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BtL-Kraftstoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

BtL-Kraftstoff (Biomass to Liquid, deutsch: Biomasse zu Flüssigkeit) bezeichnet Kraftstoffe, die aus Biomasse synthetisiert werden. Im Gegensatz zu Biodiesel wird BtL-Kraftstoff allgemein aus fester Biomasse (z. B. Brennholz, Stroh, Bioabfall, Tiermehl, Schilf) also aus Zellulose bzw. Hemizellulose und nicht nur aus Pflanzenöl also Ölfrüchten hergestellt. Damit ist der Hektar-Ertrag bedeutend höher. Auch die ökologischen Nachteile von Monokulturen dürften wegfallen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Sorten und Anwendung

Prinzipiell können mit der BtL-Herstellung, die aus einer Kombination mehrerer Verfahrensschritte besteht, verschiedenste Kraftstoffsorten erzeugt werden. So eignet sich BtL-Diesel hervorragend zur Beimischung zu "normalem" Diesel. Jedoch können auch vollkommen neu entwickelte und auf moderne Motoren abgestimmte Kraftstoffe erzeugt werden.

Die BtL-Kraftstofferzeugung befindet sich allerdings noch in der Entwicklungsphase. Hauptsächlich wird derzeit an der Herstellung von Dieselkraftstoffen geforscht. Sie werden unter Bezeichnungen wie SunDiesel® oder Eco-Par vertrieben. Eine Pilotanlage läuft seit April 2003 in Sachsen (Choren Industries Freiberg) mit Unterstützung des Deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft in Kooperation mit der DaimlerChrysler AG und der Volkswagen AG, sowie als Partner von Shell plc.

[Bearbeiten] Geschichtlicher Hintergrund

Die Motivation zur Entwicklung von BtL-Kraftstoff entstammt nicht zuletzt der Annahme, dass in wenigen Jahrzehnten nicht mehr ausreichend Rohöl gefördert werden kann, um die Nachfrage zu decken.

Auch Erdöl entsteht auf natürlichem Wege aus organischen Materialien, die unter hohem Druck und hoher Temperatur stehen. Dabei wandeln sie sich in Kerogene und später in Kohlenwasserstoffe um und wandern, da sie leichter als Wasser sind, bis sie unter einer undurchlässigen Gesteinsschicht ankommen und sich zu einer Lagerstätte sammeln.

[Bearbeiten] Erste Versuche

Die Techniken zur Herstellung von Biogas und zur Umwandlung von Synthesegas mit der Fischer-Tropsch-Synthese in einen flüssigen Kraftstoff sind bereits seit den 1920ern bekannt. Sie wurden teilweise auch schon im Zweiten Weltkrieg in Deutschland zur Herstellung von Kraftstoff mittels Kohleverflüssigung angewendet und in der DDR weiterentwickelt. Die DDR mit ihren reichen Braunkohlevorkommen und Erdölmangel besaß ein Kompetenzzentrum für Kohleverarbeitung, das Deutsche Brennstoffinstitut (DBI). Es befand sich in Freiberg.

Es gelang jedoch nicht, die Verfahren effektiv zu kombinieren, da Biogas nicht die notwendigen Reinheiten (teerfrei) besitzt und der zusätzliche technische Aufwand und damit die Kosten im Vergleich zur Förderung und Verarbeitung von Rohöl zu hoch waren.

In Südafrika hingegen waren mit dem Öl-Embargo Bedingungen gegeben, die gezwungenermaßen reinen Markterwägungen übergeordnet waren. So konnte der Prozess dort existieren, dafür steht (bis in die Gegenwart) die Marke Sasol.

[Bearbeiten] Herstellung

Die Verarbeitung beginnt damit, die stark wasserhaltige Biomasse zu trocknen. Als Ausgangsmaterial finden sowohl Biomasseabfälle, wie Stroh oder Restholz, als auch speziell für die Kraftstofferzeugung angebaute Nutzpflanzen Verwendung. Die getrocknete Biomasse wird anschließend zu Synthesegas umgewandelt, um dann verflüssigt zu werden.

[Bearbeiten] Moderne Syntheseverfahren

Es gibt bereits verschiedene Verfahren im Demonstrationsmaßstab, wie das der deutschen Choren Industries GmbH, womit Biomasse, im Größenmaßstab von einigen hundert Litern am Tag, zu BtL-Kraftstoff umgewandelt werden kann. Im August 2005 hat Choren vereinbart, zusammen mit dem Mineralölkonzern Shell die weltweit erste großtechnische Fertigungsanlage für 15.000 Tonnen BtL-Kraftstoff im Jahr zu errichten. Die Anlage soll Ende 2006 in Betrieb gehen und zu Kosten von 1,0 Euro je Liter Treibstoff produzieren. Der nächste Schritt soll dann im Jahr 2009 mit einer Anlage in Lubmin zur Produktion von 200.000 Tonnen BtL-Kraftstoff im Jahr gegangen werden. Es wird erwartet, dann zu 0,60 Euro je Liter Treibstoff produzieren zu können und damit in der Größenordnung von Biodiesel aus Raps zu liegen. Der Hersteller erwägt aber auch den Standort Brunsbüttel in Schleswig-Holstein.

Geplant ist dabei, das Carbo-V®-Verfahren von Choren zur Produktion von Biogas mit dem von Shell entwickelten Shell Middle Distillate Synthesis, einem weiterentwickelten Fischer-Tropsch-Verfahren, zu kombinieren. Shell erzeugt damit bereits im großindustriellen Maßstab im malaysischen Bintulu GtL-Kraftstoff aus Erdgas und mischt ihn seinem "V-Power"-Kraftstoff bei.

Eine weitere Anlage im vorläufig kleineren Maßstab ist die Anlage in Güssing (Österreich) [1]. Hier wird mit einer Holzwirbelschichtvergasung Holzgas hergestellt, das vorläufig in einem Motor abgearbeitet wird. An der Installation einer Fischer-Tropsch-Anlage wird gearbeitet. Ab Frühling 2007 wird es schon gasförmigen Treibstoff an einer Tankstelle geben. Flüssige Treibstoffe sollen etwa ab Herbst 2007 angeboten werden

[Bearbeiten] Carbo-V®-Verfahren

Dieses Verfahren beruht auf einem zweistufigen Prozess, wobei zuerst bei ca. 450 °C die stückige Biomasse in Koks und teerhaltiges Schwelgas zerlegt wird. Während der Biokoks ausgeschleust und zermahlen wird, erfolgt bei ca. 1500 °C eine Flugstromvergasung, so dass die längerkettigen Kohlenwasserstoffe des Schwelgases in einfache Moleküle und damit in ein teerfreies Gas zerlegt werden können. Die hohe Temperatur dieses Gases wird anschließend benutzt, um den ausgeschleusten Biokoks bei nun 900 °C ebenfalls zu vergasen. Das damit entstandene Rohgas ist teerfrei und nach dem Entstauben und Waschen von gleicher Qualität wie Erdgas.

[Bearbeiten] Kraftstoffeigenschaften

Es gibt derzeit noch keine Messwerte. Fischer-Tropsch-Kraftstoffe werden einen 7% geringeren volumetrischen Energieinhalt im Vergleich zu Diesel haben, eine niedrigere Viskosität und eine viel höhere Cetanzahl. (siehe: Biokraftstoffe)

BtL-Kraftstoff ist frei von Schwefel und Aromaten. Durch die Steuerung des Synthese-Prozesses kann der Treibstoff gezielt auf niedrige Stickoxid- und Rußemissionswerte "eingestellt" werden. Der Einsatz von BtL-Kraftstoff erfordert keine oder nur geringfügige Änderungen am Verbrennungsmotor und keine speziellen Zuleitungen, was einen Vorteil gegenüber dem Einsatz von Rapsmethylester (Biodiesel) darstellt.

[Bearbeiten] Marken

[Bearbeiten] Biotrol/SunFuel/SunDiesel

Die Begriffe SunFuel® und SunDiesel® sind eingetragene Marken von Volkswagen. DaimlerChrysler verwendete die Bezeichnung Biotrol®, mittlerweile unter Lizenz von Volkswagen ebenfalls SunDiesel®. Hersteller dieses Kraftstoffes ist die deutsche Firma Choren Industries.

SunDiesel® ist eine wasserklare, ölige Flüssigkeit und frei von Schwefel und Aromaten. Sie ist wesentlich schadstoffärmer als vergleichbare Kraftstoffe (35 - 55 %) und verbrennt unter weniger Ausstoß von Schadstoffen. Der Kraftstoff zeichnet sich durch eine, im Vergleich zu herkömmlichem Diesel, viel geringere Anzahl an verschiedenen im Gemisch enthaltenen Stoffen aus. Diesel hat rund 400, SunDiesel® nur etwa 10 Bestandteile. Durch richtige Spezifikation entweder des Kraftstoffs (z.B. durch Anpassung der Dichte) oder auch des Motors, lässt sich eine "genauere" Verbrennung erzielen, was dann die Emissionen von Ruß, Kohlenmonoxid und auch Stickoxiden reduziert. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Cetanzahl von über 70 (Maß für die Zündwilligkeit; das EU-Mindestmaß beträgt 49).

[Bearbeiten] Geschichte

Schon Mitte der 1990er hatte der Leiter des Deutschen Brennstoffinstituts in der DDR Bodo Wolf die Idee, aus Holz Kraftstoff herzustellen. Unter Kombination des Carbo-V-Verfahrens (dreistufiges Vergasungsverfahren, bei dem Biomasse zu Synthesegas umgewandelt wird, das sich durch Teerfreiheit und geringe Methananteile auszeichnet) mit dem der Fischer-Tropsch-Synthese (großtechnisches Verfahren zur Umwandlung von Synthesegas in flüssige Kohlenwasserstoffe) ist die Ausführung nun greifbar und kommt jetzt als zweistufiges BtL-Verfahren zur Anwendung.

[Bearbeiten] Produktion und Markteinführung

Im großen Stil wird die SunDiesel®-Produktion bei der sächsischen Firma Choren Industries, zu deren Gesellschaftern auch Bodo Wolf gehört, betrieben. Nach drei Jahren der Forschung an einer Pilotanlage ist 2006 im sächsischen Freiberg die "Beta-Anlage" angelaufen. Die angepeilte Jahresproduktion von 15.000 Tonnen soll als erste Tankfüllung von neuen Mercedes- und VW-Automobilen ausgeliefert werden.

Für 2009 ist die Inbetriebnahme einer Großanlage für 400 Mio. Euro in Lubmin geplant, deren Jahresausstoß dann 200.000 Tonnen betragen soll. Die Biomasse soll aus der näheren Umgebung stammen, wodurch indirekt und direkt neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Im August 2005 stieg der Ölkonzern Shell im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung in das Geschäft ein und wird damit Technik und Vertriebsnetz stellen. Mit der anlaufenden Massenproduktion soll der Anteil von GtL (Gas To Liquids: Umwandlung von Erdgas in flüssige synthetische Produkte), das nicht so klimaschonend verbrennt wie SunDiesel®, von 5% an der Kraftstoffmarke "V-Power" durch BtL ersetzt werden. Der Anteil soll dann noch vergrößert werden, was wesentliche Emissionsvorteile bringt.

Für 30 Jahre wird der Marktanteil von BtL auf 20% prognostiziert.

[Bearbeiten] Umweltauswirkungen

Aus 4 Kilogramm Holz kann 1 Liter Sunfuel® gewonnen werden. Theoretisch kann jeder Dieselmotor auch mit SunDiesel® betrieben werden. In der Praxis ergab sich ein verringerter Ausstoß von (unverbrannten) Kohlenwasserstoffen (um 40%), Kohlenmonoxid und Rußpartikeln. Allerdings musste auch ein leichter Leistungsverlust hingenommen werden.

Schätzungen zufolge soll sich auf einem Hektar Ackerland soviel Biomasse anbauen lassen, dass daraus jährlich ca. 4000 Liter BtL-Kraftstoff hergestellt werden können (Quelle: siehe (1) (wo ist diese zu finden?)).

[Bearbeiten] Deutschland

  • Die Ackerfläche in Deutschland beträgt ca. 12 Mio. ha.
  • Deutschland verbraucht jährlich ca. 100 Mio. Tonnen Erdöl (120,3 Mrd. Liter), davon sind 27 Mio. Tonnen Diesel.

Bei Nutzung der gesamten Ackerfläche für BtL-Kraftstoff ergibt sich ein Potential von 48 Mrd. Liter BtL-Öl (12 Mio * 4000). Das entspricht etwa 40 % des gesamten Erdöl-Bedarfes in Deutschland, abzüglich des 7% geringeren volumetrischen Energieinhalt ließen sich so maximal 37,2% des klassischen Erdölbedarfes durch eigenen Anbau ersetzen. Diese Flächen stehen aber wegen konkurrierender Nutzung bei weitem nicht vollständig zur Verfügung.

Andererseits kann jede verfügbare pflanzliche Biomasse in den Btl-Prozess eingebracht werden. Das beschränkt die Biomassequellen nicht auf ausschließlichen Energiepflanzenanbau. Es können auch sowieso anfallende Pflanzenabfälle, z.B. Schnittgut von Grünanlagen und Straßenrändern, Laub, Restholz u.a. verwendet werden, welche bisher größtenteils gar nicht energetisch genutzt werden.

Zur Herstellung der bisherigen Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, also Bioethanol und Biodiesel, können im Wesentlichen nur stärke- und ölreiche Produkte pflanzlicher Herkunft (also Getreide, Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben und -rohr) genutzt werden. Dadurch ergeben sich Einschränungen in der Kraftstoffproduktiviton pro Flächeneinheit landwirtschaftlicher Fläche. Diese Einschränkungen kann BTL überwinden. Allerdings muß eine gewisse Menge an organischer Masse im Ackerbau (und auch Waldbau) auf der Fläche zurückbleiben, um den Humusgehalt des Bodens und das Bodenleben zu erhalten bzw. zu fördern. Somit ist also beispielsweise auch nicht möglich, sämtliches Stroh vom Acker zu fahren, wenn nicht mindestens andere organische Dünger als Ausgleich zur Verfügung stehen. Trotzdem könnte ein Teil des Treibstoffbedarfs Europas gedeckt werden, ohne die Produktion von Nahrungsmitteln einschränken zu müssen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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