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Feuerstein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen finden sich unter Feuerstein (Begriffsklärung).
Feuerstein
Feuerstein

Feuerstein, Flint (Englisch), Silex (Französisch), Vuursteen (Holländisch), Pedernal (Spanisch) und Selce (Italienisch), ist ein hartes, anisotropes sedimentäres Gestein mit glasigem Aussehen. Es gehört zur Gruppe der Hornsteine. Feuerstein ist hauptsächlich in Schichten des Jura und der oberen Kreide in Form von großen unregelmäßig geformten Knollen überliefert. Feuerstein besteht hauptsächlich aus kryptokristallinem (Korngröße kleiner als 1 Mikrometer) Chalcedon (Siliciumdioxid). Andere Autoren verwenden hier den Oberbegriff Silex, und beschränken den Ausdruck Feuerstein auf Silikatgesteine aus der Kreide, während Silikatgesteine aus dem Jura als Hornstein bezeichnet werden.

Submikroskopische Einschlüsse von Luft und Wasser geben Feuerstein eine helle Farbe, (weißer Flint), Kohlenstoff färbt ihn schwarz. Kristallographisch lassen sich neben Chalcedon unterschiedliche SiO2-Modifikationen bzw. Varietäten nachweisen: Quarz, Jaspis, Opal, Achat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entstehung

Kleine Feuersteinknollen.
Kleine Feuersteinknollen.

Die Entstehung von Feuersteinknollen ist nicht vollständig geklärt. Vermutlich sorgen kieselsäurehaltige Lösungen bei der Diagenese (Kompaktions- und Umwandlungsprozesse während der Gesteinsbildung) für eine Verdrängung von Karbonaten. Relikte von Schalen und Skeletten von Kieselschwämmen und Diatomeen (Kieselalgen) in Feuerstein belegen den organischen Ursprung.

Die Dehydrierung der Kieselsäure erfolgte von innen nach außen, wodurch die Feuersteinknollen eine zwiebelartige Struktur erhielten. Die äußeren Schichten können im geringen Maße Wasser aufnehmen, wodurch eine Verwitterung der Oberfläche begünstigt wird. Deutlich erkennbar ist oft die poröse helle Außenschicht, die oft mit Kalkanhaftungen verwechselt wird.

[Bearbeiten] Verbreitung in Europa

Aus Kreidefelsen ausgewaschene Feuersteine auf Rügen.
Aus Kreidefelsen ausgewaschene Feuersteine auf Rügen.
Plattenförmige Feuersteinablagerungen.
Plattenförmige Feuersteinablagerungen.

Feuersteinvorkommen finden sich in zahlreichen jura- und kreidezeitlichen Ablagerungen in Europa. Meist liegen die Knollen einer Größe von bis zu 30 cm Durchmesser eingebettet in Kreide-Ablagerungen. An manchen Fundorten hat sich Feuerstein auch in Form von flächigen Ablagerungen in einer Dicke bis zu 20 cm abgeschieden.

Mittlerweile sind rund 100 Feuersteinbergwerke bekannt. In Krzemionki in Südpolen wurden im Laufe von 2.300 Jahren mehr als 3.000 bis zu 9 m tiefe Schächte in den Boden getrieben. Über eine Fläche von 14 ha erstreckt sich der 600 Jahre genutzte Komplex Grimes Graves bei Thetford in Norfolk, Ostengland, wo die Schächte 12 m in den Kreidefels gehen. Die Fundstätte bei Spiennes in Belgien ist mit 100 ha und mindestens 8.000 Schächten, neben dem erst 1984 im Landkreis Kelheim entdeckten Feuersteinbergwerk von Abensberg-Arnhofen (ca. 20.000 Schächte), die größte Mitteleuropas. Die Michelsberger Kultur betrieb Flintabbau in den niederländischen Rijkholt-Sint Geertruid Minen, Jablines in Nordfrankreich an der normanischen Steilküste und bei Plancher-les-Mines am Westhang des Tête Ronde in den Vogesen.

Feuersteinfelder auf Rügen
Feuersteinfelder auf Rügen

In Deutschland sind verschiedene Lagerstätten bekannt, die steinzeitlich ausgebeutet wurden (Aachen-Schneeberg, Kleinkems im Landkreis Lörrach, Schernfeld bei Eichstätt, Osterberg bei Pfünz, Baiersdorf bei Erlangen, Abensberg-Arnhofen, Lengfeld im Landkreis Kelheim). Auf der Insel Rügen sind die offen liegenden Feuersteinfelder (2.000 × 200 m) zwischen Mukran und Prora eine einzigartige Sehenswürdigkeit.

In einem Kiefernwald nahe des Dorfes Arnhofen bei Abensberg wurde beim Kiesabbau in den Achtzigerjahren eines der größten Abbaugebiete von Feuerstein in Mitteleuropa gefunden. In diesem Gebiet finden sich die Ausläufer des fränkischen Jura, bedeckt von Süßwassermolasse. In der Zeit von etwa 4000 v. Chr. bis 3000 v. Chr. wurden zahlreiche (Schätzung mind. 20.000) Schächte mit einer Tiefe von 6 bis 8 Metern in den weichen Sandboden gegraben, um an den Feuerstein zu kommen, der in Form von Platten auf dem Jura aufliegt. Durch die charakteristische Bänderung lässt sich die Herkunft aus Arnhofen eindeutig nachweisen. Es wurden weit in Böhmen und in Westfalen, also in einer Entfernung von über 400 Kilometern Feuersteinwerkzeuge aus Arnhofen gefunden.

Siehe auch: Feuersteinstraße

[Bearbeiten] Physikalische Eigenschaften

Scharfkantige Feuersteinabschläge
Scharfkantige Feuersteinabschläge

Feuerstein wird durch seine amorphe isotrope (Fehlen einer Vorzugsorientierung) Struktur ausgezeichnet. Wenn ein großer Druck schlagartig oder ansteigend auf einen Punkt des Feuersteins ausgeübt wird, wird die kinetische Energie vom Gestein aufgenommen und breitet sich konzentrisch kegelförmig vom Schlagpunkt ausgehend im Gestein aus. Bei ausreichend hoher Schlagenergie wird das Gestein durch die sich ausbreitenden Schlagwellen gespalten. Die hierbei entstehende Bruchfront hat meist eine muschelige Form, wie sie auch an zerbrochenem Glas beobachtet werden kann. Im Bereich einer Bruchstelle weist der Feuerstein u. a. Schlagwellen auf, die Wallnerlinien. Sie entstehen vor allem bei intentionell abgespaltenen Teilen des Steins, die als Abschläge bezeichnet werden.

[Bearbeiten] Verwendung

Feuerstein mit Loch
Feuerstein mit Loch

Feuersteinknollen mit einem natürlich entstandenen Loch, so genannte Hühnergötter, finden besonders als Talismane Verwendung. Heute spielt der Feuerstein als Rohstoff eine untergeordnete Rolle. Im Straßenbau wird er in zermahlener Form dem Asphalt zugemischt, um die reflektierenden Eigenschaften von Straßenbelägen zu verbessern. Fein gemahlen dient er als Schleifmittel.

Im 16. bis 19. Jahrhundert diente er in Steinschlosswaffen als Zündhilfe. Der harte Feuerstein (Flint) schlug auf ein Schlageisen und die glühenden Eisenfunken entzündeten das Schwarzpulver.

Ein steinzeitliches Feuerzeug bestand aus einem Feuerstein, Zunder als leichtbrennbares Pulver und Pyrit, aus dem glühende Funken herausgeschlagen wurden (siehe auch Ötzi). Aufgrund der großen Härte und einer in hohem Maße berechenbaren Spaltbarkeit war der Feuerstein in der Steinzeit ein wichtiges Rohmaterial zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen bzw. Teilen davon.


[Bearbeiten] Urgeschichtliche Bearbeitungstechniken

Feuersteinbeil aus der späten Steinzeit
Feuersteinbeil aus der späten Steinzeit

Während der Steinzeit wurden zahlreiche Techniken entwickelt und ständig optimiert, um aus Feuerstein und anderen Gesteinen Geräte oder Waffen herzustellen. Dieses Handwerk erreichte im späten Neolithikum vielerorts (beispielsweise in Dänemark) einen besonders hohen Grad an Perfektion.

[Bearbeiten] Schlagtechniken

Im Folgenden sollen einige der wesentlichen steinzeitlichen Techniken zur Bearbeitung von Feuerstein kurz erläutert werden. Vorgestellt werden hier nur die grundlegenden Techniken. Spezielle Methoden oder geographisch und chronologisch begrenzte Techniken werden an dieser Stelle nicht erklärt.

Bipolarer Klingenkern aus Feuerstein
Bipolarer Klingenkern aus Feuerstein

[Bearbeiten] Direkt harte Technik

Mit einem geeigneten Schlagstein (zum Beispiel Quarzitgeröll) wird der Feuerstein (Kern) direkt bearbeitet. Bei dieser Technik entstehen meist relativ große Abschläge.

[Bearbeiten] Picktechnik

Die Picktechnik ist eine Variante der direkten harten Technik. Der Schlagstein ist hier aus sehr hartem Gestein (beispielsweise auch ein Feuerstein) und wird mit einer hohen Schlagfrequenz auf die Oberfläche des Werkstücks geschlagen. Hier wird der Stein durch das flächige Entfernen einer großen Menge kleinster Partikel geformt. Diese Schlagspuren sind deutlich zu erkennen.

[Bearbeiten] Direkt weiche Technik

Auch hier wird das Werkstück mit direkten Schlägen bearbeitet. Allerdings wird als Schlaggerät ein weicheres Material (zum Beispiel Geweihschlägel) verwendet. Mit dieser Technik abgetrennte Abschläge sind meist dünn und leicht gewölbt. Mit dieser Technik lassen sich auch gut lange, schmale Abschläge, sogenannte Klingen herstellen.

[Bearbeiten] Drucktechnik

Bei der Drucktechnik wird der Druck nicht schlagartig auf den Feuerstein ausgeübt, sondern langsam zunehmend bis ein Abschlag abgetrennt wird. Hierzu können beispielsweise Druckstäbe aus Holz mit Geweihspitze verwendet werden. Mit einer Drucktechnik, bei der das Gewicht des Oberkörpers genutzt wird, können lange, schmale Klingen erzeugt werden. Andere Drucktechniken eignen sich um eine gleichmäßige Oberfläche (beispielsweise bei Dolchen) zu gestalten.

[Bearbeiten] Punchtechnik

Bei der Punchtechnik kommt ein Zwischenstück aus Geweih zum Einsatz, auf das mit einem ebenfalls aus Geweih bestehenden Schlägel geschlagen wird. Diese Technik ermöglicht eine hohe Energieeinwirkung auf einen bestimmten Punkt. Auf diese Weise können sehr präzise Abschläge hergestellt werden.

[Bearbeiten] Andere Bearbeitungstechniken

Neben den Schlagtechniken wurden noch weitere Techniken eingesetzt um den Feuersteingeräten die gewünschte Form zu geben oder die Oberfläche zu optimieren und Schäftungsvorrichtungen zu erstellen.

[Bearbeiten] Schleiftechnik

Bei dieser Technik wird der Feuerstein auf einem harten, körnigen Gestein glattgeschliffen. Mit dieser, sehr häufig im Neolithikum angewandten Methode, wurden zum Beispiel Feuersteinbeile hergestellt, die durch die scharfe, geschliffene Klinge sehr effizient und robuster als ungeschliffene Geräte waren.

[Bearbeiten] Bohrtechnik

Die sog. echte Bohrtechnik wurde eingesetzt um Feuersteine oder anderes Gestein zu durchlochen. Man unterscheidet zwischen Vollbohrung und Hohlbohrung. Die Bohrer waren meistens aus Hartholz.

[Bearbeiten] Feuer schlagen

Entgegen mancher Vermutung kann man durch Aneinanderschlagen von Feuersteinen keine Funken zum Feueranzünden erzeugen. Hierzu braucht man Pyrit (FeS2), den man gegeneinander schlägt. Noch besser geht es mit Pyrit und Feuerstein, daher der Name, aber die Funken stammen aus dem Pyrit (von griechisch πῦρ pyr = Feuer). Mit Stahl und Feuerstein lassen sich auch sehr gut Funken schlagen. Dabei schabt der Stein winzige Späne vom Stahl ab, die durch die Reibungshitze zum Glühen gebracht werden. Bis zum Aufkommen der Streichhölzer waren Stahl und Stein das gängigste "Feuerzeug".

[Bearbeiten] Literatur

  • Harald Floss, Thomas Terberger: Die Steinartefakte des Magdalénien von Andernach (Mittelrhein). Die Grabungen 1979-1983. Rahden Westf 2002. ISBN 3-89646-851-0
  • S. Gayck: Urgeschichtlicher Silexbergbau in Europa. Eine kritische Analyse zum gegenwärtigen Forschungsstand. (Weißbach 2000)
  • Peter Vang Petersen: Flint fra Danmarks Oldtid. Høst & Søn, København 1998. ISBN 87-14-29524-5
  • Michael M. Rind (Hrsg.): Feuerstein. Rohstoff der Steinzeit. Bergbau und Bearbeitungstechnik. Museumsheft. Archäologisches Museum der Stadt Kelheim 3. Leidorf, Buch am Erlbach 1987. ISBN 3-924734-60-7

[Bearbeiten] Weblinks

wikt:
Wiktionary
Wiktionary: Feuerstein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen
commons:Hauptseite
Commons
Commons: Feuerstein – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
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