Léo Maillet
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Léo Maillet (* 29. März 1902 in Frankfurt am Main; † 8. März 1990 in Bellinzona; eigentlich Leopold Mayer, auch Théophile Maillet) war ein deutsch-schweizerischer Maler und Radierer, der überwiegend im Exil arbeitete. Von 1950 bis 1952 war er Mitherausgeber (mit Adolf Hürlimann) der schweizerischen Kunstzeitschrift Matière. Er nahm 1968 das Schweizer Bürgerrecht von Molinazzo di Monteggio an. Er gilt als bedeutender Beckmann-Schüler.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
Seine Mutter Elisabetha (Betti), geb. Nathan, stammte einer alten Gau-Algesheimer Familie. Sie wurde im Rahmen der Deportationen in die Frankfurter Quintusgasse eingewiesen und mit weiteren 922 Juden in Viehwaggons zur Erschießung ins Baltikum abtransportiert. Sein Vater Eduard war im Jahre 1932 gestorben. Leopold Mayer beendete 1915 seine Schulzeit auf dem Philantropin, einer bedeutenten jüdischen Schulen in Frankfurt und erhielt danach Malunterricht von dem Aquarellisten Fay aus Wien. Er begann 1918 eine Bank- und Kaufmannslehre in einem Frankfurter Modehaus, Sigmund Strauß (Spitzenstrauß). Im gleichen Gebäude wurden durch eine Galerie, Kunstsalon Schames, Ausstellungen zeitgenössischer Maler wie Paul Klee, Emil Nolde, Heinrich Campendonc u. a. veranstaltet. Ab 1920 arbeitete er im väterlichen Hutmodegeschäft. 1923 begann er eine Ausbildung an der Städelschule in Frankfurt in der Graphikklasse von Professor Franz Karl Delavilla[1] mit dem Ziel, Modezeichner zu werden. Während dieser Zeit schuf er etwa 30 Radierungen. Von Reisen in die Schweiz erschienen Kunstreiseberichte von ihm mit mit eigenen Illustrationen in verschiedenen Zeitungen. Max Beckmann nahm ihn 1930 in seine Meisterklasse auf. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Beckmannschule aufgelöst, auch alle seine Werke wurden dabei vernichtet. 1934 musste er auch sein Atelier in der Krögerstraße in Frankfurt aufgeben. Über Stationen in Luxemburg und Vanves kam er nach Paris. Dort arbeitete in der selben Werkstatt wie Picasso und Miró und radierte u. a. für Othon de Frieß.
1938 heiratete er die Modezeichnerin Margarete Hoeß, die mit ihm nach Frankreich emigriert war. Diese Ehe wurde 1945 in der Schweiz geschieden. Zur Internierung kam Mayer in ein Lager nach Villerbon/Dordogne in Mittelfrankreich. Über eine freiwillige Meldung zum Dienst in den Prestatärtruppen kam er in eine englische Arbeitskompanie nach St. Nazaire.
Nachdem seine Frau 1940 zunächst in das französiche Internierungs-Lager Gurs kam, erhielten beide die Erlaubnis, sich in St. Remy de Provence niederzulassen. 1942 verhaftete ihn die Vichy-Gendarmerie und lieferte ihn an die Deutschen aus. Bei der Deportation von Rivesaltes konnte er fliehen. Er verlor dabei sein linkes Auge. Er nahm den Namen Théophile Maillet an und signierte seine Bilder mit Th.M. 1944 gelang Mayer/Maillet die Flucht in die Schweiz. Dort wurde er in Montreux bzw. Tschiertschen in Graubünden interniert. Nach Kriegsende konnte er in Basel bzw. Lausanne vier Jahre Bühnenbildnerei und Typographie u. a. bei Professor Ernst Ruder studieren. 1945 wandte er sich bei seinen Drucken Kafkathemen zu. In Zürich gab er von 1950 bis 1952 mit Adolf Hürlimann die vierteljährlich erscheinende Kunstzeitschrift Matière heraus.
1956 heiratete er ein zweites Mal, Regina Lippl, deren Vater Intendant des Münchner Residenztheaters war. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor (Nikolaus und Daniel).
Zwei Wiedergutmachungsprozesse in Frankreich und in der Bundesrepublik endeten nach mehreren Jahren erfolgreich.
[Bearbeiten] Werk
Zeichnungen, Aquarelle.
Nach 1923 erlernte er die Technik des Holzschnitts, der Radierung, des Kupferstiches und der Aquatinta. Max Beckmann-Schüler, Meisterklasse.
Von 1936 bis 1939 nahm er an mehreren Kunstausstellungen in Paris teil.
1943 räumte die Gestapo sein Atelier in Paris und zerstörte fast sein gesamtes Werk mit den Arbeiten seit etwa 1926. Durch Zufall wurde eine Mappe mit 30 Radierungen gerettet. Hunderte bearbeitete Kupferplatten mit teilweise gedruckter Auflage gingen neben vielen Holzstöcken, Lithographien und vor allem Zeichnungen dabei verloren. Der Gutachter für den Schadensersatzprozess, Professor Möhle, Direktor des Kupferstichkabinetts in Berlin stellte in einer positiven Expertise u. a. fest: sehr selbständig und persönlich! Auf ausdrückliches Befragen Maillets, ob er beckmännisch sei, meinte Möhle: "Sie sind zwar unbekannt und haben alles verloren, aber Sie gehören zu den fünf größten Malern und Radierern dieser Epoche, wie Beckmann, Dix, Dr. Grosz, Hofer in den Jahren 1925 bis 1933."
Gabriele Mendelssohn, anlässlich der Maillet-Ausstellung im November 1994 in Gau-Algesheim: "Die Bedrohung seiner Existenz hat in seinen Bildern Niederschlag gefunden: Die Gemälde lassen sich stilistisch dem Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit und zum Teil dem Surrealismus zuordnen. Die Entwicklung wurde, wie die vieler seiner gleichaltrigen Kollegen, zu einem Zeitpunkt abrupt unterbrochen, als er gerade dabei war als junger Mann seinen Weg zu finden. In seiner Emigration ging mehr und mehr die Verbindung zur aktuellen Kunstszene verloren. Nach dem Krieg hat er kaum Kontakte zu den Berufskollegen gesucht. Er ist ein Künstler einer verschollenen Generation. Die von 1890 bis 1910 geborenen Künstler waren mit Beginn der Nazizeit noch zu unbekannt und unbedeutend, als daß sie ihre Werke in namhaften Sammlungen hätten etablieren können. Diese treten jetzt immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit."
[Bearbeiten] Film
- Peter Nestler, 2000: Flucht 2000 (TV)
[Bearbeiten] Literatur
- Friedrich Hagen: Leo Maillet Radierer und Maler., Paris/V. 68 S., 1966.
[Bearbeiten] Weblinks
- Erich Hinkel: Biografie Leo Maillet (1994; mit Bildbeispielen von der Ausstellung in Gau-Algesheim)
Personendaten |
---|