Lateinisches Alphabet
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Das lateinische Alphabet wurde von der lateinischen Sprache auf viele romanische, germanische, slawische, finno-ugrische und weitere Sprachen übertragen und ist das am weitesten verbreitete Alphabet der Welt.
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[Bearbeiten] Geschichte
Das lateinische Alphabet wurde, über Vermittlung der Etrusker, aus dem westgriechischen Alphabet entlehnt. Das archaische lateinische Alphabet bestand aus 21 Buchstaben: A B C D E F Z H I K L M N O P Q R S T V X.
Das Zeichen für den griechischen Laut /dz/ wurde an siebter Stelle des Alphabets tradiert, obwohl es dafür lautlich keine Verwendung gab. Die Abschaffung dieses Zeichens soll auf Spurius Carvilius Ruga zurückgehen, einen freigelassenen Sklaven, der die erste Schule mit zahlungspflichtigem Unterricht eröffnete.
C wurde für den stimmlosen (/k/) und den stimmhaften (/g/) Velar verwendet. Das zeigen noch die Abkürzungen C. für Gaius und Cn. für Gnaeus und inschriftliche Formen wie CRATIA. Ruga soll es gewesen sein, der durch Hinzusetzen eines diakritischen Striches zum C den Unterschied von C = /k/ und G = /g/ einführte, ohne dass beide Schreibformen aber schon als verschiedene Buchstaben benannt und gezählt worden wären. Im Ergebnis bestand das klassische lateinische Alphabet aus (ohne G) 20 Buchstaben: A B C D E F (G) H I K L M N O P Q R S T V X.
Weitere Veränderungen ergaben sich, nachdem das griechische Mutterland 146 v. Chr. unterworfen und dem Staatsgebiet des Römischen Reiches eingegliedert worden war und verstärkter Bedarf entstand, griechische Namen und Fremdwörter in lateinischer Schrift wiederzugeben. Das griechische Ypsilon, das die Römer nach etruskischem Vorbild für U/V und für griechisch Y verwendeten, wurde aus dem griechischen Alphabet noch einmal entlehnt und für Y reserviert. Desgleichen wurde noch einmal Z für /dz/ entlehnt und diesmal an das Ende des Alphabets gestellt: ζώνη zona (Gürtel, Zone), κύκλος cyclus (Kreis, Zyklus).
In der spätantiken Grammatik konsolidierte sich die Zählung und Unterscheidung der lateinischen Buchstaben dann auf 23: A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z. Das lateinische Mittelalter legte auf diese Zahl auch darum besonderen Wert, weil sie zwischen den Buchstabenzahlen des hebräischen (22) und des griechischen (24) Alphabets liegt und das lateinische Christentum sich dadurch in seiner Stellung als Erbe beider Kulturen bestätigt sah.
Die Römer und das Mittelalter verwendeten die Buchstaben I und V sowohl als Vokal ([i] bzw. [u]), wie auch als Halbvokal bzw. Konsonant ([j] bzw. [w], Lautwert etwa wie das W in engl. water). Erst in der Folge humanistischer Reformprojekte der Renaissance – durch Alberti und Trissino in Italien sowie Tory und Meigret in Frankreich – wurde dies auch in der Schrift durch die Buchstaben J und U unterschieden. Ebenfalls nachmittelalterlich in der Bewertung als eigener Buchstabe ist der aus einer Ligatur von zwei V entstandene Buchstabe W (daher sein englischer Name „double u“).
Damit war dasjenige Alphabet, das man heute unter dem Begriff lateinisches Alphabet versteht, komplett. Es besteht aus folgenden 26 Buchstaben:
- A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z.
- a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, w, x, y, z.
Im Deutschen Alphabet kommen noch die Buchstaben Ä ä, Ö ö und Ü ü sowie – außer in der Schweiz und Liechtenstein – der Kleinbuchstabe ß hinzu.
Eine Umschrift anderer Alphabete in das lateinische Alphabet nennt man Romanisierung.
Die Römer kannten nur Großbuchstaben (Majuskel). Erst in der Spätantike und im Frühmittelalter entstanden die Kleinbuchstaben (Minuskel, Gemeine). Zur Geschichte der lateinischen Schrift vergleiche den Artikel „Lateinische Paläografie“.
[Bearbeiten] Diakriten, Ligaturen, Variationen
In zahlreichen Sprachen wurde das lateinische Alphabet um diakritische Zeichen ergänzt (z.B. å, é, ï, ò, û), um weitere sprachspezifische Laute darstellen zu können. Extrem ist das im Vietnamesischen ausgeprägt, welches wie das Türkische erst spät ein lateinisches Alphabet erhielt.
Daneben wurden Buchstabenkombinationen entwickelt (wie ch, sch, th, ng, sz), aus denen im Laufe der Zeit auch Ligaturen werden konnten, die später dann oft zu selbständigen Buchstaben wurden (wie W aus VV im Spätlateinischen, Englischen, Deutschen und Polnischen, æ aus a und e im Dänischen, Norwegischen und Isländischen oder ß aus langem s (ſ) und rundem s (s) bzw. im Deutschen aus ſ und z).
Außerdem entstanden neue Buchstaben, indem Buchstaben in ihrer Form differenziert wurden. Aus ursprünglichen Varianten (Allografen) eines Buchstabens wurden eigenständige Buchstaben (im klassischen Latein schon G in Unterscheidung zu C, im späteren Latein j neben i und u neben v).
Darüber hinaus wurde das lateinische Alphabet auch durch Buchstaben aus anderen Alphabeten ergänzt (zu Zeiten des klassischen Lateins gelangten so Y und Z aus dem Griechischen ans Ende des lateinischen Alphabets, im Isländischen wurden die Buchstaben Ð (Eth) und Þ (Thorn) aus dem Runenalphabet übernommen).
Siehe auch: Liste lateinisch-basierter Alphabete, Beghilos, Lateinische Paläografie.
[Bearbeiten] Aussprache
Die Aussprache der einzelnen Buchstaben hat sich schon innerhalb des römischen Reiches gewandelt (Lautwandel) und unterscheidet sich auch heute mehr oder weniger von einer Sprache zur anderen. Auch das internationale phonetische Alphabet (IPA) basiert zum Großteil auf dem lateinischen Alphabet (wobei eine Variante des lateinischen Alphabets, das pannigerianische Alphabet, wiederum Zeichen aus dem IPA übernommen hat).
[Bearbeiten] Eigenschaften lateinischer Buchstaben
Die Buchstaben des lateinischen Alphabets lassen sich hinsichtlich ihrer graphischen Umsetzung sowie unter weiterführenden Zusammenhängen einordnen (Bezug auf standardgemäße Druckschrift).
Eigenschaft | Großbuchstaben | Kleinbuchstaben |
---|---|---|
Gleiche Groß- und Kleinschreibung | C, O, P, S, U, V, W, X, Z | c, o, p, s, u, v, w, x, z |
Bögen und Geraden | B, D, G, J, P, Q, R, U | a, b, d, e, f, g, h, j, m, n, p, q, r, t, u, y |
Keine Bögen | A, E, F, H, I, K, L, M, N, T, V, W, X, Y, Z | i, k, l, v, w, x, z |
Keine Geraden | C, O, S | c, o, s |
Mit umschlossenen Flächen | A, B, D, O, P, Q, R | a, b, d, e, g, o, p, q |
Keine umschlossenen Flächen | C, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, S, T, U, V, W, X, Y, Z | c, f, h, i, j, k, l, m, n, r, s, t, u, v, w, x, y, z |
Horizontale und vertikale Symmetrie | H, I, O, X | l, o, x |
Nur horizontale Symmetrie | B, C, D, E, K | c |
Nur vertikale Symmetrie | A, M, T, U, V, W, Y | i, v, w |
Drehsymmetrie (Ambigramm) | H, I, N, O, S, X, Z | l, o, s, x, z |
Römische Zahlen | C, D, I, L, M, V, X | |
Ausschließlich Punkte im Morse-Alphabet | E, H, I, S | e, h, i, s |
Ausschließlich Striche im Morse-Alphabet | M, O, T | m, o, t |
[Bearbeiten] Literatur
- Carl Faulmann: Das Buch der Schrift, enthaltend die Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und aller Völker des Erdkreises, 1878, aktuell in Nachdrucken erhältlich
- Harald Haarmann: Geschichte der Schrift. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47998-7
- Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift. Campus Verlag, Frankfurt/Main; New York 1990, ISBN 3-593-34346-0
- Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. 1987(Reprint), ISBN 3326002327
[Bearbeiten] Weblinks
Unicode Code Charts (PDF):