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Graugans

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel behandelt das Tier Graugans, für das in der deutschen Aussprache gleichnamige altisländische Rechtsbuch, siehe Grágás.
Graugans
Graugans (Anser anser)
Graugans (Anser anser)
Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Gänse (Anserinae)
Tribus: Echte Gänse (Anserini)
Gattung: Feldgänse (Anser)
Art: Graugans
Wissenschaftlicher Name
Anser anser
(Linnaeus, 1758)

Die Graugans, (Anser anser) ist eine Art der Gattung Feldgänse (Anser) in der Familie der Entenvögel (Anatidae). Graugänse zählen zu den häufigsten Wasservögeln und bilden zugleich die zweitgrößte Gänseart in Europa. Sie sind neben den Schwanengänsen (Anser cygnoides), auf die vor allem asiatische Hausgänse zurückgehen, die wilden Vorfahren der domestizierten Hausgänse. Die Art wurde 1758 erstmals durch Carl von Linné in seinem Werk Systema naturae beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Aussehen und Ruf

Die Graugans ist heller als die anderen grauen Gänse. Der Hals wirkt relativ dick und durch die streifige Anordnung der Federn leicht längsgestreift. Die Vorderflügel sind auffällig hell und der Bauch hat mehr oder minder stark ausgeprägte schwarze Flecken. Der Schnabel ist relativ groß und klobig. Sie erreicht eine Länge von 75 bis 90 cm, eine Flügelspannweite von 147 bis 180 cm und ein Gewicht von 2,5 bis 4 kg. Graugänse können bis zu 17 Jahre alt werden. Bekanntester Laut ist das auch von Hausgänsen bekannte "ga-ga-ga", jedoch verfügt die Graugans über mehr als ein Dutzend verschiedener Lautäußerungen.

[Bearbeiten] Verbreitung

Während des Zuges ist die Graugans in ganz Europa anzutreffen. Sie brütet in Großbritannien, ganz Fennoskandinavien außer den weit von der Küste entfernten Gebieten sowie in ganz Kontinentaleuropa nordöstlich einer Linie von Dünkirchen bis Patras in Griechenland mit Schwerpunkt in den Niederlanden, Norddeutschland, der Südküste der Ostsee sowie in einem Gebiet zwischen Österreich, Ungarn und Tschechien. Große Populationen mit mehreren zehntausend Gänsen rasten regelmäßig im Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel auf den brachliegenden Wiesen.

[Bearbeiten] Lebensweise

Graugänse-Kolonie an der Lippe
Graugänse-Kolonie an der Lippe

Die Graugans ist ein Zugvogel, der für gewöhnlich im Winter nach Süden zieht. In den letzten Jahrzehnten ist eine Tendenz zu beobachten, dass Graugänse immer weiter im Norden überwintern, besonders in den Niederlanden oder überhaupt in den nicht zu weit nördlich gelegenen Brutgebieten und dadurch zu Standvögeln werden.

Begünstigt wird das durch eine intensivierte Landwirtschaft, die auch im Winter genügend Nahrung auf abgeernteten oder neu eingesäten Feldern bietet, dem geringeren Jagddruck als in Südeuropa sowie eventuell dem Klimawandel. Bis vor wenigen Jahrzehnten überwinterten noch fast alle Graugänse in den Marismas des Guadalquivirs und in Tunesien um den Ischkeul-See sowie in Westalgerien. Wenn sie auf ihrem Zug sind, bilden sie eine charakteristische V-Formation.

Die Wanderungsrouten der Graugans sind nicht genetisch fixiert, sondern werden in den verschiedenen Teilpopulationen tradiert. Neben dem Zug in die Überwinterungsquartiere gibt es einen so genannten Mauserzug der nicht-brütenden Tiere zu bestimmten Mauserplätzen. Seit den sechziger Jahren hat sich das Oostvaardersplassen zum wichtigsten Mauserplatz Europas entwickelt. Abgesehen von Paarungs- und Brutzeit leben Graugänse in großen Schwärmen. Graugänse verpaaren sich bereits im Herbst des zweiten Kalenderjahres, aber brüten selten vor Erreichen des vierten Kalenderjahres.

zwei Graugänse
zwei Graugänse

Für gewöhnlich zeigen sie eine große Partnertreue, verpaaren sich jedoch bei Verlust des Partners neu. Die Brut beginnt je nach Standort Mitte März bis Ende April. Zum Brüten bauen sie Nester, in die sie gewöhnlich 4 bis 9 Eier legen, die eine weiße oder gelbliche Schale haben. Nach etwa 27 bis 29 Tagen schlüpfen die Jungen, deren Aufzucht etwa 50 bis 60 Tage dauert. Die Schwingenmauser der Elterntiere liegt so, dass sie etwas später als die Jungtiere wieder flugfähig werden, was das langsame Erlernen schwieriger Flugmanöver der Jungtiere, die ihren Eltern folgen, erleichtert.

Meist bleiben die Jungtiere bis zur nächsten Brut mit den Elterntieren zusammen und sind auch später oft bei diesen anzutreffen. Graugänse vermögen sich hauptsächlich am Ruf individuell zu erkennen. Auf großen Rastplätzen herrscht oft die ganze Nacht ein reges Rufen und Treiben, das dem Wiederfinden von Familienmitgliedern dient.

Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz hat in seinem Buch "Hier bin ich – wo bist du?", wie er in seinem Vorwort anmerkt, "die vollständigste Bearbeitung der Ethologie eines höheren Tieres" verfasst, das heißt: alle bekannten Verhaltensweisen der Graugänse genau beschrieben.

Es kann unter männlichen Graugänsen auch zu homosexuellen Beziehungen kommen. Falls ein solches gleichgeschlechtliches Paar sich fortpflanzen will, wird ein Weibchen in die Partnerschaft miteinbezogen. Ein Männchen ist dabei allerdings dominanter als das andere, obwohl beide das Weibchen begatten. Während der Aufzucht der Jungen bleib das Trio zusammen. Danach trennt sich das Weibchen wieder von der Gruppe, während das männliche Paar zusammen bleibt.

[Bearbeiten] Ernährung

Graugänse mit Küken
Graugänse mit Küken
Graugans Portrait
Graugans Portrait

Graugänse leben von Pflanzen, sowohl Land- wie auch Wasserpflanzen, dabei hauptsächlich von kurzen Gräsern und Kräutern, sowie Stauden und Wurzeln, insbesondere auch Kartoffeln und Rüben. Für die Ernährung ist es wichtig, dass die Gebiete, in denen Graugänse Nahrung suchen, niedrig bewachsen sind, um so ihr Sicherheitsbedürfnis zu erfüllen, aber auch weil sie sich nur von kurzem Gras und Kräutern ernähren können. Dafür sind natürliche Weidesysteme mit großen Pflanzenfressern (Megaherbivoren) ideal.

[Bearbeiten] Bestandsentwicklung

Von einem Tiefpunkt Anfang der 1970er Jahre, als die europäische Gesamtpopulation etwa 20.000 Tiere umfasste, hat sich der Bestand über etwa 170.000 Tiere Mitte der achtziger Jahre auf heute (2003) wohl über 250.000 Tiere erhöht. Dabei kam es nicht nur zu einer dichteren Besiedelung traditioneller Brutgebiete, sondern auch zu einer deutlichen Ausweitung des Brutareals vor allem in Deutschland und in den Niederlanden.

[Bearbeiten] Literatur

  • Bergmann, Hans-Heiner, Helmut Kruckenberg & Volkhard Wille (2006): Wilde Gänse - Reisende zwischen Wildnis und Weideland, G. Braun Verlag, Karlsruhe
  • Madsen, J., G. Cracknell & Tony Fox (1999): Goose Populations of the Western Palearchtic, Wetlands International, Wageningen.
  • Konrad Lorenz: Das Jahr der Graugans. Piper: 1982 (Neuausgabe 2003: Serie Piper Bd.2637; Text- und Bildband)
  • Konrad Lorenz: Hier bin ich – wo bist du? Ethologie der Graugans. München/Zürich: Piper, 1988
  • Erich Rutschke: Wildgänse, Lebensweise – Schutz – Nutzung, Berlin: Parey, 1997
  • H. Kolbe, Die Entenvögel der Welt, 5. Aufl., Ulmer Eugen Verlag (1999) – ISBN 3800174421

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

commons:Hauptseite
Commons
Commons: Anser anser – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
  • Anser anser in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: BirdLife International, 2004. Version vom 11. Mai 2006
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