Melancholie
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Melancholie bezeichnet einen seelischen Zustand der Schwermut oder Traurigkeit, der in der Regel auf keinen bestimmten Auslöser oder Anlaß zurückgeht. In Bezug auf eine psychische Disposition oder ein Krankheitsbild ist der Begriff Melancholie im 20. Jahrhundert weitgehend durch den Begriff der Depression ersetzt worden. Im Begriff der Melancholie schwingt aber eine Bandbreite von Bedeutungen mit, die über die Jahrhunderte in Philosophie, Medizin, Psychologie, Theologie und Kunst artikuliert worden sind.
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[Bearbeiten] Melancholie in der Medizin
Die historische Entwicklung der Melancholie hat ihren Ausgangspunkt in der antiken Humoralpathologie (oder Viersäftelehre), die dem griechischen Arzt Hippokrates von Kós (um 400 v.Chr.) zugeschrieben wird. Er erklärte die melancholia (griechisch: μελαγχολια) als einen Überschuss an schwarzer, verbrannter Galle, der sich ins Blut ergießt (μελας, melas, "schwarz", + χολη, cholé, "Galle").
Galen (2. Jahrhundert n.Chr.), der das medizinische Wissen seiner Zeit zusammenfasste und den Vorstellungen der Hippokratiker folgte, sah den Ursprung der Melancholie ebenfalls in einem Überschuss an schwarzer Galle, einer der vier Körpersäfte oder humores, die in der Milz und den Hoden produziert werde. Sie bestimme in der Temperamentenlehre den Charakter der Melancholiker und korrespondiere mit dem Element Erde, dem Herbst, dem Erwachsenenalter, dem Nachmittag und in der mittelalterlichen Auffassung mit den Sternbildern Waage, Skorpion, Schütze.
Die Melancholie wird in der damaligen Literatur durchweg negativ gesehen. Nur ein Fragment mit dem Titel "XXX,1", zeitweise dem Aristoteles zugeordnet, vermutlich aber von Theophrast verfasst, äußerte sich als einziges antikes Zeugnis auch positiv über die Melancholie, wo diese zur Voraussetzung für den "göttlichen Wahnsinn" (mania) wird. Warum sind alle hervorragenden Männer, ob Philosophen, Staatsmänner, Dichter oder Künstler, offenbar Melancholiker gewesen? Dieser Gedanke sollte später die Genieästhetik des 18. und 19. Jahrhunderts stark beeinflussen.
In der Renaissance wurde vor allem durch die Schriften von Ficino und Agrippa die Auffassung populär, die Melancholiker stünden unter dem Einfluss des Planeten Saturn.
Mit der Entdeckung des Blutkreislaufs 1628 durch den englischen Forscher William Harvey entsprach diese Theorie zum körperlichen Ursprung der Melancholie nicht mehr dem wissenschaftlichen Stand der Zeit. Der Begriff und seine Assoziationen übten aber, genau wie die Viersäftelehre, weiterhin Einfluss auf die verschiedensten Wissensgebiete aus.
[Bearbeiten] Melancholie in der Psychologie
In seinem Aufsatz Trauer und Melancholie von 1917 grenzt Sigmund Freud die Melancholie von der Trauer ab: Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Herabsetzung des Selbstgefühls nicht durch die positive Trauerarbeit behoben wird. Die Melancholie ist seelisch ausgezeichnet durch eine tief schmerzliche Verstimmung, eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt, durch den Verlust der Liebesfähigkeit, durch die Hemmung jeder Leistung und die Herabsetzung des Selbstgefühls, die sich in Selbstvorwürfen und Selbstbeschimpfungen äußert und bis zur wahnhaften Erwartung der Strafe steigert. Diese selbstzerstörerischen Aspekte sieht Freud als Ursache für die Suizidgefährdung der Melancholiker.
In der heutigen Diskussion ist der Begriff der Melancholie fast völlig durch den der Depression ersetzt worden. Dabei ist es die endogen psychotische Depression, die der Melancholie am nähesten kommt.
[Bearbeiten] Melancholie in der Religion
Im Mittelalter wurde die Melancholie als Mönchskrankheit bekannt. Sie wird auf Lateinisch als Acedia bezeichnet und ist ein häufiges Thema in der theologischen Literatur, zum Beispiel bei Thomas von Aquin in der Summa Theologica (besonders Frage 35). Die früheste Beschreibung des Acedia-Phänomens stammt vermutlich von Evagrius Ponticus, der als frühchristlicher Anachoret in Ägyten lebte. Beschrieben wird unter anderem die Heimsuchung durch den Dämon des Mittags.Johannes Cassian übernimmt Evagrius' Ansätze und gibt diese an Thomas von Aquin weiter. Sie galt gleichzeitig als eine der sieben Todsünden. Im Protestantismus des 16. Jahrhunderts erfuhr die Melancholie dann eine gewisse Umdeutung: Sie galt nicht mehr in erster Linie als zu vermeidende Sünde, sondern als eine Versuchung des Teufels, die der Gläubige wie eine Prüfung bestehen müsse. Gerade das zeitweise Versinken in Verzweiflungszuständen erschien vor diesem Hintergrund als eine Bestätigung der Ernsthaftigkeit des eigenen Glaubens. Auf der anderen Seite erkannte man auch die zerstörerische Kraft der Melancholie und empfahl als Therapie geistliche Mittel wie Gebete oder geistliche Lieder und weltliche Zerstreuung durch Musik (nach dem biblischen Vorbild von David und Saul) und heitere Gesellschaft. Dabei spielte auch die persönliche Erfahrung Luthers, der häufig von Schwermut überfallen wurde, eine stilbildende Rolle. Luther und seine Nachfolger aus der protestantischen Orthodoxie des 16. Jahrhunderts haben sich in zahlreichen Trostschriften mit der Melancholie auseinandergesetzt. In der ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einsetzenden Propaganda der Gegenreformation wurde die Melancholie deswegen häufig als typische Krankheit der Protestanten bezeichnet.
[Bearbeiten] Melancholie in der Literatur
Die Melancholie ist ein großes Thema der Weltliteratur. Sie durchzieht die gesamte Literaturgeschichte. Zu den Melancholikern zählen literarische Größen wie Walter von der Vogelweide (Melancholiepose - Ich saß auf einem Steine), Michelangelo Buonarotti, Jean-Jacques Rousseau und Friedrich Nietzsche. Unter den Dichtern der Romantik ist Nikolaus Lenau einer der reinsten Melancholiker. Poesie und Musik gelten als Therapieformen der Melancholie, spätestens seit Marsilio Ficino.
[Bearbeiten] Melancholie in der Lyrik
- John Keats: Ode on Melancholy - Text bei Wikisource, engl.
- Christian Morgenstern: Melancholie. 1906
- Nikolaus Lenau: An die Melancholie.
[Bearbeiten] Melancholie in der Bildenden Kunst
Die Darstellung der Melancholie und des Melancholischen projiziert oftmals die innere Schwermut in die Außenwelt. Dies kann die Verortung des Selbst in einer Landschaft sein, in einem Zimmer, in einem allegorischen oder symbolischen Raum. Im 16. Jahrhundert prägt Dürers rätselhafter Holzschnitt Melencolia I das allegorische Inventar der Melancholie-Darstellung für viele folgende Epochen.
Neben dem melancholischen Einklang der Seele mit einer Landschaft, insbesondere in der Romantik, finden sich viele weite Räume und Landschaften, oft auch eine merkwürdig ziellose oder verschobene Perspektive, ob bei Lucas Cranach dem Älteren, Edvard Munch oder Giorgio de Chirico.
- Albrecht Dürer: Melencolia I (Kupferstich, 1514)
- Lucas Cranach der Ältere: Melancholie (1532) - ein rätselhaftes Bild, das teilweise als Kommentar zu Dürers Holzschnitt interpretiert wird
- Domenico Fetti: Die Melancholie (ca. 1618-1623)
- J.H.W.Tischbein: Der lange Schatten (1805)
- Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer (1809/10), Mondaufgang am Meer (1819), Einsamer Baum (1822)
- Arnold Böcklin: Die Toteninsel (1883)
- van Gogh: Porträt des Dr. Gachet (1890) - vorwiegend in dunklen Blautönen gehaltenes, sehr melancholisch wirkendes Porträt seines Arztes Dr. Paul-Ferdinand Gachet, das Vincent van Gogh nur wenige Wochen vor seinem Suizid malte. ([1]).
- Giorgio de Chirico: Einsamkeit (Melanconia) (1912), Die Melancholie eines schönen Tages (1913), Melancholie eines Politikers, Gare Montparnasse (Melancholie der Abreise) (1914), Hermetische Melancholie (1918/1919)
- Edward Hopper: z.B. Eine Frau in der Sonne (1961)
[Bearbeiten] Literatur
- Marsilio Ficino: De vita libri tres. 1489 (auch unter dem Titel De triplici vita; insbesondere Kapitel IV: Quot sint causae quibus litterati melancholici sint vel fiant)
- E-Text (lateinisch)
- Zitat bei Wikiquote
- Robert Burton: The Anatomy of Melancholy. (Die Anatomie der Schwermut) 1621.
- Deutsche Neuübersetzung mit einem Essay von Ulrich Horstmann. Eichborn, Frankfurt am Main 2003. ISBN 3821845295
- Englischer Volltext (Project Gutenberg Edition)
- Henning Mehnert: Melancholie und Inspiration: begriffs- und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchungen zur poetischen "Psychologie" Baudelaires, Flauberts und Mallarmés; mit einer Studie über Rabelais. Winter, Heidelberg 1978. ISBN 3-533-02611-6
- Ludwig Völker: Muse Melancholie - Therapeutikum Poesie. Fink, München 1978. ISBN 3-7705-1309-6.
- Ludwig Völker: "Komm heilige Melancholie" - Eine Anthologie deutscher Melancholie- Gedichte. Reclam, Stuttgart 1983. ISBN 3-15-007984-5.
- Raymond Klibansky, Erwin Panofsky und Fritz Saxl: Saturn und Melancholie - Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der Kunst. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1990. ISBN 3518286102.
- Jean Starobinski: Die Melancholie im Spiegel. Baudelaire-Lektüren. Hanser Verlag, München 1992. ISBN 3446159835.
- Johann Anselm Steiger: Melancholie, Diätetik und Trost. Konzepte der Melancholie-Therapie im 16. und 17.Jahrhundert. Manutius Verlag, Heidelberg 2001. ISBN 392567862X.
- Julia Kristewa: Schwarze Sonne. Depression und Melancholie. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1998. ISBN 3-518-11594-4.
- Rene Derveaux: Melancholie im Kontext der Postmoderne. wvb, Berlin 2002. ISBN 3932089987.
- Melancholie. Genie und Wahnsinn in der Kunst. Katalog der Ausstellung in Paris und Berlin 2005/2006. ISBN 3775716475.
- Neue Nationalgalerie, Berlin
- Mélancolie, au Grand Palais Paris (vorwiegend frz.)
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