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Hermann Weyl

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Hermann Weyl
Hermann Weyl

Hermann Klaus Hugo Weyl (* 9. November 1885 in Elmshorn; † 8. Dezember 1955 in Zürich) war ein deutscher Mathematiker.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Weyl besuchte das Gymnasium Christianeum in Altona. Auf Empfehlung des Direktors, der ein Cousin Hilberts war und den die Begabung des Jungen beeindruckte, begann Weyl nach seinem Abitur 1904 in Göttingen bei David Hilbert Mathematik, und nebenbei auch Physik zu studieren. Er belegt auch Kurse in Philosophie bei Edmund Husserl, wobei er seine spätere Frau Helene kennenlernt. Bis auf ein Jahr 1905 in München studiert er in Göttingen, wo er 1908 bei David Hilbert promovierte, sich 1910 habilitierte und bis 1913 als Privatdozent lehrte.

1913 heiratete er Helene Joseph aus Ribnitz, die spätere Übersetzerin u.a. vieler Werke des spanischen Philosophen José Ortega y Gasset. Mit ihr hatte er zwei Söhne. Im gleichen Jahr erhielt er eine Professur an der Technischen Hochschule Zürich, wo er Albert Einstein kennenlernte, der zu jener Zeit (1916-1918) gerade seine Allgemeine Relativitätstheorie entwickelte, was Weyl zur intensiven Beschäftigung mit den mathematischen Grundlagen der ART und deren möglichen Erweiterungen insbesondere aber mit der Differentialgeometrie anregte. 1918 veröffentlichte er eines der ersten Lehrbücher der Allgemeinen Relativitätstheorie (neben Lehrbüchern von Max von Laue und Arthur Eddington), „Raum-Zeit-Materie“.

Einen Ruf nach Göttingen, die Nachfolge von Felix Klein anzutreten, schlug er zunächst aus. Erst 1930, nachdem Hilberts Lehrstuhl verwaist war, nahm er an. Doch bereits 1933 sah er sich außerstande, im von den Nazis beherrschten Deutschland zu lehren, zumal seine Frau Jüdin war. Durch Vermittlung von Albert Einstein nahm er eine Stellung am Institute for Advanced Study in Princeton an, wo er bis 1951 wirkte. In Princeton starb 1948 seine Frau Helene und er heiratete 1950 die Bildhauerin Ellen Bär aus Zürich, von der die Hermann-Weyl-Büste stammt, die in den Universitäten von Princeton, Zürich und Kiel zu seinem Gedenken steht. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er vorwiegend in Zürich. Im Jahre 1955 erhielt er die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt Elmshorn, kurz darauf verstarb er unerwartet in Zürich.

[Bearbeiten] Werk

Weyl hat sich mit vielen Gebieten der Mathematik beschäftigt und schrieb mehrere Bücher und über 200 Zeitschriftenartikel.

Er begann als Analytiker, entsprechend den Interessen der Hilbertschule am Anfang des 20.Jahrhunderts (Integralgleichungen, Spektraltheorie). Seine Habilitation 1910 war über singuläre Differentialgleichungen und ihre Entwicklung in Eigenfunktionen, die u.a. in der mathematischen Physik wichtig sind (später Spektraltheorie "selbst adjungierter Operatoren" genannt). 1915 (Rendicondi Circolo Mathematico di Palermo) bestimmte er die asymptotische Verteilung der Eigenwerte der Laplacegleichung und zeigte, das der erste Term proportional dem Volumen war, was die Physiker (Hendrik Antoon Lorentz) bei der Untersuchung der Hohlraumstrahlung, die die ersten Zusammenhänge zwischen Quantenmechanik und klassischer Theorie lieferte, schon vermutet hatten. Andere Parameter außer dem Volumen spielen also keine Rolle. Die allgemeine Frage, ob man aus dem Spektrum (den Eigenschwingungen) auf die geometrische Form eines Gebietes schließen kann, popularisierte Mark Kac in seinem Aufsatz "Can one hear the shape of a drum?" (American Mathematical Monthly 1966).

1913 veröffentlichte er das Buch "Die Idee der Riemannschen Fläche", in der die vorher eher heuristisch eingebrachten topologischen Methoden strenger behandelt wurden und auch das moderne Konzept der Mannigfaltigkeiten erstmals auftauchte.

Seit seinem Buch über Allgemeine Relativitätstheorie war Weyl auch an Verbindungen zur Physik stark interessiert. In "Raum, Zeit, Materie" selbst und in seinem Aufsatz "Gravitation und Elektrizität" von 1918 führt er auch erstmals das Konzept einer Eichtheorie ein, wenn auch nicht in der heutigen Form, sondern als lokal veränderlicher Skalenfaktor. Als die Elektrodynamik umfassende Erweiterung der Theorie wurde sie schnell von Einstein als den Experimenten widersprechend ad acta gelegt. Es tauchte jedoch Ende der 1920er Jahre in der Kaluza-Klein Theorie wieder auf. Das Buch "Raum, Zeit, Materie" entwickelt stellt auch systematisch den Ricci´schen Tensorkalkül dar und benutzt die Parallelübertragung (von Tullio Levi-Civita eingeführt) von Vektoren als fundamentalen Begriff.

Die Analyse von Riemanns und Helmholtz Ideen zu unter "vernünftigen" physikalischen Voraussetzungen möglichen Raumformen griff Weyl in seinen spanischen Vorlesungen "Die mathematische Analyse des Raumproblems" 1920 auf und führten ihn zu Anwendungen der Gruppentheorie, aus der sich wohl seine Beschäftigung mit kontinuierlichen Gruppen entwickelte (Liegruppen).

Seine wichtigste Arbeiten (Mathematische Zeitschrift Bd.23, 24, 1925/1926) sind vielleicht in der Theorie der Lie Gruppen, deren Darstellungstheorie er untersucht, wobei er auch globale ("Mannigfaltigkeit", Topologie) Konzepte zum Tragen brachte, statt den bis dahin überwiegenden lokalen ("infinitesimalen") Lie-Algebra Aspekten. Beispielsweise erklärte er erstmals die Spinoren aus der Topologie der Drehgruppe ("orthogonale Gruppe"). Außerdem schlägt er hier ein Verbindung zu den Methoden der von Frobenius und Issai Schur entwickelten Darstellungstheorie endlicher Matrixgruppen. Weyl gab eine allgemeine Formel ("Weyl Charakter Formel") für die Charaktere der irreduziblen Darstellungen halb-einfacher Liegruppen, indem er Elie Cartans und Wilhelm Killings Lie-Algebren mit Spiegelungsgruppen (Weyl-Gruppen) untersucht.

Ein weiteres wichtiges Resultat ist das Peter-Weyl Theorem (Mathematische Annalen 1927 mit seinem Studenten Peter). Sind Sinus und Kosinus orthogonale Funktionensysteme in Bezug auf die Translationsgruppe in einer Dimension, so gibt es auch solche für allgemeine kompakte Liegruppen G (bei denen ein invariantes (Haar-) Maß als Integral über die Gruppenelemente definiert werden kann). In diesem Funktionenraum (einem Hilbertraum) sind dann nach dem Peter-Weyl Theorem die Darstellungen der Gruppe G durch irreduzible Darstellungen der unitären Gruppe gegeben (unitär lässt sich in etwa mit "vermittelt nur eine Basistransformation in diesem Funktionenraum" übersetzen).

In "Gruppentheorie und Quantenmechanik" gab er 1928 (etwas vor den Büchern von van der Waerden und Eugene Wigner) eine Darstellung der gruppentheoretischen Aspekte (und auch allgemein der mathematischen Aspekte) der Quantenmechanik, speziell der Darstellungstheorie der unitären und orthogonalen Gruppen (die wiederum nach Issai Schur mit denen der "symmetrischen Gruppe" der Vertauschungen zusammenhängen). In dem Buch "The classical groups" von 1939 erweiterte er dies auf alle klassischen Gruppen und schuf auch die Verbindung zur klassischen Invariantentheorie, einem wichtigen Teil der Algebra des 19.Jahrhunderts.

Seit seinem Studium bei Hilbert (er erinnert sich an das Studium von dessen Zahlbericht in den Semesterferien als glücklichste Monate seines Lebens) war Weyl auch an Zahlentheorie interessiert. Beispielsweise veröffentlichte er in den Mathematischen Annalen 1916 einen Aufsatz über analytische Zahlentheorie "Gleichverteilung der Zahlen mod 1". Darin zeigte er, dass die "hinter dem Komma" Reste der Vielfachen einer irrationalen Zahl nicht nur im Intervall [0,1] dicht liegen, wie Kronecker bewies, sondern gleichverteilt sind. Sie lassen sich also gut als "Zufallszahlen" verwenden.

Seine philosophischen Interessen, die sich schon in Büchern wie "Raum, Zeit, Materie" zeigten, ließen ihn in den 1920er Jahren auf Seiten der " Intuitionisten" auf Seiten Brouwers gegen die "Formalisten" der Hilbert-Schule Partei ergreifen. Die reinen "Intuitionisten" erkennen nur konstruktive Schlussweisen in endlich vielen Schritten an (und keine solchen Objekte, deren Existenz unter Verwendung des "Auswahlaxiom"s bewiesen wird), die also mit einem Computer ausführbar wären. In späteren Jahren ist Weyl aber zu einer ausgewogeneren Sichtweise der Mathematik zwischen konstruktiven und axiomatischen Methoden gelangt. Seine ältere Auffassung aus den unruhigen Jahren nach dem 1.Weltkrieg ist z.B. in "Über die neue Grundlagenkrise der Mathematik" (Math.Zeitschrift 1921) dargestellt, seine reifere Philosophie in dem Buch "Philosophie der Mathematik und der Naturwissenschaften".

In dem Buch "Symmetrie" gibt er eine populäre Darstellung des Gruppenkonzepts, von Schneekristallen, Ornamenten (Gruppen aus ebenen Translationen und Spiegelungen/Drehungen) bis zur Symmetrie von Gleichungen unter Vertauschung der Wurzeln (Galoistheorie).

In (fast) all seinen Büchern erweist sich Weyl als Meister der Sprache, so dass sie auch stilistisch mit Genuss zu lesen sind.

[Bearbeiten] Preise und Ehrungen

  • Lobatschewski-Preis für Geometrie der Universität Kasan in der UdSSR, 1925
  • Arnold-Reymond-Preis, Mai 1954
  • Ehrendoktor der Eidgenössischen Technischen Hochschule 1945 und der Universitäten Oslo 1929, Pennsylvania 1940, Sorbonne (Paris) 1952, Columbia-Universität New York 1954 und der Technischen Hochschule Stuttgart 1929
  • Ehrenbürger der Stadt Elmshorn 17. November 1955

[Bearbeiten] Werke

  • Gesammelte Abhandlungen, 4 Bde., Hrsg. K.Chandrasekharan, Springer Verlag 1968
  • Selecta Hermann Weyl, Birkhäuser Verlag (ausgewählte Aufsätze) 1956
  • Die Idee der Riemannschen Fläche, Teubner 1997 (zuerst 1913, in Neuauflage Beiträge von Patterson, Hulek, Hildebrandt, Remmert, Schneider)
  • Raum, Zeit, Materie, 8.Auflage, Springer 1993 (zuerst 1918, 5.Auflage 1922)
  • "Gravitation und Elektrizität", Sitzungsberichte Preuss.Akademie der Wiss., 1918 (wieder abgedruckt in Lorentz, Einstein, Minkowski "Das Relativitätsprinzip").
  • Gruppentheorie und Quantenmechanik, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1977 (Nachdruck der 2.Auflage 1931, zuerst Leipzig, Hirzel 1928)
  • The classical groups- their invariants and representations, Princeton University Press 1939, 1946, 1961
  • Philosophie der Mathematik und der Naturwissenschaften, 6.Auflage, Oldenbourg Verlag 1990 (zuerst 1949)
  • Symmetrie, Birkhäuser 1955, 1981 (zuerst 1952, Princeton)
  • Algebraische Zahlentheorie, BI Hochschultaschenbuch 1966
  • Riemanns geometrische Ideen, ihre Auswirkung und ihre Verknüpfung mit der Gruppentheorie, Springer 1988

[Bearbeiten] Literatur

  • K.Chandrasekharan ed. Weyl centennary symposium, 1885-1985, Springer 1986 (darin: C.N.Yang "Weyls contribution to physics", Roger Penrose "Weyl, spacetime and conformal geometry", Armand Borel "Weyl and Lie groups", Memorabilia, Publikationsliste)
  • Andre Weil, Claude Chevalley: Hermann Weyl, L Enseignement mathematique, 1957, S.157
  • Claus Müller Hermann Weyl zum 100.Geburtstag, Jahresbericht des Deutschen Mathematikervereins (DMV) 1986
  • Jean Dieudonne Artikel Weyl in Dictionary of scientific biography
  • John Archibald Wheeler Hermann Weyl and the unity of knowledge, American Scientist Juli 1986
  • Slodowy The early development of the representation theory of semisimple Lie groups - Hurwitz, Schur, Weyl, Jahresbericht DMV 1999
  • G.Frei, U.Stammbach Hermann Weyl und die Mathematik an der ETH Zürich 1913-1930, Birkhäuser, Basel 1991
  • Wells ed. The mathematical heritage of Hermann Weyl- proceedings of a symposium at Duke University 1987, American Mathematical Society 1988
  • David Rowe Hermann Weyl, the Reluctant Revolutionary, Mathematical Intelligencer, Bd. 25, 2003, Nr.1, S.61-70.
  • Nils Röller: Medientheorie im epistemischen Übergang – Hermann Weyls Philosophie der Mathematik und Naturwissenschaft und Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Weimar Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften 2002. ISBN 3-89739-275-5


[Bearbeiten] Weblinks

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