Michail Afanasjewitsch Bulgakow
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Michail Afanasjewitsch Bulgakow (russisch Михаил Афанасьевич Булгаков, wiss. Transliteration Michail Afanas'evič Bulgakov; * 3. Mai/15. Mai 1891 in Kiew, Ukraine; † 10. März 1940 in Moskau) war ein russischer Schriftsteller, der in der Ukraine geboren wurde, ab 1921 aber in Moskau lebte. Er gilt als einer der großen Satiriker der russischen Literatur.
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[Bearbeiten] Leben
Michail Bulgakow kommt als Sohn von Afanas Iwanowitsch Bulgakow, einem Dozenten an der Kiewer Geistlichen Akademie, und dessen Frau Warwara Michajlowna (geborene Pokrowska) zur Welt. Nach dem Abitur am Kiewer Ersten Gymnasium 1909 schreibt er sich an der Medizinischen Fakultät der Kiewer Universität ein. 1916 erhält er das Diplom eines Arztes und tritt eine Stelle auf dem Land im Gebiet Smolensk an bevor er in dem Ort Wjasma praktiziert.1915 heiratet er seine erste Frau Tatjana Nikolajewna Lappa.
Zur Zeit des Russischen Bürgerkrieges wird Bulgakow im Februar 1919 als Arzt in die Ukrainische Republikanische Armee einberufen. Er desertiert nach kurzer Zeit und schafft es in selbiger Funktion in der Roten Armee unterzukommen. Schließlich landet Bulgakow bei den südrussischen Weißen Garden. Eine gewisse Zeit verbringt er bei den Kosaken in Tschetschenien, später verschlägt es ihn nach Wladikawkas. Ende Oktober 1921 zieht Bulgakow nach Moskau und beginnt für eine Reihe von Zeitungen (Sirene, Arbeiter) sowie Zeitschriften (Der Medizinische Arbeiter, Russland‚ Wiedergeburt) zu arbeiten. In dieser Zeit publiziert er vereinzelte Prosastücke in der in Berlin erscheinenden Exilantenzeitung Am Vortag. Zwischen 1922 und 1926 druckt die Sirene mehr als 120 seiner Reportagen, Essays und Kolumnen. 1923 tritt Bulgakow dem Allrussischen Schriftstellerverband bei.
1924 trifft er Ljubow Jewgenjewna Beloserskaja, die er im Jahr darauf heiratet. 1928 bereist das Paar den Kaukasus und besucht die Städte Tiflis, Batumi, Wladikawkas und Gudermes. In Moskau findet im selben Jahr die Premiere von Багровый остров (Blutrote Insel) statt. Der Autor entwickelt in dieser Zeit die ersten Ideen zu Der Meister und Margarita und beginnt die Arbeit an einem Stück über Molière mit dem Titel Кабала святош (Sklaverei der Frömmler). 1929 begegnet er Jelena Sergejewna Schilowskaja, die 1932 seine dritte Frau wird.
Ab 1930 werden die Werke Bulgakows nicht mehr veröffentlicht, seine Stücke (darunter: Бег, Зойкина квартира, Багровый остров, und das Spektakel Дни Турбиных) verschwinden von den Spielplänen der Theater. In Briefen an seinen in Paris lebenden Bruder Nikolai beklagt sich Bulgakow über die für ihn undankbare Situation und seine beschwerliche materielle Lage. Zur selben Zeit wendet er sich auch an die politische Führung der UdSSR mit der Bitte, ihm entweder die Emigration oder eine Arbeit als Regie-Assistent am МХАТ (Московский художественный театр им. Чехова) zu verschaffen. Iosif Wissarionowitsch Stalin persönlich ruft Bulgakow an und verspricht Hilfe. Der Autor arbeitet 1930 zunächst im Zentraltheater der werktätigen Jugend TRAM, dann bis 1936 im MXAT in der Funktion eines Regie-Assistenten. 1932 ist er an der Inszenierung von Gogols Tote Geister beteiligt. Ab 1936 findet er sich im Bolschoi-Theater als Librettist und Übersetzer wieder.
1936 findet die Premiere von Molière statt. 1937 arbeitet er an Libretti für Минин и Пожарский und Пётр I.
Im Jahr 1939 arbeitet Bulgakow an dem Libretto Рашель und an einem Stück über Stalin (Batum). Entgegen der Erwartung des Autors werden Veröffentlichung und Aufführung verboten. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide. Die Ärzte diagnostizieren Nephrosklerose. Er beginnt, seiner Frau Jelena Sergejewna die letzten Varianten seines Romans Der Meister und Margarita in den Block zu diktieren. Ab Februar 1940 halten Freunde und Verwandte Wache am Krankenbett. Am 10. März stirbt Bulgakow. Einen Tag darauf hält der Sowjetische Schriftstellerverband eine zivile Totenmesse ab. Zuvor formt der Bildhauer S. D. Merkurow vom Antlitz des Verstorbenen die Totenmaske ab.
[Bearbeiten] Leistungen
Bulgakows groteske Darstellungen des Alltagslebens in der jungen Sowjetunion haben oftmals fantastische oder absurde Züge - in der russischsprachigen Literatur seit Gogol eine typische Art, Gesellschaftskritik zu üben. Hundeherz entstand bereits 1925, wurde in der Sowjetunion jedoch erst 1987 gedruckt.
Das wohl bekannteste und weltweit berühmteste Werk ist "Der Meister und Margarita", eine satirisch-groteske Aufnahme des Faustmotivs, eine Reise durch die Zeiten. Das Werk erschien gedruckt erstmalig 1966/67 in Fortsetzungen in der Literaturzeitschrift Moskwá - fast 30 Jahre nach dem Tod des Autors - in gekürzter Fassung. Die ungekürzte Version erschien in Buchform erstmals 1973. Kurz nach der sowjetischen Ausgabe wurde der Roman 1968 auch in der deutschen Übersetzung von Thomas Reschke veröffentlicht. Nicht wenige Kritiker halten das Buch für das beste sowjetische Werk des 20. Jahrhunderts. Eines seiner Leitmotive war "Manuskripte brennen nicht" (Рукописи не горят).
[Bearbeiten] Werke (in Auswahl)
[Bearbeiten] Prosa
- Haus Nr. 13 ("№ 13 - Дом Эльпит-Рабкоммуна") - Erzählung, 1922
- Tschitschikows Abenteuer ("Похождения Чичикова") - "Poem in zehn Punkten mit einem Prolog und einem Epilog", veröffentlicht 1922
- Teufelsspuk ("Дьяволиада") - Erzählung, 1923 (veröffentlicht 1924)
- Die weiße Garde ("Белая гвардия") - Roman, 1923-24
- Die verhängnisvollen Eier ("Роковые яйца"), Erzählung, 1924
- Hundeherz ("Собачье сердце") - Erzählung, 1925
- Der Meister und Margarita ("Мастер и Маргарита") - Roman, 1929-39, erstmals veröffentlicht 1966
- Die Notizen eines jungen Arztes ("Записки юного врача") - Erzählungen, 1925
[Bearbeiten] Theaterstücke
- Die Tage der Turbins ("Дни Турбиных") - Schauspiel, Premiere am 5. Oktober 1926
- Adam und Eva ("Адам и Ева") - Theaterstück in vier Akten, 1931; zu Lebzeiten Bulgakows weder publiziert noch aufgeführt, erstmals veröffentlicht 1971 (Paris), sowjetische Erstveröffentlichung 1987
- Der verrückte Jourdain ("Полоумный Журден") - Molièriade in drei Akten, 1932; vertont 1970/71 von Fritz Geißler
- Glückseligkeit ("Блаженство") - Theaterstück in vier Akten, 1933-34; zu Lebzeiten Bulgakows weder publiziert noch aufgeführt, erstmals veröffentlicht 1966
- Iwan Wassiljewitsch ("Иван Васильевич") - Komödie in drei Akten, 1934-35; Umarbeitung des Theaterstücks Glückseligkeit ("Блаженство"); zu Lebzeiten Bulgakows weder publiziert noch aufgeführt, erstmals veröffentlicht 1965
- Don Quijote ("Дон Кихот") - Bearbeitung des Don Quijote von Cervantes für die Bühne, 1937-38; zu Lebzeiten Bulgakows weder publiziert noch aufgeführt, erstmals veröffentlicht 1962
[Bearbeiten] Verfilmungen
- Бег ("Die Flucht", UdSSR 1971) unter der Regie von Wladimir Naumow, mit Michail Uljanow, Leonid Batalow, Jewgeni Jewstignejew, Wladimir Bassow u.a.
- Il Maestro e Margherita ("Der Meister und Margarita", I/YU 1972), unter der Regie von Aleksandar Petrović, mit Ugo Tognazzi, Mimsy Farmer, Alain Cuny u.a.
- Pilatus und andere - Ein Film für Karfreitag (nach den Jesus-/Pilatus-Kapiteln aus "Meister", D 1972), unter der Regie von Andrzej Wajda, mit Jan Kreczmar, Andrzej Lapicki, Jerzy Zelnik u.a.
- Иван Васильевич меняет профессию ("Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf", UdSSR 1973) unter der Regie von Leonid Gaidai, mit Alexander Demjanenko, Juri Jakowlew, Leonid Kurawljow u.a.
- Cuore di cane ("Hundeherz", I/D 1975) unter der Regie von Alberto Lattuada, mit Max von Sydow, Eleonora Giorgi, Mario Adorf, Ilona Staller u.a.
- Собачье сердце ("Hundeherz", UdSSR 1988) unter der Regie von Wladimir Bortko, mit Jewgeni Jewstignejew, Roman Karzew, Wladimir Tolokonnikow, Boris Plotnikow u.a.
- Мастер и Маргарита ("Der Meister und Margarita", RUS 2005) unter der Regie von Wladimir Bortko, mit Oleg Bassilaschwili (Woland), Anna Kowaltschuk (Margarita), Alexander Galibin (Meister), Kirill Lawrow (Pilatus) u.a.
[Bearbeiten] Literatur
- Margret Fieseler: Stilistische und motivische Untersuchungen zu Michail Bulgakovs Romanen "Belaja gvardija" und "Master i Margarita". Hildesheim u.a.: Olms 1982. (= Slavistische Texte und Studien; 3) ISBN 3-487-07299-8
- Christiane Hausmann: Anderes Denken in der Sowjetunion. Das "Okkulte" als positive Utopie bei Bulgakov. Frankfurt am Main: Haag u. Herchen 1990. ISBN 3-89228-544-6
- Sergej A. Ermolinskij: Erinnerungen an Bulgakow. Berlin: Volk u. Welt 1985. (= Volk-und-Welt-Spektrum; 203; Literarisches Porträt)
- Volker Levin: Das Groteske in Michail Bulgakovs Prosa. Mit einem Exkurs zu A. Sinjavskij. München: Sagner 1975. (= Arbeiten und Texte zur Slavistik; 6)
- Swetlana Lukanitschewa: Verfemte Autoren. Werke von Marina Cvetaeva, Michail Bulgakov, Aleksandr Vvedenskij und Daniil Charms auf den deutschen Bühnen der 90er Jahre. Tübingen: Niemeyer 2003. (= Theatron; 40) ISBN 3-484-66040-6
- Birgit Mai: Satire im Sowjetsozialismus. Michail Soschtschenko, Michail Bulgakow, Ilja Ilf, Jewgeni Petrow. Bern u.a.: Lang 1993. ISBN 3-261-00004-X
- Marie-Christine Autant-Mathieu: Le théâtre de Mikhaïl Boulgakov. Lausanne: L'Age d'Homme 2000. ISBN 2-8251-1422-7
- Claudia Natterer: Faust als Künstler. Michail Bulgakovs "Master i Margarita" und Thomas Manns "Doktor Faustus". Heidelberg: Winter 2002. (= Beiträge zur slavischen Philologie; 9) ISBN 3-8253-1467-7
- Monika Nölke Floyd: Michail Bulgakovs "Kabala svjatos". Formen und Funktionen der Annäherung an Molière. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1997. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 16, Slawische Sprachen und Literaturen; 58) ISBN 3-631-30103-0
- Heinrich Riggenbach: Michail Bulgakovs Roman "Master i Margarita". Stil und Gestalt. Bernu.a.: Lang 1979. (= Slavica Helvetica; 13) ISBN 3-261-04644-9
- Michael Schädlich: Titelaufnahmen. Studien zu Werken von Thomas Mann, Heinrich Böll, Max Frisch, Graham Greene, Michail Bulgakow, Hermann Kant und Stefan Heym. Berlin: Union-Presse Hass 1978. ISBN 3-920150-00-7
- Wilfried F. Schoeller: Michail Bulgakow. Bilder und Dokumente. (Begleitbuch zur Ausstellung Michail Bulgakow "Manuskripte brennen nicht"). Berlin:Volk u. Welt 1996. ISBN 3-353-01049-1
- Daniele Serretti: Il tempo della tirannia. Nabokov, Bulgakov, Pasternak, Solzenicyn. Roma: Studium 2000. (= Coscienza del tempo; 35) ISBN 88-382-3855-3
- Nyota Thun: Puschkinbilder. Bulgakow, Tynjanow, Platonow, Soschtschenko, Zwetajewa. Berlin u.a.: Aufbau 1984.
- Elsbeth Wolffheim: Michail Bulgakow. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1996. (= Rowohlts Monographien; 526) ISBN 3-499-50526-6
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Michail Afanasjewitsch Bulgakow – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Michail Afanasjewitsch Bulgakow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Die Verfilmung von Der Meister und Margarita in der Internet Movie Database
- Die bibliographische Datenbank RussGUS enthält ca. 200 Literaturhinweise (Dort suchen unter Formularsuche / Sachnotationen: 10.7/bulgakov, M*)
- Eine Bulgakow-Enzyklopädie (rus.)
- Dreisprachige Bulgakow-Seiten (deu./rus./eng.)
- Überblick über Texte von und über Michail Afanasjewitsch Bulgakow
- Rezension über das Buch "Der Meister und Margarita" von Michail Bulgakow
Personendaten | |
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NAME | Bulgakow, Michail Afanasjewitsch |
KURZBESCHREIBUNG | Russischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 15. Mai 1891 |
GEBURTSORT | Kiew (Ukraine |
STERBEDATUM | 10. März 1940 |
STERBEORT | Moskau |