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Thomas W. Lawson

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Thomas W. Lawson war der größte je gebaute Schoner, der einzige Siebenmastgaffelschoner und auch der einzige Siebenmaster überhaupt in neuer Zeit (siehe Schatzschiffe des Zheng He). Sie war zu ihrer Zeit einer der wenigen Riesenschoner aus Stahl. Mit einer Vermessung von 5.218 Bruttoregistertonnen (BRT) / 4.914 Nettoregistertonnen (NRT) war der Schoner bis zum Stapellauf des Auxiliar-Seglers R. C. Rickmers (1906) das größte und nach Bau der France II (1911) das drittgrößte Segelschiff, das je die See befuhr, beziehungsweise (nach der France II) das zweitgrößte, wenn man nur reine Segelschiffe zählt. Die Thomas W. Lawson war der größte Segler der Welt, der nie einen Hilfsantrieb besaß. Die im selben Jahr gebaute Preußen war das zweitgrößte Schiff dieser Art.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Beschreibung

Die Zeit der großen Schoner (Sechsmaster) begann am 14. August 1900, als in Camden im US-Bundesstaat Maine der erste Sechsmastgaffelschoner aus Holz, die George W. Wells, bei Holly M. Bean vom Stapel lief. Es sollten noch acht Sechsmaster aus Holz und einer aus Stahl an der Ostküste folgen, darunter als letzter 1909 bei Percy & Small in Bath (Maine) die Wyoming, das mit 137 m Länge über alles (Lüa) beziehungsweise 108 m Rumpflänge längste Holzschiff der Welt.

Die Thomas W. Lawson hatte in der William L. Douglas (1903), einem ebenfalls aus Stahl gebauten Sechsmastgaffelschoner von 3.708 BRT, eine Werftschwester mit einer beträchtlich längeren Lebensdauer. Beide Schiffe waren neben dem Fünfmastgaffelschoner Kineo (2.178 BRT, 1903 von Arthur Sewall & Co. auf eigene Rechnung aus Stahl gebaut und bereedert) die beiden einzigen, in den USA gebauten Großschoner aus Stahl. Sie entstanden beide auf den Helgen der 'Fore River Ship & Engine Building Co.' in Quincy (Massachusetts) für die "Coastwise Transportation Co. (John G. Crowley)" mit Sitz in Boston (Massachusetts). Konstrukteur war der für seine Jachten bekannte Schiffbauer Bowdoin Bradlee Crowninshield (1867 - 1948). Der Schoner besaß einen Stahlrumpf als Glattdecker mit drei durchgehenden Decks, dazu Poop und Back, beide mit schwer ausgeführter Holzreling eingefasst. Die Deckaufbauten konzentrierten sich auf das Poopdeck, hier bestehend aus einem großen Deckhaus mit Oberlichtern , Kapitänsunterkunft, Kartenhaus, Offiziersmesse und einem separaten Ruderhaus), und auf den achteren Teil des Hauptdecks um den 5. und hinter dem 6. Mast. Am Heck hing das Kapitänsgig an zwei Davits, ebenfalls ein typisches Konstruktionsmerkmal amerikanischer Segler. Weiterhin aus Stahl waren die sieben Untermasten von gleicher Höhe. Sämtliche anderen Spieren wie Stengen, Gaffelbäume etc. waren aus Holz. Die obersten Decks waren mit Teakholz abgedeckt. Sechs Großluken waren in das Hauptdeck eingelassen, über die der große Stahlschoner maximal 11.000 tons laden konnte. Zwei schwere Dampfwinden waren unter der Back und hinter dem 6. Mast eingebaut, dazu kleinere Winden an jedem Mast. Der Tiefgang von mehr als acht Metern erlaubte es jedoch nicht, die kaum ausgebauten Ostküstenhäfen außer Newport News (Virginia) anzulaufen, weswegen eine Verringerung der Ladung um ungefähr ein Drittel auf 7.347 tons erfolgte. War der große Schoner anfänglich hell gestrichen (grüner Wasserpass, später roter), erschien er in seiner weiteren Laufbahn mit schwarzem Rumpf

Benannt wurde das Schiff, wie bei amerikanischen Seglern oft der Fall, nach einer berühmten Person, hier nach dem Bostoner Millionär, Börsenmakler und damaligen Präsidenten der Bay State Gas Co. in Delaware, Thomas William Lawson (26. Februar 1857 - 8. Februar 1925) aus Charlestown (seit 1874 Stadtteil von Boston, Massachusetts). Thomas William Lawson schrieb 1905 unter anderem das Buch "Finanzwahnsinn"  (Originaltitel: "Frenzied Finance"), das seinerzeit viel Furore machte.

Die Schiffsbesatzung betrug maximal nur 18 Mann (Kapitän, Maschinist für die Dampfanlage für Ruder, Generator und Dampfwinden zum Heißen der Segel, Steward, 2 Steuerleute, max. 13 Seeleute). Nach einigen Quellen betrieb die Dampfanlage Generatoren, die wiederum die über 15 (!) elektrischen Winden mit Strom versorgten.

Im Gegensatz zu den europäischen Fünfmastrahseglern vergleichbarer Größe war sie nach dem Urteil mancher Seeleute und Marineautoren ein sehr schwerfälliges und wenig schönes Schiff (es gab Vergleiche mit einer Badewanne und einem gestrandeten Wal). Sie soll allein mit dem Rigg ohne gesetzte Segel, also vor Top und Takel, gut 13 - 15 kn bei achterlichem Sturm gemacht haben. Den brauchte sie auch, um nicht aus dem Ruder zu laufen. Sie war schwer zu navigieren, Segelmanöver wurden oft auf den Wachwechsel verschoben, da die Riesensegel für die kleine Mannschaft eine extreme Belastung darstellten. Der Eigner erhoffte sich von diesem großen Schoner einen wirtschaftlichen Gewinn - viel Ladung mit wenig Besatzung in kurzer Zeit zu transportieren. Beides realisierte sich wegen der reduzierten Auslastung und den problematischen Segeleigenschaften nicht (zu völliges Unterwasserschiff, ungünstiger Segelplan, geringe Besatzung). Dennoch war die Thomas W. Lawson einzigartig und eine imposante Erscheinung, trotz oder wegen der sechs gleich getakelten Masten und dem siebten mit einem deutlich größeren Gaffelsegel.

[Bearbeiten] Benennung der Masten

Für die Benennung der sieben Masten gab es über zehn verschiedene Systeme, auch eines nach den sieben Wochentagen (Sonntag-Samstag), das eher beim Erzählen als auf See Verwendung fand, aber von einem Journalisten der "Boston Post" als Benennung gemäß Th. W. Lawson, dem Namensgeber, veröffentlicht wurde. Ursprünglich wurden sie während des Baus nach dem Originalsegelplan nummeriert (no. 1, no. 2, no. 3, no. 4, no. 5, no. 6, no. 7 bzw. "spanker" anstelle von "no. 7") und später unter anderem wie folgt benannt:

  • fore, main, mizzen, spanker, jigger, driver, pusher; (beim Stapellauf)
  • fore, main, mizzen, after mizzen, jigger, driver, pusher, spanker (nach Kapitän Arthur L. Crowley, erstem Schiffsführer der Lawson, laut Kapitän Frank H. Peterson)
  • fore, main, mizzen, no. 4, no. 5, no. 6, spanker; (ebenfalls nach Kapitän Arthur L. Crowley aus einem Brief)
  • fore, main, mizzen, no. 4, no. 5, no. 6, no. 7; (von der Mannschaft bevorzugte Benennung)
  • fore, main, mizzen, jigger, spanker, driver, rudder mast (nach Kapitän William Holland, dem früheren Quartiermeister der Thomas W. Lawson)
  • fore, main, mizzen, spanker, rider, driver, jigger (nach Douglas Lawson, dem Sohn des Namensgebers)
  • fore, main, mizzen, middle, spanker, driver, pusher (nach Aussage eines weiteren Schiffsführers, Kapitän Ernest D. Sproul)
  • fore, main, mizzen, jigger, driver, pusher, spanker; zu deutsch: Vor-, Groß-, Kreuz-, Tanzer-, Treiber-, Schieber-, Besanmast; (amerikanische Standardbenennung, s. Gaffelschoner)

Sie wurde nach Marineautor H. J. Greiffenhagen nach Hinweis seitens Kapitän P. R. J. Reynolds aus Cold Spring Harbor (New York) ebenfalls verwendet (siehe Sea Breezes 6, 1971, Seite 482).

Eine Benennung nach deutschem System wäre:

  • Vor-, Groß-, Haupt-, Mittel-, Achter- Kreuz-, Besanmast

Mit "spanker" wurde meist das letzte und größte Segel auf den amerikanischen drei- und mehrmastigen Schonern bezeichnet.

[Bearbeiten] Geschichte und letzte Fahrt

Der große Schoner, der ursprünglich für den Einsatz im Pazifik bestimmt war, befuhr ausschließlich die Ostküste der USA und soll bis in den Golf von Mexico vorgedrungen sein. Bereits ein Jahr nach dem Stapellauf zog Crowley den Riesenschoner wegen sinkender Kohlenraten aus der Kohlenfahrt und vercharterte ihn nach Abtakeln der Stengen als Leichter für den Transport von Kistenöl, das heißt, der Schoner wurde die amerikanische Ostküste hinauf- und hinuntergeschleppt. 1906 wurde er in Newport News, Virginia, von der Shipbuilding & Drydock Co. neu aufgetakelt und erhielt einen Umbau zum Segeltanker. Nach einigen Quellen dienten die Untermasten der Tankentgasung, wie bei der Navahoe (1908 bei Harland & Wolff gebaut), einer stets geschleppten 7.718-BRT-großen Tanker-Barge (Barge = hier geschlepptes, seetüchtiges Schiff) mit Sechsmastschoner-Stütztakelage. Diese diente der Stabilisation für den Fall, dass die Stahl-Schlepptrosse reißen sollte. Er lief unter Charter für die Sun Oil Co. mit Fünfjahres-Chartervertrag.

Unter dem Kommando von Kapitän George Washington Dow lichtete die Thomas W. Lawson am 27. November 1907 in Philadelphia die Anker zu ihrer ersten Transozeanfahrt über den Atlantik mit Ziel London (Philadelphia - London 3.077 sm, Philadelphia - Scilly-Inseln 2.600 sm). Sie fuhr diesmal in Charter für die Anglo-American Oil Co. eine Ladung Rohöl oder Schmieröl. Die Angaben differieren zwischen 2,25 Mill. und 2,45 Mill. Gallonen (53.571 bis 58.300 Barrel). Nach stürmischer Überfahrt von 16 Tagen (Ø 162 sm/Tag) mit Schäden am Rigg, Verlust fast aller Rettungsboote, Wassereinbruch in Luke Nr. 6, dadurch verstopfte Pumpen (infolge Vermischens des eingedrungenen Seewassers mit der Kohle für die Dampfaggregate), geriet sie nahe der Scilly-Inseln in schweres Wetter mit schlechter Sicht, möglicherweise gab es Probleme mit der Positionsbestimmung (Besteckversetzung / Koppelnavigation). Am frühen Nachmittag des 13. Dezember befand sich der Schoner südwestlich der Inselgruppe nahe dem Leuchtturm "Bishop Rock" (ca. 3,2 sm südwestlich Annet) in einem extrem gefährlichen Seegebiet mit nordöstlichem Kurs, näher den Inseln als die Positionsbestimmung ergab. Kapitän Dow ließ die Th. W. Lawson vor beide Buganker (je 5 t schwer) mit 150 Faden (274,3 m) Backbordankerkette und 90 Faden (164,6 m) Steuerbordankerkette legen, er befand sich in der Nähe des Hellweather’s Reef. Von zwei Inseln (St. Agnes und St. Mary's) wurden das große Schiff beobachtet und Seenotrettungsboote klar gemacht. Der Leuchtturmwärter von "Bishop Rock" feuerte Signalraketen ab. Angebote seitens des Schiffsführers vom inzwischen ausgelaufenen Rettungsboot von St. Agnes, das Schiff aufzugeben, wies Kapitän Dow mit der Bemerkung zurück, er benötige nur einen Lotsen. Der Sturm wurde stärker, derweil der Lotse an Bord genommen wurde. Das Boot von St. Agnes musste wegen Krankheit eines Mannschaftsmitgliedes abdrehen und zurücklaufen. Das zweite Rettungsboot von St. Mary's brach sich den Mast am Heck des Schoners und kehrte wegen der Reparatur um. Schlepper wurden aus Falmouth angefordert, konnten aber wegen des Sturms nicht bis nach Annet vordringen. Ebenso konnten die Rettungsboote nicht zurück zum Schiff kehren. Der Schoner blieb zunächst weitgehend stabil vor Anker, als in der Nacht die Sturmstärke weiter anstieg. Am 14. Dezember 1907 gegen 2:30 Uhr verschwanden die Lichter des Schoners und der Geruch von Rohöl lag in der Luft. Der Sturm war auf Orkanstärke angestiegen, die Gewalt der See ließ die Backbordankerkette brechen, der Schoner schwang gewaltig hin und her, den Steuerbordanker slippend. Kapitän Dow befahl sofort alle Mann mit Rettungswesten in die Riggen. Das Schiff wurde durch den immensen Seegang mit ungeheurer Wucht steuerbordseitig auf einen Felsen geworfen. Alle sieben Masten knickten ab und stürzten ins Meer, das Schiff brach hinter dem sechsten Mast auseinander, kenterte und sank.

Kapitän George W. Dow gelangte ins Wasser und konnte sich nach Stunden auf ein größeres Riff retten. Frederick Hicks, der Sohn des Lotsen, zog ihn nach Start eines weiteren Seenotrettungseinsatzes am folgenden Mittag verletzt und erschöpft an Bord des Seenotrettungsbootes. Auch dem Maschinisten Edward Rowe aus Boston gelang es, Land zu erreichen. Ein dritter Seemann, George Allen aus Battersea, konnte ebenfalls von einem unbewohnten Eiland gerettet werden, starb aber am Sonntag (15. Dezember) auf St. Mary's an seinen schweren inneren Verletzungen. Vom Schiff war in aller Frühe nur noch ein Teil des Kiels zu sehen, der später verschwand. Viele Seeleute wurden mit dem Rigg unter Wasser gedrückt, ertranken trotz Rettungswesten in der hochlaufenden See, wurden gegen die Riffe geschmettert oder kamen durch das Öl um, das sich auf dem Wasser ausbreitete. Auch der bereits an Bord befindliche Lotse William Thomas "Cook" Hicks aus St. Agnes kam ums Leben. Nur fünf tote Seeleute konnten später aus dem Meer und von den Riffen geborgen werden. Unter ihnen wurden der Steward Mark Simpson, ein schwedischer Seemann namens Viktor Hansell und ein deutscher Seemann mit Namen Georg Bolimke identifiziert. Sie hatten ebenfalls versucht, sich auf eine Insel zu retten, starben aber an ihren schweren Verletzungen. Von zwei weiteren Opfern wurden nur die kopf- und armlosen Leichen geborgen, so dass ihre Identität nicht festzustellen war. Alle sechs Toten fanden auf dem Friedhof von St. Mary's ihre letzte Ruhestätte, wo auch die Opfer der Schiller-Katastrophe beigesetzt sind (deutscher Segelpassagierfrachtdampfer; etwa 335 Tote nach Strandung am 7. Mai 1875 auf den "Retarrier Riffen" ("Retarrier Ledges"), 0,7 sm ostsüdöstlich "Bishop Rock"). 17 Menschen - 16 Seeleute der Lawson und der Lotse W. Hicks - starben bei dem Unglück, das eine der ersten Ölkatastrophen auf See, wenn nicht die erste überhaupt war. Heute ist das Wrack ein Tauchziel in 17 m Tiefe, das nur bei ruhiger See zu erreichen ist.

[Bearbeiten] Schiffsdaten

[Bearbeiten] Literatur

  • Jochen Brennecke: Windjammer. Der große Bericht über die Entwicklung, Reisen und Schicksale der "Königinnen der Sieben Meere". Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford, 3. Aufl. 1984; Kap. XXII - Die Größten unter den Segelschiffen der Welt, S. 300-301; ISBN 3-7822-0009-8
  • Thomas Hornsby: The Last Voyage of the Thomas W. Lawson. Nautical Research Journal Vol. 5, 1959. pp. 53-59, 61, illustriert.
  • Thomas Hall: The T. W. Lawson - The fate of the world's only seven-masted schooner, Scituate (USA), 2005.
  • The Western Weekly News: Disaster at Scilly - American Sailing Ship Lost, Hugh Town, Scilly-Inseln (Großbritannien), 21. Dezember 1907
  • Peter Rodd: Wreck of Thomas W. Lawson. The American Neptune, Vol. 29, Salem (USA), 1969, S. 133-138.
  • W. P. Coughlin: The Last Voyage of the Thomas W. Lawson. 1964.

[Bearbeiten] Weblinks

Nur englische Internetseiten:

Andere Sprachen
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