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Vergehen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Vergehen im strafrechtlichen Sinn, für andere Bedeutungen siehe Vergehen (Begriffsklärung)

Vergehen bezeichnet eine minderschwere Straftat, die mit einer nicht allzu hohen Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht ist. Wann genau von einem Vergehen zu sprechen ist, wird in den Rechtsordnungen der einzelnen Länder unterschiedlich definiert.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Historische Einordnung

Die Differenzierung zwischen strafbaren Handlungen unterschiedlicher Schwere ist bereits sehr früh in der Rechtsgeschichte belegt. Schon in der Constitutio Criminalis Carolina wurde zwischen causae maiores und causae minores (schwer wiegenden und minderschweren Anklagegründen) unterschieden; diese Trennung war für die Form der Bestrafung ausschlaggebend: Lebens-, Leibes- und Ehrenstrafen oder Geldbuße und kurzzeitiges Gefängnis.

Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Dabei orientierte es sich an dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (Trichotomie) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt (crime - délit - contravention). Von der Zuordnung der Tat zu einer der drei Kategorien hing wiederum die Strafart ab; für Verbrechen konnte u.U. auf Todesstrafe oder auf Zuchthaus erkannt werden, Vergehen wurden mit Gefängnis und Übertretungen in der Regel nur mit einer Geldstrafe oder kurzer Haft geahndet.

Mit der Strafrechtsreform von 1974/75 wurde diese Trichotomie in der Bundesrepublik Deutschland durch eine Dichotomie (Zweiteilung) ersetzt: Seither sind nur noch Verbrechen und Vergehen strafbare Handlungen. Die Übertretungen wurden abgeschafft und zum Teil in Vergehen umgewandelt, zum Teil durch Ordnungswidrigkeiten ersetzt oder entkriminalisiert. Strafen wie Zuchthaus oder Gefängnis wurden ebenfalls abgeschafft und eine einheitliche Freiheitsstrafe geschaffen. Ob diese Zweiteilung beibehalten werden soll, ist unter Strafrechtlern umstritten, da ihre praktische Bedeutung relativ gering ist.

In einigen Rechtssystemen gibt es die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen nicht oder nicht mehr. Beispielsweise existieren in den ebenfalls vom französischen Modell ausgehend entwickelten Strafrechten Italiens, Spaniens und der Niederlande für Bagatellstraftaten zwar weiterhin die Übertretungen (contravvenzioni, faltas bzw. overtredingen), alle anderen Straftaten werden dagegen einheitlich als "Delikte" oder "Vergehen" (delitti, delitos bzw. misdrijven) bezeichnet. Trotzdem werden auch hier schwere und weniger schwere Tatbestände entsprechenden Unterkategorien zugeordnet. In den meisten Rechtsordnungen des Common Law gibt es die Unterscheidung zwischen schweren oder "kapitalen" Verbrechen (felonies) und weniger schweren kriminellen Vergehen (misdemeanors), wobei der Ausdruck "Verbrechen" (crime) im Englischen als Oberbegriff dient und systematisch eher der "Straftat" als solchen entspricht.

[Bearbeiten] Definition in Deutschland

Nach dem deutschen Strafrecht sind Vergehen Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr bedroht sind ([http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stgb/__12.html vgl. § 12 Abs. 2 StGB). Alle anderen Straftaten sind Verbrechen

Besonderheiten: Die Strafbarkeit des Versuchs eines Vergehens (z. B. versuchte Körperverletzung) muss explizit im Gesetz genannt werden (hier: § 223 Abs. 2 StGB).

Vergehen werden grundsätzlich vor dem Einzelrichter des Amtsgerichtes angeklagt. Liegt der erwartete Strafrahmen zwischen zwei und vier Jahren Freiheitsstrafe (vgl. Strafbann), so ist das Schöffengericht am Amtsgericht zuständig. Liegt der Strafrahmen höher oder liegt eine besondere Bedeutung in dem Fall, so ist die große Strafkammer des Landgerichts zuständig. Die Zuständigkeiten ergeben sich aus den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Vergehen sind nicht gleichzusetzen mit "Übertretungen". Diese sind durch das Einführungsgesetz zum StGB von 1974 abgeschafft (und in Vergehen oder Ordnungswidrigkeiten umgewandelt) worden.

[Bearbeiten] Definition im Disziplinarrecht

Disziplinarrechtlich ist ein Dienstvergehen ein schwerer Verstoß gegen Dienstvorschriften eines Beamten.

[Bearbeiten] Definition in Österreich

Nach § 17 des österreichischen Strafgesetzbuches (Einteilung der strafbaren Handlungen) sind Vergehen alle strafbaren Handlungen, die nicht als Verbrechen (mit lebenslanger oder mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche Handlung) definiert sind. Im Unterschied zur deutschen Regelung ist in Österreich auch der Versuch eines Vergehens strafbar. Weiters ist die Zuständigkeit der Gerichte anders geregelt.

[Bearbeiten] Definition in der Schweiz

Gemäss Artikel 9 des schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) sind Vergehen die mit Gefängnis als Höchststrafe bedrohten Handlungen. Dabei kommt es auf die Strafandrohung an, nicht auf die im konkreten Fall ausgesprochene Strafe. Die Gefängnisstrafe dauert gemäss Art. 36 StGB wenigstens 3 Tage und höchstens 3 Jahre, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt. Somit stellt das Vergehen die Zwischenstufe zwischen Verbrechen und Übertretung dar. Der Versuch ist bei Verbrechen und Vergehen immer strafbar (Art. 21 und 22 StGB).

[Bearbeiten] Revisionen

  • Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich bis zum in Kraft treten der gesamtschweizerischen Strafprozessordnung nach kantonalem Recht. Sie soll etwa im Jahr 2010 in Kraft treten.
  • Der Allgemeine Teil (AT) des Strafgesetzbuches befindet sich zur Zeit in Revision. Nach dem neuen AT sind Vergehen Straftaten, welche mit einer Höchststrafe von 3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Der neue AT wird voraussichtlich Anfang 2007 In Kraft treten.


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