Babel (Film)
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Filmdaten | |
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Deutscher Titel: | Babel |
Originaltitel: | Babel |
Produktionsland: | USA |
Erscheinungsjahr: | 2006 |
Länge (PAL-DVD): | 142 Minuten |
Originalsprache: | Englisch, Spanisch, Japanisch, Arabisch, Französisch, Berber, Japanische Gebärdensprache |
Altersfreigabe: | FSK 16 |
Stab | |
Regie: | Alejandro González Iñárritu |
Drehbuch: | Guillermo Arriaga |
Produktion: | Steve Golin und John Kilik |
Musik: | Gustavo Santaolalla |
Kamera: | Rodrigo Prieto |
Schnitt: | Douglas Crise und Stephen Mirrione |
Besetzung | |
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Babel ist ein Spielfilm des mexikanischen Regisseurs Alejandro González Iñárritu aus dem Jahr 2006. Das Drama basiert auf einem Original-Drehbuch von Guillermo Arriaga und wurde u. a. von den Filmstudios Anonymous Content und Dune Films produziert. In Deutschland kam Babel am 21. Dezember 2006 in die Kinos.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Handlung
Die beiden marokkanischen Brüder Ahmed und Yussef werden von ihrem Vater beauftragt die Ziegenherde der Familie zu hüten. In der Wüste experimentieren die beiden aber viel lieber mit dem mitgegebenen großkalibrigen Winchester-Jagdgewehr, das die Herde vor Angriffen von Schakalen schützen soll. Der Vater hat die Waffe einem Nachbarn abgekauft, der sie einst von einem japanischen Jäger geschenkt bekam. Ahmed und Yussef wollen die Reichweite der Büchse austesten, mit der man sein Ziel angeblich aus drei Kilometer Entfernung nicht verfehlen kann. Der jüngere Yussef zielt auf einen herannahenden Bus, der weiter unten im Tal mit westlichen Touristen unterwegs ist. Unter den Businsassen befindet sich das US-amerikanische Ehepaar Richard und Susan, dem die Reise nach Nordafrika über den Verlust ihres jüngsten Kindes hinweghelfen sollte. Susan, die eine Trennung von ihrem Ehemann erwägt, weil dieser sie nach dem Tod des Kindes verlassen hatte, wird durch das Busfenster hindurch von Yussefs Gewehrkugel getroffen und lebensgefährlich verletzt. Vier Stunden vom nächsten Krankenhaus entfernt, steuert der Bus ein Dorf an, in dem sich der verzweifelte Richard per Telefon an die US-amerikanische Botschaft wendet und Hilfe erbittet. Die Diplomaten gehen jedoch von einem terroristischen Anschlag aus und verzögern aus politischen Gründen das Eintreffen der einzigen Ambulanz vor Ort. So muss Richard seine Frau mit Hilfe einer alten Marokkanerin und eines Tierarztes vor dem Verbluten retten. Erst nach einem Tag werden Richard und Susan mit dem Helikopter in ein Stadtkrankenhaus geflogen, wo Susan die rettende medizinische Versorgung erhält.
Derweil hat die im tausende Kilometer entfernten San Diego befindliche mexikanische Haushälterin Amelia, durch einen Telefonanruf ihrer langjährigen Arbeitgeber, Richard und Susan, von den schicksalhaften Ereignissen in Marokko erfahren. Obwohl Richard sie am Telefon bittet, weiterhin bei den daheim gebliebenen zwei Kindern des Ehepaares zu bleiben, sucht die Mexikanerin nach einem Babysitter, um an den bevorstehenden Hochzeitsfeierlichkeiten ihres Sohnes in Mexiko teilnehmen zu können. Als sie niemanden findet, der die ihr anvertrauten Zöglinge abnehmen kann, beschließt Amelia, die Kinder mit über die Grenze in ihr Heimatland zu nehmen. Bei der Wiedereinreise in die USA legt sich Amelias hitzköpfiger Neffe Santiago jedoch mit US-amerikanischen Grenzbeamten an, denen es seltsam anmutet, dass zwei amerikanische Kinder mit zwei Mexikanern in einem Fahrzeug unterwegs sind. Der angetrunkene Santiago durchbricht mit seinem Wagen den Grenzübergang in Richtung USA. Beim Versuch, die Grenzpolizei abzuhängen, verlässt er die Straße und lässt Amelia und die beiden Kinder allein in der Wüste zurück. Am nächsten Tag wird Amelia halb verdurstet von der Polizei aufgegriffen und, da sie illegal in den USA lebte, sofort festgenommen und ihre Abschiebung eingeleitet. Während des Verhörs durch den Grenzbeamten erfährt Amelia, dass die Kinder in der Wüste gefunden wurden und am Leben sind.
Parallel zu den beiden Ereignissen versucht in Tokio die heranwachsende Chieko den Selbstmord ihrer Mutter zu verarbeiten. Die Tochter des Geschäftsmannes und einstigen Großwildjägers Yasujiro, der vor Jahren bei einem seiner Jagdzüge in Marokko sein Winchester-Gewehr zum Dank oben erwähntem, einheimischen Jagdführer schenkte, ist jung, attraktiv und gehörlos. Chieko scheint ihrem Vater Teilschuld am Tod ihrer Mutter zu geben und schottet sich förmlich von ihm ab. Zwar ist Yasujiro als alleinerziehender Vater bemüht aber hoffnungslos überfordert, seine Tochter im Zaum zu halten. Die angeborene Kommunikationsbarriere erschwert es Chieko besonders Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen, obwohl sie sehr kontaktfreudig und offen ihre Sehnsucht nach sexuellen Erfahrungen demonstriert. Die häufige Ablehnung durch andere hat sie verbittert und gibt ihr das Gefühl allein in ihrer eigenen Welt gefangen zu sein. Erlösung sucht Chieko in Drogen, Alkohol und Partys in der mit Lärm, Musik und Stimmen erfüllten asiatischen Millionenmetropole. Zwar kann Chieko die ohrenbetäubende Musik nicht hören, scheint diese aber zu spüren und taucht, für einen kurzen Moment glücklich, in der Menschenmenge unter. Wieder zu Hause sucht sie Nähe und Intimität bei einem Polizisten, den sie zuvor bei der Suche nach Informationen über das verhängnisvolle Gewehr ihres Vaters kennenlernte. In der Schlussszene steht Chieko nackt auf dem Balkon und blickt in das Lichtermeer von Tokio. Ihr heimkehrender Vater tritt hinzu und sie umarmen sich frei von Vorwürfen und Schuldzuweisungen.
[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte
Der mexikanische Regisseur Alejandro González Iñárritu beendet mit Babel seine Trilogie zum Thema Gewalt, Tod und menschliche Abgründe, die er mit seinem Spielfilmdebüt Amores Perros (2000) und seiner zweiten englischsprachigen Regiearbeit 21 Gramm (2003) begonnen hatte. Für die Produktion des Films konnte Iñárritu auf seinen gewohnten Drehbuchautoren Guillermo Arriaga, Kameramann Rodrigo Prieto, Produktionsdesignerin Brigitte Broch und Filmkomponist Gustavo Santaolalla zurückgreifen. Arriaga, Prieto und Broch hatten an Amores Perros und 21 Gramm mitgewirkt, Santaolalla zusätzlich an Iñárritus Beitrag zum Episodenfilm 11'09"01 – September 11 (2002), über das Attentat auf die Türme des World Trade Centers in New York am 11. September 2001.
Die Dreharbeiten für Babel fanden vom 2. Mai bis 1. Dezember 2005 an Original-Schauplätzen statt, darunter das japanische Ibaragai, Ouarzazate in Marokko, Tijuana und die Sonora-Wüste in Mexiko. Neben renommierten Schauspielern wie der australischen Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett, dem US-Amerikaner Brad Pitt und dem Mexikaner Gael García Bernal, der mit Amores Perros seinen Durchbruch feierte, wirkten auch Laiendarsteller an dem Film mit, so u. a. zahlreiche marokkanische Dorfbewohner. Das Filmskript orientiert sich an der biblischen Sage des Turmbaus zu Babel aus dem Alten Testament. Zur Strafe für die Vermessenheit der Bauherren, mit dem pyramidenförmigen Tempelturm von Babylon den Himmel bzw. Gott erreichen zu wollen, habe Gott die Menschen verwirrt und ihnen verschiedene Sprachen gegeben. So finden sich in jedem der Handlungsstränge von Babel zwei Sprachen wieder - arabisch und englisch in Marokko, englisch und spanisch in Kalifornien und Nordmexiko, japanisch und die Gebärdensprache im japanischen Tokio. Für den Filmschnitt waren die Cutter Douglas Crise und Stephen Mirrione verantwortlich, die schon 2003 an 21 Gramm mitgearbeitet hatten. Wie bei den vorangegangenen Filmen Iñárritus werden die Geschichten nicht in chronologischer Reihenfolge erzählt. Die teilweise fragmentarischen Szenen werden dem Zuschauer zeitlich versetzt präsentiert.
[Bearbeiten] Rezeption
Babel feierte seine Premiere am 23. Mai 2006 auf den Filmfestspielen von Cannes. Alejandro González Iñárritus sechste Regiearbeit und dritter Langspielfilm wurde als moderne Parabel auf den biblischen Turmbau angekündigt und stand in der Gunst der Kritiker, die ihn als einen perfekten Film über kulturelle Codes und die Schwierigkeiten der (Völker-)Verständigung bewerteten (vgl. Berliner Zeitung). Die wenigen kritischen Stimmen beanstandeten, dass Iñárritu Babel mit einem zu versöhnlichen Ende ausgestattet habe und, im Gegensatz zu seinen Vorgängerfilmen Amores Perros und 21 Gramm, bei einigen seiner Figuren die letzte Stringenz vermissen lassen würde. Der Regisseur selbst sagte, er habe mit seinem Film "den Widerspruch zwischen dem Eindruck, dass die Welt durch all die Kommunikationswerkzeuge, die wir hätten, kleiner geworden wäre" erforschen wollen "und das Gefühl, dass die Menschen dennoch unfähig sind, sich selbst auf einem grundlegenden Niveau auszudrücken und untereinander zu kommunizieren". "Ich versuchte zu zeigen, was mit uns momentan passiert. Wir sehen den 'anderen' immer als abstrakt, so dass Anderssein heißt, gefährlich und nicht fähig sein, den anderen zu verstehen. Dies geschieht nicht nur von Land zu Land, sondern zwischen Vätern, Söhnen, Ehemännern ... Wir sind nicht mehr in der Lage zuzuhören."[1]
In den USA, wo der Film am 27. Oktober 2006 im Verleih der Paramount Pictures in ausgewählten Kinos startete, erhielt Babel von der Motion Picture Association of America (MPAA) eine "R"-Bewertung. Dies hat zur Folge, dass Jugendliche unter 17 Jahren nur in Begleitung eines Elternteils oder Erwachsenen den Film besuchen können. In Deutschland startete Babel am 21. Dezember 2006.
[Bearbeiten] Kritiken
- "Trotz des monumentalen Titels und seines ambitionierten Anliegens ist „Babel“ dennoch kein größenwahnsinniger Film geworden. Iñárritus Episoden sind wesentlich intimistischer als in seinen ersten beiden Filmen. Die Aufmerksamkeit des Regisseurs richtet sich auf die Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit seiner Figuren, wie sie in einer psychologischen Ausnahmesituation hinter dem verinnerlichten sozialen Code und seinen erlernten Kommunikationsregeln zum Vorschein kommt." (Martin Rosefeldt, Arte)
- "Angespannt, unnachgiebig und manchmal schwierig zu verfolgen ist Alejandro González Iñárritus 'Babel', ein emotional zerrüttendes Drama in dem ein einfacher Akt der Freundlichkeit zu Ereignissen führen, die unsere zusammengesetzte Fassade der Zivilisation durchbohren und das weiße Rauschen des Terrors hervorbringen ... Brad Pitt, Cate Blanchett und Gael García Bernal geben engagierte Ensembleleistungen neben bewährten Charakterdarstellern und Laiendarstellern ..." (Hollywood Reporter)
- "Angesichts einer Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden und einer Story, die als moderne Parabel auf den biblischen Turmbau angekündigt wurde, wappnete man sich für die nächste Strapaze, doch Iñárritu vollbrachte mit seinem erstaunlichen und mitreißenden Film das Wunder, dem Festivalpublikum neuen Mut zu verleihen ... Iñárritu schafft es mit eindringlichen Szenen, die vom bewährten "Brokeback Mountain"-Team Rodrigo Prieto (Kamera) und Gustavo Santaolalla (Musik) traumhaft inszeniert werden: Brad Pitt (liefert) ... mit tiefen Runzeln und meliertem Haar eine seiner bisher besten Rollen ab ..." (Der Spiegel)
- "'Babel' ist ein großartiges Epos, inspiriert durch den babylonisch vernetzten Lebenswirrwarr unserer Tage – und der erste ernsthafte Palmen-Konkurrent für Pedro Almodóvar, der mit 'Volver' das Festival anfangs verzaubert hatte." (Der Tagesspiegel)
- "Es ist die filmische Illustration der Schmetterlingstheorie, wonach ein Flügelschlag auf einem Kontinent einen Sturm auf einem anderen auszulösen vermag, aber Iñárritu übernimmt außer der Theorie auch deren Naivität. All seine Hauptfiguren sind guten Willens, und alle Komplikationen entstehen aus Zufällen und Mißverständnissen ... Iñárritu (scheint) mehr und mehr in (die) hollywoodeske Wir-sind-doch-alle-Brüder-Duselei abzutreiben ... "Babel" ist ein versöhnlerischer Film, in dem niemand an nichts wirklich schuldig wird, und man darf den Saal in dem Gefühl verlassen, daß gnädiges Schicksal und guter Wille alle Übel dieser Welt kurieren können." (Die Welt)
- "Iñárritus handwerklich virtuoser Episodenfilm zielt aufs Gefühl, nicht auf den Intellekt: Seine Themen und Motive - globale Verflechtung, kulturelle Differenz, menschliche Hybris - sind eher unspezifisch und manchmal sogar klischeehaft bebildert." (epd Film, Film des Monats 12/2006 der Jury der Evangelischen Filmarbeit)
[Bearbeiten] Auszeichnungen
Nachdem Alejandro González Iñárritus Langspielfilmdebüt Amores Perros im Jahr 2000 bei der Kritikerwoche debütierte, schaffte es der Filmemacher sechs Jahre später mit Babel bei den 59. Internationalen Filmfestspielen von Cannes zum ersten Mal im Wettbewerb des renommierten Filmfestivals an der Côte d’Azur vertreten zu sein, wo er u. a. mit dem Preis für die beste Regie und dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde. US-amerikanische Kritikerverbände ignorierten dagegen weitgehend das Drama, honorierten aber die Leistung des Schauspielensembles und insbesondere das Spiel der beiden Nebendarstellerinnen Rinko Kikuchi und Adriana Barraza. Bei der Verleihung der Golden Globe Awards am 15. Januar 2007 galt Babel mit sieben Nominierungen als Favorit, konnte sich aber nur als bestes Filmdrama gegen die Konkurrenz durchsetzen. Bei der Verleihung des BAFTA-Awards am 11. Februar 2007 folgten sieben Nominierungen, doch nur Filmkomponist Gustavo Santaolalla konnte den wichtigsten britischen Filmpreis erringen. Bei den Oscars am 25. Februar 2007 galt Babel mit sieben Nominierungen wiederum als Favorit, konnte die Erwartungen allerdings nicht erfüllen und gewann lediglich den Preis für die Beste Filmmusik.
Broadcast Film Critics Association Awards 2007
Internationale Filmfestspiele von Cannes 2006
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Chicago Film Critics Association Awards 2006
Directors Guild of America 2007
Online Film Critics Society Awards 2007
Palm Springs International Film Festival 2007
San Francisco Film Critics Circle 2006
Satellite Awards 2006
Screen Actors Guild Awards 2007
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[Bearbeiten] Weblinks
- Babel in der Internet Movie Database
- Offizielle deutsche Webseite von Babel
- Webpräsenz von Tobis Film
- Presseschau auf film-zeit.de