Heinz Berggruen
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Heinz Berggruen (* 6. Januar 1914 in Berlin-Wilmersdorf; †23. Februar 2007 in Paris) war einer der bedeutendsten deutschen Kunstsammler des 20. Jahrhunderts, Journalist, Autor, Kunsthändler, Galerist und Mäzen. Im Jahre 2004 wurde Berggruen in einem Festakt zum Ehrenbürger Berlins ernannt.
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[Bearbeiten] Leben
Berggruen war der Sohn von Ludwig Berggruen und Antonie, geb. Zadek, die Eltern stammten aus Westpreußen. Sein Vater hatte ein Papier- und Schreibwarengeschäft in Wilmersdorf, Olivaer Platz,[1] dessen Nähe zum Kurfürstendamm auch viele ausländische Kunden anzog, was wiederum der junge Berggruen sehr anziehend fand.[2] Er beschrieb seinen Vater als „sehr, sehr sanftmütig“ und seine Mutter als „höchst energisch“.[3] Auf der Goethe-Schule in Wilmersdorf, dem sogenannten Goethe-Reform-Realgymnasium, hatte er neun Jahre Französischunterricht; später sollte Französisch zu seiner Hauptsprache werden. Berggruen begann 1932 sein Studium der Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der heutigen Humboldt-Universität und setzte es später an den Universitäten Grenoble (heute: Université Stendhal) und Toulouse fort. Nach zwei Jahren holte ihn seine Mutter wieder zurück nach Deutschland – ungeachtet des Nationalsozialismus, den die Berggruens wie viele andere auch zunächst nicht ernst nahmen. Im Anschluss an den Magisterabschluss absolvierte er ein Volontariat bei einer jüdischen Wochenzeitung in Berlin mit dem festen Berufsziel eines Journalisten und Schriftstellers. Danach schrieb er 1935 kurze Zeit für die Frankfurter Zeitung. Seine Artikel durften allerdings aufgrund seiner jüdischen Herkunft nicht mehr unter seinem vollen Namen erscheinen.
[Bearbeiten] Emigration 1936
Er emigrierte 1936 über Kopenhagen in die USA, wo er ein einjähriges Stipendium an der Berkeley University erhalten hatte. Drei Jahre später heiratete er Lillian Zellerbach, die Tochter eines Papierfabrikanten in San Francisco. Währenddessen arbeitete er als Kunstkritiker für die San Francisco Chronicle. Ab 1939 wurde er Kurator („Assistant director“) am San Francisco Museum of Modern Art. Dort wurde er damit beauftragt eine Ausstellung des mexikanischen Malers Diego Rivera vorzubereiten. In Folge dessen lernte er Rivera und seine Frau Frida Kahlo kennen. Mit ihr hatte Berggruen 1939 eine kurze intensive Affäre,[4] nach der er eigenen Angaben zufolge in jedem Interview gefragt wurde.[5] Im selben Jahr "gerade noch rechtzeitig" [6] gelang es ihm, seine Eltern ebenfalls zur Emigration zu bewegen. Diese verliessen Deutschland im Mai 1939 auf der SS St. Louis. Ihre Flucht führte sie nach England. Erst einige Jahre später konnte Heinz Berggruen sie in die USA holen. [7] 1940 kaufte er in Chicago von einem deutschen Emigranten für 100 Dollar sein erstes Gemälde: ein Aquarell von Paul Klee, „Perspective-Spuk“. Es begleitete ihn 40 Jahre lang als Talisman.[8]
[Bearbeiten] Paris ab 1947
Im Zweiten Weltkrieg kam er als Sergeant der US-amerikanischen Armee nach Europa. Nach Ende des Krieges wurde er kurzzeitig Mitherausgeber der Kunstzeitschrift Heute in München, einer seiner Kollegen war Erich Kästner. Danach arbeitete er als Mitarbeiter bei der Kulturabteilung der UNESCO in Paris. Dort ließ er sich 1947 als Kunsthändler in der Rue de l’Université am linken Seine-Ufer nieder. 1949 wurde er vom dadaistischen Dichter Tristan Tzara Picasso vorgestellt.[9] Er gewann die Sympathie von Pablo Picasso und konnte sein Händler und Freund werden. Erst 1980 gab Berggruen seine Kunstgalerie auf, um sich auf den Aufbau einer eigenen Sammlung zu konzentrieren.
Heinz Berggruen sammelte vor allem Kunst von Pablo Picasso, Henri Matisse, Paul Klee und Paul Cézanne. Er war mit dieser Sammeltätigkeit ebenso wie der französische Kunsthändler Ambroise Vollard wegbereitend für die Entwicklung der Kunst des 20. Jahrhunderts. Berggruen entdeckte die Bedeutung der Scherenschnitte des reiferen Henri Matisse, für die sich seinerzeit niemand interessierte. Die Sammlung Berggruen gilt als eine der wichtigsten Sammlungen der Kunst des 20. Jahrhunderts.
[Bearbeiten] Rückkehr nach Berlin 1996
Im Januar 1991 trafen sich der Generaldirektor der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Wolf-Dieter Dube und Berggruen bei der Eröffnung einer vorerst auf fünf Jahre befristeten Ausstellung der Berggruen-Sammlung in der Londoner National Gallery. Dube konnte Berggruen zu einem Besuch in Berlin bewegen, daraus konkretisierte sich schließlich Berggruens Rückkehr mit seiner Sammlung von 113 Meisterwerken nach Berlin im September 1996. Dazu wurde ihm der eigens renovierte westliche Stülerbau gegenüber dem Schloss Charlottenburg, heute bekannt als Museum Berggruen, zur Verfügung gestellt.[8] Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember 2000, verkaufte Berggruen seine auf 750 Mio. Euro geschätzte Sammlung an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz weit unter Wert für 126 Mio. Euro. Er betrachtete diesen Transfer als eine „Geste der Versöhnung“. Da die ursprüngliche Kaufsumme von 400 Mio. DM nicht vollständig vom Bund (200 Mio.) und dem Land Berlin (50 Mio.) getragen werden konnte, hoffte Berggruen auf private Kunstfreunde, die diese Gemälde kauften und sie wieder der Sammlung zurückschenkten.[10] Doch die Hoffnung trog und so nahm er 2001 von der Übereignung sieben Kunstwerke aus, fünf Cézannes und zwei Van Goghs, um seine Erben auszahlen zu können.
Seinen Freund Helmut Newton konnte er ebenfalls dazu bewegen, dessen Fotosammlung seiner Heimatstadt anzuvertrauen.
[Bearbeiten] Familie
Sein Sohn aus erster Ehe, John Berggruen (* 1943), ist in San Francisco ebenfalls zu einem beachteten Kunsthändler geworden.[11] [12] 1945 kam seine Tochter Helen zur Welt, aber noch im selben Jahr wurde auch seine Ehe geschieden. Berggruen war seit 1959 in zweiter Ehe mit der Filmschauspielerin Bettina Moissi verheiratet, der Tochter des Schauspielers Alexander Moissi. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Nicolas Berggruen (* 1961) ist Mehrheitsgesellschafter der in Berlin ansässigen Grundstücksgesellschaft Nicolas Berggruen Holding GmbH.[13] Sein dritter Sohn Olivier Berggruen (* 1963) ist ein Kunsthistoriker, der 2002 in der Frankfurter Schirn Kunsthalle eine Ausstellung von Matisse-Scherenschnitten mit Werken aus der Sammlung seines Vaters [14] [15] sowie 2006/07 eine Ausstellung über Picasso und das Theater als Kurator ebendort geleitet hat. Heinz Berggruen lebte abwechselnd in seiner Pariser Wohnung am Jardin du Luxembourg und in seiner Geburtsstadt Berlin, direkt über den Ausstellungsräumen seiner Sammlung im Stülerbau in Charlottenburg. Am 23. Februar 2007 starb er in Paris, wo er noch wenige Wochen zuvor seinen 93. Geburtstag gefeiert hatte.
Auf eigenen Wunsch wurde Berggruen am 2. März 2007 auf dem Berliner Waldfriedhof Dahlem beigesetzt.[16] An der Trauerfeier nahmen unter anderem Bundespräsident Horst Köhler teil, Bundeskanzlerin Angela Merkel, der ehemalige Kulturstaatsminister Michael Naumann, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann und der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Peter-Klaus Schuster.[17]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auszug)
Heinz Berggruen war seit 1971 Mitglied der französischen Ehrenlegion (seit 1986 Offizier, seit 2000 Commandeur) und wurde am 10. Juni 2004 Ehrenbürger von Berlin.
- 1998: Ehrenmitglied der Bayerische Akademie der Schönen Künste
- 1999: Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung
- 2000: Ehrendoktorwürde der Hochschule der Künste, Fakultät Bildende Kunst [18]
- 2004: Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband
- 2005: Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin [19]
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ „Vom Glück des Sammelns“, Tagesspiegel, 26. Februar 2007
- ↑ „Wunsch nach Ausdruck“, Die Zeit, Nr. 25, 2001
- ↑ „Jedes noch so kleine Wegstück spielt eine Rolle“, Tagesspiegel, 12. Oktober 2002
- ↑ Heinz Berggruen: „Heinz Berggruen. Fridas Zeit und Zeuge“, FAZ, 13. Juli 2004
- ↑ „Flick ist ungerecht angegriffen worden. Man soll aufhören mit der Sippenhaft“, taz, 6. Juli 2004, Interview
- ↑ „Kunstsammler Berggruen mit 93 Jahren verstorben“, tagesschau, 25. Februar 2007
- ↑ Heinz Berggruen, Hauptweg und Nebenwege, Fischer Taschenbuch Verlag
- ↑ a b „War die Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Bilderwelt der Gegensätze?“, Gymnasium Laurentianum Warendorf, 2001
- ↑ „Heinz Berggruen, Influential Picasso Collector, Dies at 93“, New York Times, 27. Januar 2007
- ↑ „Berggruen - Der Mäzen verlässt seine Bilder“, Die Welt, 25. Februar 2007, mit Bildergalerie
- ↑ „Der Sohn des großen Sammlers“, Berliner Zeitung, 24. Juni 2004, Magazin, Seite M02
- ↑ John Berggruen Gallery
- ↑ „Berggruen kauft ehemaliges Hauptpostamt“, Potsdamer Nachrichten, 22. Dezember 2006
- ↑ Olivier Berggruen enthüllte 2002 den Scherenschnitt „Blue Nude 3, Blauer Akt 3“ von Henri Matisse, hr, 16. Juli 2006
- ↑ „Henri Matisse: Mit der Schere zeichnen. Meisterwerke der letzten Jahre.“ 20. Dezember 2002 – 2. März 2003
- ↑ „Berlin nimmt Abschied von Heinz Berggruen“, Tagesspiegel, 27. Februar 2007
- ↑ Bernd Matthies: „Ein Leben, das ein Kunstwerk war“, Tagesspiegel, 3. März 2007
- ↑ „Mäzen und Sammler. Die Hochschule der Künste verleiht Heinz Berggruen die Ehrendoktorwürde“, Tagesspiegel, 25. Juni 2000
- ↑ „Das Glück sammeln“, Tagesspiegel, 20. November 2005, Laudatio von Michael Naumann
[Bearbeiten] Werke
- Ein wunderbarer Cocktail, in: Martin Doerry (Hrsg.): Nirgendwo und überall zu Haus. Gespräche mit Überlebenden des Holocaust. DVA, München 2006, ISBN 3421042071, (auch als CD), S. 88 – 97.
- Leben ist keine Kunst. Heinz Berggruen liest seine schönsten Geschichten, Berlin, Verlag Klaus Wagenbach 2006, Audio-CD, Laufzeit 73 Min., ISBN 978-3-8031-4092-0
- Giacometti und andere Freunde. Erinnerungsstücke, Portraits, Schnurren, Berlin, Wagenbach 2005, Leinen, ISBN 978-3-8031-1233-0
- Hauptweg und Nebenwege. Erinnerungen eines Kunstsammlers, Frankfurt am Main, S. Fischer 1996/2004, 272 S., 27 s/w, 1 farb. Abb., 3 Faks., ISBN 3-596-13853-1 (Autobiografie), Rezension von Berliner LeseZeichen
- Kleine Abschiede. 1935–1937. Berlin, Kopenhagen, Kalifornien, Vorwort von Klaus Harpprecht, Berlin, Transit 2004, Gebunden, ISBN 3-88747-191-1
- Spielverderber, nicht alle. Betrachtungen, Berlin, Wagenbach 2003, ISBN 978-3-8031-1219-4
- Ein Berliner kehrt heim. Reden von 1996–2000, Berlin, Edition Bücherbogen 2002, Fotos von Barbara Klemm, ISBN 3-9808272-0-8
- Monsieur Picasso und Herr Schaften. Erinnerungsstücke, Berlin, Wagenbach 2001, Leinen, ISBN 978-3-8031-1198-2 (Rezension)
- Klee aus New York. Hauptwerke der Sammlung Berggruen im Metropolitan Museum of Art (Berlin-Charlottenburg, Stülerbau, Sammlung Berggruen 4. Juni–18. Oktober 1998), Berlin: Ars Nicolai 1998, 148 S., zahlr. Ill, ISBN 3-87584-712-1
- Abendstunden in Demokratie, Berlin: Rowohlt Berlin 1998, mit 8 farb. Reprod. von Bildern Paul Klees (Aufsatzsammlung), Rezension von Berliner LeseZeichen
[Bearbeiten] Literatur
- Gabriele Struck: Die Sammlung Berggruen. Vorwort von Heinz Berggruen. Berlin, Nicolaische Verlagsbuchhandlung 2002, Gebunden, ISBN 3-87584-837-3
- Hans Jürgen Papies (Hrsg.): Picasso und seine Zeit. Die Sammlung Berggruen. hrsg. von Staatliche Museen zu Berlin. Mit Beiträgen von Heinz Berggruen u. a., Berlin, Nicolaische Verlagsbuchhandlung 2003, 429 S., zahlr. Ill., ISBN 3-87584-248-0
[Bearbeiten] Filme
- Bilder sind wie Drogen. Dokumentation, 15 Min., Produktion: RBB, Erstsendung: 26. Februar 2007, Inhaltsangabe
- Heinz Berggruen. Mein Leben - Ma vie. Dokumentation, 43 Min., ein Film von Felix Schmidt, Diane von Wrede, Produktion: arte, Erstsendung: 4. September 2004, Inhaltsangabe von Die Welt
Interviews
- Mal ehrlich, ... Heinz Berggruen. Gespräch mit Anne Will und Andreas Schneider, Produktion: SFB, Erstsendung: 22. Januar 1999, 40 Min., Inhaltsangabe
- Günter Gaus im Gespräch mit Heinz Berggruen. Produktion: SFB, Erstsendung: 17. August 1996, 30 Min. → Transkript: „Ich bin ein »Heinz im Glück«“, RBB
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Heinz Berggruen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ausführliche Biographie Berggruens, Staatliche Museen zu Berlin, 26. Februar 2007, (pdf-Datei, 4 S.)
- Museum Berggruen
- Geburtstagsadresse des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, 5. Januar 2004
- „Sammler und Jäger“, Tagesspiegel, 17. Dezember 2006, „Heinz Berggruen will sich ins Privatleben zurückziehen. Zuvor hat er Berlin noch einmal beschenkt: mit einer Skulptur von Giacometti.“
- Dossier, RBB, Februar 2007
- Beiträge Berggruens
- „Bin ich der Nestor unter den Mitarbeitern dieser Zeitung?“, FAZ, 26. Februar 2007
- „Heinz Berggruen: Fridas Zeit und Zeuge“, FAZ, 13. Juli 2004
- „Wunsch nach Ausdruck. Meine Lehrjahre“, Die Zeit, Juni 2001, Nr. 25
Interviews
- „Flick ist ungerecht angegriffen worden. Man soll aufhören mit der Sippenhaft“, taz, 6. Juli 2004
- „Jedes noch so kleine Wegstück spielt eine Rolle“, Tagesspiegel-Beilage zur Humboldt-Universität, 12. Oktober 2002
- „Günter Gaus im Gespräch mit Heinz Berggruen“, SFB / RBB, 17. August 1996
- Nachrufe
- „Berggruen - Der Mäzen verlässt seine Bilder“, Die Welt, 25. Februar 2007, mit Bildergalerie
- „Kunstsammler Heinz Berggruen ist tot“, Mitteldeutsche Zeitung, 25. Februar 2007
- „Picassos treuer Freund“, Berliner Zeitung, 26. Februar 2007, S. 3
Videos
- „Kunstsammler Heinz Berggruen gestorben“, tagesschau, 25. Februar 2007, 1:40 Min.
- „Kunstsammler Heinz Berggruen gestorben“, RBB-Abendschau, 25. Februar 2007, 3:52 Min.
- „Abschied von Heinz Berggruen“, RBB-Abendschau, 2. März 2007, 2:00 Min.
Personendaten | |
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NAME | Berggruen, Heinz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kunsthändler, Galerist, Sammler, Autor, Journalist |
GEBURTSDATUM | 5. Januar 1914 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 23. Februar 2007 |
STERBEORT | Paris |