Perserkriege
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Als Perserkriege bezeichnet man allgemein die im 5. Jahrhundert v. Chr. von den persischen Großkönigen Dareios I. und Xerxes I. unternommenen Versuche, durch militärische Gewalt das antike Griechenland ihrem Reich anzugliedern. Diese Unternehmungen schlugen jedoch trotz gewaltiger persischer Übermacht fehl. Von den siegreichen Griechen wurde die erfolg- aber auch aufopferungsreiche Verteidigung ihres Mutterlandes bald zum nationalen Mythos erhoben, der sich auch in Theaterstücken wie den Persern des Aischylos ausdrückte. Dieser Mythos hat teilweise bis ins 20. Jahrhundert überlebt und wurde historisch oft zur Verteidigung der Freiheit des Abendlandes gegen orientalische Despotie und Gewaltherrschaft umgedeutet.
Ausgelöst wurden die Perserkriege durch den so genannten ionischen Aufstand. Als ihre Höhepunkte dürfen die Schlacht bei Marathon im ersten sowie die Seeschlacht von Salamis im zweiten persischen Krieg gelten. Die Niederlage der Perser hatte weitreichende Auswirkungen auf die weitere persische und griechische Geschichte. Wichtigste zeitgenössische Quelle für die Geschehnisse ist der antike Historiker Herodot, dessen Angaben jedoch sorgfältig hinterfragt werden müssen.
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Ausgangssituation
Gegen Ende des 6. Jahrhundert v. Chr. war das Perserreich zu einer Großmacht aufgestiegen. Durch die Eroberung Kleinasiens gerieten die dort ansässigen ionischen Griechen unter persische Herrschaft, während die restlichen Griechen weiterhin ihre Unabhängigkeit bewahrten. Dies bildete die Ausgangssituation der späteren Konflikte.
Vom ionischen Aufstand bis zur Schlacht von Marathon
500 v. Chr. oder 499 v. Chr. brach der von Aristagoras aus Milet geleitete ionische Aufstand mit Unterstützung Athens aus; die ionischen Städte vertrieben die von den Persern über sie eingesetzten griechischen „Tyrannen“, bildeten ein Bündnis und richteten einen Hilfsappell an die restlichen Griechen. Athen entsandte daraufhin zwanzig Kriegsschiffe, Eretria fünf, so dass sich die Erhebung mittels der Flotte entlang der gesamten Küste verbreitete. 498 v. Chr. eroberten die Griechen Sardes, den Sitz des persischen Statthalters, und brannten es nieder, wodurch sie eine persische Reaktion in Gestalt eines Einmarsches provozierten. Die griechische Flotte wurde bei der Schlacht von Lade 494 v. Chr. versenkt, womit der Aufstand zusammenbrach. Der persische Großkönig Dareios I. jedoch forderte Vergeltung für die Unterstützung der Rebellen aus dem griechischen Mutterland.
492 v. Chr. eroberte der persische Feldherr Mardonios Thrakien und Makedonien, dem 490 v. Chr. die Strafexpedition von Datis und Artaphernes folgten. Bereits 491 v. Chr. hatten die Perser Gesandte ausgeschickt, die die Unterwerfung der griechischen Poleis forderten. Viele gaben dem Druck nach. Athen und Sparta weigerten sich jedoch und töteten die Gesandtschaft. Als Antwort entsandte Persien seine Flotte in die Ägäis um die griechische Unterwerfung mit Gewalt zu erzwingen. Die Kykladen ergaben sich, Eretria wurden erobert und eine persische Expeditionsstreitmacht landete in Attika nahe Marathon. Der Läufer Pheidippides überbrachte angeblich den Spartanern die Bitte um Hilfe in Rekordzeit, die aber den Abmarsch aus religiösen Gründen verschieben mussten und daher zu spät kamen. Die Perser - sie hatten von dem Hilferuf nach Sparta gehört - eröffneten umgehend die Schlacht bei Marathon, die mit dem Sieg der Athener und Platäer, wenigen eigenen Verlusten (genau 192 Männer fielen), aber - wenn man der Überlieferung trauen darf - mehreren tausend Toten auf persischer Seite endete. Held der Situation war der Grieche Miltiades, der das Heer geführt hatte. Persien hatte danach auch mit inneren Problemen zu kämpfen, so dass eine weitere Expedition verschoben werden musste.
Der Politiker Themistokles sieht die Gefahr, die von der persischen Flotte ausgeht. Mit viel Überredung gelingt es ihm, dass Athen eine starke Flotte aufbaut und auf der Halbinsel Piräus einen Kriegshafen anlegt.
Erster Perserkrieg
- 492 v. Chr.: Der erste Perserzug: Das Heer des Perserkönig Dareios unter dem Feldherrn Mardonios geht über den Hellespont (Dardanellen) gegen die Thraker vor, um sich die Flanke für den Angriff auf Attika frei zu machen. Die Thraker wehren sich heftig. Die das persische Heer begleitende Flotte scheitert in einem Sturm am Gebirge Athos. Mardonios bricht deshalb den Feldzug ab. Sparta und Athen verweigern die verlangte Unterwerfung.
- 490 v. Chr.: Der zweite Perserzug: Das Heer des Dareios unter Datis und Artaphernes wird direkt nach Attika übergesetzt. Auf dem Weg dorthin werden Rhodos und Naxos unterworfen. Auch Eretria auf Euböa wird erobert und zerstört. Zum Transport der Reiterei verwenden die Perser spezielle Pferdetransporter. Die Perser unternehmen die erste große, genau beschriebene amphibische Operation der Geschichte. Die Landung erfolgte in der Ebene von Marathon. Der Weg nach Athen wird den Persern jedoch vom griechischen Heer unter Leitung Miltiades dem Jüngeren versperrt. Die Perser beginnen sich daher wieder einzuschiffen. Dabei werden sie von den Griechen angegriffen. Da die Reiterei schon verladen ist erleiden die Perser eine Niederlage und ziehen sich daraufhin zurück. Zur Abwehr weiterer Angriffe der Perser baut Athen nun eine starke Flotte. Der Bau wird mit den Erträgen der Silbergruben von Laurion bei Kap Sunion finanziert, der bisher auf die Bevölkerung aufgeteilt worden ist.
Zweiter Perserkrieg - Zug des Xerxes
480 v. Chr. startet Dareios' Nachfolger, sein Sohn Xerxes I., einen bereits vom Vater angelegten Feldzug, mit ca. 100.000 Soldaten und etwa 600-700 Kriegsschiffe (nach Welwei, "Athen"; die weitaus höheren Zahlenangaben bei Herodot sind alleine schon aus logistischer Hinsicht wenig zuverlässig). Auch im zweiten Perserkrieg war Mardonios wieder Feldherr und er war nicht nur maßgeblich an der Planung des Feldzuges beteiligt, sondern überredete den anfangs noch zögerlichen Xerxes erst zu dieser Unternehmung. Eine vorausgehende diplomatische Offensive sichert die Auslieferung Thessaliens, Delphis, Argos' und eines großen Teiles Zentralgriechenlands. Ein von Athen und Sparta geführtes griechisches Bündnis (Hellenenbund) wird Xerxes entgegengesetzt. Zudem wird durch Themistokles, dem führenden Politiker Athens in dieser Zeit, eilig eine Flotte aufgebaut.
Überquerung des Hellespont auf einer Schiffsbrücke
Der Hellespont, die Europa von Kleinasien trennende Wasserstrasse am nördlichen Ende der Ägäis, erwies sich als das erste große Hindernis auf dem Weg des persischen Heeres nach Griechenland. Xerxes überwand die an ihrer engsten Stelle immerhin noch eine Seemeile breite Meeresenge, indem er eine in ihrer Art außergewöhnlichen Doppelbrücke bestehend aus Hunderten von Schiffen errichten ließ. Wie Herodot berichtet wurden die parallel zur Küste liegenden Schiffe mit Tauen zusammengebunden und wegen der starken Strömung und heftigen Winde durch große schwere Anker in Position gehalten. Sehr starke und schwere Taue aus Papyrus und Flachs wurden von Küste zu Küste quer über die Schiffe verlegt und mit Hilfe von Winden gespannt. Sie trugen die Bohlen, die sowohl mit den Schiffen als auch untereinander verbunden waren. Xerxes' Ingenieure bauten eine kombinierte Hänge- und Pontonbrücke. Die Taue stabilisierten die Brücke und nahmen den Schiffen einen Teil der Belastung, die Schiffe wiederum verhinderten das Durchhängen der langen und schweren Taue auf der Wasseroberfläche. Eine Schicht festgestampfter Erde über den Bohlen verwandelte die Brücke für Reiterei und Fußtruppen in eine normale Heerstraße. Zu beiden Seiten errichteten sie Blenden aus Matten weil sie befürchteten, die Pferde könnten angesichts der starken Strömung in der Meerenge scheuen. Xerxes ließ zwei dieser Brücken errichten. Für die längere, die eine Ausdehnung von gut zwei Kilometer haben musste, benötigte man 360 Schiffe, für die benachbarten engere Stelle waren 314 Schiffe erforderlich. Die Größe der persischen Armee kann man an der Tatsache ermessen, dass es eine ganze Woche dauerte die Soldaten von der einen Seite der Meeresenge auf die andere zu bekommen.
- 480 v. Chr.: Der Dritte Perserzug: Wie beim ersten Mal nimmt das Heer den Weg zu Lande den Weg über den Hellespont. Eine große Kriegsflotte folgt entlang der Küste. Die 1.200 Kriegsschiffe werden von 3.000 Transportschiffen begleitet. Bei einer Besatzung von 100 Mann pro Kriegsschiff und 20 Mann pro Transportschiff kommt man auf 180.000 Matrosen und Seesoldaten. Das Landheer soll die gleiche Stärke gehabt haben. Diese große Gefahr vor Augen unterwerfen sich die meisten griechischen Staaten den Persern. Nur wenige unterstützen Athen und Sparta in ihren Entscheidungskampf.
Schlacht bei den Thermopylen und bei Salamis
Hauptartikel: Erste Schlacht bei den Thermopylen und Schlacht bei Salamis
Während die Peloponnesier (Sparta führte den Oberbefehl im Hellenenbund) eine Verteidigungslinie am Isthmus von Korinth vorschlugen, trat Themistokles für eine frühere Verteidigungslinie ein. Versuche, die Perser durch die Schlacht an den Thermopylen und die Schlacht bei Artemision aufzuhalten, scheiterten jedoch. Athen wurde evakuiert und die griechische Flotte zog sich zurück nach Salamis. Themistokles gelang es, die persische Flotte in diese engen Gewässer zu locken, in denen die schwereren persischen Schiffe schlecht manövrieren konnten. In der Schlacht von Salamis konnten die meisten persischen Schiffe zerstört werden. Xerxes und die Reste seiner Flotte flüchteten nach Asien und ließen das Landheer unter der Führung von Mardonios zurück, der in Thessalien mit der Armee überwinterte.
Schlacht bei Plataea
Hauptartikel: Schlacht bei Plataea
Im folgenden Frühling (479 v. Chr.) bot Mardonios Athen zweimal einen Sonderfrieden an, der aber abgelehnt wurde. Die Kämpfe wurden in Böotien mit der Schlacht von Platää beendet; Mardonios wurde getötet und seine Armee vertrieben. Die Reste des persischen Heeres verließen Griechenland, doch nur wenige erreichten Asien lebend. Im gleichen Jahr (479 v. Chr.) zerstörte die griechische Flotte unter dem spartanischen König Leotychides die an Land liegende Restflotte der Perser bei Mykale.
Befreiung der kleinasiatischen Griechen und weitere Entwicklung der griechisch-persischen Beziehungen
Ermutigt durch Xerxes' Niederlage begannen die Griechen Kleinasiens und der Inseln wieder zu rebellieren. 478 v. Chr. eroberte eine Flotte unter dem Spartaner Pausanias Byzanz, und in Zypern begann ein Aufstand. In diesem Moment zogen sich die Peloponnesier zurück (offenbar aufgrund von Meinungsverschiedenheiten bezüglich der weiteren Vorgehensweise; so genannter Symmachiewechsel vor Byzanz). Unter der Führung Athens entstand daher 477 v. Chr. zum Schutz gegen eventuelle Übergriffe der Perser der attisch-delische Seebund, dem Athen, griechische Küstenstädte und Inseln der Ägäis angehörten. Der Bund, der sich später zu einem Machtinstrument Athens entwickelte, wurde erst 404 v. Chr. nach Athens Niederlage im Peloponnesischen Krieg (zwangsweise) aufgelöst.
Der athenische Stratege und Politiker Kimon, der Themistokles als führenden Politiker in Athen beerbt hatte und dem bereits mehrere Siege gelungen waren, besiegte unterdessen 466/465 v. Chr. ein persisches Heer und eine Flotte am Eurymedon. Etwa 460 v. Chr. entsandte Athen 200 Schiffe zur Unterstützung eines Aufstandes nach Ägypten. Sie verloren jedoch die Flotte nachdem die Perser ca. 454 v. Chr. über den Nil einen Gegenangriff in Memphis starteten. Ein anderer Feldzug zur Unterstützung des Aufstandes in Ägypten 450 v. Chr. scheiterte, und Zypern wurden aufgegeben.
Um 449 v. Chr./448 v. Chr. wurde mit Unterstützung des Perikles der Kalliasfrieden mit den Persern geschlossen (der allerdings in der Forschung umstritten ist). Während die genaue Natur des Friedensschlusses rechtlich unklar bleibt, brachte das Ergebnis die Unabhängigkeit der ionischen Griechen von Persien, Zypern die persische Herrschaft und die Schließung der Ägäis für persische Kriegsschiffe.
Die Gemeinsamkeit des Kampfes gegen die Perser verhinderte nicht, dass bereits zwanzig Jahre später die griechische Welt durch den Peloponnesischen Krieg auseinandergerissen wurde. Das Perserreich versuchte auch weiterhin, einen Hegemonieanspruch über die Griechen auszuüben (siehe Königsfrieden), und in einer Art „Kalten Krieges“ auf diplomatischem oder ökonomischem Weg, sich griechische Städte einzuverleiben bis Alexander dem Perserreich ein Ende setzte.
Siehe auch
Literatur
Wichtigste Quelle für die Perserkriege ist Herodot (speziell ab dem fünften Buch: Ionischer Aufstand).
- Jack Martin Balcer: The Persian conquest of the Greeks (545–450 B.C.). Universitätsverlag, Konstanz 1995. ISBN 3-87940-489-5
- George Cawkwell: The Greek Wars. The Failure of Persia. Oxford 2005.
- Werner Ekschmitt: Der Aufstieg Athens. Die Zeit der Perserkriege. Bertelsmann, München 1978. ISBN 3-570-02431-8
- Peter Green: The Greco-Persian wars. UCP, Berkeley 1996. ISBN 0-520-20573-1
- Tom Holland: Persian Fire: The First World Empire and the Battle for the West. New York 2005 (populärwissenschaftlich).
- Karl-Wilhelm Welwei: Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert. Primus, Darmstadt 1999. S. 27ff. ISBN 3-89678-117-0
Weblinks
- Perserkriege bei „Iranchamber“ (englisch)
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