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Dritter Pariser Frieden

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Dritte Pariser Frieden wurde am 30. März 1856 in Paris zwischen dem Osmanischen Reich und seinen Verbündeten Frankreich, Großbritannien und Sardinien-Piemont einerseits und Russland andererseits geschlossen. Der Friedensvertrag beendete den Krimkrieg.

Dritter Pariser Frieden
Dritter Pariser Frieden

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Bereits am 22. Juli 1854 wurde von den Regierungen in Paris und London Friedensartikel entworfen. Die vier Punkte umfassende Note sollte die Grundlage für zukünftige Friedensverhandlungen sein, waren aber gleichzeitig die Kriegsziele der europäischen Verbündeten des Osmanischen Reiches. Vereinbart wurde eine europäische Garantie der staatsrechtlichen Stellung der Donaufürstentümer an Stelle des bisherigen russischen Protektorates, die Sicherung der freien Schifffahrt in den Donaumündungen, die Beschränkung der russischen Macht auf das Schwarze Meer und gemeinsame Bemühungen der Staaten für den Schutz der nichtmuslimischen Bevölkerung in der Türkei ohne Beeinträchtigung der Souveränität des Sultans.

Die deutschen Großmächte Preußen und Österreich erklärten sich mit diesen vier Punkten einverstanden und versuchten den russischen Zaren dafür zu gewinnen, der sie aber schroff abwies. Österreich schloss darauf hin einen Allianzvertrag mit England und Frankreich, worin sich die drei Regierungen verpflichteten, keine Separatverhandlungen mit Russland aufzunehmen und sich vorbehielten, noch weitere Bedingungen über die vier Punkte hinaus zu stellen. Die Verteidigung der Donaufürstentümer übernahm Österreich, das mit Truppen in die von Rußland geräumten Fürstentümer einrückte und diese besetzt hielt. Österreich selbst griff jedoch nicht militärisch in den Konflikt ein. Preußen und der Deutsche Bund erklärten sich neutral.

Nach dem Sturm auf die Festung Sewastopol und die Besetzung durch alliierte Truppen am 8. September 1855 änderte sich die Lage grundlegend. Die österreichische Regierung sendete, mit Einwilligung der Westmächte und der Unterstützung Preußens, den Grafen Esterhazy nach St. Petersburg, wo er die vier Punkte in einer neuen Formulierung als Grundlage für ultimative Verhandlungen anbot. Am 16. Januar 1856 ließ der russische Staatskanzler Nesselrode dem Grafen Esterhazy ausrichten, dass Kaiser Alexander II. die vier Punkte ohne weitere Vorbehalte als Friedenspräliminarien annehme.

[Bearbeiten] Verhandlungen und Unterzeichnung

Am 1. Februar 1856 kamen die Vertreter Englands, Frankreichs, der Türkei und Russlands in Wien zu einer Konferenz zusammen. Der österreichische Entwurf wurde definitv angenommen und zur endgültigen Vereinbarung sollten innerhalb von drei Wochen die Bevollmächtigten der Regierungen in Paris zusammenkommen.

Am 25. Februar kam es in Paris im Amtssitz des französischen Außenministers Walewski, der auch die Verhandlungen leitete, zur Eröffnung des Friedenskongresses. Eingeladen waren außer dem Verhandlungsleiter der französische Botschafter in Wien Bourqueney, der österreichische Vertreter Graf Boul-Schauenstein und der Botschafter Österreichs in Paris Baron Hübner, die englischen Bevollmächtigten Lord Clarendon und Lord Cowley, die türkischen Vertreter Großwesir Ali Pascha und der türkische Gesandte in Paris Djemil Bey, von russischer Seite Graf Alexei Orlow und der Gesandte beim Deutschen Bund Baron Brunow und, sehr zum Ärger Österreichs, der sardinische Minister des Auswertigen der Graf Camillo Cavour und der Gesandte Viktor Emanuels am französischen Hof, der Maquis von Villamarina.

Erst in der siebenten Sitzung wurde beschlossen, auch Preußen am Kongress teilnehmen zu lassen. Bei der Lösung der allgemeinen Probleme konnte man auf die Zustimmung und Mitarbeit der fünften europäischen Großmacht nicht verzichten. Gegen den Widerstand von England hatten Österreich und Frankreich die Einladung Preußens, aber nicht des Deutschen Bundes, durchgesetzt. Ab der elften Sitzung, am 18. März, nahm der Außenminister Preußens Otto von Manteuffel mit dem preußischen Gesandten in Paris Graf Hatzfeld an den Verhandlungen teil.

Auf die Etikette, auf die sonst bei europäischen Kongressen großen Wert gelegt wurde, verzichtete man größtenteils. Die alphabetische Reihenfolge der Teilnehmerstaaten bestimmte die Ordnung bei Unterschriften der Protokolle und Noten. Protokollführer und Sekretär des Kongresses war der französische Staatssekretär im Außenministerium Graf Benedetti.

Die ersten 19 von insgesamt 24 Sitzungen befassten sich ausschließlich mit den orientalischen Angelegenheiten. Das Ergebnis war der als Dritter Pariser Frieden bezeichneter Vertrag (der Erste Pariser Frieden wurde am 30. Mai 1814 geschlossen und der Zweite Pariser Frieden am 20. November 1815). Die Unterzeichnung erfolgte am 30. März 1856 in Paris, die Ratifikationsurkunden wurden am 27. April von den Bevollmächtigten in einer feierlichen Sitzung ausgetauscht. Signatarstaaten waren Frankreich, Großbritannien, Sardinien-Piemont, das Osmanische Reich, Österreich und Preußen (unterzeichnet wurde mit einer Feder, die extra von einem großen Adler aus dem Jardin des Plantes „beschafft“ wurde).

Ergänzt wurde der Friedensvertrag durch ein am 30. April 1856 ratifizierten Vertrag zwischen Frankreich, England und Österreich, worin die drei Staaten erklärten, das jede Verletzung des Pariser Friedens als feindseliger Akt und Kriegsfall anzusehen war. Dem Osmanischen Reich wurde damit die Integrität und Unabhängigkeit garantiert. Außerdem hatte Walewski eine Reform des Seerechts angeregt, die in einem Protokoll vom 16. April 1856 schriftlich fixiert wurde. Die Kaperei sollte damit für immer abgeschafft werden und der Grundsatz gelten, das die neutrale Flagge die feindlich Ware decke, vorausgesetzt sie besteht nicht aus Kriegskonterbande.

[Bearbeiten] Inhalt

Der Hauptvertrag enthielt 34 Friedensartikel.

Vereinbart wurde die sofortige Räumung der eroberten Gebietsteile und der Austausch der Kriegsgefangenen. Die Türkei wurde in das europäische Mächtesystem aufgenommen und ihre staatliche Unabhängigkeit von den Unterzeichnern garantiert (Artikel 7). Die Lage der türkischen Untertanen nichtmuslimischen Glaubens (wörtlich: ohne Unterschied der Religion) sollte nach dem Reformgesetz des Sultans vom 25. Januar 1856 verbessert werden (Artikel 9). Das Schwarze Meer wurde für neutral erklärt und der Dardanellenvertrag von 1841 im wesentlichen bestätigt. Die Handelsschifffahrt wurde allen Nationen gestattet, ihren Kriegsschiffen aber verboten (Artikel 11).

In einer besonderen Konvention zwischen Russland und der Türkei wurde eine genaue Anzahl von kleineren Kriegsschiffen festgelegt, welche zur Aufrechterhaltung von Polizei- bzw. Zollaufgaben notwendig waren. Die Schifffahrt auf der Donau wurde für frei erklärt und unter die Garantie der europäischen Mächte gestellt. Zur Regelung der bis dahin einschlägigen Fragen aber eine Kommission der Vertragsmächte (die Europäische Donaukommission) und eine zweite Kommission der Uferstaaten eingesetzt, die Kommission der Donau-Uferstaaten. Zur Kontrolle durfte jeder Staat zwei leichte Kriegsfahrzeuge an der Mündung stationieren. Russland musste unter der Bezeichnung „Grenzberichtigung“ zugeben, dass ein Teil Bessarabiens mit der Festung Ismail mit dem Fürstentum Moldau wiedervereinigt wurde.

Den Fürstentümern Moldawien und Walachei wurde die Aufrechterhaltung ihrer alten Privilegien und Immunitäten zugesichert, auch dem Fürstentum Serbien, wobei das dortige türkische Besatzungsrecht (in Belgrad usw.) gewahrt blieb, und diese unter der Garantie der Vertragsmächte gestellt. Ihnen wurde gestattet, eine nationale Armee zum Schutz ihrer Grenzen und zur Sicherheit im Inneren aufzustellen.

Eine weitere Konvention regulierte die Schließung des Bosporus und der Dardanellen und das Verbot einer Befestigung der Ålandinseln, vor allem eine erneute Armierung von Bomarsund, durch Russland.

[Bearbeiten] Auswirkungen

Der Pariser Frieden führte zu einer neuen Mächtekonstellation in Europa. An Stelle der alten Kontinentalmacht Russland trat nun Frankreich. Die Heilige Allianz zerbrach und die Beziehungen zwischen Russland und Österreich blieben nachhaltig gestört. Russland wendete sich nun Frankreich und Preußen zu. Österreich blieb isoliert. Der russisch-britische Gegensatz hatte sich vertieft und bestand noch bis zum Anfang der 20. Jahrhunderts.

Die militärische Macht Rußlands konnte nicht entscheidend geschwächt werden. Eines der wichtigsten Zugeständnisse Russlands, die Neutralisation des Schwarzen Meeres, wurde bereits 1871 revidiert. Während des Deutsch-Französischen Krieges hob Russland am 9. November 1870 einseitig die Bestimmungen auf. Am 13. März 1871 wurde im Vertrag von London die Entneutralisation des Schwarzen Meeres beschlossen. Die Meerengen blieben allerdings für fremde Kriegsschiffe gesperrt. Nur der Sultan durfte Kriegsschiffe befreundeter Staaten passieren lassen. Russland konnte jetzt jederzeit Schiffe und Festungen bauen und Swastopol wurde wieder Kriegshafen. Es wurde auch wieder 1877 – 1878 militärisch gegen das Osmanische Reich aktiv.

Auch die Erwartungen des französischen Kaisers und Gastgebers Napoleon III. wurden nicht erfüllt. Er hoffte vergeblich von Großbritannien und Österreich die Zustimmung zu einer umfassenden Neuordnung Europas mit der Einigung Italiens und der Wiederherstellung eines Polnischen Staates.

Die Bestimmungen über die neutrale Handelsschifffahrt waren allerdings von bleibender Wirkung. So sprach man davon, zum Teil auch noch heute, dass die Seerechtsdeklaration von Paris vom 16. April 1856 eine neue Ära im internationalen Seerechts einleitete.

[Bearbeiten] Literatur

  • Winfried Baumgart: Der Friede von Paris 1856. Oldenbourg, München 1970. ISBN 348643571X.
  • Imanuel Geiss: Chronik des 19. Jahrhunderts. Bechtermünz, Augsburg 1997. ISBN 3860471317.
  • Oskar Jäger: Geschichte der neuesten Zeit. Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart. (2. Band); Oswald Seehagen, Berlin 1882.
  • Wilhelm Treue: Der Krimkrieg. Mittler, Herford 1980. ISBN 3813201236.
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