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Unendlichkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel befasst sich mit der Begriffsklärung, das gleichnamige Buch von Alastair Reynolds findet man unter Unendlichkeit (Buch).


Die Unendlichkeit ist das Gegenteil von Endlichkeit. Das Unendliche, Grenzenlose, Nicht-Endende ist der direkten menschlichen Erfahrung unzugänglich und am ehesten mit dem Begriff der unbegrenzten Weite zu assoziieren.

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftliche Zugänge zum Begriff "Unendlichkeit"

Die Unendlichkeit lässt sich geistes- oder naturwissenschaftlich nur abstrakt in der Vorstellung entwickeln und wird auf Objekte und Begriffe angewendet, die keine räumlichen oder zeitlichen Grenzen haben. In der Theologie ist die Unendlichkeit eines der Attribute Gottes, während die Schöpfung per se endlich ist.

In der Astronomie wurde angesichts der Tiefe und Weite des Sternhimmels oft die Vorstellung eines unendlich ausgedehnten Weltraums entwickelt. Auch in Bezug auf die Zeit ist das Konzept der Unendlichkeit bekannt, hier verwendet man den Begriff Ewigkeit. Während die Höhere Mathematik oft mit dem Abstraktum "unendlich" operiert, ist in der theoretischen Physik eher das Phänomen der Singularität von Bedeutung - etwa im Zusammenhang mit den Begriffen Urknall (Beginn der sichtbaren Schöpfung) und Schwarzes Loch. Als Singularität wird ein Punkt in der Raumzeit bezeichnet, an dem Masse in einem ausdehnungslosen Punkt mit unendlicher Dichte konzentriert ist.

Während die Theorie des Urknalls zwar seit längerem allgemein anerkannt, aber (noch?) nicht naturwissenschaftlich beweisbar ist, wurden Schwarze Löcher indirekt bereits nachgewiesen. Andererseits wird die Vorstellbarkeit der Unendlichkeit in der Natur auch bezweifelt.

In der Mathematik und Physik werden unendliche Werte durch das Symbol dargestellt, das auch Lemniskate genannt wird (eine auf der Seite liegende 8). Das Symbol wurde vom englischen Mathematiker John Wallis 1655 als Zeichen für eine abstrakte unendliche Größe eingeführt. Ursprünglich wurde ∞ im alten Rom als Zeichen für die Zahl 1000 verwendet. Anderen Deutungen zufolge entstand es aus dem letzten griechischen Buchstaben ω (kleines Omega) - einem gebräuchlichen Synonym für "Ende" - oder dem kleinen liegenden θ (Theta), dem Anfangsbuchstaben für Gott (theos).

Neben der unendlichen Ausdehnung zu immer weiter zunehmenden Größen wird der Begriff auch für die unendliche Teilbarkeit, das unendlich Feine verwendet, dessen Grenze Null ist, Null aber nicht erreicht. Aus der Negation des unendlich Feinen und deren Paradoxien ergab sich die ursprüngliche griechische „Atomtheorie“ des „Unteilbaren“.

Unendlichkeit in der Mathematik

Die Mathematik kennt den Begriff "Unendlich" in verschiedenen Teildisziplinen. Diese unterschiedlichen „Unendlichkeiten“ haben jeweils ihre eigenen Eigenschaften, und die Unendlichkeitbegriffe sind nicht austauschbar. Die Begriffe sind manchmal sehr unanschaulich und bereiten Nichtmathematikern deshalb Schwierigkeiten. Es kann helfen, wenn man sich klar macht, dass die Mathematik in der Regel keine Aussagen darüber macht, was Unendlichkeit "in Wirklichkeit" ist. Stattdessen werden Regeln für die Manipulation von Symbolen aufgestellt.

Siehe auch: endliche und unendliche Menge

Analysis

Das Symbol \infty wird in der Analysis verwendet, um anzuzeigen, dass eine Folge reeller Zahlen oder eine andere reellwertige Funktion über alle Grenzen wächst. Die Aussage

\lim_{n \to \infty}a_n = \infty

bedeutet allerdings nicht, dass die Folge konvergiert, denn das Symbol \infty, das hier als Grenzwert der Folge (an) bezeichnet wird, ist keine reelle Zahl!

Siehe auch: Konvergenz; Limes.

Rechenregeln für \infty sind also stets als Aussagen über (uneigentliche) Grenzwerte zu betrachten.

So bedeutet die Rechenregel

a + \infty = \infty

nur Folgendes:

„Sind (an) und (bn) zwei Folgen reeller Zahlen, so dass (an) gegen a konvergiert und (bn) über alle Grenzen wächst, dann gilt für die Folge (an + bn), dass sie über alle Grenzen wächst.“

Dies ist für jede reelle Zahl a richtig.

Wäre dagegen „\infty“ eine reelle Zahl, so würde aus der oben genannten Rechenregel eine Gleichung, bei der man „\inftyauf beiden Seiten subtrahieren könnte, was a = 0 ergibt, also keineswegs für jede reelle Zahl a richtig ist.

Hinweis:

Für viele Zwecke in der (reellen) Analysis ist es angebracht, zwischen +\infty und -\infty zu unterscheiden. Dieser Zweig der Mathematik benutzt also zwei unendliche Elemente.

-\infty bedeutet dann, dass ein Grenzwert kleiner ist als jede reelle Zahl. In diesem Sinne gilt z.B. für jede reelle Zahl a

a - \infty = -\infty.

Weitere Operationen mit \infty

Auch die folgenden Regeln sind zu lesen als Aussagen über Folgen, die entweder a oder \infty als Grenzwert haben. Dass sie mit einem Gleichheitszeichen geschrieben werden, erlaubt nicht, sie wie Gleichungen zu behandeln. a steht für eine beliebige reelle Zahl.

  • \infty liegt „jenseits“ des Zahlenstrahls:
{\,} - \infty < a < \infty
  • \infty ändert sich nicht, wenn man eine endliche Zahl addiert oder subtrahiert:
\infty \pm a = \infty
  • Auch wenn \infty hinzugefügt wird, ändert sich nichts:
\infty + \infty = \infty \, und -\infty -\infty = -\infty \,
  • Bei der Multiplikation und der Division sind die Vorzeichenregeln zu beachten:
\infty \cdot a_{+} = \infty
-\infty \cdot a_{+} = -\infty
\infty \cdot (-a_{+}) = -\infty
-\infty \cdot (-a_{+}) = \infty
a + “ steht hier für eine beliebige positive reelle Zahl.
Bei der Multiplikation dürfen, wie üblich, die Faktoren vertauscht werden, also \pm \infty \cdot a_{+} = \pm \infty usw.
Bei der Division gilt \pm \infty : a_{+} = \pm \infty usw., aber:
  • Eine Zahl geteilt durch Unendlich ergibt Null:
\frac{a}{\infty} =  0 und \frac{a}{-\infty} =  0
Es sei daran erinnert, dass dies nicht in die Gleichung 0\cdot(\pm \infty) = a umgewandelt werden kann!

Undefinierte Operationen

Ist nämlich (an) eine Folge mit dem Grenzwert 0 und (bn) eine Folge mit dem Grenzwert \infty, so kann die Folge (a_n \cdot b_n) jede reelle Zahl (einschließlich 0) als Grenzwert haben oder gegen \infty oder gegen -\infty streben, oder auch gar keinen Grenzwert haben, je nachdem, wie die Folgen (an) und (bn) beschaffen sind.

Zum Beispiel ergibt sich:

  • für (a_n) = \frac{1}{n} und (bn) = n: \lim_{n\to\infty} ({a_n} \cdot {b_n})=\lim_{n\to\infty} 1 = 1
  • für (a_n) = \frac{1}{n} und (bn) = n2: \lim_{n\to\infty} ({a_n} \cdot {b_n})=\lim_{n\to\infty} n = \infty und
  • für (a_n) = \frac{1}{n^2} und (bn) = n: \lim_{n\to\infty} ({a_n} \cdot {b_n})=\lim_{n\to\infty} \frac{1}{n} = 0

Der Ausdruck 0\cdot(\pm\infty) ist also undefiniert; er bezeichnet weder eine reelle Zahl, noch kann ihm das Symbol \infty zugeordnet werden.

Weitere undefinierte Ausdrücke sind:

  • \infty - \infty\,
  • \frac{\pm\infty}{\pm\infty}
  • (\pm\infty)^0\,
  • 1^{\pm\infty}\,
  • \frac{a}{0}; beschränkt man sich allerdings auf Folgen von positiven reellen Zahlen, so gilt \frac{a}{0}= \infty.

Nichtstandardanalysis

In der Nichtstandardanalysis wird mit hyperreellen Zahlen gerechnet, bei denen es auch unendliche Zahlen gibt. Dabei gelten die bekannten Rechenregeln.

Topologie

Mit Methoden der Topologie ist es möglich, den Grenzwertbegriff so zu fassen, dass der umgangssprachliche Sinn von "Unendlichkeit" vollständig eliminiert wird.

Dazu wird die Menge \mathbb R erweitert zu einer Menge \bar{\mathbb R}:=\mathbb R\cup\{+\infty,-\infty\}. Auf \bar{\mathbb R}lässt sich eine Topologie so definieren, dass Funktionen, die in \mathbb Rgegen Unendlich streben, in \bar{\mathbb R}eine stetige Fortsetzung haben.

Funktionentheorie

In der Theorie der komplexwertigen Funktionen einer komplexen Variablen (Funktionentheorie) erweist es sich, anders als bei den reellen Zahlen, als günstig, nur einen mit ∞ bezeichneten Grenzwert zu verwenden. Es wird festgesetzt:

Wächst in der komplexen Zahlenebene bei einer Zahlenfolge (z.B. bei gleich bleibendem Argument) der Betrag über alle Grenzen, so wird als Grenzwert einer solchen Folge stets das gleiche Element ∞ verwendet.

Die komplexe Zahlenebene schließt sich damit zu einer Kugel (Riemannsche Zahlenkugel). "∞" ist der Gegenpol zur Zahl Null.

Hinweis: Auch in anderen Zusammenhängen ist es praktisch, nur einen unendlichen Wert zu verwenden. So ist z.B. die Steigung einer Geraden entweder eine reelle Zahl oder "Unendlich". (Ein Vorzeichen ergäbe hierbei keinen Sinn).

projektive Geometrie

Bei der Erweiterung einer affinen Ebene zu einer projektiven Ebene werden "unendlich ferne Punkte" (Fernpunkte) hinzugefügt, die als Schnittpunkte der (bis dahin) parallelen Geraden dienen. ("Parallelen schneiden sich im Unendlichen.") Für jede Richtung, die Geraden haben können, wird genau ein neuer Punkt definiert. Die Gesamtheit dieser "unendlich fernen" Punkte heißt die "unendlich ferne Gerade".

Bei diesem Vorgehen entstehen genau so viele unendliche Objekte, wie eine Gerade Punkte hat (zuzüglich einem, nämlich der unendlich fernen Geraden). Je nachdem, von welcher affinen Ebene ausgegangen wird, kann diese Anzahl endlich oder unendlich sein. Ausgehend von der üblichen euklidischen Ebene \mathbb{R}^2 ergeben sich so viele "unendlich ferne Punkte", wie es reelle Zahlen gibt.

Auch hier dient der Begriff "unendlich" nur dazu, die formale Definition zu motivieren. Werden projektive Ebenen ohne Bezug auf eine affine Ebene betrachtet, so spielt dieser Begriff keine Rolle.

Andererseits ist die Begriffsbildung auch sehr anschaulich: In der Perspektivenkonstruktion sieht man, dass alle Geraden, die "in Wirklichkeit" dieselbe Richtung haben, sich im perspektivischen Bild im selben Fluchtpunkt schneiden.

Mengenlehre

Kardinalzahlen

In der Mengenlehre wird die Größe von Mengen, auch Mächtigkeit genannt, durch so genannte Kardinalzahlen beschrieben. Bei endlichen Mengen lässt sich die Mächtigkeit z. B. der Menge {A, B, C} durch die Kardinalzahlen 3 angeben: Die Menge {A, B, C} hat drei Elemente. Um die Mächtigkeit unendlicher Mengen zu beschreiben, hat Georg Cantor unendliche Kardinalzahlen eingeführt, die er mit dem hebräischen Buchstaben \aleph (Aleph) bezeichnet und durchnummeriert: \aleph_0, \aleph_1, \aleph_2, ....

  • Die Mächtigkeit der Menge der natürlichen Zahlen ist \aleph_0, die erste unendliche Kardinalzahl. Mengen mit dieser Mächtigkeit nennt man abzählbar.
  • Ein im Rahmen der Mengenlehre nicht zu beantwortendes Problem ist die Kontinuumshypothese, ob die Mächtigkeit der reellen Zahlen mit der zweiten unendlichen Kardinalzahl \aleph_1 übereinstimmt. (Die Kontinuumshypothese oder ihre Negation kann als neues Axiom in der Mengenlehre verwendet werden.)
  • Die unendlichen Kardinalzahlen bilden ihrerseits wieder eine unendliche Folge: Da die Potenzmenge einer Menge stets eine größere Mächtigkeit hat als die Menge selbst, gibt es keine größte Kardinalzahl.

Ordinalzahlen

Eine weitere Möglichkeit, die Unendlichkeit zu quantifizieren, bieten die transfiniten Ordinalzahlen: Sie entsprechen einer Anordnung unendlich vieler Objekte. Ihre Arithmetik unterscheidet sich von der der Kardinalzahlen: Beispielsweise haben zwei Kopien der natürlichen Zahlen zusammen immer noch die Mächtigkeit \aleph_0, aber die entsprechende Ordinalzahl ω + ω ist größer als die zu den natürlichen Zahlen gehörende Ordinalzahl ω.

Zitate

  • „Das Unendliche hat wie keine andere Frage von jeher so tief das Gemüt der Menschen bewegt. Das Unendliche hat wie kaum eine andere Idee auf den Verstand so anregend gewirkt. Das Unendliche ist aber auch wie kein anderer Begriff der Aufklärung bedürftig.“ (David Hilbert)
  • „So protestiere ich gegen den Gebrauch einer unendlichen Größe als einer vollendeten, welche in der Mathematik niemals erlaubt ist. Das Unendliche ist nur eine Façon de parler...“ (Carl Friedrich Gauß)
  • „Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit – Beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ (Albert Einstein)
  • „Unser erkennender Geist spannt sich, indem er etwas erkennt, ins Unendliche aus.“ (Thomas von Aquin)
  • „Das Unendliche ist weit, vor allem gegen Ende.“ (Alphonse Allais)
  • „Finitum non capax infinitum – Das Endliche vermag das Unendliche nicht zu fassen.“ (Johannes Calvin)
  • „Wogegen ich mich wehre, ist die An­schauung, dass die unendliche Zahlen­reihe etwas Gegebenes sei, worüber es nun spe­zielle Zahlen­sätze und auch allgemeine Sätze über alle Zahlen der Reihe gibt“ (Ludwig Wittgenstein)
  • „Alles, worauf ein Mensch sich ernstlich einläßt, ist ein Unendliches.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
  • „Was ist schon ein Mensch im Unendlichen?“ (Blaise Pascal)
  • „Das Unendliche ist dort, wo der Unsinn vernünftig wird.“ (Carl Friedrich von Weizsäcker)
  • „Ein weiterer Pluspunkt für die Mathematik: unser endlicher Verstand kann das Unendliche begreifen.“ (Donald Knuth)
  • „Das Unermessliche und Unendliche ist für den Menschen ebenso notwendig wie dieser kleine Planet, auf dem er lebt.“ (Dostojewski)

Siehe auch


Referenzen

Literatur

Videos

Weblinks

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