Schwarzarbeit
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Schwarzarbeit ist eine Dienst- oder Werkleistung gegen Entgelt ohne ordnungsgemäße Meldung, ohne staatliche Abgaben abzuführen oder ohne dass der Auftragnehmer die notwendigen gewerbe- oder handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dabei werden die Verträge in der Regel mündlich abgeschlossen und das Entgelt bar gezahlt. Schätzungen über den Anteil von Schwarzarbeit am gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) in westeuropäischen Volkswirtschaften schwanken stark zwischen 0,5 und 20 Prozent für einzelne Länder.
Schwarzarbeit ist ein Teil der Schattenwirtschaft, wird aber unzulässigerweise nicht selten mit dieser gleichgesetzt.
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[Bearbeiten] Legaldefinition in Deutschland
Im „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung“ vom 23. Juli 2004 ist Schwarzarbeit legaldefiniert. Demnach handelt es sich um die Ausübung von Dienst- oder Werkleistungen:
- unter Verstoß gegen Steuerrecht
- unter Verstoß gegen Sozialversicherungsrecht
- unter Umgehung der Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeits- und Sozialamt,
- Ausübung eines Gewerbes/Handwerks ohne Gewerbeanmeldung /Eintragung in die Handwerksrolle
- Hilfeleistungen durch Angehörige oder Lebenspartner sowie in Form der Nachbarschaftshilfe, Gefälligkeit oder Selbsthilfe bleiben weiterhin zulässig, wenn sie nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtet sind.
[Bearbeiten] Geschichte
Der Begriff Schwarzarbeit kommt aus dem Handwerk und beschränkte sich ursprünglich auf den heutigen Teilaspekt der selbstständigen Ausführen von Aufträgen durch Personen, die nicht über die notwendigen Voraussetzungen (Meisterprüfung) verfügen.
[Bearbeiten] Umstrittener Umfang
Nach Angaben des deutschen Bundesministeriums der Finanzen schädigt die Schwarzarbeit die Bundesrepublik jährlich um 70 Milliarden Euro. Die Schattenwirtschaft liege bei 15 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung, d.h. 345 Milliarden. Das sei Wirtschaftskriminalität, gegen die die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (s.u.) künftig mit 6700 Beschäftigten vorgehe[1].
Die Rockwool-Stiftung in Kopenhagen schätzt, dass innerhalb der Europäischen Union der Anteil von Schwarzarbeit am BIP zwischen 1,2% in Großbritannien und 4,1% in Deutschland liegt, wenn die tariflichen Löhne im legalen Sektor als Vergleich zugrunde gelegt werden. Nimmt man hingegen die real ausgezahlten Löhne als Basis, verringert sich dieser Anteil auf 0,6% in GB bzw. auf 1,3% in Deutschland. Der Umfang der Schwarzarbeit in Deutschland läge damit unter 30 Milliarden Euro.
Die Ende Januar 2005 veröffentlichten Zahlen des Wirtschaftswissenschaftlers Friedrich Schneider (Universität Linz) und des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) Tübingen über den Umfang der Schattenwirtschaft – deren methodisch bedingte Unschärfen auch von den Autoren selbst eingeräumt werden – liegen dagegen beim zehnfachen Wert. Während im Jahr 2003 noch geschätzte 370,0 Mrd. Euro in die Schattenwirtschaft geflossen seien, sei dieser Betrag 2004 auf 356,1 Mrd. Euro (entspricht 16,2 % des BIP) gesunken. Für das Jahr 2005 wurde von den Wissenschaftlern ein weiterer Rückgang auf 346,2 Mrd Euro (oder 15,6 %) geschätzt, für 2006 wird nur noch ein leichter Rückgang auf 345,5 Mrd Euro erwartet. Dabei muss man beachten, dass der Begriff „Schattenwirtschaft“ nicht nur die eigentliche Schwarzarbeit umfasst, sondern auch andere informelle Tätigkeiten wie Prostitution und Menschenhandel. Aus dem geschätzten Umfang der Schattenwirtschaft lässt sich daher nur sehr eingeschränkt der Umfang der Schwarzarbeit schließen.[2] Als Gründe für diesen Rückgang geben die Wissenschaftler in ihren Studien die verschiedenen Reformmaßnahmen der Bundesregierung in den letzten Jahren an, hierunter insbesondere die erweiterten Minijobregelungen, die Lockerung des Kündigungsschutzes für kleinere Betriebe, die Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, die Neuregelung der Handwerksordnung und die vorgenommenen Steuersenkungen. Ebenso schreiben die Wissenschaftler dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz einen Teil des Erfolgs bei der Bekämpfung der Schattenwirtschaft zu.
[Bearbeiten] Bekämpfung der Schwarzarbeit
Für die Bekämpfung der Schwarzarbeit sind in Deutschland einerseits die Bundeszollverwaltung und andererseits die nach Landesrecht zuständigen Behörden (i.d. Regel die Ordnungsämter der Landkreise, Kreisfreien Städte) zuständig. Der Arbeitsbereich des Zoll ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) mit einer Zentrale in Köln und ca. 7000 Beamten an 113 Standorten in Deutschland vertreten.
Originäre Zuständigkeit des Zolls bezieht sich auf Schwarzarbeit im Zusammenhang mit Leistungsmissbrauch, Steuerhinterziehung, Verletzung diverser Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger.
Statistische Daten zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung durch die Zollverwaltung
2000 | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | |
Personenüberprüfung an der Arbeitsstelle | 92.000 | 109.000 | 77.380 | 79.269 | 264.500 |
Prüfung von Arbeitgebern | 35.000 | 18.500 | 26.026 | 32.572 | 104.965 |
Abschluss von Ermittlungsverfahren wegen Straftaten | 7.700 | 9.200 | 8.739 | 9.837 | 56.900 |
Abschluss von Ermittlungsverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten | 3.300 | 2.800 | 1.734 | 1.233 | 49.926 |
– in Mio. € | – | ||||
Summe der Bußgelder | 8,0 | 10,3 | 5,3 | 5,1 | 32,8 |
Wert der zur Vermögensabschöpfung gesicherten Vermögensgegenstände | 9,6 | 21,3 | 21,6 | 34,0 | 43,1 |
Schadenssumme im Rahmen der straf- und bußgeldrechtlichen Ermittlungen | 124,0 | 179,7 | 191,2 | 348,1 | 475,6 |
Summe der Geldstrafen (einschließlich Wertersatz) | 2,2 | 2,5 | 2,9 | 3,6 | 8,9 |
– in Jahren – | |||||
Summe der erwirkten Freiheitsstrafen | 96 | 200 | 227 | 305 | 472 |
Kritische Betrachtung der im Gesetz normierten Mitwirkungspflichten bei Kontrollen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit
§ 8 (2) regelt, dass ordnungswidrig auch der handelt, der „...bei einer Prüfung nicht mitwirkt“. Auch wenn die Begründung hierzu ausführt: „Entspricht der in § 404 Abs. 2 Nr. 17 des SBG III bisher geregelten Ordnungswidrigkeit“ und auch wenn diese Regelung bereits seit 1997 Bestand hat, so bleibt die Festlegung einer Mitwirkungspflicht rechtlich äußerst zweifelhaft (eine Entscheidung des BVerfG kippte eine Regelung aus dem Jahr 1998 zum Lauschangriff).
Die Unschuldsvermutung ist die bedeutendste Regelung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20, 28 GG). Sie ist eine verfassungsmäßige Grundlage moderner Demokratien. Obwohl sie nicht explizit im Grundgesetz verankert ist, folgt sie aus Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention als gesetzmäßige Verankerung auf hoher Ebene in der Normenhierarchie.
Praktisch bedeutet die Unschuldsvermutung, dass bis zum Beweis des Gegenteils der Beschuldigte als Unschuldiger gilt. Weshalb also hier eine Mitwirkungspflicht bei der Prüfung der Zollbehörden festgeschrieben wurde ist unverständlich, denn als Unschuldiger braucht man nicht mitwirken (wofür auch) und als Beschuldigter schon rein gar nicht (nemo tenetur se ipsum accusare - niemand darf gezwungen werden, gegen sich selbst auszusagen). Es darf auch niemand gezwungen werden, Beweismittel gegen sich selbst zu sein. Die Beweislast für die Richtigkeit des erhobenen Vorwurfs liegt nicht beim Beschuldigten, sondern bei den Ermittlungsbehörden. Sie haben die Verpflichtung, den Sachverhalt mit zulässigen Mitteln zu erforschen, unabhängig davon, ob und wie sich der Beschuldigte verteidigt.
Zuständigkeit der Landesbehörden
Originäre Zuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden bezieht sich im Rahmen der Schwarzarbeit auf die Verstöße wegen unerlaubter Handwerksausübung, wegen fehlender Gewerbeanmeldung oder fehlender Reisegewerbekarte.
Die Zollbeamten könnten Hinweise und Informationen über entsprechend festgestellte Verstöße unmittelbar an diese Behörden weiterleiten, in der Realität findet dies aber so gut wie nicht statt.
[Bearbeiten] Österreich
In Österreich wird für die Schwarzarbeit der Begriff Pfusch verwendet. Sehr oft wird aber fälschlicherweise mit dem Begriff Pfusch, eine Arbeit ohne entsprechende Fachausbildung verbunden. Richtig ist aber die Definition wie folgt: „Pfusch ist die Arbeit eines Fachmanns, unter Vermeidung von Steuern“.
Der richtige Begriff für eine Arbeit ohne entsprechende Fachausbildung lautet in Österreich Murks.
Zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung wurde in Österreich die Abteilung KIAB, was „Kontrolle illegaler Arbeitnehmer Beschäftigung“ heißt - beim BMF (Bundesministerium für Finanzen) ins Leben gerufen. Bis 31. Dezember 2006 war diese Einheit bei der österreichischen Zollverwaltung angesiedelt. Seit 1. Jänner 2007 ist die KIAB eine eigenständige Abteilung (Team) bei den Finanzämtern.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Ausländische Haushaltshilfe, auch zur familiären häuslichen Altenpflege
[Bearbeiten] Literatur
- Friedrich Schneider, Helmut Badekow: Ein Herz für Schwarzarbeiter. Warum die Schattenwirtschaft unseren Wohlstand steigert. Verlag Econ. 2006. 176 Seiten. ISBN 3430200083
- Lars P. Feld und Claus Larsen (2005): Black Activities in Germany in 2001 and in 2004, Rockwool Foundation, Kopenhagen.
- Walter A. S. Koch (2005): Das Schwarzarbeit-Änigma, in: Wirtschaftsdienst 11/2005, S. 715-723, Abstract. Hierzu: Replik von Prof. Schneider (PDF)
[Bearbeiten] Weblinks
- Portal zum Thema Schwarzarbeit, Anlaufstellen, Formulare, Forum
- Homepage des Zolls zu Schwarzarbeit
- „Praktiken informeller Ökonomie: Explorative Studien aus Berlin und nordamerikanischen Städten“(PDF, 1,6 MB)
- Ulrich Sedlaczek: Schwarzarbeit in Deutschland oder die langen Schatten des Prof. Schneider
- Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG)
- FAZ.net, 13. September 2005: Mit Fahndungstrupps der Schwarzarbeit auf der Spur, mit Informationen zur Berechnung des gesamtwirtschaftlichen Umfangs von Schwarzarbeit
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. April 2006
- ↑ Siehe auch Nachdenkseiten.de: Schwarzarbeit in Deutschland oder die langen Schatten des Prof. Schneider
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