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Altnordische Sprache

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Altnordisch

Gesprochen in Skandinavien
Sprecher (ausgestorben)
Linguistische
Klassifikation
Altnordisch
Offizieller Status
Amtssprache in (ausgestorben)
Sprachcodes
ISO 639-1:  ?
ISO 639-2: (B) ? (T) ?
SIL ISO 639-3:  ?
Ungefähre Verbreitung des Altnordischen im frühen 10. Jahrhundert. Rot: Altwestnordisch; Orange: Altdänisch und Altschwedisch; Rosa: Altgutnisch. Grün: Andere germanische Sprachen, mit denen Altnordisch wechselseitig verständlich war.
Ungefähre Verbreitung des Altnordischen im frühen 10. Jahrhundert. Rot: Altwestnordisch; Orange: Altdänisch und Altschwedisch; Rosa: Altgutnisch. Grün: Andere germanische Sprachen, mit denen Altnordisch wechselseitig verständlich war.

Altnordische Sprache ist eine Sammelbezeichnung für die nordgermanischen Sprachen, die zwischen etwa 800 (Beginn der Wikingerzeit) und 1500 in Skandinavien gesprochen wurde.

Zunächst nur auf Dänemark, Norwegen, Schweden und die Südwestküste Finnlands beschränkt, breitete sich das Altnordische mit den Wikingern auf die Orkneys, Shetlandinseln, Teile Schottlands, Irlands und Mittelenglands, die Färöer, Island und kleine Teile Grönlands aus. Ihr unmittelbarer Vorläufer ist das Urnordische. Um ca. 1500 wurde die Sprache nur noch in Skandinavien (Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland) und auf den nordatlantischen Inseln (Orkneys, Shetland, Färöer und Island) gesprochen.

Das Altnordische wird u.a. anhand des Charakteristikums der Ostnordischen Monophtongierung in Altwestnordisch und Altostnordisch unterteilt. Das Altostnordische umfasst Altdänisch, Altschwedisch und Altgutnisch, das Altwestnordische Altnorwegisch, Altisländisch, und Altfäröisch die sich bis ins 13. Jahrhundert nur wenig voneinander unterschieden.

Die Eigenbezeichnung dieser sich ab dem 9. Jahrhundert allmählich voneinander differenzierenden Sprachen im Mittelalter war dönsk tunga (wörtlich: dänische Zunge).

Im Früh- bis Hochmittelalter ist eine wechselseitige Verständlichkeit der altnordischen Sprachen mit dem Altniederdeutschen (Altsächsischen) und dem Altenglischen anzunehmen, auf das die Altnordische Sprache merklichen Einfluss ausübte. Dies ist noch besonders stark im englischen Dialekt Scots zu erkennen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Weitere Begriffsklärung

Da der größte Teil der altnordischen Literatur auf Altisländisch und Altnorwegisch überliefert ist, werden die Begriffe Altnordisch, Altwestnordisch und Altisländisch oft synonym benutzt.

Aufgrund der engen Verwandtschaft werden die altnordischen Sprachen auch als Dialekte eines Altnordischen verstanden, als dessen Standardform dann das normalisierte Altisländisch gilt.

In Skandinavien wird oft das Wort norrön (schwed. norrön, dän./norw. norrøn(t)) benutzt und bezieht sich dann auf alt(west)nordische Sprache oder ganz allgemein altnordische Kultur.
Das Neuisländische norrænt mál (Nordische Sprache) bezeichnet die modernen nordgermanischen Sprachen, da die Isländer sich sehr stark mit ihrer vielfältigen mittelalterlichen Literatur identifizieren und besonders im sprachlichen Bereich die Kontinuität mit dem Mittelalter wahren wollen.

[Bearbeiten] Nachfolgesprachen

Die modernen Nachfolger des Altnordischen sind die westnordischen Sprachen Isländisch, Nynorsk, Färöisch und das ausgestorbene Norn von den Orkney- und den Shetlandinseln, sowie die ostnordischen Sprachen Schwedisch, Bokmål und Dänisch.

Norwegisch geriet ab dem 15. Jahrhundert nach der Kalmarer Union unter starken Einfluss des Dänischen. Es gibt zwei offizielle norwegische Schriftsprachen. Bokmål entstand aus der "Norwegisierung" der dänischen Schriftsprache. Nynorsk ist eine Kunstsprache aus den konservativen ländlichen Dialekten vor allem West- und Nordnorwegens, die Mitte des 19. Jahrhunderts vom Sprachforscher Ivar Aasen geschaffen wurde.

Vom altnordischen Sprachstand haben sich Isländisch und das nahe gelegene Färöisch innerhalb der letzten tausend Jahre am wenigsten wegentwickelt. Beide Sprachen weisen viele grammatische Eigenschaften auf, die in den anderen skandinavischen Sprachen verloren gegangen sind. Es wird noch sehr genau zwischen drei Geschlechtern (Maskulinum, Femininum und Neutrum) und vier bzw. drei Fällen (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ im Isländischen; Färöisch bewahrt den Genitiv nur sehr begrenzt in gehobener Sprache, besitzt aber die anderen drei Fälle) unterschieden. Auch der puristische moderne Wortschatz des heutigen Isländischen und Färöischen hat viele alte Wörter bewahrt und erinnert durch das weitgehende Fehlen von Fremdwörtern sehr an das Altnordische. In der Orthographie beider Sprachen wurde darauf geachtet, dass sie sich am altnordischen Original orientieren.

[Bearbeiten] Vokale

Die Vokalphoneme erscheinen meist als Paare aus kurzem und langen Vokal. Schriftlich wird der lange Vokal durch einen Akzent markiert. Alle Phoneme haben, mehr oder weniger, die erwartbare phonetische Realisierung.

Vokale des Altnordischen
  Vorderzungenvokale Hinterzungenvokale
Ungerundet Gerundet
Geschlossen (Zungenlage hoch) i y u
Halb-Geschlossen ɛ œ øː o
Halb-Offen         ɔ ɔː
Offen (Zungenlage tief) æ æː     ɒ ɒː

[Bearbeiten] Konsonanten

Das Altnordische kennt sechs Plosivlaute. Von diesen tritt /p/ selten am Wortanfang auf während /d/ und /b/ auf Grund der frikativen Allophone des Proto-Germanischen nicht zwischen Vokalen auftreten (etwa: *b *[ß] > v zwischen Vokalen). Das Phonem /g/] wird wortinnerhalb sowie am Wortende als stimmhafter velarer Frikativ {{IPA[ɣ]}} realisiert, außer aber es ist geminiert.

  Labial Dental Alveolar Palatal Velar Glottal
Plosiv p b t d k ɡ
Nasal    m    n
Frikativ f θ ð s (x) h
Approximant    w    j
Liquid r l

Der velare Frikativ [x] ist ein Allophon von /h/, wenn er in den Kombinationen hv [xw], hl [xl], hr [xɾ] und hn [xn] ausgesprochen wird, etwa in Wörtern wie hvat "was", hlaupa "laufen", "rennen", hringr "Ring", hnakki "Hals", "Nacken".

[Bearbeiten] Orthographie

Die vereinheitlichte Altnordische Schreibweise wurde im 19. Jahrhundert erdacht und ist zum größten Teil phonemisch. Die bemerkenswerteste Abweichung ist, dass die nicht-phonemische Differenz zwischen stimmhaften und stimmlosen dentalen Frikativen markiert ist. Wie oben bereits erwähnt werden lange Vokale durch Akzent markiert. Die meisten anderen Buchstaben werden mit der selben Glyphe ausgedrückt wie im IPA, Ausnahmen sind in folgender Tabelle ersichtlich.


Schreibweise der nicht IPA-notierten Buchstaben
IPA Standard Alternative
ɔ ǫ ö
æː æ
œ ø ö
øː œ ǿ
θ þ
w v

[Bearbeiten] Grammatik

Das Altnordische war eine hochflektierte Sprache. Der Großteil der Grammatischen Komplexität blieb im modernen Isländischen erhalten, während das moderne Norwegisch ein stark vereinfachtes grammatisches System aufweist.

Altnordische Nomina (Substantive) konnten eines von drei grammatischen Geschlechtern aufweisen - Maskulinum, Femininum oder Neutrum. Substantive, Adejektive und Pronomina wurden in vier grammatischen Fällen dekliniert - Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ, jeweils im Singular und Plural. Es gab verschiedene Klassen von Substantiven innerhalb jedes Geschlechts. Es folgt ein Beispiel einiger typischer Flexionsparadigmen:

Das maskuline Substantiv armr (Deutsch Arm):

Singular Plural
Nominativ armr armar
Genitiv arms arma
Dativ armi ǫrmum
Akkusativ arm arma

The Femininum hǫll (Deutsch Halle, Saal):

Singular Plural
Nominativ hǫll hallir
Genitiv hallar halla
Dativ hǫllu hǫllum
Akkusativ hǫll hallir

Das Neutrum troll (Deutsch Troll):

Singular Plural
Nominativ troll troll
Genitiv trolls trolla
Dativ trolli trǫllum
Akkusativ troll troll


Der bestimmte Artikel wurde als Suffix ausgedrückt, z. B. troll (Ein Troll) - trollit (Der Troll), hǫll (Eine Halle) - hǫllin (Die Halle), armr (Ein Arm) - armrinn (Der Arm). Verben wurden nach Person und Numerus konjugiert, im Präsens und der Vergangenheit, im Indikativ, Imperativ und Subjunktiv.

[Bearbeiten] Texte

Die frühesten Inschriften in Altnordischer Sprache sind Runen aus dem 8. Jahrhundert. Runen waren bis ins 15. Jahrhundert gebräuchlich. Mit der Konvertierung zum Christentum im 11. Jahrhundert kam das lateinische Alphabet. Die ältesten erhaltenen altnordischen Texte in lateinischer Schrift stammen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Allmählich wurde das Altnordische zum Transportmittel einer großen und vielfältigen mundartlichen Literatur - einzigartig im mittelalterlichen Europa. Der Großteil der erhaltenen Literatur wurde auf Island verfasst. Am bekanntesten sind die nordischen und isländischen Sagen, sowie die mythologische Literatur, aber es existiert auch ein großer Bestand an religiöser Literatur, Übersetzungen höfischer Romanzen ins Altnordische, klassische Mythologie, das Alte Testament, als auch Anleitungen, grammatische Abhandlungen und viele Briefe und offizielle Dokumente.

[Bearbeiten] Verhältnis zum Englischen

Altenglisch und Altnordisch waren eng verwandte Sprachen, und es ist daher nicht überraschend, dass viele altnordische Worte dem Sprecher des Englischen bekannt vorkommen. Beispiele hierfür sind etwa armr (arm), fótr (foot), land (land), fullr (full), hanga (hang), standa (stand) u.v.a.m. Das liegt daran, dass sowohl das Englische als auch das Altnordische aus dem Altgermanischen entstanden. Außerdem wurde in der Zeit der Wikinger eine Vielzahl altnordischer Worte ins Altenglische geborgt, die schließlich Lehnworte wurden. Es gibt viele Beispiele für altnordische Lehnwörter im modernen Englisch, darunter knife, skirt, sky, window und they.

[Bearbeiten] Dialekte

Als sich das Urnordische im 8. Jahrhundert ins Altnordische entwickelte, unterschieden sich die Umlaute nach geographischer Lage. Die typischen Umlaute (etwa fylla von *fullian) waren im Westen stärker, während jene, die in Diärese resultierten (Beispiel: hiarta von herto) im Osten einflussreicher waren. Dieser Unterschied war der Hauptgrund hinter der Dialektisierung im 9. und 10. Jahrhundert, die einen altwestnordischen Dialekt in Norwegen und den atlantischen Siedlungen prägte sowie einen altostnordischen Dialekt in Dänemark und Schweden.

Ein zweiter Unterschied war, dass das Altwestnordische bestimmte Konsonantenkombinationen verlor. Die Kombinationen -mp-, -nt-, und -nk- wurden im Altwestnordischen zu -pp-, -tt- and -kk- assimiliert, allerdings wurde dieses Phänomen im Altostnordischen eingeschränkt.

Deutsch Altwestnordisch Altostnordisch
Pilz
Felshang
Fenster
sopp
bratt
ekkia
svamp
brant
ænkia

Solche Unterschiede waren jedoch die Ausnahme. Die Dialekte waren sich sehr ähnlich und wurden oft als ein und dieselbe Sprache angesehen, eine Sprache, die manchmal als dǫnsk tunga (Dänische Zunge [Sprache]) und manchmal als norrœnt mál (Nordische Sprache) bezeichnet wird. Dies wird in den folgenden Zitaten aus Snorri Sturlusons Heimskringla deutlich:

Móðir Dyggva var Drótt, dóttir Danps konungs, sonar Rígs er fyrstr var konungr kallaðr á danska tungu.[1] Dyggves Mutter war Drott, die Tochter des König Danp, Rígs Sohn, der als erster in der Dänischen Sprache als König bezeichnet wurde.

...stirt var honum norrœnt mál, ok kylfdi mjǫk til orðanna, ok hǫfðu margir menn þat mjǫk at spotti.[2] ...die Nordische Sprache war schwer für ihn, und er sucht oft nach Worten, was die Leute sehr amüsierte.

Hier ein Vergleich zwischen den beiden Dialekten. Es handelt sich dabei um ein Transkript von einem der Funbo Runensteinen (U990), mit der Bedeutung: Veðr und Thane und Gunnar errichteten diesen Stein nach Haursa, ihrem Vater. Gott möge dieser Seele helfen.

Veðr ok Þegn ok Gunnarr reistu stein þenna at Haursa, föður sinn. Guð hjalpi ǫnd hans. (altwestnordisch)
Veðr ok Þegn ok Gunnarr ræistu stæin þenna at Haursa, faður sinn. Guð hialpi and hans (altostnordisch)

[Bearbeiten] Literatur

  • Konrad Maurer: Ueber die Ausdrücke altnordische, altnorwegische und isländische Sprache. In: Abhandlungen der philologisch-philosophischen Classe der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 11. München 1868. S. 457-706.

[Bearbeiten] Einführungen

  • Dietrich Hofmann, Friedrich Ranke: Altnordisches Elementarbuch. Einführung, Grammatik, Texte (z.T. mit Übersetzung) und Wörterbuch. 5. Auflage. de Gruyter, Berlin/New York 1988, ISBN 3110116804
  • Astrid van Nahl: Einführung in das Altisländische. Ein Lehr- und Lesebuch. Buske, Hamburg 2003, ISBN 3875483294
  • Andreas Heusler: Altisländisches Elementarbuch. 7. Auflage, Heidelberg 1967.

[Bearbeiten] Grammatiken

  • Else Ebel: Kleine altisländische Grammatik. 6. Auflage. Brockmeyer, Bochum 1992, ISBN 3883399663
  • Robert Nedoma: Kleine Grammatik des Altisländischen. 2. Auflage. Winter, Heidelberg 2006, ISBN 3825351750
  • Adolf Noreen: Altnordische Grammatik. Altisländische und altnorwegische Grammatik (Laut- und Flexionslehre) unter Berücksichtigung des Urnordischen. 5. Auflage. Max Niemeyer, Tübingen 1970, ISBN 3484101458
  • Adolf Noreen. Altschwedische Grammatik. mit Einschluß des Altgutnischen. Max Niemeyer, Halle 1904.
  • Adolf Noreen: Altisländische und altnorwegische Grammatik, unter Berücksichtigung des Urnordischen. 3. Auflage. Max Niemeyer, Halle 1903. (Faksimiles online, zitierfähig jedoch nur ab der 4. Auflage)

[Bearbeiten] Wörterbücher

  • Walter Baetke: Wörterbuch zur altnordischen Prosaliteratur. Akademie-Verlag, Berlin 2005. ISBN 3050041374
  • Johan Fritzner: Ordbog over Det gamle norske Sprog. Unveränderter Nachdruck der 2. Auflage. Oslo 1954.
  • Sveinbjörn Egilsson: Lexicon Poeticum antiquæ linguæ septentrionalis. Ordbog over det norsk-islandske Skjaldesprog. 2. Aufl. Kopenhagen 1931.
  • Alexander Jóhannesson: Isländisches Etymologisches Wörterbuch. Bern 1956.
  • Jan de Vries: Altnordisches etymologisches Wörterbuch. 3. Auflage (Nachdruck der 2., verbesserten Auflage 1962). Leiden, Brill 1977.

[Bearbeiten] Sprachgeschichte

[Bearbeiten] Siehe auch

Altnordische Literatur, Nordische Mythologie, Nordgermanische Religion

[Bearbeiten] Weblinks

Test-Wikipedia auf Altnordisch

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