Gasturbine
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Eine Gasturbine ist eine Verbrennungskraftmaschine, die kontinuierlich von einem Gas durchströmt wird (Strömungsmaschine). Das der Gasturbine zu Grunde liegende Wirkungsprinzip beruht auf einem von James Prescott Joule erdachten Kreisprozess, dem Joule-Prozess. Bei diesem wird Luft über die Beschaufelung einer oder mehrerer Verdichterstufen komprimiert, anschließend in der Brennkammer mit einem gasförmigen oder flüssigen Treibstoff gemischt, gezündet und verbrannt. Außerdem wird die Luft zur Kühlung eingesetzt. Dabei entsteht ein Heißgas (Mischung aus Verbrennungsgas und Luft). Das Heißgas entspannt im nachfolgenden Turbinenteil. Dabei wird thermische Energie in mechanische Energie gewandelt, die zunächst dem Antrieb des Verdichters dient. Der verbleibende Anteil wird beim Wellentriebwerk zum Antrieb eines Generators, eines Propellers, eines Rotors, eines Kompressors oder einer Pumpe verwendet. Beim Düsentriebwerk dagegen wird die thermische Energie zur Beschleunigung des heißen Gasstromes eingesetzt. Dieser Vorgang erzeugt den Schub.
Die Gasturbine ist eine Unterordnung der thermischen Fluidenergiemaschinen und thermischen Turbomaschine (von lat. turbare = drehen).
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[Bearbeiten] Historischer Überblick
Die ersten Erfindungen zur Gasturbine datieren auf das Jahr 1791, als sich der Engländer John Barber eine erste derartige Maschine patentieren ließ. In der Praxis funktionierte seine Gasturbine jedoch nicht, was in erster Linie auf die zu dieser Zeit zur Verfügung stehenden Werkstoffe zurückzuführen war.
An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde die Idee der Gasturbine von den Ingenieuren wiederaufgenommen, wobei sie sich an der parallelen Entwicklung der Dampfturbine orientierten. Die zu diesem Zeitpunkt entwickelten Gasturbinen besaßen einen mit Ventilen abgeschlossenen Verbrennungsraum, aus dem unter Druck stehende Abgase der zuvor verbrannten Brennstoffe auf die eigentliche Turbine geleitet wurden. Diese Gleichraumturbine kam ohne einen Verdichter aus, besaß aber einen geringen Wirkungsgrad von maximal 13 %. Ab 1935 standen die ersten Gleichraumturbinen für den stationären Betrieb in Gaskraftwerken zur Verfügung; die Entwicklung dieses Turbinentypes geht auf das historische Patent von 1791 zurück und wurde von dem schweizerischen Unternehmen BBC marktreif gemacht. Diese ersten Turbinen wurden in der chemischen Industrie eingesetzt und hatten eine Leistung von 14 MW. 1939 lieferte BBC eine Gasturbine an das britische Luftfahrtministerium, die man dort zu Versuchszwecken verwendete. 1940 kam die erste Gasturbine in einem Kraftwerk im schweizerischen Neuenburg zum Einsatz. Die Maschine hatte 4 MW Leistung und lieferte positive Betriebsergebnisse, so dass eine ähnliche Turbine in eine Lokomotive (SBB Am 4/6) eingebaut wurde. Wegen der hohen Verluste bei der Energiewandlung wurde jedoch von dieser Traktionsart Abstand genommen. Die Gasturbine wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in erster Linie im Flugzeug verwendet und ist dort zur Zeit die wichtigste Antriebsmaschine. Bei den stationären Anlagen wird sie wegen ihrer Schnellstartfähigkeit als Kraftwerksreserve vorgehalten; in den nächsten Jahren kommt ihr eine weitere Bedeutung im GuD-Kraftwerk zu.
[Bearbeiten] Bestandteile
Die Gasturbine besteht prinzipiell aus einem Einlauf, einem Verdichter, einer Brennkammer, einer Turbine und einer Düse für Düsentriebwerke bzw. einem Diffusor und einer Abtriebswelle für Wellentriebwerke. Etwas verwirrend kann hierbei sein, dass der Begriff Turbine einerseits einen Bestandteil der Gasturbine bezeichnet, andererseits aber auch umgangssprachlich für die Gasturbine als Ganzes verwendet wird.
Wellen-Gasturbinen gibt es als ein- und zweiwellige Maschinen. Bei der einwelligen Bauweise sitzen alle Verdichterstufen und alle Turbinenstufen hintereinander auf derselben Welle (mechanische Kopplung). Damit läuft die gesamte Maschine mit einer Drehzahl. Der Abtrieb kann am verdichter- oder am turbinenseitigen Wellenende liegen. Bei stationären Gasturbinen liegt der Abtrieb für den Generator zumeist am verdichterseitigen Wellenende, da somit ein besserer Abgasdiffusor installiert werden kann, das Fluid den Generator nicht umströmen muss und die Wärmeverluste auf dem Weg zum Dampfprozess (bei GuD-Prozessen) nicht allzu groß sind.
Bei der zweiwelligen Anordnung lässt sich der Turbinenteil in Gasgenerator- und Nutzturbine unterscheiden. Dabei treiben die ersten Turbinenstufen den Verdichter an und bilden mit diesem die Gasgenerator-Einheit. Im selben Gehäuse unmittelbar dahinter läuft die Nutzturbine mit ihrer eigenen Drehzahl. Der Abtrieb liegt damit immer auf der Turbinenseite. Angetrieben werden mit dieser Maschine üblicherweise Pumpen oder Verdichter z.B. an Gas- oder Ölpipelines. Eine besondere Bauart ist die sogenannten Aeroderivatives, bei denen als Gasgenerator eine modifizierte Flugzeugturbine zum Einsatz kommt.
Gasturbinen stellen höchste Ansprüche an die verwendeten Werkstoffe bezüglich ihrer Festigkeit und Stabilität bei hohen Temperaturen. Es kommen überwiegend Nickelbasislegierungen zum Einsatz.
[Bearbeiten] Brennstoff
Als Brennstoff kommen verschiedene Gas- und Flüssigtreibstoffe in Frage: neben Erd- und Synthesegas auch Deponiegas, Biogas, Kerosin, Heizöl -extraleicht- und Dieselkraftstoff bzw. Gasöl.
Gasturbinenbaureihen, die auch mit dem problematischen Treibstoff Rohöl betrieben werden können (z.B. für Pipeline-Druckerhöhungspumpen), sterben nach und nach aus bzw. werden durch Dieselmotoren verdrängt, die hier wesentlich bessere Wirkungsgrade erreichen.
Außerdem gibt es immer wieder Versuche, Kohlenstaub direkt oder nach vorheriger Vergasung einzusetzen. An vielen Standorten in Bergbauregionen werden Gasturbinen mit Grubengas (Methan) betrieben.
Es gibt auch Versuchsturbinen, die mit Festbrennstoff angetrieben werden. Dazu wird der Brennraum mit Brennstoff gefüllt und gezündet. Die Turbine läuft dann so lange, bis aller Brennstoff verbraucht ist und neu nachgefüllt werden muss. Zu einer kommerziellen Verwendung ist es dabei noch nicht gekommen.
[Bearbeiten] Funktionsweise
Der thermodynamische Vergleichsprozess ist der Joule-Prozess, welcher idealisiert aus zwei Isentropen und zwei Isobaren besteht; er wird auch Gleichdruckprozess genannt. Der Verdichter (auch Kompressor genannt) saugt aus der Umgebung Luft an, verdichtet sie (1 -> 2)und führt sie schließlich der Brennkammer zu. Dort wird sie zusammen mit eingespritztem Brennstoff unter nahezu konstantem Druck verbrannt (2 -> 3). Bei der Verbrennung entstehen Verbrennungsgase mit einer Temperatur von bis zu 1500 °C. Diese heißen Verbrennungsgase strömen mit hoher Geschwindigkeit in die Turbine. In der Turbine wird das Fluid entspannt und die im Fluid enthaltene Enthalpie in mechanische Energie umgewandelt (3 -> 4). Ein Teil der mechanischen Energie (bis zu zwei Drittel) wird zum Antrieb des Verdichters genutzt, der verbleibende Teil steht als nutzbare mechanische Energie wT zur Verfügung. Der Wirkungsgrad einer Gasturbine ist umso höher, je höher die Turbineneintrittstemperatur der Brenngase und das Druckverhältnis der Turbine ist. Die maximal zulässige Materialtemperatur der gekühlten Turbinenschaufeln begrenzt die Turbineneintrittstemperatur.
Gasturbinen zeichnen sich im Gegensatz zu Kolbenmaschinen durch einen ruhigen Lauf aus, da sie kontinuierlich arbeiten und nur drehende Teile besitzen. Der Drehmomentverlauf ist flacher als bei Kolbenmaschinen.
[Bearbeiten] Wellenturbine und Strahltriebwerk
Gasturbinen können ihre Leistung in Form eines Abgasstrahls abgeben, der ein Flugzeug antreibt. Die Leistung kann jedoch auch auf eine Abtriebswelle übertragen werden, die dann beispielsweise beim Hubschraubertriebwerk den Rotor eines Hubschraubers, den Generator eines Kraftwerks, den Propeller eines Turboprop-Flugzeugs, oder einen Schiffspropeller antreibt. Gasturbinen der letzteren Art werden häufig als Wellenturbinen oder -triebwerke bezeichnet. Sie werden entweder mit ein, zwei oder drei Wellen gebaut.
Eine Mischform stellt das Mantelstromtriebwerk (Turbofan) dar, bei dem ein Teil der Leistung genutzt wird, um einen Turbofan anzutreiben. Es ist Standard bei großen Verkehrsflugzeugen.
Ab und zu wird der Ausdruck "Wellentriebwerk" auch für herkömmliche Strahlturbinen gebraucht, weil sie im Gegensatz zum Staustrahltriebwerk zumindest eine Welle als bewegliches Teil hat.
[Bearbeiten] Einsatzgebiete
[Bearbeiten] Luftfahrt
Durch ihr niedriges Leistungsgewicht (Masse/Leistungs-Verhältnis) im Vergleich zu anderen Verbrennungsmotoren eignen sich Gasturbinen sehr gut für Anwendungen im Luftfahrtbereich, da das Gesamtgewicht des Fluggeräts verringert und die Flugleistung gesteigert bzw. Treibstoff eingespart wird.
Beim Antrieb von Hubschraubern und Turboprop-Flugzeugen wird die Wellenleistung der Gasturbine genutzt und über ein Getriebe an Rotor oder Propeller abgegeben.
Für den Rückstoßantrieb von Flugzeugen (Jets) werden Strahltriebwerke (Turbojets) eingesetzt, eine Sonderform der Gasturbine. Es fehlt dabei die Abtriebswelle, welche die Leistung an externe Komponenten überträgt. Hinter Verdichter, Brennkammer und Turbine folgt nur noch eine Düse, durch die der heiße Abgasstrahl mit hoher Geschwindigkeit austritt. Der Turbinenteil eines Strahltriebwerks erzeugt dabei nur soviel mechanische Energie, wie für den Antrieb des Verdichters und der Nebenaggregate benötigt wird, und der Vorschub entsteht nur durch die austretenden heißen Gase.
Die gewichtssparende Ausführung ist meist wesentliches Auslegungskriterium. Weiterhin spielt der Wirkungsgrad, also eine gute Ausnutzung des Brennstoffs, eine Rolle, sowie geringe Schallemissionen und gute Wartbarkeit.
Siehe: Strahltriebwerk
[Bearbeiten] Militärtechnik
Gasturbinen dienen als Antriebsaggregat verschiedener Fahrzeuge, u.a. des amerikanischen Panzers M1 "Abrams" und des russischen T-80.
In Militärfahrzeugen insbesondere der Luftabwehr werden Gasturbinen als Stromerzeuger eingesetzt, um so auch ohne Starten des Fahrmotors und des damit verbundenen Generators die Kampftechnik versorgen zu können. Beispiel sind die Startrampen und Raketenleitstation des russischen SA-4-Ganef-Systems (Startrampen je 20 kW, Leitstation 35 kW) Vorteil ist auch hier die hohe Leistungsdichte und das rasche Hochfahren bei jeder Aussentemperatur. Der hohe Treibstoffverbrauch der meist nur wenige kW starken Turbinen wird dafür in Kauf genommen.
[Bearbeiten] Mechanischer Antrieb
Gasturbinen finden darüber hinaus Einsatz im Gasturbinenkraftwerk und in Pump- und Verdichterstationen, wie sie für Öl- und Erdgaspipelines benötigt werden. Darüber hinaus werden sie für den Antrieb von Schiffen, speziell Militärschiffen oder Luftkissenbooten, und schweren Landfahrzeugen wie z.B. Panzern eingesetzt.
[Bearbeiten] Anwendungen (Beispiele)
- Strahltriebwerk ("Düsentriebwerk")
- Antrieb von Luftschrauben (Turboprop)
- Hubschraubertriebwerk
- Luftkissenfahrzeug
- Schiffsantrieb
- Elektrizitätswerke (z.B. Druckluftspeicherkraftwerk)
- Kraft-Wärme-Kopplung
- GuD = Gas- und Dampfturbinen-Kombinationskraftwerk, auch GDK
- Antriebsaggregat für Panzer, sehr hoher Verbrauch
- Erwärmung von Wasser zu Dampf über den Abgasstrahl in verfahrenstechnischen Anlagen
- Lokomotivantrieb z.B TGV (Prototyp) der SNCF, Baureihe 210 der DB, bewährte sich aber nicht, zu hohe Energiekosten
[Bearbeiten] Hersteller
Da die Herstellung von Gasturbinen hohe Investitionen (sowohl materiell als auch in Forschung und Entwicklung) erfordert, gibt es weltweit nur wenige Hersteller großer Gasturbinen: Siemens Power Generation und ALSTOM Power in Europa, General Electric in den USA und Mitsubishi in Japan. Alle weiteren Hersteller sind durch Lizenzen letztlich an einen der vier genannten Konzerne gebunden.
Im Bereich mittelgroßer Gasturbinen für den Industrieeinsatz (sowohl zur Stromerzeugung als auch als mechanische Antriebsmaschinen) sind die Firmen Siemens Power Generation, General Electric, Rolls-Royce plc, Pratt&Whitney, Hitachi, MAN TURBO, die Caterpillar-Tochtergesellschaft Solar Turbines sowie Kawasaki zu nennen.
Im Bereich der großen Flugantriebe dominieren die Konzerne General Electric, Rolls-Royce und Pratt&Whitney. Weitere Hersteller kooperieren mit diesen als Technologiepartner oder als Unterlieferant für einzelne Systeme. Aufgrund der sehr hohen Entwicklungskosten für neue Triebwerke gibt es viele Flugtriebwerksprogramme, bei denen mehrere Hersteller gemeinsam an der Entwicklung und Fertigung eines neuen Produktes zusammenarbeiten.
Seit ca. 1990 gibt es die sogenannten Mikrogasturbinen. Neben der kleinen Leistung im Bereich zwischen 30kW und 500kW, zeichnen sich die Turbinen durch eine einfache Technik aus. Die niedrigere Turbineneintrittstemperatur lässt ungekühlte Schaufeln zu. Um den Wirkungsgrad anzuheben verwenden Mikrogasturbinen Rekuperatoren, die die verdichtete Luft vor dem Eintritt in die Brennkammer mit der Wärme des Abgases vorwärmen. Hierdurch sind Wirkungsgrade um die 30% möglich. Größter Hersteller ist die amerikanische Firma Capstone. Weiter Hersteller sind Turbec, Elliot und Ingersoll Rand.
[Bearbeiten] Weblinks
- Kraft-Wärme-Kopplung mit Gasturbinenprozess, umfangreiche Darstellung des Gasturbinenprozesses bei energytech.at
- Website von Mark Nye der eine Scheitholz verbrennende Versuchsgasturbine gebaut hat(Englisch)
- Der Arbeitskreis Gasturbinen-Solar betreibt eine Informationsseite mit einem Forumsbereich (nicht nur für SOLAR-Gasturbinen)(Deutsch, Englisch)
- Umfangreiche Erklärung verschiedener Turbinenarten (Deutsch)
- Gasturbineneigenbauten, TS-21 Starterturbine aus russischer Mig (Deutsch)
- Webseite über eine mit Biogas betriebene kleine Gasturbine (Deutsch)
[Bearbeiten] Literatur
- Lechner, C., Seume, J., (Hrsg): Stationäre Gasturbinen, Springer-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-540-42831-3
- Bitterlich, W., Ausmeier, S, Lohmann, U.: Gasturbinen und Gasturbinenanlagen - Darstellung und Berechnung, B.G. Teubner, Stuttgart, 2002, ISBN 3-519-00384-8
- Eine praktisch brauchbare Gasturbine, Versuch einer Lösung des Gasturbinen-Problems mit einem vollständig durchkonstruierten Beispiel, Autor: Dr. Richard Wegner, Verlag C.J.E. Volckmann 1907
- Propyläen Technikgeschichte, Band 5, Seite 75 bis 77, ISBN 3-549-05636-2