Sucht
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Der Begriff Sucht bezeichnet umgangssprachlich ein breites Spektrum von Krankheiten und Verhaltensstörungen, insbesondere Abhängigkeit, Drogenmissbrauch und sonstige nichtstofflichen Süchte.
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Wortbedeutung
Das Wort „Sucht“ (germ. suhti-, ahd. suht, suft, mhd. suht) ist nicht verwandt mit „suchen“. Es geht auf „siechen“ (ahd. siuchen, mhd. siuchan) zurück, das Leiden an einer Krankheit. Im heutigen Sprachgebrauch ist das Adjektiv „siech“ (vergleiche auch engl. sick) nur noch regional gebräuchlich.
1888 definierte Meyers Konversationslexikon „Sucht“ als ein in der Medizin veraltetes Wort, das früher ganz allgemein Krankheit bedeutete, mittlerweile nur noch in Zusammensetzung vorkommt, wie in Schwindsucht, Wassersucht, Fettsucht, Fallsucht, Gelbsucht, Mondsucht, Trunksucht usw.
Diese historischen Krankheitsbezeichnungen beschrieben meist nur das auffälligste Symptom. Der Schwindsüchtige "schwindet dahin", im Wassersüchtigen sammelt sich Wasser, der Fettsüchtige ist zu fett, der Gelbsüchtige verfärbt sich gelb, der Trunksüchtige trinkt zu viel. Nach heutigem medizinischen Wissensstand sind diese Begriffe veraltet. Sie wurden durch genauere Begriffe abgelöst.
Der moderne Suchtbegriff im Sinne von Abhängigkeit bildete sich erst im 20. Jahrhundert. Anfänglich bezog er sich nur auf die Trunksucht, den Alkoholismus. Später wurden auch andere Abhängigkeiten als Sucht bezeichnet, wobei sich auch dort die Krankheitsbezeichnung auf das Suchtmittel bezieht, beispielsweise Nikotinsucht.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Abhängigkeitsbegriff auf andere zwanghafte Ersatzhandlungen erweitert. Patienten sind dabei ihrem Suchtverhalten ähnlich ausgeliefert wie Substanzabhängige. Diese Süchte werden nach dem Suchtverhalten benannt: Spielsucht, Sexsucht, Arbeitssucht, Kaufsucht, Esssucht, Internetsucht. Auch die umgangssprachlichen Bezeichnungen einiger Essstörungen enthalten den Wortbestandteil „Sucht“, wie etwa Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa) oder Magersucht (Anorexia nervosa).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benutzte den Begriff „Sucht“ nur von 1957 bis 1964 [1]. Danach wurde er durch „Abhängigkeit“ und „schädlichen Gebrauch“ ersetzt.
Diese Umformulierung geschah, um die mit dem Begriff oft einhergehenden Stigmatisierungen von Abhängigen zu vermeiden. Gleichzeitig wurde der Begriff auf stoffliche Süchte konzentriert. In der Gesellschaft hat sich die Neuformulierung nicht durchgesetzt. "Sucht" ist weiterhin weit verbreitet und wird auch in den Medien vorwiegend benutzt. Begriffe wie „Suchtmittel“, „Suchtberatung“, Suchtkrankheit, Naschsucht, etc., aber auch Eifersucht, Sehnsucht, Ich-Sucht etc. zeugen von der Verbreitung.
In vielen wissenschaftlichen Arbeiten wird der Begriff „Sucht“ vermieden. Im Zusammenhang mit Diagnostik und Therapie werden mittlerweile die ICD-10 Begrifflichkeiten bevorzugt. Die Codes F10-F19 „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen” unterscheiden etwa zwischen „akuter Intoxikation“, „schädlicher Gebrauch“, „Abhängigkeitssyndrom“, „Entzugssyndrom“, „Psychotischer Störung“, „Amnestisches Syndrom“ und Demenz. Dazu kommen noch weitere.
Psychologische Wirkmechanismen
Obwohl der Begriff „Sucht“ nicht von „suchen“ kommt, steht psychologisch hinter der Sucht immer eine stellvertretende Suche nach Beziehung, Liebe, Glück, Kontakt, Lust, Zufriedenheit etc., die in der Regel auf diesem Weg langfristig erfolglos bleibt. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Ersatzhandlung, bei der die geistige und emotionale Energie auf die Auseinandersetzung mit dem Suchtmittel gerichtet ist. Die Notwendigkeit menschlicher Kontakte und oft auch die Anforderungen des Alltags werden missachtet. Dies gilt sowohl für die stofflichen Süchte mit körperlicher Abhängigkeit, als auch für die nicht-stofflichen Süchte. Bei den nicht-stofflichen ist das Suchtmittel die Beschäftigung mit beispielsweise Arbeit, Essen, Sex, Computer usw. Wie bei allen Süchten sind die Suchtmittel veränderlich und die vielfältigen Formen der Süchte können ineinander übergehen und sich vermischen.
Stoffgebundene Abhängigkeit
Hauptartikel: Abhängigkeit (Medizin)
Hier ist eine körperliche Abhängigkeit von chemischen Stoffen gemeint, z. B. Alkoholismus, Nikotinabhängigkeit, Tablettenabhängigkeit, Heroinabhängigkeit, bei der der Abhängige unter ständigem physischen und psychischen Zwang steht und alles unternimmt, um „sein” Suchtmittel zu erhalten (englisch craving, zu deutsch „Verlangen“). Mit speziellen, für die Routinediagnostik allerdings noch zu kostspieligen bildgebenden Verfahren können sowohl bei der stofflichen als auch bei der nicht-stofflichen Abhängigkeit entsprechende Erregungszustände im Hirn gemessen werden.
Stoffungebundene Süchte
Manche Süchtige leben ihre Sucht für sich alleine. Sammelsüchtige z.B. ziehen sich manchmal ganz zurück und schränken ihren Wohnraum soweit ein, dass ihnen nur noch wenige Quadratmeter Bewegungsfreiheit bleiben. Andere leben ihre Sucht auch in Gruppen mit Gleichgesinnten (Spielsucht, Esssucht, Arbeitssucht). Computersüchtige leben ihre Sucht in künstlichen (virtuellen) Gruppen. Allen gemeinsam ist die Verleugnung ihrer Abhängigkeit vor sich selbst und vor andern. Manche Süchte werden gesellschaftlich sogar belohnt (Arbeitssucht, Co-Abhängigkeit).
- Arbeitssucht (Workaholic)
- Bibliomanie
- Co-Abhängigkeit
- Computersucht (Computerspiele)
- Essstörungen (z. B. Anorexie, Bulimie, Adipositas)
- Fernsehsucht
- Handy-Abhängigkeit
- Internetsucht
- Kaufsucht
- Kleptomanie
- Lesesucht
- Medienabhängigkeit
- Sammelsucht („Messie-Syndrom“)
- Selbstverletzendes Verhalten
- Hypersexualität („Sexsucht“)
- Pathologisches Spielen („Wettsucht“, „Spielsucht“)
- Sportsucht, Fitnesssucht
- Siehe auch den neuen Begriff: Verhaltenssucht
Therapie
Die eigentliche Therapie erfolgt meist in einer suchtspezifischen Spezialklinik (Psychosomatische Klinik) und dauert mindestens zwei bis drei Monate, kann jedoch durchaus mehrere Jahre dauern.
Parallel dazu und danach arbeiten die Betroffenen oft viele Jahre in einer Selbsthilfegruppe, um auf Dauer suchtfrei zu bleiben.
Siehe auch
Quellen
Weiterführende Literatur
- Bernhard van Treeck: Drogen- und Sucht-Lexikon. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 4.Aufl. 2004, ISBN 3-89602-542-2
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