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Donatien Alphonse François de Sade

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Portrait de Sades von Van Loo (~1761)
Portrait de Sades von Van Loo (~1761)

Donatien Alphonse François, Marquis de Sade [dɔnaˈsjɛ̃ alˈfɔ̃ːs fʀɑ̃ˈswa, maʀˌkidəˈsad] (* 2. Juni 1740 in Paris; † 2. Dezember 1814 in Charenton-le-Pont bei Paris) war ein französischer Adeliger und Autor einer Reihe teils pornografischer, teils philosophischer Bücher. Er wurde bekannt aufgrund der von ihm beschriebenen Sexualphantasien und der von ihm verursachten gesellschaftlichen Skandale. Von seinem Namen leitet sich der Begriff Sadismus ab.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Ο Jean-Baptiste François Joseph de Sade
Ο Jean-Baptiste François Joseph de Sade

De Sade war Sohn aus einem alten, wenn auch nicht mehr reichen, südfranzösischen Adelsgeschlecht und über seine Mutter weitläufig mit den Bourbonen, d.h. der königlichen Familie, verwandt. Er wurde im Pariser Stadtpalast der Condés, einer Seitenlinie des Königshauses, geboren. Eigentlich hätte er auf den Namen Donatien Aldonse François (Aldonse als provenzalische Namensform) getauft werden sollen, durch einen Registrierungsfehler in der Pariser Kirche Saint-Sulpice erhielt er jedoch seinen Namen Donatien Alphonse François. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Paris, später wuchs er teils bei Verwandten in der Provence, teils wieder in Paris auf, wo er von seinem zehnten bis vierzehnten Lebensjahr das Collège Louis-le-Grand besuchte und anschließend eine Offiziersschule für junge Hochadelige durchlief. Mit 15 wurde er Offiziersanwärter. Mit 16 Jahren nahm er als Soldat am Siebenjährigen Krieg (1756–1763) teil und wurde mehrfach befördert.

Zur Aufbesserung seiner finanziellen Verhältnisse ging de Sade 1763 eine Konvenienzehe mit Renée Pélagie de Montreuil ein, die aus einer weniger prestigereichen, aber sehr vermögenden Familie des hohen französischen Amtsadels stammte. Aus der Ehe gingen vermutlich drei Kinder hervor. 1764 erbte de Sade von seinem Vater das, vor allem eine ehrenhafte Sinekure darstellende, Amt des königlichen Generalleutnants der an die Schweiz grenzenden Provinzen Bresse, Bugey, Valromey und Gex.

Kurz nach seiner Heirat begann er, dank seines neuen Reichtums, ein skandalöses Leben zu führen, das den Rahmen auch dessen sprengte, was man damals bei adeligen Libertins hinzunehmen bereit war. Unter anderem missbrauchte er wiederholt junge Prostituierte und Hausangestellte beiderlei Geschlechts, später auch zusammen mit seiner Frau. Am 27. August 1767 wurde sein erster Sohn Louis-Marie geboren.

Im Zusammenhang mit den Vorwürfen einer gewissen Rose Keller, sie sei von ihm ausgepeitscht worden, wurde de Sade verhaftet. Die junge Frau nahm jedoch nach Zahlung einer Entschädigung von einer Klage Abstand.

1772 beschwerten sich Prostituierte aus Marseille, von de Sade mit Bonbons (Kantharidenbonbons) unter Drogen gesetzt und so zu Gruppensex und Sodomie gefügig gemacht worden zu sein. De Sade wurde deshalb angeklagt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Der Vollstreckung der Strafe entzog er sich durch Flucht nach Italien. Hier verfasste er, nachdem er schon 1769 den Bericht einer Reise nach Holland veröffentlicht hatte, einen Bericht auch von seiner Italienreise (gedruckt 1775) und ein Buch über Rom, Florenz und Neapel (gedruckt 1776).

Da er bei seiner Flucht heimlich seine junge Schwägerin, Anne-Prospère, ein Stiftsfräulein (chanoinesse), mitgenommen und dadurch entehrt hatte, ließ die Familie ihn fallen. Seine Schwiegermutter erwirkte einen königlichen Haftbefehl (lettre de cachet) gegen ihn, so dass er bei seiner Rückkehr nach Paris 1777 verhaftet und in der als Gefängnis dienenden Festung Vincennes eingesperrt wurde. Das seit 1772 anhängige Todesurteil wurde dagegen 1778 aufgehoben.

Nach einem Fluchtversuch 1784 verlegte man ihn in die Pariser Stadtfestung Bastille, wo er weitere fünfeinhalb Jahre verbrachte. Intellektuell waren die Jahre in Vincennes und in der Bastille durchaus fruchtbar für de Sade, da er sich beliebig Bücher bringen lassen und lesen konnte. In der Haft begann er zu schreiben. Wegen der philosophischen und moralischen Anstößigkeit dessen, was er verfasste, schrieb er überwiegend heimlich und, um nicht durch übermäßigen Papierverbrauch aufzufallen, in winziger Schrift.

Einige Tage vor dem so genannten Sturm auf die Bastille im Revolutionsjahr 1789 schrie er der vor der Bastille demonstrierenden Menge zu: „Sie töten die Gefangenen hier drinnen!“ Möglicherweise war sein Schreien einer der Gründe, welche die Pariser Bevölkerung dazu bewegten, die Bastille einzunehmen, die eigentlich ein Gefängnis für vornehme Leute war (de Sade selbst etwa ließ sich außerhalb bekochen und möblierte seine Zelle nach Belieben).

De Sade wurde allerdings sofort nach dem Vorfall in die Irrenanstalt von Charenton-le-Pont verlegt, was seiner Frau die Möglichkeit gab, die Scheidung einzureichen.

1790 wurde er infolge der französischen Revolution entlassen. Trotz seiner aristokratischen Herkunft schloss er sich den radikalen Jakobinern an und vertrat eine utopische Variante des Sozialismus, verweigerte dabei allerdings die Aufgabe seines Familienschlosses Lacoste in der Provence und Herausgabe seines Familienvermögens. Zeitweilig übernahm er ein Richteramt, wurde Präsident der 'Section des Piques' in Paris und rettete sogar seine Schwiegereltern vor der Guillotine, indem er sie auf eine sogenannte „Läuterungsliste“ setzte, um sie einer Verfolgung zu entziehen. Während der Terrorherrschaft 1793/94 geriet er ins politische Abseits, galt in seinem Richteramt als unzuverlässig und wurde unter dem Vorwand angeklagt, sich einstmals um den Dienst in der königlichen Garde (Grade connstitutionell) beworben zu haben. Er verbrachte mehr als ein Jahr im Gefängnis und wurde zum Tode verurteilt. Jedoch entkam er der Guillotine dank des Sturzes des Diktators Robespierre (28. Juli 1794); das neue Regime des Directoire ließ ihn nach drei Monaten frei. Wieder in Freiheit, musste de Sade die Reste seines durch die Revolution dezimierten Besitzes verkaufen und lebte mehr schlecht als recht von Gelegenheitsarbeiten, denn die diversen Werke, die er jetzt publizierte, brachten kaum etwas ein.

Nachdem 1801 Napoléon Bonaparte an die Macht gekommen war, wurde de Sade wieder ohne Gerichtsverhandlung eingesperrt, dieses Mal für die Veröffentlichung seiner Bücher Justine und Juliette. 1803 wurde er für verrückt erklärt und landete zum zweiten Mal in Charenton. In seinen letzten Jahren hier, wo man ihn schreiben ließ und auch sonst zivil behandelte, verfasste er die biografischen Romane La Marquise de Gange (1813 gedruckt) sowie – beide erst posthum publiziert – Adélaïde de Brunswick, princesse de Saxe (1812) und Histoire secrète d'Isabelle de Bavière (1813). Zudem führte er mehrere Theaterstücke auf, bei denen er die geistesgestörten Insassen spielen ließ. 1814 starb er in Charenton im Alter von 74 Jahren.

Obwohl es einige Kupferstiche gibt, die vorgeben de Sade zu zeigen, kann kein Bildnis nachgewiesen werden, das ihm zweifelsfrei zugeordnet werden kann. Die Familien Montreuil und de Sade versuchten nach seinem Tod (recht erfolgreich), den unliebsamen Verwandten vergessen zu lassen.

[Bearbeiten] Literarisches Schaffen

Illustration einer niederländischen Ausgabe von Juliette von de Sade, ca. 1800.
Illustration einer niederländischen Ausgabe von Juliette von de Sade, ca. 1800.
Illustration aus der Ausgabe von Aline und Valcour von 1795.
Illustration aus der Ausgabe von Aline und Valcour von 1795.

De Sade, der die Schriftstellerei 1769 als Dilettant mit Reiseschilderungen begonnen hatte, intensivierte mit der Inhaftierung seine Tätigkeit als Autor. 1782 stellte er das Gespräch zwischen einem Priester und einem Sterbenden fertig, in dem ein sterbender Freigeist einen Priester von dem Unwert eines gottesfürchtigen Lebens überzeugen kann.

In seinem, von Iwan Bloch erst 1904 wiederentdeckten und 1909 veröffentlichten, unvollendeten Episodenroman Die 120 Tage von Sodom, den er ab 1785 zum Teil im Gefängnis schrieb, skizziert er eine hundertzwanzigtägige Gewaltorgie und eine breite Palette sexueller Spielarten, ausgeübt an einer Gruppe entführter und versklavter Jugendlicher beiderlei Geschlechts. Der Stoff wurde, in die Zeit des italienischen Faschismus versetzt, 1975 von Pier Paolo Pasolini verfilmt und 1997 in einem Internetspiel satirisch bearbeitet (Richterspiel).

1791 veröffentlichte er Les Infortunes de la vertu („Das Missgeschick der Tugend“), eine frühe Version des ebenfalls 1791 erschienen Buches Justine. Darin schildert de Sade das Leben eines Mädchens, das trotz kontinuierlichen Unglücks unbeirrt an die Tugend glaubt, 1796 ergänzte er diesen Roman durch die Juliette, die Beschreibung des Lebens von Justines Schwester, die als Kurtisane, Kriminelle und „Nichttugendhafte“ eben zum Glück findet. 1797 erscheinen beide Romane anonym, komplett neu verfasst, als zehnbändige Ausgabe mit 4000 Seiten und über einhundert Kupferstichen unter dem Titel Die neue Justine / Geschichte von Juliette.

Weitere Werke der Revolutionszeit waren Aline und Valcour (1795, darin der Entwurf eines utopischen Staats: Die Südseeinsel Tamoe), Die Philosophie im Boudoir (1795) mit dem politischen Pamphlet Franzosen, noch eine Anstrengung, wenn ihr Republikaner sein wollt , die Erzählungssammlung Verbrechen der Liebe (1800) und eine Reihe von Theaterstücken. In der Irrenanstalt von Charenton verfasste de Sade die biografischen Romane La Marquise de Gange (1813 gedruckt) sowie – beide erst postum publiziert – Adélaïde de Brunswick, princesse de Saxe (1812) und Histoire secrète d'Isabeau de Bavière (die geheime Geschichte Isabellas von Bayern, 1813).

Das wohl am weitesten verbreitete seiner Werke ist Les instituteurs immoraux ou La Philosophie dans le boudoir (=die unmoralischen Lehrer oder die Philosophie im Boudoir, 1795), das 1878 auch als erster Sade-Text ins Deutsche übersetzt wurde. Es schildert die etwa einen Nachmittag und Abend füllende sexuelle und intellektuelle Initiation eines adeligen jungen Mädchens durch eine adelige Frau und zwei adelige Männer plus einem gut bestückten Bauernburschen, wobei die vier Hauptfiguren in den nötigen Erholungspausen philosophische Gespräche führen, in denen sich als „unmoralischer Lehrer“ der homosexuelle Hedonist und Atheist Dolmancé hervortut. Leitmotiv seiner Einstellung ist die wohl von d'Holbach übernommene Vorstellung des „Rechtes des Stärkeren“, das Sade interpretiert als Recht einer sozialen und geistigen Elite – letztlich der Hocharistokratie – auf eine ungehemmte Verfolgung ihres Strebens nach Lustgewinn.

Die pornografischen Passagen der Texte von Sade schildern in aller Ausführlichkeit alle vorstellbaren sowie auch viele nur mühsam vorstellbare sexuellen Handlungen. Sein Markenzeichen ist die Freude am Darstellen der mit Gewalt und Schmerzzufügung verbundenen Akte, eben dessen, was man später u.a. als „Sadismus“ bezeichnen wird.

Seine philosophische Position ist die eines Atheisten, Materialisten und moralischen Relativisten.

Naturgemäß hatten de Sades Schriften immer mit der Zensur zu kämpfen. So standen einige im Londoner „Verzeichnis verbotener Bücher“ von Pisanus Fraxi („Index librorum prohibitorum“, London 1877). Die Philosophie im Boudoir wurde 1963 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert (später aufgehoben).

[Bearbeiten] Einfluss auf die Gegenwart

[Bearbeiten] Ideengeschichtlicher Einfluss

De Sade wurde bis Mitte des 19. Jahrhundert fast totgeschwiegen und öffentlich erstmals wieder von Baudelaire genannt. Zugleich begann eine sexualwissenschaftlische Rezeption durch Richard von Krafft-Ebing, Iwan Bloch und andere. Neueditionen seiner Werke sowie einige Erstveröffentlichungen folgten. Im 20. Jahrhundert wurde er salonfähig durch die Surrealisten, insbesondere Guillaume Apollinaire, die ihn erstmals intensiver rezipierten.

Unter philosophischem Aspekt wurde Sade erst seit den 1930er Jahren wahrgenommen. Erich Fromm besprach 1934 für die Zeitschrift für Sozialforschung, dem Organ der frühen Kritischen Theorie, Geoffrey Gorers Buch The revolutionary ideas of the Marquis de Sade und sah in Sade enthusiastisch einen bedeutenden Aufklärer. Zehn Jahre später, 1944, unter dem Eindruck der NS-Herrschaft und ihren Folgen, diente Sade den Haupttheoretikern der Kritischen Theorie, Horkheimer und Adorno, in ihrem berühmten Buch Dialektik der Aufklärung als Gewährsmann für ihre nun resignative Sicht der Möglichkeit von Aufklärung. Der französische Schriftsteller Pierre Klossowski betrachtete 1947 in Sade mon prochain (dt.Sade, mein Nächster) die Gedankenwelt de Sades als Ausbruch aus der vom Zeitalter der Aufklärung an propagierten andropomorphen Vernuft. An Stelle des Strebens nach der Verbesserung des Menschen trete bei de Sade eine Utopie des Bösen.

Simone de Beauvoir (Soll man de Sade verbrennen? veröffentlicht in Les Temps modernes, Dezember 1951 und Januar 1952) und andere Autoren haben seine Schriften unter dem Blickwinkel einer Philosophie der Freiheit untersucht die dem Existenzialismus um rund 150 Jahre vorrausging. Die Ideen de Sades wurden in ihrem Focus auf Sexualität als triebende Kraft mitunter auch als Vorläufer der Psychoanalyse Sigmund Freuds interpretiert. Die Surrealisten bewunderten de Sade als einen ihrer Vorläufer und Guillaume Apollinaire nannte ihn in einem bekannten Ausspruch "Den freiesten Geist der bisher existierte". Panajotis Kondylis sah in seiner großen Studie Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitlichen Rationalismus (1981) Sade als „nihilistische“ Schlüsselfigur für das Verständnis der Aufklärung des 18. Jahrhunderts. In seinem 1947 erschienenen Buch Sade Mon Prochain ("Sade mein nachbar") analysiert Pierre Klossowski de Sades Philosophie als einen Vorläufer von Friedrich Nietzsches Nihilismus, der sowohl die christlichen Werte als auch den französischen Matrialismus im Zeitalter der Aukklärung negiert.

Eines der Essays in Max Horkheimers und Theodor Adornos [Dialektik der Aufklärung]] (1947) heißt "Juliette oder Aufklärung und Moral" und interpretiert das gewissenlose und berechnende Verhalten von Juliette als die Verkörperung der Philosophie der Aufklärung. In einer Gegenüberstellung von Kants kritischen Schriften der "praktischen" und der "theoretischen" Vernunft mit den Schriften de Sades und Nietzsches wird aufgezeigt, dass die Philosophen der Gegenaufklärung letztlich als konsequente Vollender der nihilistischen Selbstzerstörung der aufgeklärten Vernunft in Erscheinung treten und wie die "Unterwerfung alles Natürlichen unter das selbstherrliche Subjekt" in eine blinde Herrschaft objektiver Gleichgültigkeit gegen jeglichen Sinn und jegliche Humanität ausufert.

Der Psychoanalytiker Jacques Lacan kommt in Kant avec Sade (1966) zu dem Schluss, dass de Sades Ethik die komplementäre Ergänzung des ursprünglich von Immanuel Kant formulierten Kategorischen Imperativs darstellt.

1979 beschrieb Angela Carter in The Sadeian Woman: And the Ideology of Pornography, eine feministische Perspektive auf das Werk de Sades, die ihn als einen "moralischen Pornografen" interpretiert der Freiräume für Frauen schaft. Einer ähnlichen Argumentationslinie folgend verteidigte Susan Sontag sowohl Sade als auch Georges Batailles Histoire de l'oeil (Die Geschichte des Auges) in ihrem 1967 erschienenen Essay "The Pornographic Imagination". Sonntag vertritt hierin die Auffassung, dass die Werke beider Autoren transgressive Wunschbilder beschreiben, da in ihnen herkömmliche Gedanken und Realitäten überschritten werden und daher nicht zensiert werden dürften.

Im Gegensatz hierzu betrachtete Andrea Dworkin de Sade als den beispielhaften frauenhassenden Pornografen der ihre These belegte, dassPornografie unweigerlich zu Gewalttaten gegen Frauen führt. Sie widmete ein Kapitel ihres Buches Pornography: Men Possessing Women (1979) einer Analyse de Sades. Susie Bright vertritt die These, dass Dworkin's erste Erzählung Ice and Fire, deren zentrale Themen Gewalt und Missbrauch sind als eine moderne Nacherzählung der Juliette aufgefasst werden sollte.[1]

Das Schauspiel von Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung des Jean-Paul Marat, aufgeführt von den Insassen des Asyls von Charenton unter der Regie des Marquis de Sade, oder kurz Marat/Sade, nimmt die Figur de Sades auf und benutzt sie als individualistischen und resignierten Gegenpart zu Jean-Paul Marat.

[Bearbeiten] Begriffliche Projektion

Der deutsche Psychiater und Gerichtsmediziner Richard von Krafft-Ebing entwickelte aufgrund der für de Sade typischen Mischung pornografischer Inhalte mit Gewaltfantasien den Begriff Sadismus und führte ihn in den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs ein. Der Begriff beschreibt heute die medizinische (psychiatrische) Diagnose einer Paraphilie bei der ein Mensch (sexuelle) Lust oder Befriedigung nur dadurch erlebt, andere Menschen zu demütigen, zu unterdrücken oder ihnen Schmerzen zuzufügen. Der Wiener Psychoanalytiker Isidor Isaak Sadger prägte schließlich 1913 in seinem Artikel Über den sado-masochistischen Komplex erstmals den zusammengesetzten Begriff „Sado-Masochismus“.
Einige BDSM-Anhänger wandten sich später wiederholt gegen die umgangssprachliche Verwendung des Begriffs Sadismus im Zusammenhang mit einvernehmlich gelebten Sexualpraktiken, da diese ursprünglich von singulären historischen Figuren abgeleitete Begrifflichkeit zugleich einen pathologischen Bezug beinhaltet. Sie argumentierten, dass entsprechende einvernehmliche Praktiken bereits lange vor de Sade existierten und es sinnlos sei, ein so komplexes Phänomen wie BDSM auf zwei einzelne Menschen zurückzuführen, genauso gut könne man statt von Homosexualität von „Leonardismus“ sprechen.

[Bearbeiten] Werke

Einzelne Werke de Sades, oft in unvollständiger Fassung, gibt es in zahllosen Ausgaben und Übersetzungen sehr unterschiedlicher Qualität.

Die zuletzt erschienene Gesamtausgabe seiner Schriften im Original ist:

  • Œuvres complètes du Marquis de Sade I-XV, éd. Jean-Jacques Pauvert, Paris 1986-1991

Die erste zuverlässige deutsche Werkausgabe wurde von Marion Luckow herausgegeben und erschien in 3 Bänden 1962 im Merlin-Verlag, Hamburg. Sie liegt der folgenden Ausgabe zu Grunde:

  • Ausgewählte Werke, 6 Bände, Frankfurt/M: Fischer Taschenbuch Verlag 1972 (TB Nr. 1301-1306)

Eine sorgfältige kommentierte Neuübersetzung des vollständigen Texts des Sadeschen Hauptwerks fertigten Stefan Zweifel und Michael Pfister an. Sie erschien mit Essays verschiedener Autoren in zehn Bänden:

  • Justine und Juliette, 10 Bände, München: Matthes & Seitz 1990-2002

[Bearbeiten] Literatur

  • Roland Barthes: Sade Fourier Loyola. Übersetzt von Maren Sell und Jürgen Hoch. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, ISBN 3-518-28185-2
  • Pierre Klossowski: Sade - mein Nächster. Aus dem Französischen von Gabriele Ricke und Ronald Voullié. Wien: Passagen Verlag 1996.
  • Melanie Harmuth: Zur Kommunikation von Obszönität : der Fall de Sade. Taunusstein : Driesen 2004. 167 S. Driesen Edition Wissenschaft Zugl.: Siegen, Univ., Diplomarbeit, 2002 ISBN 3-936328-28-5
  • Elke Heitmüller: Zur Genese sexueller Lust. Von Sade zu SM. Konkursbuchverlag 1994, ISBN 3-88769-081-8
  • Iwan Bloch: Der Marquis de Sade und seine Zeit. Ein Beitrag zur Cultur- und Sittengeschichte des 18. Jahrhunderts. Mit besonderer Beziehung auf die Lehre von der Psychopathia Sexualis (1900, unter dem Pseudonym Eugen Dühren) (1899) download) (engl.)
  • Pierre Klossowski:Sade Mon Prochain. (1947)
  • Maurice Blanchot:Lautréamont and Sade. (1949)
  • Gilbert Lély:The Marquis de Sade, a biography. (1961)
  • Geoffrey Gorer:The life and ideas of the Marquis de Sade. (1963)
  • Roland Barthes:Sade, Fourier, Loyola. (1971) (Life of Sade Download)
  • Angela Carter:The Sadeian Woman: An Exercise in Cultural History. (1979)
  • Philippe Sollers:Writing and the Experience of Limits. (1982)
  • Colette Verger Michael:The Marquis de Sade: the man, his works, and his critics: an annotated bibliography. (1986)
  • Colin Wilson:The Misfits: A Study of Sexual Outsiders. (1988)
  • Colette Verger Michael:Sade, his ethics and rhetoric. (1989)
  • Maurice Lever:Marquis de Sade: A Biography. (1991)
  • Thomas Moore:Dark Eros: The Imagination of Sadism. (1995)
  • Timo Airaksinen:The philosophy of the Marquis de Sade. (1995)
  • Philippe Sollers:Sade contre l'Être suprême. (1996)
  • Octavio Paz:An Erotic Beyond: Sade. (1998) (Buchkritik (engl.))
  • Laurence L. Bongie:Sade: A Biographical Essay. (1998) (Buchkritik (engl.))
  • Neil Schaeffer:The Marquis de Sade: a life. (1999)
  • Francine du Plessix Gray:At Home With the Marquis de Sade: A Life. (1999)
  • Caroline Warman:Sade: from materialism to pornography. (2002)
  • Ronald Hayman:Marquis de Sade: the genius of passion. (2003)

[Bearbeiten] Biografien

  • Gilbert Lely: Leben und Werk des Marquis de Sade. Albatros, Düsseldorf 2001 (1965), ISBN 3-491-96025-8
  • Maurice Lever: Marquis de Sade. Die Biographie. Europaverlag, Wien/München 1995 (1991), ISBN 3-203-51238-6
  • Walter Lehning: Marquis de Sade Rowohlt, Reinbek 1988 (1965), ISBN 3-499-50108-2

[Bearbeiten] Filme

Werk und Leben de Sades haben mehrere Filmemacher inspiriert. Neben einer großen Anzahl pornografischer Filme gibt es auch mehrere Mainstream-Produktionen die sich mit ihm und der durch ihn geschaffenen Literatur auseinandersetzen:

[Bearbeiten] Quellen

  1. Andrea Dworkin has Died Susie Bright's Journal, 11. April 2005.


[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

s:
Wikisource
Wikisource: Donatien Alphonse François de Sade – Quellentexte

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