Stereofonie
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Mit Stereofonie (griechisch: stereos = räumlich, ausgedehnt) werden Techniken bezeichnet, die mit Hilfe von zwei oder mehr Schallquellen durch Interchannel-Signale Δ L und Δ t (Lautsprecher-Stereofonie) einen räumlichen Schalleindruck erzeugen.
Im einfachsten Fall erfolgt die horizontal verteilende Abbildung hauptsächlich durch Pegelunterschiede und/oder Laufzeitunterschiede der beiden Kanäle mit zwei Lautsprechern. Die Abbildung der Tiefenstaffelung beruht auf Ausnutzung von frühen Reflexionen und auf Klangverfärbungen durch Blauertsche Bänder, um bei der Abbildung "diffus und präsent" herauszuarbeiten und räumliche Tiefenabbildung aus dem Verhältnis von Direktschallanteilen D und Raumschallanteilen R sowie Pegeldifferenzen herauszustellen.
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Δ L sind Pegeldifferenzen und Δ t sind Laufzeitdifferenzen. Dabei wird das psycho-akustische Phänomen ausgenutzt, dass der Mensch mit seinen Ohren auf Grund von interauralen Pegel-Unterschieden (ILD, von Interaural Level Difference) und Laufzeit-Unterschieden (ITD, von Interaural Time Difference) die Richtung von Schallquellen lokalisieren kann. Gute Hörbedingungen bei der Stereo-Lautsprecherwiedergabe bringt die Aufstellung im Stereodreieck. Der individuelle Ohrabstand des Menschen spielt bei Lautsprecherstereo keine Rolle, wohl aber bei der binauralen Aufnahmetechnik (Kunstkopf), die allein für Kopfhörerwiedergabe vorgesehen ist.
Diese Kopfhörer-Stereofonie mit den interauralen Signalen hat sich nicht durchsetzen können. Beide Verfahren sind nicht miteinander kompatibel, auch wenn es immer wieder aufs Neue versucht wird. Das Vermischen und Verwechseln dieser beiden Aufnahmetechniken hat sich jedoch immer als Irrweg erwiesen.
Interaurale Signale (Ohrsignale) sind nicht mit den Interchannel-Signalen (Lautsprecher-Signale) gleichzusetzen. ILD und ITD sind nicht gleich Δ L und Δ t. Die Ohren des Hörers bilden aus den Signalen der Stereolautsprecher die eigenen Ohrsignale mit der persönlichen HRTF (Head Related Transfer Function - Übertragungsfunktion des eigenes Kopfes). Es ist ein Irrtum, solche Ohrsignale aus den Lautsprechern kommen zu lassen, weil die durch die doppelten Signale entstehenden Verfärbungen auch noch falsch immer auf beide Ohren gelangen. Ohrsignale gehören unbedingt auf Kopfhörer.
[Bearbeiten] Akustische Aspekte
Es gibt mehrere Aufnahmeverfahren, um für die Lautsprecherstereofonie Stereo-Signale aufzuzeichnen. Man unterscheidet bei der Mikrofonierung insbesondere zwischen Laufzeit-Stereofonie und „Intensitäts“-Stereofonie, die richtiger Pegeldifferenz-Stereofonie genannt werden sollte. Mischformen bezeichnet man als Äquivalenzstereofonie.
Bei der sogenannten „Intensitäts“-Stereofonie (= Pegeldifferenz-Stereofonie) werden zwei Mikrofone verwendet, deren Richtwirkung so ausgenutzt wird, dass die Pegeldifferenz der Signale auf den beiden Kanälen eine bestimmte Hörereignisrichtung bei der Wiedergabe auf der Stereo-Lautsprecherbasis hervorruft. Genauer sind es allein die Schalldruckunterschiede, die hier wirksam sind und welche die Richtung der gehörten Phantomschallquelle bestimmen. Wird ein Tonsignal auf zwei Stereolautsprecher identisch verteilt, so nimmt der Hörer eine Phantomschallquelle genau aus der Stereomitte wahr. Wird nun das Signal auf einem Lautsprecher im Pegel erhöht, so wandert die Phantomschallquelle in Richtung dieses Lautsprechers, bei einer Pegeldifferenz von ca. 18 dB (16 dB bis 20 dB) nimmt der Hörer eine vollständige Auslenkung aus der Richtung der Lautsprecher wahr. Die einfachsten Hauptmikrofonaufstellungen sind hier X/Y-Stereofonie (2 Nierenmikrofone mit dem entsprechenden Achsenwinkel zueinander, aber dicht am selben Ort) und M/S-Stereofonie (Kugelmikrofon für die Mono-Summe (M) und Achtermikrofon für das Links/Rechts-Differenzsignal (S), über eine elektronische Matrix zu Links und Rechts gemischt). Siehe hierzu Richtungsmischer und Panpot. Mit der Pegeldifferenzstereofonie erzeugt man bei der Lautsprecherwiedergabe die größte Lokalisationsschärfe der Phantomschallquellen.
Bei der Laufzeit-Stereofonie werden zwei Mikrofone mit einem gewissen Abstand voneinander, der Mikrofonbasis, aber auch in einem gewissen Abstand von der Schallquelle aufgestellt, so dass Schallereignisse abhängig von ihrer Position zu verschiedenen Zeitpunkten auf den beiden Kanälen als Laufzeitdifferenz Δ t aufgenommen werden. Wird ein Tonsignal auf zwei Stereolautsprecher identisch verteilt, nimmt der Hörer eine Phantomschallquelle genau aus der Stereomitte (Center) wahr. Wird nun das Signal auf dem einen Lautsprecher durch Laufzeitverzögerung verändert, so wandert die Hörereignisrichtung in die Richtung des anderen Lautsprechers. Bei einer Laufzeitdifferenz von etwa Δt = 1,5 ms (1 bis 2 ms) nimmt der Hörer eine vollständige Auslenkung (100% Hörereignisrichtung) aus der Richtung eines Lautsprechers wahr. Durch die unterschiedliche Distanz der Mikrofone zur Schallquelle ergibt sich zumindest bei den mikrofonnahen Instrumenten allerdings immer auch ein gewisser Pegelunterschied. Die bekannteste Hauptmikrofonaufstellung ist die A/B-Stereofonie. Das sind zwei Kugelmikrofone in definiertem Abstand, der Mikrofonbasis zueinander. Man unterscheidet „Klein-A/B“ etwa bei einer Basis kleiner als 35 cm (quasi Doppelkopf) und „Groß-A/B“ bei entsprechend größerer Basis. Dieser Wert ist nicht allgemein festgelegt.
Die Laufzeit-Stereofonie ergibt dabei einen besseren Raumeindruck des resultierenden Schallsignals, hat jedoch gegenüber der „Intensitäts“-Stereofonie die Nachteile, dass die Lokalisationsschärfe der Phantomschallquellen geringer ist und sich das Signal im Klang weniger kompatibel über Mono-Abspielgeräte wiedergeben lässt, da es durch die zeitlichen Verschiebungen zu Interferenz-Erscheinungen (Auslöschungen von bestimmten Frequenzen) kommen kann, die den Klangeindruck verfälschen (Mono-Inkompatibilität).
Mischformen, die nach dem Prinzip der Äquivalenzstereofonie Lokalisationsinformationen sowohl über Laufzeit- als auch über Pegeldifferenzen enthalten, versuchen, die Vorteile beider Verfahren zu verbinden. Bekannte Mikrofonaufstellungen sind hier z. B. ORTF, NOS und EBS.
Als eine seltene Aufnahmemethode sei hier noch an die Kunstkopf-Aufnahmetechnik erinnert. Dabei wird die Form eines menschlichen Kopfes nachgebildet, und an Stelle der beiden Ohren werden die Mikrofone angebracht. Diese Aufnahmetechnik zeichnet das Schallsignal etwa so auf, wie der Mensch es direkt an seinen Trommelfellen hört. Wird diese Aufnahme wie vorgesehen mit einem Kopfhörer abgehört (Kopftrennung), so empfängt der Hörer wieder das ursprüngliche Schallereignis an den Ohren und kann die Richtungen der Geräusche lokalisieren, wobei die genaue Vornelokalisation nicht immer gelingt. Verbessert werden kann die Wiedergabe von Kunstkopfaufnahmen durch eine Anpassung an die individuelle HRTF, also der Kopfübertragungsfunktion des Hörers, sowie über ein sogenanntes Head-Tracking, bei dem die Bewegungen des Kopfes in die Berechnung der Kopfübertragungsfunktion mit einbezogen werden. Binaurale Aufnahmen/Kunstkopf-Aufnahmen sind aber generell nicht für Lautsprecherwiedergabe bei der „normalen“ Stereofonie gedacht. Eine Spezialform dieses Verfahrens ist die Echtkopf-Stereofonie, bei der eine Person Mikrofone im Gehörgang trägt.
Es ist leicht ersichtlich, dass Aufnahmeverfahren, die Mischformen zwischen Lautsprecher-Stereofonie und Kopfhörerstereofonie darstellen, in der Praxis nicht zufriedenstellend funktionieren können. Einige davon, wie etwa die Jecklin-Scheibe, werden jedoch - wenn auch selten - von Amateuren verwendet.
Wird eine Aufnahme (die nicht mit einem Kunstkopf aufgenommen wurde) über zwei Stereo-Lautsprecher wiedergegeben, die sich in einer Ebene vor dem Hörer befinden, so entsteht im Raum eine Schallfeldüberlagerung, die auf der Mittellinie zwischen den Lautsprechern einen Stereo-Höreindruck erzeugt. Das ist das gleichseitige „60°-Stereodreieck“. Im „sweet-spot“ in der Mitte vor den Stereo-Lautsprechern sollte sich idealerweise der Hörer befinden.
Werden mehrere Lautsprecher nebeneinander angeordnet, die jeweils eine definierte Mischung des Rechts- und Links-Signals wiedergeben, so kann der Bereich vergrößert werden, in dem der Hörer den räumlichen Höreindruck wahrnehmen kann. Dieses kann z. B. im Kino bei größeren Lautsprecherabständen der Fall sein.
[Bearbeiten] Übertragungstechnik
Etwa seit 1960 begann man mit der Rundfunk-Übertragung mit Stereo-Ton auf FM/UKW (FM-Stereo) und mit der Herstellung von Schallplatten mit Stereo-Aufnahmen, Anfang der 80er Jahren bekamen Fernsehsendungen auch Stereo-Ton. Durch geeignete Verfahren wurde sichergestellt, dass die neuen Signale zu den Mono-Signalen kompatibel waren, um sie weiterhin auch mit den alten Geräten wiedergeben zu können. Inzwischen gelang es auch Stereo-Übertragungen im Lang-, Mittel- und Kurzwellenbereich durchzuführen (AM-Stereo) und in Stereo zu telefonieren.
[Bearbeiten] Frühes „Stereo“
Schon zu Zeiten der Schellackplatten wurde versucht, räumliche Klangbilder zu produzieren. Es gab Grammophone mit zwei Nadeln und zwei Schalltrichtern, wobei ein künstlicher Stereoeffekt durch den Zeitversatz zwischen den beiden Nadeln entstand.[1]
Die Beatles zum Beispiel nahmen anfangs ihre Songs mit einer Art der „Stereotechnik“ auf, die genauer betrachtet zweimal „Mono“ ist. Die Instrumentalbegleitung wurde auf einen Kanal und der Gesang auf den anderen Kanal gelegt. Das hat recht wenig mit Stereo zu tun, außer dass aus jedem Lautsprecher etwas Verschiedenes herauskam. Ebenfalls aus dieser Zeit ist der Begriff „Ping-Pong-Stereo“ bekannt und bezieht sich auf eine Aufnahmetechnik, die Instrumente von links nach rechts – oder umgekehrt – wandern lässt. Dieses war insbesondere in der Frühzeit der Stereoaufnahmetechnik bei populärer Musik gefragt: Eine Stereoanlage war in den frühen 1960er Jahren ein Statussymbol – und man wollte schließlich den Effekt auch deutlich hören und im Freundeskreis stolz vorführen.
Zu Anfang der 1970er Jahre mussten aus Verkaufsgründen Monoaufnahmen „verstereofoniert“ werden, was mit Pseudostereofonie oder auch „Electronic Stereo“ bezeichnet wurde.
[Bearbeiten] Stereo in der Popmusik
Bei Popmusik-Studioproduktionen werden die einzelnen Klangelemente (Gesang, Instrumente, ...) in einzelnen Spuren getrennt voneinander und nacheinander aufgenommen. Bei der Abmischung des Materials wird dann für jeden Track mittels des „Pan“-Reglers (Pan von Panorama) die Position im Stereobild eingestellt. Für den Gesang ist es üblich, diesen genau in der Mitte zu positionieren, d. h. die Stimme erklingt aus beiden Lautsprechern gleich laut. Zusätzlich kann ein künstlicher Raumklang (Hall) hinzugemischt werden. Auf diese Weise hergestellte Aufnahmen sind streng genommen keine Stereofonie im oben beschriebenen Sinn.
[Bearbeiten] Stereo in der Praxis
Um einen stereophonen Klangeindruck zu erleben, müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein, die in normalen Haushalten fast nie anzutreffen sind.
- Beide Boxen sollten etwa gleich weit von Rück- und Seitenwand entfernt stehen
- Standboxen sollten nicht zu nahe an der Wand stehen
- Der Sitzplatz des Hörers sollte sich möglichst genau in der Mitte vor den Boxen befinden
- Die Hochtöner sollten sich etwa auf Ohrhöhe des Hörers befinden
Zwar befindet sich heute in den meisten Haushalten ein Stereo-Gerät, auf die genannten Punkte wird aber nur von sehr wenigen, an Technik und/oder Musik besonders Interessierten Wert gelegt. In den meisten Fällen werden die Boxen völlig beliebig platziert (rechte Box auf dem Schrank, linke unter dem Couch-Beistelltisch), so dass keinerlei Stereo-Eindruck mehr möglich ist. Ein Extrembeispiel sind tragbare "Stereo"-Geräte ("Ghettoblaster"), bei denen sich die Lautsprecher fest eingebaut lediglich 20 bis 30 cm voneinander entfernt befinden. Zwar ist die Wiedergabe theoretisch stereophon, jedoch müsste der Zuhörer, um dieses zu bemerken, seinen Kopf unmittelbar vor das Gerät halten. Ein sogenannter 3D-Stereo-Effekt wird bei transportablen Geräten mit geringem Lautsprecherabstand elektronisch erzeugt. Dazu wird ein Teil des jeweiligen Kanals um 180° phasenverschoben dem anderen Kanal zugemischt. Es entsteht dann der akustische Eindruck, dass die Lautsprecher weiter auseinander liegen. Dabei werden technisch bedingt die tiefen und mittleren Frequenzen des Mittesignals bedämpft. Dieses kann bei Karaokeanlagen aber durchaus erwünscht sein. Der Sänger in der Mitte (siehe Stereo in der Popmusik) ist dann nur noch leise hörbar.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Mikrofonierung | Intensitätsstereofonie | MS-Stereofonie | Laufzeitstereofonie | Äquivalenzstereofonie | Lautsprecherstereofonie | ORTF-Stereosystem | Knüppelstereofonie
- Phantomschallquelle | Stereodreieck | Lautsprecherbasis | Mono
- Quadrofonie | 5.1 | Surround | Stereodecoder