verfolgung durch den IStGH.
Die Beitrittsverhandlungen der EU mit Kroatien haben am 4. Oktober 2005 begonnen. Zuvor hatte die Hauptanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, Carla del Ponte, die "volle" Zusammenarbeit der kroatischen Regierung mit dem Tribunal konstatiert, was von der EU als Bedingung für den Beginn der Verhandlungen verlangt worden war. Die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen hat Kroatien auch der Verhandlungsstrategie der österreichischen Bundesregierung zu verdanken, die es als unfair ansah, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beginnen und Kroatien selbige zu verwehren.
Kroatien hofft auf einen EU-Beitritt im Jahre 2009, um im selben Jahr an den EU-Wahlen teilnehmen zu können.
[Bearbeiten] Verteidigungs- und Sicherheitspolitik
- Hauptartikel: Die kroatischen Streitkräfte
[Bearbeiten] Allgemeines über die Streitkräfte
Die Kroatische Armee umfasst in ihrer Friedensstärke etwa 15.000 Soldaten. Die Anzahl der Reservisten beträgt 111.000 Soldaten, von denen sich etwa 32.360 in Bereitschaft befinden. Insgesamt stehen 856.946 Bürger Kroatiens bereit für den Verteidigungsfall. Die Anzahl der Wehrpflichtigen im Alter von 19 Jahren beträgt pro Jahr etwa 30.096 (2003). Seit 2006 gilt in Kroatien der verkürzte Grundwehrdienst von 6 Monaten, bzw. alternativ der Zivildienst von 8 Monaten. Der Wehretat der Republik Kroatien wurde von etwa 1.1 Milliarden USD (1997), etwa über 5% des Bruttosozialproduktes auf gegenwärtig ein Wehretat von 520 Millionen USD gesenkt. Dies entspricht etwa 2.39% des BSP.
Der Oberbefehlshaber der Armee Kroatiens ist der Präsident der Republik Kroatien. Der Sabor, das kroatische Parlament, verfügt über die Kontrolle der Streitkräfte, den Wehretat und die strategische Entwicklung.
[Bearbeiten] NATO-Aspirationen und Modernisierung
Kroatien könnte laut den jüngsten Aussagen des NATO-Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer, der die Bemühungen Kroatiens lobte, bereits Ende 2006 eine Beitrittseinladung zum Verteidigungsbündnis erhalten. Schon beim Gipfel in Riga am 28. und 29. November 2006 soll eine verbindliche Aussage gemacht werden. Insbesondere die Flüchtigkeit des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ante Gotovina war lange Zeit ein Hindernis auf dem Weg zur Mitgliedschaft Kroatiens. Die NATO versteht sich nicht ausschließlich als Militärbündnis, sondern in überwiegendem Maße als Wertesystem, in dem die Prinzipien des Rechtsstaates, der Minderheitenrechte, der Demokratie und der Marktwirtschaft eingehalten werden.
Mit dem Beitritt zur NATO plant Kroatien eine grundlegende Änderung der Verteidigungsstrategie des Landes. So wird von der derzeitigen individuellen Verteidigungsstrategie auf eine kollektive Verteidigungsstrategie umgestellt. Bereits im Februar 2006 soll ein Arbeitspapier zur nachhaltigen Entwicklung der Streitkräfte vorgestellt werden, das im Laufe der nächsten 10 Jahren umgesetzt werden soll. In der Strategie enthalten sind auch die Verteidigung durch nicht-militärische Maßnahmen, der Zivilschutz oder Neuerungen was Such- und Rettungstrupps betrifft. Geplant ist auch die schrittweise Modernisierung in technischer Hinsicht, u.a. die Anschaffung neuer Panzer und evtl. auch die Modernisierung der kroatischen Abfangjäger.
[Bearbeiten] Auslandseinsätze
Kroatische Truppen sind bereits seit November 2003 Teil der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF), unter der Leitung der NATO (Bildung eines regionalen Aufbauteams für den Handel der Stadt Kunduz und Demilitarisierungsprogramme). Im Laufe von 2006 soll das Kontingent von 50 Soldaten auf 150 aufgestockt werden. Für das Engagement im Rahmen der ISAF bekommt Kroatien bereits seit Jahren hervorragende Beurteilungen von Experten und Amtsträgern des Bündnisses.
Die Kroatischen Streitkräfte werden auch zu friedenserhaltenden und -sichernden Maßnahmen im Rahmen der Vereinten Nationen eingesetzt:
- UNAMSIL in Sierra Leone (UNAMSIL - United Nations Assistance Mission to Sierra Leone).
- MINURSO in der Westsahara
- UNMOGIP United Nations Mission in Indien and Pakistan (UNMOGIP - United Nations observer group in India and Pakist
- UNMEE Mission of United Nations in Ethiopia and Eritrea (UNMEE - United Nations mission in Äthiopien und Eritrea