Barbershop
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Barbershop-Gesang ist überwiegend homophone A-cappella-Musik mit einem vierstimmigen Akkord auf jeder Melodienote. Die Melodie wird von der Führungsstimme („lead“) gesungen; darüber liegt der Tenor, darunter der Bariton und der Bass. Zugunsten der Stimmführung kann die Melodie gelegentlich von anderen Stimmen übernommen werden. Kurze Passagen können mit weniger als vier Stimmen gesungen werden.
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[Bearbeiten] Kennzeichen
Typisch für die Barbershop-Musik sind Melodien, deren zugrundeliegende Harmonien sich gemäß dem Quintenzirkel auflösen. Daher ist der Dominantseptakkord der Klang, der den Barbershop-Gesang am meisten prägt.
Kennzeichnend für Barbershop-Sätze ist außerdem das Stilmittel der Ausschmückungen („embellishments“) durch die drei Begleitstimmen, wenn Melodietöne gehalten werden.
Die erstrebte obertonreiche Klangfülle („expanded sound“) wird durch dreierlei erreicht:
- untemperierte Intonation („pitch“)
- differenzierte Lautstärke der vier Akkordtöne („balance“)
- Angleichung der Vokale („blend“)
Barbershop wird traditionell in Quartetten und Chören gesungen, aus musikalischen Gründen (close harmony) meist nach Geschlechtern getrennt.
In der Barbershop-Gemeinschaft ist ein bestimmtes Repertoire an Liedern als Standard festgelegt („Polecats“), das es ermöglicht, dass so genannte Barbershopper sich frei zusammenfinden und ohne weiteres Kennenlernen gemeinsam singen können.
[Bearbeiten] Geschichte, Herkunft
Der Barbershop ist einer der wenigen originär amerikanischen Musikstile. Schon vor der Zeit des Radios gab es Schlager, populäre Musik, die im Süden der USA zumeist von reisenden Vaudeville-Ensembles ersonnen und verbreitet wurde. Anderntags dann trafen sich Zuschauer des Vaudeville der Vorabende und die sonstige Bevölkerung beim Friseur, dem Barber, der zugleich auch die Zähne zog und gegen den Schmerz Mittel hatte, zumeist Alkohol, und griffen während der Wartezeit die Songs des vergangenen Abends auf: einer summte die Melodie, einer ersann eine Bass-Linie darunter, eine hohe Stimme sang Terzen über der Melodie, und schließlich füllte ein harmonisches Genie den Sound mit Quintakkordierung, der Baritone.
Diejenigen Ortsbewohner, die nicht im Vaudeville-Theater waren, hörten sich die neuen Songs an und machten mit. So entstand die Barbershop-Musik. Auf diese Weise verbreiteten sich Schlager vor der Radio-Zeit.
In den reichen Familien der WASP gab es das Reproduktionsklavier. Die armen Leute aber hatten meist nur ihre Stimme zum Musizieren. Somit ist die Barbershop-Musik aus den weißen Unterschichten der Südstaaten entstanden. Das spiegeln auch die Themen des Barbershop wieder: es geht fast immer um zwischenmenschliche Beziehungen, Liebe, Leid und Herzensschmerz. Eine gute Portion Patriotismus würzt fallweise diese Mischung.
Als das Radio sich verbreitete, kam der Barbershop in Vergessenheit, bis in den 1930er Jahren wohlgesetzte Herren in Kansas City dieses für schade befanden, und zur Karikatur des zu jener Zeit grassierenden Abkürzungswahnes für ihre Organisation die längste Abkürzung ersannen: sie gründeten die Gesellschaft zur Ermutigung und zur Bewahrung des Barbershop-Quartett-Gesanges in Amerika, Society for the Preservation and Encouragement of Barber Shop Quartet Singing in America, kurz S.P.E.B.S.Q.S.A.
[Bearbeiten] Musical Director
Der Musical Director ist der Chorleiter eines Barbershop-Chores. Da im Barbershop auch in Deutschland amerikanische Begriffe gepflegt werden, wird der Chorleiter nicht einfach „Chorleiter“ genannt, sondern ist der „Emm Die“, MD, die Abkürzung für eben den Musical Director.
Ein MD kann in Deutschland nicht ausgebildet werden; die aktiven MDs deutscher Barbershop-Chöre sind allesamt entweder Autodidakten, oder sie besitzen eine anderweitige musikalische Vorbildung. Eine fachlich fundierte MD-Ausbildung im Barbershop ist zur Zeit nur in Großbritannien oder in den USA, dem Heimatland des Barbershop, möglich.
[Bearbeiten] Wettbewerbe
In Deutschland werden zwei verschiedene Wettbewerbe des deutschen Barbershop Verbandes BinG abgehalten: Die alle zwei Jahre stattfindende Convention und der im Rahmen des jährlichen Harmony Colleges stattfindende Coesfeld-Cup.
Dabei richtet sich das Bewertungssystem nach den Vorgaben des amerikanischen Verbandes SPEBSQSA. Die einzige Ausnahme besteht darin, dass in Deutschland nacheinander sowohl männliche als auch weibliche Chöre oder Quartette auftreten können und gemeinsam in einer Kategorie bewertet werden. Auf der Convention werden nicht nur international renommierte Quartette oder Chöre eingeladen, sondern auch Juroren, die von der SPEBSQSA anerkannt worden sind.
[Bearbeiten] Verbände
[M] = Männer; [F] = Frauen; [G] = Gemischt
- Deutschland: Barbershop in Germany (BinG) [M F G]
- International: Harmony, Incorporated [F]
- International: Sweet Adelines International [F]
- International: Mixed Harmony Barbershop Quartet Association [G]
- USA: SPEBSQSA – Society for the Preservation and Encouragement of Barber Shop Quartet Singing in America Inc.[M]
[Bearbeiten] Literatur
Gage Averill: Four Parts, No Waiting: A Social History of American Barbershop Harmony (American Musicspheres) Oxford University Press, USA (February 20, 2003)