Sorbonne
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Die Sorbonne ist der traditionelle Name der ersten Universität in Paris, die ihrerseits die älteste Universität Frankreichs ist.
Gegenwärtig teilen sich den Namen und den zentralen Gebäudekomplex in Paris (5. Arrondissement) drei der insgesamt dreizehn aus der Universitätsreform von 1970 hervorgegangenen Pariser Universitäten: Paris I Panthéon-Sorbonne, Paris III Sorbonne Nouvelle und Paris IV Paris-Sorbonne. Die Sorbonne beherbergt außerdem Teile der Universität Paris V René Descartes, die École nationale des chartes und das gemeinsame Rektorat (Chancellerie). Die Zahl der Studenten dieser Universitäten bzw. Hochschulen betrug im Jahr 2003 insgesamt 30.719 [1].
- Siehe auch: Universitäten im Großraum Paris
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[Bearbeiten] Lage
Die Sorbonne liegt auf dem Rive Gauche, dem linken Seineufer, an den Hängen des Hügels Montagne Sainte-Geneviève im 5. Arrondissement. Sie bildet den Mittelpunkt des Studentenviertels Quartier Latin. Der Haupteingang liegt in der rue Victor Cousin, Nebeneingänge in der rue Cujas und der rue Saint-Jacques. Der Eingang zum Rektorat befindet sich 47 rue des Ecoles.
[Bearbeiten] Geschichtlicher Überblick
[Bearbeiten] Mittelalter und Neuzeit
Die Gründung der Sorbonne als eines Kollegs der Pariser Universität wird auf Robert von Sorbon (1201–1274), den Hofkaplan König Ludwigs des Heiligen, zurückgeführt. Die Bestätigungsbulle von Papst Klemens' IV. datiert von 1268. Ursprünglich ein Alumnat für unbemittelte Studenten der Theologie, entwickelte sich die Sorbonne (welchen Namen die Anstalt erst im 14. Jahrhundert annahm) durch berühmte Lehrer, welche an ihr wirkten, sowie durch ihr vergleichsweise reiches Stiftungsvermögen ein immer größeres Ansehen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts unterstützte die Sorbonne König Philipp IV. bei den Gerichtsverfahren gegen den Templerorden.
In der Sorbonne fanden regelmäßig die Sitzungen der theologischen Fakultät der Pariser Universität statt, so dass es spätestens Ende des 15. Jahrhundert üblich wurde, diese Fakultät selbst als die Sorbonne zu bezeichnen. An diesen Namen knüpfen sich viele der Entscheidungen, die vom Mittelalter bis zur Neuzeit für die Gestaltung des Katholizismus nicht nur in Frankreich ausschlaggebend waren.
Spätestens um 1500 allerdings entwickelte die Sorbonne die Tendenz, sich neuen Entwicklungen zu verschließen, so etwa dem zu dieser Zeit von Italien ausstrahlenden Humanismus. Später versuchte sie vergeblich, das Anwachsen der Macht des Papstes und die Einführung des Jesuitenordens in Frankreich (1562) zu verhindern und machte sich zu einer Vorkämpferin des Gallikanismus, d.h. einer Art französischen Nationalkirche. Auch ihr erbitterter Kampf gegen den Jansenismus marginalisierte sie weiter und kostete sie viele Sympathien, besonders in adeligen und großbürgerlichen Beamtenkreisen. Vollends verlor sie ihre Autorität, als sie sich im 18. Jahrhundert auf die Bekämpfung der Aufklärung einließ und dabei zunehmend in den Ruf von Intoleranz und Obskurantismus geriet.
Vom 13. bis 15. Jahrhundert fanden die Versammlungen der Universität in der Kirche Saint-Julien-le-Pauvre statt, wo auch die Rektoren gewählt wurden.
[Bearbeiten] Erster Universitätsstreik
Im Mittelalter, als die Universität noch rein männlich war, galten die Studenten in der Pariser Bevölkerung als turbulente Subjekte, die die Tavernen und Bordelle bevölkerten. Im Jahr 1229 sorgte ein studentisches Trinkgelage für den ersten Universitätsstreik der europäischen Geschichte – mit weitreichenden Folgen. Während der Karnevalszeit brachen einige Studenten in einem Wirtshaus eine Schlägerei vom Zaun. Die Soldaten des Stadtvogts, die schon lange darauf gewartet hatten, den Studenten ihre Arroganz auszuprügeln, stürmten das Quartier Latin und eröffneten die Jagd. Hierbei wurden auch zwei anerkannte Magister Opfer ihres Wütens. Die Lehrenden der Sorbonne sahen darin einen Angriff auf die Universität insgesamt und riefen einen Vorlesungsstreik aus. Da die Stadt sich weigerte, den Opfern eine angemessene Entschädigung zu zahlen, blieb die Universität geschlossen. Viele Dozenten wanderten ab in andere französische Städte oder nach England, wo sie sich in Oxford niederließen. So erhielt die berühmteste Universität Englands Entwicklungshilfe durch ein Trinkgelage in Paris 1229. Der Vorlesungsstreik dauerte übrigens drei Jahre. Die Sorbonne nahm 1232 ihre Arbeit erst wieder auf, als der junge König Ludwig IX. ihr weitreichende Privilegien und Unabhängigkeit garantierte.
[Bearbeiten] Auflösung und Wiedergründung
Zu Beginn der Französischen Revolution wurden ihre ausgedehnten, prächtigen Gebäude (die von 1635–1653 unter Kardinal Richelieu und Kardinal Mazarin neu errichtet worden waren) als Nationalgut eingezogen. 1808 wurden sie der zentralistisch neustrukturierten napoleonischen Bildungskörperschaft übereignet, der „université“ (einer alle Bildungsanstalten Frankreichs steuernden staatlichen Organisation, die nichts mit Universitäten im heutigen Sinne gemein hat).
[Bearbeiten] 1968 bis heute
1968 stand die (besetzte) Universität im Mittelpunkt der Studentenbewegung in Frankreich. Die damalige Studentenrevolution sorgte dafür, dass sich die Sorbonne in einem höheren Maße änderte als jemals zuvor. Sie wurde aufgeteilt in 12 unterschiedliche und eigenständige Universitäten. Die alte Sorbonne existiert eigentlich nicht mehr. Aber ihr Gebäude aus dem 19. Jahrhundert beherbergt jetzt drei hauptstädtische Universitäten: Paris I, Paris III und Paris IV.
Im Frühjahr 2006 wurde die Sorbonne wieder von Studenten aus Protest gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes für Personen unter 26 Jahre (Contrat première embauche) besetzt. Die Besetzung wurde auf Wunsch des Rektors in der Nacht auf den 11. März 2006 von der Polizei beendet. [1], [2]. In der Nacht zum 15. März kam es nach einem Marsch auf die Sorbonne zu erneuten gewaltsamen Ausschreitungen, bei denen mindestens neun Demonstranten festgenommen und mindestens neun Beamte verletzt wurden [3]. In der Nacht zum 17. März weiteten sich die Proteste noch aus. 40 Polizisten wurden verletzt, über 180 Protestierende festgenommen.
[Bearbeiten] Berühmte Absolventen
- Albertus Magnus
- Thomas von Aquin
- Ignatius von Loyola, Ordensgründer der Societas Jesu
- Siger von Brabant (Averroistenstreit mit Thomas von Aquin)
- Johannes Calvin
- Pierre Janet
- Marie Curie
- Pierre Curie
- Jacques Lefèvre d'Étaples, Reformhumanist und Bibelübersetzer
- Simone de Beauvoir
- Emmanuel Mounier, Philosoph, Gründer der Zeitschrift Esprit, Hauptvertreter des frz. Personalismus
- Georges Perec, Schriftsteller und Regisseur, Mitglied der Oulipo
- Luigi Colani, Industiedesigner
- Vojtěch Raňkův z Ježova, tschechischer Theologe und Philosoph
- Sarah Biasini, Schauspielerin (Tochter von Romy Schneider)
- Jan Patočka, tschechischer Philosoph
- William Klein, französisch-amerikanischer Fotograf, u.a. "New York".
- Claude Lévi-Strauss, Ethnologe und Anthropologe
[Bearbeiten] Literatur
- Duvernet: Histoire de la Sorbonne. Straßburg 1792 (deutsch, 2 Bde.)
- Franklin: La Sorbonne. 2. Auflage. Paris 1875
- Méric: La Sorbonne et son fondateur. Paris 1888
- Sorbonne. Artikel in: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Aufl. 1888 ff., Bd. 15, S. 44 f.
- Boehm, Laetitia: Paris I, In: TRE, Bd. 26, 1996, S. 1-12.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Sorbonne – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Homepage der Sorbonne (französisch)
- Tagesschaubeitrag über die Besetzung und Räumung der Sorbonne am 11.3.2006
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Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel soweit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen. |
Koordinaten: 48° 50' 55" N, 2° 20' 36" O