Geschichte von Mauritius
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Image:Die Geschichte von Mauritius ist trotz seiner relativ späten Entdeckung sehr abwechslungsreich. Nachdem die Portugiesen die Insel nur als Stützpunkt nutzten, nicht aber als Kolonie, begann die Besiedlung von Mauritius erst 1598 mit Inbesitznahme durch die Niederlande, die die Insel nach dem Prinzen Moritz von Oranien (lat. Mauritius) benannten. Als die Niederländer die Insel 1710 verließen, wurde sie von den Franzosen besetzt, allerdings eroberten 1810 die Briten die Insel. Seine Unabhängigkeit erreichte Mauritius am 12. März 1968 und wurde am 12. März 1992 nach Einführung einer neuen Verfassung eine Republik.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorkoloniale Zeit
Vor etwa acht Millionen Jahren entstanden Mauritius, Rodrigues und Réunion auf Grund von vulkanischen Aktivitäten im südwestlichen Teil des Indischen Ozeans.
Da die Insel auf einigen arabischen Seekarten verzeichnet ist, weiß man, dass sie den Arabern schon im 10. Jahrhundert bekannt war. Arabische Seefahrer nannten die Insel Dina Harobi, was so viel heißt wie „verlassene Insel“. Später soll daraus Dina Robin geworden sein, was „Silberinsel“ bedeutet. Die Araber ließen sich aber nicht auf der Insel nieder. Ob die Insel schon Phöniziern und Malaien bekannt war, ist umstritten. Erzählungen zufolge sollen letztere auf ihren Reisen von Madagaskar nach Indonesien die Insel entdeckt haben. Beweise dafür gibt es allerdings nicht.
[Bearbeiten] Portugiesische Zeit (1507-1598)
Ob Vasco de Gama, der 1498 als erster Europäer das Kap der Guten Hoffnung auf dem Weg nach Indien umrundete, auch der Erste war, der die Maskarenen entdeckte, ist nicht bekannt. Auf einer portugiesischen Karte von Cantina von 1502 sind sie jedenfalls eingezeichnet. Dies kann aber auch daher kommen, dass diese von einer arabischen Karte übernommen wurden. Entdeckt von Europäern wurde die Insel 1507 (andere Quellen nennen 1505 oder auch 1510) vom Portugiesen Diego Fernandez Pereira. Er nannte die Insel Ilha do Cerne, was so viel heißt wie Schwaneninsel. Einige Quellen besagen, dass das eine Anspielung auf die Dodos sei. Andere Quellen besagen, Cerne sei der Name des Schiffes von Pareira gewesen. Pedro Mascarenhas sichtete die Inselgruppe etwa zehn Jahre später. Nach ihm wurden die drei Inseln seit 1920 in Karten als Islas Mascarenhas bezeichnet. An ihn erinnert noch heute der Name der Inselgruppe der Maskarenen (bestehend aus Mauritius, Réunion und Rodrigues).
Die Portugiesen sahen in der Insel aber nur einen weniger wichtigen Anlaufhafen, da die Insel relativ isoliert liegt und zu der Zeit keine Handelsgüter bot. Der portugiesische Hauptstützpunkt in Afrika war Mosambik, daher nutzten die portugiesischen Segler den Kanal von Mosambik, um nach Indien zu gelangen. Die weiter nördlich gelegenen Komoren waren auf der Route nach Süd- und Ostasien günstiger gelegen und wurden daher vorwiegend als Anlaufhafen verwendet. Aus diesem Grund wurden die Maskarenen von den Portugiesen nicht als dauerhaft besetzte Kolonie genutzt. Sie landeten dort nur gelegentlich, um sich auf dem Seeweg durch den Indischen Ozean mit frischem Wasser und Verpflegung einzudecken. Dazu brachten sie zusätzlich zu den heimischen Tierarten Rinder, Schweine und Affen auf die Insel.
[Bearbeiten] Niederländische Zeit (1598-1710)
[Bearbeiten] Niederländische Segler (1598-1637)
1598 startete eine niederländische Expedition, bestehend aus acht Schiffen von Texel (Niederlande) aus unter dem Kommando von Admiral
Jacques Cornelius van Neck und Wybrandt van Warwyck in Richtung des indischen Subkontinents. Die acht Schiffe gerieten in stürmische See, nachdem sie das Kap der Guten Hoffnung passiert hatten und wurden getrennt. Drei Schiffe fanden ihren Weg zum Nordosten von Madagaskar, während die übrigen fünf eine südöstlichere Route einschlugen. Am 17. September 1598 kamen die Schiffe unter dem Kommando von Admiral van Warwyck in Sichtweite der Insel. Am 20. September landeten sie in einer geschützten Bucht und gaben ihr den Namen „Port de Warwyck“ (Der heutige Name ist Grand Port), im Südwesten der Insel. Sie entschieden sich, die Insel „Prins Maurits van Nassaueiland“ zu nennen, in Anlehnung an den Prinzen Moritz von Oranien (ndl. Maurits, lat. Mauritius) aus dem Haus Nassau, dem Statthalter von Holland. Aus dieser Zeit ist heute nur noch der Name Mauritius erhalten. Am 2. Oktober brachen die Schiffe nach Bantam auf.
Seit dieser Zeit wurde der „Port de Warwyck“ häufig als Zwischenstopmöglichkeit und Anlaufhafen nach langen Monaten auf See verwendet. 1606 landete eine Expedition dort, wo heute Port Louis liegt, im Nordwesten der Insel. Die Expedition, bestehend aus elf Schiffen und 1357 Mann unter dem Kommando von Admiral Corneille, landete an einem Strand, den sie aufgrund der vielen Landschildkröten dort „Rade des Tortues“ (Hafen der Schildkröten) nannten.[1]
Seit dieser Zeit wählten niederländische Segler „Rade des Tortues“ regelmäßig als Anlaufhafen auf der Route nach Indien. Nach dem Schiffbruch und dem damit verbundenden Tod des Gouverneurs Pieter Both, der mit vier beladenen Schiffen auf dem Rückweg von Indien war, verbreitete sich ab 1615 das Gerücht, dass die Route über Mauritius verflucht sei. Daraufhin versuchten niederländische Segler diese Route weitestgehend zu meiden und stattdessen den Weg über Madagaskar einzuschlagen. In der gleichen Zeit drangen Briten und Dänen immer weiter in den Indischen Ozean vor.
Diejenigen, die freiwillig auf der Insel landeten, fällten die Ebenholzbäume, die es damals noch im Übermaß gab und nahmen die wertvolle Rinde mit.
[Bearbeiten] Niederländische Kolonialisierung (1637-1710)
Die niederländische Kolonialisierung begann 1638 und endete 1710 mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung zwischen 1658 und 1666. Das Eiland war während der ersten 40 Jahre seit der Entdeckung durch die Niederländer nicht durchgehend besiedelt, aber 1638 gründete Cornelius Gooyer die erste feste Siedlung auf Mauritius einer Garnison von 25 Einwohnern. Damit wurde er auch erster Gouverneur der Insel. Frankreich nahm im selben Jahr die benachbarten Inseln Rodrigues und Réunion in Besitz. 1639 kamen weitere 30 Siedler, um die niederländische Kolonie zu verstärken. Gooyer wurde beauftragt, das Handelspotential der Insel auszuweiten. Da er allerdings nichts dergleichen tat, wurde er abberufen. Sein Nachfolger wurde Adriann van der Stel, der begann, Ebenholzrinde zu exportieren. Für diesen Zweck kaufte van der Stel 105 madegassische Sklaven[2] .Innerhalb der ersten Woche gelang es 60 Sklaven in die Wälder zu flüchten und nur etwa 20 von ihnen konnten schließlich wieder zurückgeholt werden.
1644 mussten die Einwohner einige Schicksalsschläge überwinden wie Zyklone, schlechte Ernten und Verspätungen von Versorgungsschiffen. In diesen Monaten lebten die Kolonisten lediglich vom Fischen und Jagen. Nichtsdestotrotz sicherte sich van der Stel die Zusendung von 95 weiteren Sklaven aus Madagaskar, bevor er nach Sri Lanka versetzt wurde. Sein Nachfolger wurde Jacob van der Meersh. 1645 ließ letzterer sich 108 weitere Sklaven aus Madagaskar bringen. Van der Meersh verließ Mauritius 1648 und wurde durch Reinier Por ersetzt.
In den Jahren 1652 bis 1657 mussten die Bewohner weitere Nöte überstehen. Die Bevölkerung zu dieser Zeit betrug etwa 100 Siedler. 1957 endlich bat die Bevölkerung aufgrund der anhaltenden Belastungen um Rückzug von der Insel. Am 16. Juli 1658 verließen nahezu alle Einwohner das Eiland. Außnahmen bildeten lediglich ein Junge und zwei Sklaven, die im Wald einen Unterschlupf gefunden hatten.[3] Auf diese Weise schlug der erste Versuch der Niederländer, die Insel zu Kolonialisieren, fehl.
Ein zweiter Versuch wurde 1664 unternommen. Allerdings überließen die für den Job ausgewählten Männer den kranken Kommandanten van Niewland seinem Schicksal und dieser verstarb.
Von 1666 bis 1669 baute Dirk Jansz Smiet eine neue Kolonie am Grand Harbor auf, mit der Hauptaufgabe des Abholzens und Exportes von Ebenholz. Als Dirk Jansz Smiet die Insel verließ, wurde er von George Frederik Wreeden ersetzt. Der ertrank 1672 zusammen mit fünf anderen Kolonisten bei einer Aufklärungsexpedition. Sein Nachfolger wurde Hubert Hugo. Er war ein Mann mit Visionen, der die Insel in eine landwirtschaftliche Kolonie verwandeln wollte. Seine Vision wurde von seinen Vorgesetzten aber nicht unterstützt und er konnte seine Ideen daher nicht voll umsetzen. Isaac Johannes Lamotius wurde neuer Gouverneur, als Hugo 1677 die Insel verließ. Lamotius regierte bis 1692, bis er nach Batavia (heute Jakarta) versetzt wurde. So wurde 1692 Roelof Deodati zum neuen Gouverneur ernannt. Obwohl er versuchte die Insel weiter zu entwickeln, musste er wiederholt große Probleme meistern. Diese waren - wie in den 1650ern - Zyklone, Dürren, Schädlingsplagen, aber auch Rinderseuchen. Deodati gab schließlich entmutigt auf und wurde von Abraham Momber van de Velde ersetzt. Diesem erging es nicht besser und er war schließlich der letzte niederländische Gouverneur auf Mauritius. 1710 verließen die Niederländer die Insel endgültig. Mauritius war fast vollständig abgeholzt und die Tierbestände (wie die der Dodos) ausgerottet bzw. stark dezimiert.
[Bearbeiten] Das Erbe der Niederländer
- Die Namensgebung der Insel und vieler Regionen auf der ganzen Insel
- Die Einfuhr von Zuckerrohr aus Java und dessen intensiver Anbau auf Plantagen
- Dezimierung bzw. Ausrottung des Dodo- und des Riesenschildkrötenbestandes zur Deckung des Nahrungsbedarfes und die Einfuhr von Schädlingen und sich konkurrierender Tierarten
- Zerstörung und Abholzung großer Teile der Wälder zur Gewinnung von Ebenholz
[Bearbeiten] Zeit der Piraterie (1710-1715)
Als die Holländer um 1710 die Insel Mauritius in Richtung Südafrika verließen, setzten sich Seeräuber auf Mauritius fest. Schon ab Mitte des 17. Jahrhunderts begannen sich Piraten im Indischen Ozean auszubreiten, da es für diese sehr lukrativ war. Abgelegen von den großen Stützpunkten der europäischen Handelsmächte England und Frankreich konnten sie sich auf Mauritius und den anderen Inseln im Indischen Ozean ungestört festsetzten und hatten gleichzeitig die Möglichkeit, die großen Handelsschiffe, die meist voll beladen auf dem Weg von Ostasien nach Europa waren und dabei unweit der Inseln entlang segelten, auszurauben. Sie operierten immer dreister und fügten der Handelsschifffahrt erheblichen Schaden zu. Um die Übergriffe zu stoppen, griff die Handelsmacht Frankreich endlich ein und kämpfte gegen das inzwischen gut organisierte Piratentum, das der Offensive nicht standhalten konnte.
[Bearbeiten] Französische Zeit (1715-1810)
Verlassen von den Niederländern, wurde das Land 1715 zu einer französische Kolonie, als Guillaume Dufresne D’Arsel auf der Route nach Indien Mauritius als Anlaufhafen nutzte, das Eiland für Frankreich beanspruchte und die Insel in Île de France umbenannte. Aber erst 1721 begannen die Franzosen ihre Okkupation. Zu dieser Zeit lebten nur 15 Kolonisten und etliche Sklaven auf Mauritius. Mahé de Labourdonnais war von 1734 bis 1746 Gouverneur von Île de France und gründete 1735 Port Louis als Flottenstützpunkt und Schiffbauzentrum und errichtete dort den Gouverneurssitz. Er war der erste, der Île de France effektiv weiterentwickelte. Unter ihm wurde viele neue Gebäude gebaut, die teilweise auch heute noch stehen, darunter das Government House, das Chateau de Mon Plaisir in Pamplemousses und die Line Barracks. Labourdonnais förderte den Aufbau der Infrastruktur und der Landwirtschaft. Er ließ Zuckerrohrplantagen von Sklaven aus Ostafrika und Madagaskar anlegen und bewirtschaften, die auch heute noch das Landschaftsbild von Île de France prägen. Im Jahre 1744 eröffneten dann auch die ersten beiden Zuckerraffinerien. Die nachfolgenden Gouverneure waren nicht in der Lage den Aufschwung von Mauritius weiter voranzutreiben.
In Folge des Siebenjährigen Krieges ging die Französische Ostindienkompanie, die bis dato Eigentümerin des Eilands war und es auch verwaltete bankrott. Von 1767 bis 1810 war die Insel französische Kronkolonie mit Ausnahme einer kurzen Periode während der Französischen Revolution. Erster Gouverneur nach dem Übergang der Insel an die französische Krone war Pierre Poivre, der es schaffte, an die erfolgreiche Zeit unter Labourdonnais anzuknüpfen. Er ließ die Infrastruktur und Gebäude erneuern, weiter ausbauen und intensivierte den Gewürzanbau, um sich neue Handelsgüter zu sichern und dadurch auch das damals vorherrschende Monopol der Niederländer im Gewürzhandel zu brechen. Unter ihm wurden auch die Botanischen Gärten von Pamplemousses (der heutige Name ist Sir Seewoosagur Ramgoolam Botanical Garden) deutlich erweitert und wurden zu einem der schönsten botanischen Gärten der Welt. 1776 lebten laut Volkszählung schon 33.536 Menschen auf der Insel, der größte Teil (etwa 85 %) davon Sklaven, während nur gut 6000 Menschen europäischer Abstammung waren.[4]
Als von 1794 bis 1803 im Zuge der Französischen Revolution die Sklaverei abgeschafft wurde, brachen die Kolonisten für diese Zeit mit der französischen Krone. Gleichzeitig versuchten die Mauritier unabhängiger von Frankreich zu werden und begannen daher verstärkt mit anderen Ländern zu handeln. Besonders wurde der Handel mit neutralen Ländern wie Amerika und Dänemark ausgeweitet. Allein nach Amerika wurden 1805 und 1806 insgesamt etwa 200 Schiffsladungen transportiert.[5] Da Île de France wirtschaftlich immer weiter aufstieg, wurden die Briten auf die Insel aufmerksam, zumal sie 1794 schon bis zu den Seychellen vorgedrungen waren und diese in ihren Besitz brachten. Während der Napoleonischen Kriege wurde die Insel zu einer Basis für französische Korsare, die britische Handelsschiffe überfielen und ausraubten, um damit die Briten im Krieg zu schwächen. Dies taten sie mit der Erlaubnis der französischen Regierung, die ihnen einen Kaperbrief ausstellte. Somit bot Île de France den Korsaren einen sicheren Unterschlupf. Diese Raubzüge wollten die Engländer dadurch unterbinden, dass sie auf die Korsare hohe Kopfgelder aussetzten. Dies brachte allerdings nicht viel und daher dauerten die Raubzüge bis 1810 an, bis eine kampfstarke britische Flotte nach Île de France gesandt wurde.
[Bearbeiten] Britische Zeit (1810-1968)
Zunächst konnte die französische Flotte im Kampf im Grand Port unter dem Kommodore Pierre Bouvet am 19. und 20. August 1810 noch als Sieger hervorgehen. Da dies der einzige Seesieg der Franzosen über die Briten war, ließ Napoleon diesen sogar auf dem Triumphbogen in Paris abbilden. Die Briten landeten mit 60 Schiffen und insgesamt 1000 Mann im Norden bei Cap Malheureux. Sie hatten dort eine Lücke im Korallenriff entdeckt, das die komplette Insel umgibt, und konnten so mit den Booten leicht auf die Insel übersetzen. Da dies unbemerkt geschah und die Franzosen nicht einem Landangriff von Nordosten aus erwarteten, konnten die Briten schnell bis zur Hauptstadt vordringen, die von der Landestelle nur 29 Kilometer entfernt lag. Dacaen hatte erwartet, dass die Briten vom Meer aus die Hauptstadt angreifen würden und hatte daher seine Flotte in Port Louis vor Anker gehen lassen. Die Franzosen kapitulierten am 3. Dezember 1810, da die Briten den 4000 Franzosen deutlich überlegen waren. Im Vertrag von Paris von 1814 ging die Insel zusammen mit Rodrigues und den Seychellen an Großbritannien über und wurde wieder von „Île de France“ in Mauritius umbenannt. In dem Vertrag sicherten die Briten zu, dass die Sprache, die Bräuche, die Gesetze und die Traditionen der Einwohner respektiert werden. Schon in den Kapitulationsbedingungen von 1810 war eine derartig großzügige Behandlung zugesichert worden. Zu begründen ist das wohl damit, dass Mauritius zu klein und wirtschaftlich zu unbedeutend war und den Briten allein die strategisch günstige Lage als Gewinn aus dem Krieg ausreichte.
Ab 1814 war Mauritius britische Kronkolonie und gehörte zum Commonwealth. Die britischen Besatzer nahmen nur wenig Einfluss auf das Geschehen und die Verhältnisse auf der Insel. Viele Dinge der Franzosen blieben daher erhalten, wie zum Beispiel der Code Civil Napoleons und die französische Sprache, die zu dieser Zeit weiter verbreitet war als Englisch.
Die britische Verwaltung begann mit Robert Farquhar als Gouverneur und war geprägt von sozialen und ökonomischen Veränderungen. Sie bauten den von den Niederländern begonnenen und Franzosen geförderten Zuckerrohranbau aus, so dass eine Monokultur entstand. Gegen Ende des 19. Jahrhundert betrug die Produktion von Zuckerrohr 100.000 Tonnen.[6] und die Anbaufläche des Zuckerrohrs betrug bis zu 90 Prozent der Gesamtfläche der Insel. Demzufolge wurden auch viele weitere Zuckerfabriken gebaut, so dass es auf der Insel zeitweise bis zu 300 von ihnen gab. Die steigende Wirtschaftsleistung benötigte natürlich auch eine immer besser ausgebaute Infrastruktur. 1864 wurde die erste Eisenbahnlinie von Port Louis nach Flacq eröffnet. Bis zum Jahr 1904 wurden etwa 200 Kilometer Gleise verlegt. Der Hafen von Port Louis wurde modernisiert und Wohlfahrtsorganisationen gegründet. Auch das Postwesen wurde verbessert und weitere Postämter gebaut.
Nachdem die britische Kolonialmacht ab 1835 die Sklaverei verboten hatte, war die Mehrzahl der freigelassenen Sklaven, die zur Zeit der französischen Besatzung vorwiegend aus Madagaskar und anderen afrikanischen Ländern kamen, nicht bereit für die Kolonialherren auf den Feldern zu arbeiten. Für die Abschaffung der Sklaverei bekamen die Farmer eine Entschädigung von zwei Millionen Pfund Sterling. Da die weiter expandierende Zuckerindustrie aber die vielen Arbeitskräfte brauchte, wurden Vertragsarbeiter angeworben. So setzte Mitte des 19. Jahrhundert eine Masseneinwanderung von indischen Arbeitern, Hindus und Moslems ein, die nun die Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen übernahmen. Diese ostasiatischen Einwanderer bezeichnet man auch als Kuli. Die meisten von ihnen wurden im Aapravasi Ghat, einem heute noch stehenden Einwanderungsdepot, untergebracht. Eigentlich bekamen alle Einwanderer einen befristeten Arbeitsvertrag über fünf Jahre, doch die meisten konnten es sich nicht leisten nach dieser Zeit nach Indien zurückzukehren.
Zu dieser Zeit besaßen die Franko-Mauritier nahezu alle großen Zuckerrohrplantagen, betrieben aktiv Handel und kontrollierten die Bankgeschäfte. Der Indo-mauritische Anteil an der Bevölkerung stieg aufgrund der Einwanderung aber stetig an und somit wuchs auch ihre politische Macht. 1865 lag der Anteil der Bevölkerung indischer Herkunft bei etwa 50 Prozent. Weil es immer mehr Einwanderer gab, stieg die Arbeitslosigkeit an und es wurde ab 1871 für so genannte "Kontraktarbeiter" ein Einwanderungsstopp verhängt, weil auf den Plantagen tätige Inder zu diesem Zeitpunkt inzwischen 60 Prozent Bevölkerungsanteil erreicht hatten. Die Konflikte zwischen der indischen Gemeinschaft (größtenteils die Arbeiterschicht) und der Franko-mauritischen Gemeinde wuchsen in den 1920ern deutlich an. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen, so dass einige Menschen – vor allem aber Inder – ums Leben kamen. Um die Interessen der Arbeiter zukünftig zu schützen, gründete Dr. Maurice Cure 1936 mit der Mauritius Labour Party (MLP) die erste politische Partei auf Mauritius. Ein Jahr später ging die Führung der Partei an Emmanuel Anquetil, der auch versuchte, die Hafenarbeiter für sich zu gewinnen. Nach dessen Tod im Dezember 1946 leitete Guy Rozemond die Geschicke der Partei.
Die Eröffnung des Sueskanals 1869 läutete den Rückgang der Bedeutung von Mauritius als Anlaufhafen für Schiffe, die das Kap der Guten Hoffnung auf der Route von Ostasien nach Europa umrundeten, ein. Wegen der Monokultur war die Wirtschaft auf der Insel von der Entwicklung des Zuckerrohr-Weltmarktpreises besonders abhängig. Da vermehrt auch Zuckerrohr in der Karibik angebaut wurde und man in Europa begann Zuckerrüben anzubauen, sank der Preis für Zuckerrohr deutlich und es kam auf Mauritius Ende des 19. Jahrhunderts in der Zuckerrohrindustrie und somit in der gesamten Wirtschaft zur Krise. Das führte zur Abwanderung eines Teils der Bevölkerung. Zwischen 1937 und 1943 kam es auch aufgrund der geänderten politischen Situation zu einigen Streiks in der Zuckerrohrindustrie.
Auch von Epidemien und Umweltkatastrophen blieb Mauritius in der Folge nicht verschont. Zwischen 1866 und 1868 gab es eine Malariaepidemie, der etwa 50.000 Mauritier zum Opfer fielen. Kurz vor der Jahrhundertwende brach auch eine Choleraepidemie aus, ein Zyklon vernichtete Teile der Insel und ein Großbrand vernichtete Port Louis.
Ende des 19. Jahrhunderts versuchte man vermehrt durch Reformen den Abstieg aufzuhalten. So wurde 1885 ein Wahlrecht für die Mitglieder der Oligarchie in der Verfassung verankert. Durch die Einschränkung der Wahlberechtigten gingen 1909 lediglich zwei Prozent der Bevölkerung wählen. Aus diesem Grund kontrollierten vor allem die Franko-Mauritier die politischen Geschäfte. Man versuchte wegen der Wirtschaftskrise unabhängiger vom Zuckerrohr zu werden, was allerdings nicht gelang. Dies kam möglicherweise auch daher, da gerade die Franko-Mauritier den größten Teil der Zuckerrohrplantagen besaßen. Mauritius blieb bis in die Jahre des Zweiten Weltkrieges nahezu auf dem Stand des späten 19. Jahrhunderts stehen. Während des Zweiten Weltkrieges bauten die Briten einen Militärflughafen bei Plaisance und nutzten ihn als Stützpunkt im Indischen Ozean. Ab 1946 wurde er zum Zivilflughafen umgerüstet.
[Bearbeiten] Der Weg in die Unabhängigkeit
Der erste Schritt in Richtung Unabhängigkeit war das neue Wahlrecht, das 1947 zum ersten Mal zur Anwendung kam. Laut diesem war es jedem Mauritier, der lesen und schreiben konnte und älter war als 21, erlaubt, zu wählen. Dies änderte die bisherigen Machtverhältnisse, da nun deutlich mehr Inder zur Wahl berechtigt waren. Bei den Wahlen 1947 für die neu gegründete Legislative Assembly wurden dementsprechend auch mehrheitlich Indo-Mauritier gewählt. Sie konnten 11 der 19 Abgeordneten stellen. Die Labour Party, die von Guy Rozemont geleitet wurde und zu dieser Zeit die einzige politisch engagierte Partei war, bekam lediglich 4 Sitze. Es war das erste Mal, dass die Franko-Mauritier von der Macht verdrängt wurden. 1958 wurde dann das allgemeine Wahlrecht eingeführt. Seit den Wahlen von 1959 bekam stets eine Koalition aus der Labour Party und der Muslim Committee of Action (CAM), die sich aus Vertretern von Moslems und Hindus bildete, die Mehrheit und begann sich für die Unabhängigkeit stark zu machen. Die Unabhängigkeitsbewegung wurde 1961 weiter verstärkt als die britische Regierung eine weitreichende Selbstbestimmung und sogar die Unabhängigkeit von Mauritius in Aussicht stellte.
1965 wurde in London eine Konferenz abgehalten, die auf die Unabhängigkeit der Insel hinarbeiten sollte. Bei den Wahlen 1967 ging es vor allem darum, ob die Bevölkerung die Unabhängigkeit des Landes wirklich wollte, da mit der Wahl indirekt auch die Entscheidung über die Unabhängigkeit getroffen wurde. Die Koalition aus Labour Party, CAM und der Independent Forward Bloc (IFB), einer traditionalistischen Hindu-Partei, bekam die Mehrheit im Legislative Assembly gegenüber der franko-mauritischen Opposition, die lediglich aus der Mauritian Social Democratic Party (PMSD) unter Jules Koenig und Gaetan Duvals bestand. Somit konnten die Parteien, die sich für die Unabhängigkeit aussprachen mit knappem Abstand gewinnen. Der Unabhängigkeit stand also nichts mehr im Wege.
[Bearbeiten] Unabhängigkeit
[Bearbeiten] 1968-1992
Nach 150 Jahren britischer Herrschaft wurde Mauritius am 12. März 1968 unabhängig, blieb aber immer noch ein Bestandteil des Commonwealth. Erster Premierminister wurde der Führer der Arbeiterpartei, Sir Seewoosagur Ramgoolam, welcher Mauritius in den ersten 14 Jahren seiner Unabhängigkeit regierte. 1970 wurde die Partei Movement Militant Mauricien (MMM) gegründet. Initiatoren der Gründung waren Paul Bérenger, Dev Virasawmy und Juneid Jeeroobarkhan. Bis 1982 war Sir Seewoosagur Ramgoolam Ministerpräsident, durch eine Mehrheit seiner Arbeitspartei in der Koalition mit der PMSD unter Duval.
1982 bekam die Allianz aus Mouvement Militant Mauricien und Parti Socialiste Mauricien (PSM) eine überwältigende Mehrheit. Anerood Jugnauth Vorsitzender der MMM wurde Premierminister und Harish Boodhoo wurde sein Stellvertreter. Die Koalition ging 1983 auseinander und Anerood Jugnauth formte daraufhin die Mouvement Socialiste Mauricien (MSM), welche dann die Regierungsgeschäfte übernahm mit Jugnauth an der Spitze. Ein erster Versuch 1990 Mauritius zu einer Republik unter Berenger als Präsident zu machen, scheiterte an der Zustimmung durch die Opposition.
Als Seewoosagur starb, wurde sein Sohn Navin Ramgoolam Anführer der MLP. Bei den Wahlen 1991 unterlagen die MLP und die PMSD der MSM unter Jugnauth der damit wiedergewählt wurde. Am 12. März 1992 schließlich wurde Mauritius nach Einführung einer neuen Verfassung eine Republik im Commonwealth unter Cassam Uteem als Präsident.
Premierminister von Mauritius | |
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Seewoosagur Ramgoolam | 1968 – 1982 |
Anerood Jugnauth | 1982 – 1995 |
Navin Ramgoolam | 1995 – 2000 |
Anerood Jugnauth | 2000 – 2003 |
Paul Bérenger | 2003 – 2005 |
Navin Ramgoolam | seit 2005 |
[Bearbeiten] 1992-heute
Bei den Wahlen 1995 konnte MMM und die MLP die Mehrheit im Parlament erreichen und so die MSM in die Opposition drängen. Dadurch wurde Navin Ramgoolam, der Sohn des ersten mauritischen Premierministers, ebenfalls Premierminister. Bei den nächsten Wahlen 2001 konnte Jugnauths MSM zusammen mit Berengers MMM die Mehrheit erreichen und wurde wiederum Premierminister. Er gab dieses Amt aber nach drei Jahren auf und nahm stattdessen das Amt des Präsidenten an. Für die verbleibende Amtszeit übernahm Paul Berenger den Posten des Premierministers. Seit den Wahlen vom Juli 2005 ist wieder Navin Ramgoolam Premierminister, nachdem die MLP in einer sozialen Allianz mit der MSM die Wahlen für sich entschied. Sir Anerood Jugnauth blieb Präsident.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Ulrich Quack: Mauritius Réunion. Iwanowskis Reisebuchverlag, Dormagen 1998, ISBN 3-923975-20-1
- Alain Proust, Alain Mountain: Mauritius. Faszination Ferne Länder, New Holland 1995, ISBN 90-5390-658-4
- Kay Maeritz: Mauritius und Réunion. Bruckmanns Länderporträts, München 1997, ISBN 3-7654-3044-7
- Walter Schicho: Handbuch Afrika. In drei Bänden. Band 1: Zentralafrika, Südliches Afrika und die Staaten im Indischen Ozean. Brandes & Appel, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-86099-120-5.
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Auguste Toussaint, Histoire des îles Mascareignes. S. 24
- ↑ Dr A. Satteeanund Peerthum: Resistance Against Slavery. 1989, in Slavery in the South West Indian Ocean, MGI, S. 25
- ↑ Albert Pitot: T’Eyland Mauritius, Esquisses Historiques (1598–1710). 1905, S. 116
- ↑ Alain Proust, Alain Mountain: Mauritius. Faszination Ferne Länder. New Holland 1995, S. 17
- ↑ Kay Maeritz: Mauritius mit Réunion. Bruckmanns Länderporträts, München 1997, S. 41
- ↑ Ulrich Quack: Mauritius Réunion. Iwanowskis Reisebuchverlag, Dormagen 1998, S. 23
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