Georgi Konstantinowitsch Schukow
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Georgi Konstantinowitsch Schukow (teilw. Transliteration Shukow) (russisch Георгий Константинович Жуков, engl. Schreibweise Zhukov, wiss. Transliteration Georgij Konstantinovič Žukov; * 19. November/1. Dezember 1896 in Strelkowka, Rajon Malojaroslawez, Oblast Kaluga; † 18. Juni 1974 in Moskau) war Generalstabschef der Roten Armee, Verteidigungsminister und Marschall der Sowjetunion.
International bekannt wurde er als erfolgreicher Verteidiger von Moskau (1941) und durch die Einnahme von Berlin 1945, wo er am 9. Mai 1945 (Moskauer Zeit, nach MEZ 8. Mai) als Vertreter der Sowjetunion die bedingungslose Kapitulation Deutschlands entgegennahm.
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[Bearbeiten] Der Aufstieg
Als Sohn streng christlich-orthodoxer Eltern in Strelkovka im Gouvernement Kaluga aufgewachsen, besuchte Georgi Schukow eine kirchliche Grundschule. Ab 1908 absolvierte er bei seinem Onkel in Moskau eine Kürschnerlehre und bereite sich an einer Abendrealschule (Городское училище) auf das Abitur vor, das er 1911 absolvierte. 1915 wurde er zu einem Dragonerregiment der zaristischen Armee eingezogen, wobei er seinen Schulabschluss verheimlichte. Diesen Schritt begründete er später damit, dass ihm sein Nachbar in Strelkowka, der Offizier war, als abschreckendes Beispiel gedient habe. Für seine Leistungen im Ersten Weltkrieg, in dem er vor allem als Aufklärer tätig war, erhielt er die Georgs-Kreuze 3. und 4. Klasse. Im Jahr 1917 als Sergeant verwundet, erlebte er die erste Phase der Revolution als Rekonvaleszent in seinem Heimatdorf, um sich Mitte 1918 den Bolschewiki anzuschließen.
In der Roten Armee begann er als gewöhnlicher Schütze, stieg jedoch bald zum stellvertretenden Kompaniechef auf, 1919 führte er bereits eine Abteilung. 1919 wurde er bei Zarizyn (dem späteren Stalingrad bzw. Wolgograd) verwundet und erhielt 1922 seine erste sowjetische Auszeichnung (Rotbannerorden). Im Mai 1929 wurde ihm das Kommando über das 39. (Buzuluk) Kavallerieregiment der 7. (Samara) Kavalleriedivision übertragen. Dort kamen neben seiner Durchschlagskraft seine weniger erfreulichen Charakterzüge wie Unbeherrschtheit, Taktlosigkeit und Brutalität erstmals in einem größeren Rahmen zur Wirkung. Schukow selbst über seine Arbeit im Regiment:[1] „Sicherlich, alles war nicht einfach, ich habe auch Fehler gemacht. Mich erregt nun einmal jedes kleinste Fehlverhalten im Auftreten und in der Dienstausübung meiner Soldaten masslos. Manche konnten nicht verstehen, dass ich kein Verständnis für menschliche Schwächen habe.“
Nachdem er 1924 die höhere Kavallerieschule in Leningrad besucht hatte, kehrte er zur Truppe zurück und erhielt dort das Kommando über die 2. Brigade der 7. (Samara) Kavalleriedivision, die vom späteren Marschall Rokossowski geführt wurde. Dieser attestierte Schukow am 8. November neben Energie und Führungsqualitäten ein „erhebliches Mass an Starrsinn“ und „krankhaften Ehrgeiz.“[2] Als in Schukows Brigade die Unruhe wuchs, wurde Schukow „weggelobt“. Dazu Rokossowski: [3] „Versuche auf den Brigadekommandeur einzuwirken hatten keinen Erfolg. Deshalb sahen wir uns gezwungen, zur Gesundung des Klimas in der Brigade G.K.Schukow in eine höhere Dienststellung zu befördern.“ Schukow wurde nach Moskau versetzt, wo er als Gehilfe des Kavallerieinspektors Budjonny, eines Mitglieds des revolutionären Militärrates der UdSSR, Dienst versah. Im März 1933 erhielt er das Kommando über die 4. Kavalleriedivision, das er zu Höchstleitungen trieb, was ihm den Leninorden einbrachte und im Juli 1937 auch das Kommando des 3. Kavalleriekorps. Ein Jahr später wurde er stellvertretender Kommandant des Militärbezirkes Bialystok.
[Bearbeiten] Der Sprung an die Spitze
Ab 1937 begannen die stalinistischen Säuberungen auch innerhalb der Roten Armee, die manchen auch von Schukow geschätzten Offizieren Dienststellung und Leben kosteten. Am 1. Juni 1939 erhielt er den Auftrag das Kommando über die sowjetischen Streitkräfte (verstärktes Armeekorps) an der mandschurisch/mongolischen Grenze zu übernehmen und der dort stationierten 6. japanischen Armee, mit der es laufend zu Grenzzwischenfällen am Chalhin Gol kam, einen kräftigen Schlag zu versetzen. Dieser Schlag erfolgte am 20. August 1939. Er war so erfolgreich, dass die geschlagenen Japaner unverzüglich bereit waren, die Auseinandersetzung im Sinne Moskaus zu beenden. Schukow wurde mit dem Stern eines „Helden der Sowjetunion“ ausgezeichnet. (Insgesamt erhielt er diese Ehrung viermal.) Nach seiner Rückkehr ernannte ihn Stalin zum Befehlshaber des Kiewer Sonderwehrkreises, des größten Wehrkreises des Landes, der zwei Armeen umfasste. Im Januar 1941 wurde ein Stabsspiel abgehalten, bei dem Schukow die Rolle der Deutschen in Ostpreussen übernahm, während Generaloberst Pawlow einen „Gegen“angriff im Bereich zwischen den Pripjetsümpfen und der Ostsee durchführte.[4] Schukow gelang es den Angriff abzuwehren und erzielte im Zuge von Gegenangriffen Erfolge. Stalin fasste daraufhin den Entschluss, Merezkow als Generalstabschef abzulösen und durch Schukow zu ersetzen.
[Bearbeiten] Schukow und der Große Vaterländische Krieg
[Bearbeiten] Die Vorbereitung
Schukow hatte nun ein halbes Jahr Zeit sich einzuarbeiten, eine Zeit in der sich immer deutlicher ein deutscher Aufmarsch gegen die Sowjetunion abzeichnete. Gemäß aktuellem Forschungsstand wurde Stalin zwischen dem 19. und 20. Dezember 1940 über den sowjetischen Militärattaché in Berlin von Hitlers Vorbefehl zum Angriff auf die Sowjetunion (Unternehmen „Barbarossa“) unterrichtet.[5] Obwohl man im Kreml ein Täuschungsmanöver nicht ausschloss, wurden alle Maßnahmen getroffen, einem solchen Angriff erfolgreich zu begegnen. Vorwürfe, es hätte keine entsprechenden Pläne gegeben, weist Schukow zurück:[6]
- „In Wirklichkeit gab es im Generalstab natürlich Operations- und Mobilmachungspläne der Streitkräfte. Sie wurden laufend ausgebaut und ununterbrochen korrigiert, dann unverzüglich der Führung des Landes unterbreitet und nach ihrer Bestätigung sogleich auf die Wehrkreise aufgeteilt.“
Auch der spätere Generalstabschef Wassilewski betätigt dies:[7] „Natürlich gab es operative Pläne, sogar sehr detailliert ausgearbeitete,...das Übel lag... in der Unmöglichkeit ihrer Ausführung in der eingetretenen Situation.“
Tatsächlich liegen mehrere solcher Pläne vor, die den jeweils aktuellen Stand der operativen Planungen der Roten Armee widerspiegeln,[8] wobei der letzte dieser Befehlsentwürfe[9] mit dem tatsächlichen Aufmarsch der Roten Armee zu Kriegsbeginn deckungsgleich ist.
Es sind dies allesamt Befehlsentwürfe für einen sowjetischen Präventivschlag, gegen die zum Überfall auf die Sowjetunion aufmarschierenden deutschen Streitkräfte. Der offensive Charakter der sowjetischen Planungen wurde bereits im Jahr 1991 vom stellvertretenden Leiter des Institutes für Militärgeschichte des sowjetischen Verteidigungsministeriums Generalmajor Kirschin bestätigt:[10]
- „Nach dem Abschluss der Mobilmachung... war geplant, große Angriffsoperationen mit entscheidenden Zielen zu führen. Dazu hatte die... Westfront einen Angriff Richtung Krakau mit dem Ziel zu führen, Deutschland von seinen Verbündeten auf dem Balkan abzutrennen und danach den Angriff ins Landesinnere des Gegners zu führen...im Westen [sollten] 237 Divisionen, im Osten und Süden...31 Divisionen zum Einsatz kommen.“
Für Kirschins Behauptung spricht auch die Tatsache, dass (von operativ unbedeutenden Nebenabschnitten wie finnische Grenze und baltischem Küstenland abgesehen[11] ) bislang keinerlei Verteidigungsbefehle oder entsprechende Entwürfe aufgetaucht sind. Gegen einen Defensivaufmarsch der Roten Armee spricht neben dem Fehlen jeglicher Sperrmassnahmen auch die grenznahe Massierung der Hauptstreitkräfte, noch dazu in Frontvorsprüngen, was mit den Grundsätzen des Kampfverfahrens Verteidigung völlig unvereinbar ist. Obwohl Schukow diese Aufstellung selbst im Detail angeordnet hatte, kritisiert er sie in seinem Buch wie folgt:[12]:
- „Am Vorabend des Krieges lagen die 10.Armee und eine Reihe anderer Truppenteile...im Vorsprung Bialystok, der in den gegnerischen Raum vorstieß. Die 10.Armee befand sich dort in der denkbar ungünstigsten Lage...Diese Fehlentscheidung des Jahres 1940 war bis Kriegsbeginn nicht korrigiert worden.“
[Bearbeiten] Die Anfangsphase
Zu Kriegsbeginn befand sich gemäß Generalmajor S. P. Iwanow (Stabschef der Sowjettruppen im Fernen Osten)[13] die erste strategische (Angriffs-) Staffel bereits in ihren Verfügungsräumen knapp hinter der Grenze, die zweite Staffel rückte gerade zur Grenze vor. Schukow befand sich in Moskau. Am 21.Juni 1941 reagierte Schukow auf die alarmierenden Meldungen deutscher Überläufer mit der „Weisung Nr.1“. Sie traf zur Zeit des deutschen Angriffsbeginns (22.Juni 05.45 Uhr) ein und wies die Truppen an,
- „sich von keinen provokatorischen Handlungen verleiten zu lassen, die große Komplikationen hervorrufen könnten“ sowie „ohne Sonderanweisungen keine weiteren Maßnahmen durchzuführen.“[14]
Dieser Befehl wurde -korrekt- als Feuer- und Manövrierverbot verstanden. Am Vormittag ging die „Weisung Nr.2“ an die Truppe. Dazu Schukow:[15]
- „Diese Weisung war offensichtlich unrealistisch: Sie entsprach weder dem Kräfteverhältnis noch der Situation und konnte daher nicht durchgeführt werden.“
Am Abend des 22.Juni folgte Schukows Weisung Nr. 3. Dazu Schukow:
- „Hier sei noch ein Fehler des Oberkommandos genannt. Es handelt sich um den [für den 23.Juni befohlenen] Gegenangriff. [Man]war noch nicht ausreichend informiert über die Lage am Abend des 22.Juni.“[16]
Diesen Quellen ist zu entnehmen, dass das Oberkommando
- den Schutz des Aufmarsches zum Angriff sträflich vernachlässigt hatte indem es keine Maßnahmen für den Fall eines deutschen Überraschungsangriffes traf und in den entscheidenden ersten 24 Stunden
- drei Befehle erteilte, die allesamt nicht der Lage entsprachen und schwerwiegende Folgen nach sich zogen.
Die Rechnung für diese Fehlleistungen, die ins Chaos und die schweren Niederlagen der ersten Monate führten, bekam allerdings nicht Schukow oder Verteidigungsminister Timoschenko präsentiert, sie musste von den Frontkommandeuren beglichen werden, die zu Dutzenden erschossen, degradiert, verbannt wurden. Der Grund: Fehlleistungen im höchsten militärischen Führungsgremium hätten einen Schatten auf Stalin selbst geworfen.
Schukow wurde nun zur Truppe beordert mit dem Auftrag die Operationen der Südwestfront und der Südfront zu koordinieren. Dabei kam es im Raum Rowno, Dubno und Luzk zur wohl größten Panzerschlacht der Geschichte. Es standen sich hier die 800 zumeist leichten Panzer der deutschen Panzergruppe I und die ca. 8000 Panzer der zehn mechanisierten Korps der beiden sowjetischen Fronten gegenüber, die bereits über 800 Panzer der überlegenen Typen T 34 und KW verfügten. Da es auf sowjetischer Seite zu keiner klaren Schwergewichtsbildung kam, blieb Schukow ein Erfolg versagt. Als er 10 Tage später später nach Moskau zurückberufen wurde, waren von den zehn Panzerkorps nur mehr vier einsatzbereit.
Schukows nächster Einsatz war bei Jelna. Er wurde nach längeren Kämpfen knapp vor Einschließung und Vernichtung seiner Kräfte abberufen. Im September 1941 kommandierte er die Leningrad Front und leitete die Verteidigung der Stadt, die zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr deutsches Angriffsziel war. Ab dem 10. Oktober des Jahres organisierte er als Oberbefehlshaber der Westfront die Verteidigung Moskaus und die erfolgreiche Gegenoffensive, die Schukows militärischen Ruf nachhaltig festigte.
[Bearbeiten] 1942
Im Jahr 1942 kommandierte Schukow weiterhin die mit 10 Armeen überaus starke Westfront. Zusätzlich trug er auch die Verantwortung für die Kalininifront des Marschalls Konew, der über fünf Armeen verfügte. Schukow griff mit diesen Kräften von Januar bis August im Bereich Rshew, Sytschewka an, konnte aber trotz schwerer Verluste nur unbedeutende Geländegewinne erzielen. Als am 25. November die russische Gegenoffensive bei Stalingrad (Unternehmen Uranus) losbrach, von der man sich die Einschließung von sieben deutschen Divisionen erwartete (es sollten 22 werden), so war es Wassilewski und nicht Schukow der diese Operation leitete. Schukow griff zu diesem Zeitpunkt zeitlich etwas nachgestaffelt erneut im Raum Rshew-Sytschewka an. (Unternehmen Mars). Kräftemässig lag das Schwergewicht nicht bei Stalingrad, wo Wassilewski lediglich über 14 Armeen verfügte, sondern bei Rshew, wo Schukow 33 Armeen zum Einsatz bringen konnte. Während Wassilewskis Angriff ein voller Erfolg wurde und die Kriegswende einleitete, verlor die Rote Armee im Unternehmen Mars 215.000 Mann an Gefallenen und Verwundeten,[17] sowie die Masse der Gefechtsfahrzeuge von acht Panzerbrigaden und zwei Panzerkorps.[18] Schukows Rechtfertigung:
- „In diesem konkreten Fall hatte man das Gelände als Faktor ... nicht mit einkalkuliert.“[19]
Schukows Interesse, als einer der Väter der Operation Uranus (Einschließung Stalingrads) zu gelten, ist schon seinem Buch zu entnehmen. Sein Versuch, sich nach dem Krieg als eigentlicher Initiator des operativen Lösungsansatzes zu profilieren führte zu einer schweren Verstimmung Stalins, der in einem Armeebefehl gipfelte, der Schukow jeglichen Anteil an Planung und Durchführung dieser Operation absprach.[20] Den tatsächlichen Initiator von „Uranus“ Generaloberst Wassilewski hatte Stalin am 15. Oktober 1942 zu seinem Stellvertreter ernannt und mit der Durchführung der Operation betraut. Als sich am 18.Januar der Erfolg abzeichnete, beförderte er ihn zum Armeegeneral und nach dem Sieg am 16. Februar 1943 zum Marschall der Sowjetunion.
[Bearbeiten] 1943
Die beiden bei Stalingrad siegreichen Fronten (Zentrale Front und Woronescher Front) stießen im Frühjahr 1943 weit nach Westen vor, erlitten dabei jedoch beträchtliche Verluste und mussten aufgefrischt werden. Der durch den sowjetischen Vorstoss entstandene Frontbogen wurde als Ziel der deutschen Sommeroffensive gewählt. Auch bei dieser letztendlich erfolgreichen Schlacht der Roten Armee zählte sich Schukow zu den Entscheidungsträgern.[21] Faktum: Am Vorabend der Schlacht war Schukow erstmals am Gefechtsstand der Zentralen Front anwesend und sah sich durch Armeegeneral Rokossowski mit der Frage konfrontiert, ob man -Gefangenenaussagen vertrauend- das möglichweise entscheidende massive Abwehrfeuer auf die deutschen Bereitstellungsräume auslösen solle oder nicht. Schukow lehnte eine Verantwortung dafür ab und verließ wenig später den Frontbereich.[22]
[Bearbeiten] 1944/1945
Das Jahr 1944 sah mit dem Zusammenbruch der deutschen Heeresgruppe Mitte große sowjetische Erfolge. An ihnen war auch Schukow beteiligt, allerdings nicht immer in dem von ihm erhofften Ausmaß.[23] In der Endphase des Krieges kommandierte Schukow nur mehr eine, die 1. Weißrussische Front, die Rokossowski abgeben musste. Mit ihr nahm er unter schweren Verlusten (vor allem an Panzern) Berlin ein und wurde nun auch international bekannt. In der Nacht zum 9. Mai nahm Schukow für die sowjetische Seite die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands entgegen und wurde anschließend Vorsitzender der sowjetischen Militäradministration (siehe Alliierter Kontrollrat). Am 24. Juni 1945 nahm er in Moskau als Vertreter Stalins die Siegesparade ab.
[Bearbeiten] Die Nachkriegskarriere
Vom 9. Juni 1945 bis 12. März 1946 war Schukow Oberkommandierender der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Als sich die Klagen über Übergriffe von Besatzungssoldaten und -behörden mehrten und Schukow diesen Zustand nicht änderte, wurde er abberufen, wurde stellvertretender Verteidigungsminister und erhielt die neugeschaffene Funktion eines Kommandanten der Landstreitkräfte. Nach nur wenigen Monaten wurde er von Stalin mehrerer Vergehen beschuldigt, darunter auch, seinen Beitrag zum Sieg übertrieben dargestellt zu haben.[24] Er wurde seiner Funktionen entbunden und am 9. Juni 1946 als Kommandeur des Militärbezirks Odessa eingesetzt. Aufgrund weiterer Anzeigen, in denen ihm vorgeworfen wurde, sich im besetzten Deutschland ungerechtfertigt persönlich bereichert zu haben, wurden im Januar 1948 seine Wohnsitze mehrfach durchsucht, wobei unter anderem 323 Pelze und 60 wertvolle Gemälde konfisziert wurden. Im Februar 1948 wurde er in den Militärbezirk Ural versetzt. Von dort wurde er nach Stalins Tod rückbeordert und als stellvertretender Verteidigungsminister und Chef der Landstreitkräfte eingesetzt.
1954 war er Leitender eines Manövers auf dem Atomversuchsgelände von Totskoje, in dessen Verlauf ein Tu-4 Bomber eine atomare 40 Kilotonnenbombe abwarf. Während Schukow die Ereignisse von einem sicheren Bunker aus beobachtete, operierten anschließend 5.000 Mann ungeschützt im verstrahlten Gelände, während weitere 40.000 Mann keine 15 km vom Epizentrum entfernt stationiert wurden. Die Anzahl der Toten und Verletzten ist unbekannt, da dieser Vorfall noch immer der Geheimhaltung unterliegt.
In den Machtkampf Chrustschow - Berija griff Schukow zugunsten Chrustschows ein. Nach seinen Angaben[25] war er es, der Berija im Verlauf einer Sitzung im Kreml festnahm. Statt Berija wurde nun Schukow ins Zentralkomitee der KPdSU berufen. Von Juni bis Oktober 1957 war er Mitglied des Parteipräsidiums, am 9. Februar 1955 wurde er Verteidigungsminister. In dieser Funktion war er zunächst für ein Eingreifen sowjetischer Truppen in den ungarischen Volksaufstand 1956, sprach sich jedoch dagegen aus, als schwere Kämpfe drohten. Als jedoch Imre Nagy von einem Austritt aus dem Warschauer Pakt zu sprechen begann, stimmte er der Intervention zu.
Als Chruschtschow nach dem XX.Parteitag der KPdSU mit dem Stalinismus und dessen Verbrechen abrechnete, stieß dieses Vorgehen auf erhebliche Kritik hoher Funktionäre der KPdSU, die nun unter Führung von Molotov für die Absetzung von Chrustschow plädierten. Letzterer wandte sich erneut um Hilfe an Schukow. Es war dann auch Schukow, der bei entscheidenden Sitzung im Zentralkomitee der Partei im Juni 1957 das Blatt wendete, indem er mit dem Eingreifen der Armee zugunsten Chrustschows drohte.[26] Als Chrustschow etwas später begann, Armee und Flotte aus Kostengründen zu verkleinern und dafür die strategischen Nuklearstreitkräfte als eigentliches Abschreckungsmittel zu etablieren, leistete Schukow Widerstand. In der Gewissheit seiner Macht brüskierte er den Regierungschef mehrmals. Als sich Chrustschow in seiner Autorität ernsthaft bedroht sah nutzte er eine Jugoslawien-Reise Schukows und entfernte ihn am 26. Oktober 1957 aus seinem Ministeramt und dem Parteipräsidium und schickte ihn ein Jahr später in den Ruhestand.
Marschall Schukow war verheiratet und hatte drei Töchter, die in Moskau leben. Schukow starb 1974 und wurde an der Kremlmauer beerdigt. Seine Auszeichnungen und die - teilweise rechtswidrigen - Umstände ihrer Verleihung werden im Detail bei Suworow behandelt.[27]
[Bearbeiten] Nachwirken
Schukow wurde in der Breschnew Ära rehabilitiert und zum eigentlichen Helden des Großen Vaterländischen Krieges hochstilisiert, seine Ruhestandsversetzung wurde jedoch nicht rückgängig gemacht.
Der Schukow-Kult wurde von Breschnews Nachfolgern weiter gepflegt. Auch das postkommunistische Russland übernahm ihn. In den 1990er Jahren ließ ihm Boris Jelzin nicht nur im Stadtzentrum Moskaus vor dem historischen Museum ein Reiterstandbild errichten, er stiftete ihm zu Ehren im Jahre 1994 überdies den einklassigen militärischen Georgi-Schukow-Orden.
Schukows Memoiren, die 1969 erschienen und dessen Autorenschaft angezweifelt wird, erschienen erst nach seinem Tod in unzensierter Version und erlebten bislang 12 Auflagen, die letzte zum sechzigsten Jubiläum der Schlacht um Moskau 2002. Diese Erinnerungen tragen stark apologetische Züge und sind in vielen Details widerlegt.
[Bearbeiten] Wertung
Schukow war ein willensstarker, tatkräftiger Offizier, dessen Verdienste darin liegen, dass er es verstand in kritischen Situationen seine Untergebenen zu Höchstleistungen anzuspornen. Dies zeigte in den zahlreichen Krisen, in denen sich seine Verbände befanden, immer wieder positive Auswirkungen. Stalin, der solche Eigenschaften besonders schätzte, berief ihn deshalb auch in hohe und höchste Funktionen, die er wie wenige auch dazu zu nutzen verstand, sein Ansehen in der Bevölkerung zu heben. Entscheidend für sein Ansehen wurde neben seinem Sieg in der Mongolei die erfolgreiche sowjetische Gegenoffensive im Winter 1941/1942, die für die Hebung des angeschlagenen Selbstbewußtseins des Landes und der Armee von besonderer Bedeutung war. Die Kehrseite der Medaille war Schukows Abneigung für systematische Teamarbeit, die ihm bereits von seinem Vorgesetzten Rokossowski attestiert worden war. Dieser schrieb 1930 in seine Dienstbeurteilung: „Für Stabs- und Lehrverwendungen nicht geeignet, solche Verwendungen sind ihm zutiefst verhasst.“[28] Auch als militärischer Denker konnte er sich nicht profilieren, es sind vom ihm keinerlei Schriften erhalten, die als militärtheoretische Studien gewertet werden könnten. Dies führte in Zusammenwirken mit eher bescheidenen operativen Fähigkeiten dazu, dass er unmittelbar nach Kriegsbeginn als Generalstabschef von Marschall Schaposchnikow abgelöst wurde und nach in Summe wenig erfolgreichen Koordinierungstätigkeiten in den Jahren 1941 bis 1944 im Jahr 1945 als Oberbefehlshaber einer einzigen Front endete. Er selbst und die sowjetische Propaganda konnten jedoch im Lichte seines Sieges vor Moskau diese weniger vorteilhaften Fakten verschleiern, wobei sich Schukow nicht scheute, die Tatsachen notfalls zu seinen Gunsten zu verfälschen, was ihn mehrmals in Konflikt zu Stalin brachte. Als weiteres Negativum sei die Brutalität seiner Kommandoführung bzw. seiner Tätigkeit als Inspektionsorgan erwähnt. Kommandeure wurden oft aus nichtigen Gründen vor der Mannschaft degradiert und ohne Bezüge entlassen bzw. geschlagen oder - in nicht wenigen Fällen - auf der Stelle erschossen. Den Beurteilungen seiner Vorgesetzten ist zu entnehmen, dass er dabei über das in der Roten Armee übliche Mass deutlich hinausging. Zuletzt seien noch seine moralischen Defizite erwähnt, die ihn im besetzten Deutschland durch Diebstähle in großem Maßstab außerstande setzten, gegen ähnliche Handlungen seiner Untergebenen energisch aufzutreten. Er hat dadurch das Ansehen der Roten Armee in der späteren Deutschen Demokratischen Republik herabgesetzt.
[Bearbeiten] Werke
- Erinnerungen und Betrachtungen (Воспоминания и размышления, 1969/1992/2002)
- Vospominanja komandjustschego frontom , in: Bitwa sa Moskwu (Moskau 1966)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Viktor Anfilov: Georgy Konstantinovich Zhukov, in: Harold Shukman: Stalin's Generals (New York 1993) Seiten 343 ff.
- ↑ Viktor Anfilov: Georgy Konstantinovich Zhukov, in: Harold Shukman: Stalin's Generals (New York 1993) Seiten 344 ff.
- ↑ Wojenno-istoritscheski schurnal. Nr.10/1988 Seite 17
- ↑ Wojenno-Istoritscheski schurnal Nr.2/1993- Titel: „Im Januar '41 griff die Rote Armee Königsberg an“
- ↑ Gorodetzky: Große Täuschung, S. 177
- ↑ Schukow.Erinnerungen. Seite 209
- ↑ Snamja.(Das Banner) Nr.5 /1988. Seite 90
- ↑ Bericht im Wojenno-Istoritscheski-Journal Nr.1 und 2/1992
- ↑ Quelle u.a.: Maser: Wortbruch, S. 406 bis 427
- ↑ Jurij Kirschin: Die Sowjetischen Streitkräfte am Vorabend des Gr. Vaterländischen Krieges, in: Bernd Wegner: Zwei Wege nach Moskau - München 1991 - Seite 400
- ↑ David M.Glantz: Stumbling Colossus.The Red Army on the eve of World War (Kansas City 1998) Seiten 271-288
- ↑ Schukow.Erinnerungen. Seite 209
- ↑ S. P. Ivanov: The Initial Period of War-Moskau 1974. Seiten 182 und 183 - übersetzt und herausgegeben von der US Air Force in der Reihe Soviet Military Thought -ohne Datum-
- ↑ Schukow.Erinnerungen.230-231
- ↑ Schukow.Erinnerungen.234
- ↑ Schukow.Erinnerungen.234
- ↑ Chodarenok/Wladimirow: Nicht in die Schlacht, sondern zum Abschlachten, in:Nesawissimoje wojennoje obosrenije (Unabhängige Militärrundschau) vom 6.Juni 2001
- ↑ Glantz, David: Zhukov's greatest defeat. The Red Army's epic disaster in Operation Mars 1942 (Kansas City 1999)
- ↑ Schukow.Erinnerungen.406
- ↑ Suworow.Schukow.211.
- ↑ Schukow.Erinnerungen.445
- ↑ Wojenno-istoritscheski schurnal (Militärhistorische Zeitschrift) Nr.3/1992 Seite 31. Stellungnahme Rokossowski zu Schukows Planungs- und Führungsrolle bei Kursk
- ↑ Wojenno-istoritscheski schurnal (Militärhistorische Zeitung) Nr.12/1989 Seite 44
- ↑ Shukman. Stalin's Generals.357
- ↑ Schukow: Eine riskante Operation, in: Vladimir F.Nekrassow (Hg.) Berija.Henker in Stalins Diensten. Dieser Band enthält allerdings auch eine andere Darstellung der Festnahme durch Kirill Moskalenko.
- ↑ Shukman.Stalin's Generals.358
- ↑ Suworo.Schukow.Kapitel: Was Orden erzählen. Seiten 228-240
- ↑ Anfilov, Viktor:Zhukov, in: Shukman, Harold:Stalin's General (1993)
[Bearbeiten] Literatur
- Shukman Harold: Stalin's Generals (New York 1993)
- Tansky, Michel. Joukov. Le maréchal d'acier (Paris 1965)
- Glantz, David: Zhukov's greatest defeat. The Red Army's epic disaster in operation Mars 1942 (Kansas City 1999)
- Viktor Suworow: Marschall Schukow. 352 S. Pour Le Merite 2002. ISBN 3932381157 (übersetzt von Bernd Reimann)
- Соколов Б.В. Неизвестный Жуков: портрет без ретуши в зеркале эпохи, Мн.: Родиола-плюс, 2000. B.V.Sokolov. Der unbekannte Schukow: Ein Porträt ohne Retuschierungen im Spiegel der Epoche
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Georgi Konstantinowitsch Schukow – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Personendaten | |
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NAME | Schukow, Georgi Konstantinowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Жуков, Георгий Константинович (russisch); Žukov, Georgij Konstantinovič (wiss. Transliteration) |
KURZBESCHREIBUNG | sowjetischer General |
GEBURTSDATUM | 1. Dezember 1896 |
GEBURTSORT | Strelkowka, Oblast Kaluga |
STERBEDATUM | 18. Juni 1974 |
STERBEORT | Moskau |