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Humanes Immundefizienz-Virus - Wikipedia

Humanes Immundefizienz-Virus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Humanes Immundefizienz-Virus
HI-Virus, Grafik
HI-Virus, Grafik
Systematik
Reich: Viren
Ordnung: nicht klassifiziert
Familie: Retroviridae
Unterfamilie: Orthoretrovirinae
Gattung: Lentivirus
Art: Humanes Immundefizienz-Virus
Taxonomische Merkmale
Genom: (+)ssRNA linear, dimer
Baltimore: Gruppe VI
Symmetrie: komplex
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Human immunodeficiency virus (engl.)
Taxon-Kurzbezeichnung
HIV-1, HIV-2

Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV, engl. Human immunodeficiency virus), auch Menschliches Immunschwäche-Virus, ist ein Virus, das die Krankheit Aids (Erworbenes Immundefektsyndrom, engl. acquired immunodeficiency syndrome) verursacht. Es gehört zur Familie der Retroviren. Eine vollständige Entfernung des HI-Virus aus dem menschlichen Körper ist nicht möglich, da Retroviren in der Lage sind, ihren genetischen Code in das Erbgut des Wirts einzubauen. Eine Ansteckung führt nach einer unterschiedlich langen, meist mehrjährigen Inkubationsphase zu Aids, einer unheilbaren Immunschwächekrankheit. Bei einer Minderheit (< 5 %) – den sogenannten Long Term Non-Progressors – bricht die Krankheit erst nach Jahrzehnten oder möglicherweise nie aus.

HI-Viren werden unterteilt in die weltweit vorkommende Spezies HIV-1 mit den drei Gruppen M, N und O. Die Viren der am weitesten verbreiteten Gruppe M werden zusätzlich unterteilt in die Subtypen A bis I. Der Subtyp B ist der häufigste in Westeuropa und findet sich fast immer in Nordamerika. Darüberhinaus gibt es noch die Spezies HIV-2, die sich ihrerseits in Subtypen unterteilt. Von diesen sind am häufigsten die Subtypen A und B. Im Gegensatz zu HIV-1 kommt HIV-2 noch immer hauptsächlich in Westafrika vor. Allerdings waren 2005 bereits 15 Prozent der Neuinfektionen in Portugal auf HIV-2 zurückzuführen. Auch ist die Prävalenz durch andere Subtypen als B in Frankreich und den Benelux-Staaten in den letzten 5 Jahren auf 30-50 Prozent angestiegen. HIV-1 und HIV-2 ähneln sich prinzipiell hinsichtlich des klinischen Infektionsverlaufs und der krankmachenden Eigenschaften, auch wenn die Infektion mit HIV-2 wohl insgesamt langsamer verläuft. Die beiden Stämme sehen unter dem Elektronenmikroskop gleich aus, unterscheiden sich jedoch im Molekulargewicht der Proteine und in der Anordnung der Gene.


In Deutschland lebten Ende 2006 rund 56.000 Menschen mit HIV, darunter etwa 47.000 Männer, rund 8.500 Frauen und zirka 400 Kinder. Bei 8.700 Personen war AIDS bereits ausgebrochen. Im Jahr 2006 kam es zu ungefähr 2.700 Neuinfektionen.[1] In Österreich infizierten sich im Jahr 2005 insgesamt 453 Menschen mit HIV.

In der Schweiz leben ca. 20.000 HIV-Infizierte und ca. 2.700 AIDS-Kranke. [2] Seit 1990 dominiert der heterosexuelle Ansteckungsweg bei den positiven HIV-Tests. [3]

Dieser Artikel beschreibt das HIV und seine Eigenschaften. Ausführliches zum AIDS (Symptome, Untersuchung, Verlauf, Therapie, Vorbeugung etc.) ist im Artikel Aids zu finden.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Struktur und Aufbau des HI-Virus

Aufbau des HI-Virions
Aufbau des HI-Virions

Das HIV ist ein kugelförmiges Retrovirus und gehört zur Gattung der Lentiviren. Infektionen mit Lentiviren verlaufen meist chronisch, mit langer klinischer Latenzzeit und unter Beteiligung des Nervensystems.

Das Viruspartikel hat einen Durchmesser von etwa 100-120 nm und ist von einer Lipoproteinhülle umgeben. Eingebettet in diese Hülle sind 72 etwa 10 nm große env-Glykoproteinkomplexe, die aus einem externen Anteil (gp120) und einem Transmembranprotein (gp41) bestehen.[4] Gp120 ist für die Bindung des Virus an die CD4-Rezeptoren der Zielzellen von entscheidender Bedeutung. Da die Hülle des HI-Virus aus der Membran der Wirtszelle entsteht, befinden sich in ihr ebenfalls verschiedene Proteine der Wirtszelle, z. B. HLA Klasse I und II Moleküle sowie Adhäsionsproteine. Die HIV-RNA liegt in zwei Kopien im Viruskapsid vor. Hier befinden sich die für die Vermehrung notwendigen Enzyme reverse Transkriptase (RT), Integrase und Protease.

Das Genom des HI-Virus ist deutlich komplexer als das anderer Retroviren. Neben den drei üblichen retroviralen Genen (gag, pol, env) besitzt das HI-Virus sechs zusätzliche (akzessorische) Gene (vif, vpu, vpr, tat, rev, nef), die hauptsächlich regulatorische Funktionen besitzen.

Aufgrund der geringen Größe ist das HI-Virus im Lichtmikroskop nicht sichtbar.

[Bearbeiten] Übertragung

Das HI-Virus wird durch Kontakt mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma (auch Präejakulat), Vaginalsekret, sowie Liquor cerebrospinalis und Muttermilch übertragen. Potentielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden und Schleimhäute (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Vorhaut). Als häufigste Infektionswege sind zu nennen der Vaginal- oder Analverkehr ohne Verwendung von Kondomen und die Benutzung unsteriler Spritzen beim intravenösen Drogenkonsum. Oralverkehr gilt nach jüngsten Studien als weniger infektiös. Auch ist hier nur der aktive Partner gefährdet. Eine Ansteckung ist vor allem dann möglich, wenn dabei Sperma oder Menstruationsblut auf die Mundschleimhaut gelangt. Homosexuelle Männer gelten als Risikogruppe, da Analverkehr in dieser Personengruppe eher verbreitet ist als in der Gruppe der Heterosexuellen. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruskonzentration in der Samenflüssigkeit, im Scheidensekret und der Viruslast im Blut ab. Diese ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich ausreichend Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann aber zunächst ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an.

Wie sich bei aktuellen Studien gezeigt hat, ist das Infektionsrisiko für beschnittene Männer geringer. Die Beschneidung führt durch die Entfernung der Vorhaut zu einer geringeren Angriffsfläche für das Virus.[5]

Bluttransfusionen sind ebenfalls eine mögliche Infektionsquelle, die allerdings heute in Deutschland durch die 1985 eingeführten Routine-Untersuchungen der Blutspender kaum noch Bedeutung hat. Aber auch hier ist ein Risiko vorhanden, da zwischen Ansteckung des Spenders und der Nachweisbarkeit von Antikörpern im HIV-Test bis zu drei Monate verstreichen können. Daher werden alle Blutspenden auch auf die Anwesenheit des HIV mittels PCR getestet, um diese diagnostische Lücke zu schließen.

Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird ohne Behandlung auf 15 bis 30 Prozent geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf ca. 2 Prozent vermindert werden. Eine Übertragung des Virus beim Stillen ist ebenfalls möglich.

Die sogenannte CHAT-Survey-Studie[6] des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheitswesen (BAG) - eine Nachbefragung von Menschen, die im Verlauf eines Jahres positive HIV-Tests erhielten - ergab, dass 49 Prozent aller Neuinfizierten die Infektion von ihrem festen Sexualpartner erhielten; 38 Prozent wurden von einem zwar bekannten, aber nicht festen Gelegenheitspartner infiziert. Die große Mehrheit der neuinfizierten Leute wusste schon vorher, dass ihr Partner HIV-positiv sei. Nur 13 Prozent der Heterosexuellen steckten sich bei anonymen sexuellen Begegnungen an. Bei Homosexuellen spielen bei Infektionen die festen Partner eine kleinere Rolle; anonyme Sexualkontakte machten 26 Prozent der Infektionen aus.[7]

Das Risiko, sich durch Zungenküsse anzustecken, kann ausgeschlossen werden, sofern keine blutenden Wunden, so beispielsweise Verletzungen des Zahnfleisches, im Mund vorhanden sind. Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß und Speichel reicht für eine Ansteckung nach heutigem Erkenntnisstand ebenfalls nicht aus. Außerdem lässt die Aids-Epidemiologie eine Infektion durch Insektenstiche oder durch Tröpfcheninfektion äußerst unwahrscheinlich erscheinen.

Menschen, die einer akuten Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sollten möglichst bald (idealerweise innerhalb von zwei Stunden!) einen Arzt aufsuchen, um sich beraten zu lassen und gegebenenfalls eine Postexpositionelle Prophylaxe (PEP) durchzuführen. Nach Ablauf von 48 bzw. 72 Stunden wird eine medikamentöse PEP nicht mehr als sinnvoll erachtet.

Hinsichtlich der Infektionswahrscheinlichkeiten siehe ausführlich unter Aids.

[Bearbeiten] Vermehrungszyklus des HIV

Zur Vermehrung benötigt das Virus Wirtszellen, die den CD4-Rezeptor auf der Oberfläche tragen. Dies sind vor allem die CD4-tragenden T-Lymphozyten (T4-Helferzellen), die beim Menschen eine wichtige Rolle sowohl in der zellulären als auch in der humoralen Immunabwehr spielen und u.a. die Antikörperbildung unterstützen. Neben T-Lymphozyten besitzen auch Monozyten, Makrophagen und dendritische Zellen CD4-Rezeptoren.

[Bearbeiten] Fusion mit der Wirtszelle

Um mit der Zellmembran der Wirtszelle verschmelzen zu können, binden die Oberflächenproteine GP120 an die CD4-Rezeptoren. Durch die Bindung kommt es zu einer Konformationsänderung im Transmembranprotein GP41, ein Mechanismus, der einer „Schnappfeder“ oder einer „Mausefalle“ ähnelt. Der neu entwickelte Wirkstoff T20 ist ein Peptid, das die Konformationsänderung blockiert und somit die Anheftung des Virus erschwert (siehe unten).

Neben den CD4-Rezeptoren sind weitere Co-Rezeptoren an der Bindung des HI-Virus an die Zelle beteiligt.[8] Der Chemokin-Rezeptor CCR5 an monozytären Zellen und CXCR4 Rezeptoren an T-Zellen ist an der Bindung beteiligt.[9] [10] Die unterschiedliche Ausprägung dieser Rezeptoren beeinflusst den Verlauf der HIV-Infektion und die Ansteckungswahrscheinlichkeit.[11] Moleküle, die die CCR5 Rezeptoren blockieren sollen, werden zurzeit getestet.[12] [13] Da die Bedeutung dieser Rezeptoren für den Organismus jedoch noch nicht genau geklärt ist, ist es bis zum anwendbaren Medikament noch ein weiter Weg. Wichtig ist zu erwähnen, dass das HI-Virus innerhalb der ersten Monate nach der Infektion in der Regel (nach einer kurzen Anfangsphase mit CXCR4-Tropismus) eine außerordentliche Bevorzugung von Zellen mit dem CCR5-Korezeptor zeigt. Dies führt zu einer überwiegenden Infektion von Zellen des monozytären/makrophagozytären Systems und weniger der sog. T-Helferzellen. Mit Hilfe der monozytären Zellen gelangt das Virus in für die antiretrovirale Therapie später schwer zugängliche Kompartimente des Körpers, wie z. B. die Hoden und das Gehirn. Bedeutsam wird das auch hinsichtlich der schweren Hirnschäden, die das Virus bei einem Teil der Infizierten schon früh verursachen kann.

Vereinfacht lässt sich sagen, dass Menschen die homozygot die sogenannte Delta 32 Mutation des CCR5-Korezeptor Gens aufweisen, schwerer mit HIV infizierbar sind. Dies trifft auf etwa 1 Prozent der Bevölkerung in Europa zu. In geringerem Maße trifft dies auch auf Mutationen des CCR2 und SDF-1 Gens zu. Menschen mit HLA B27/B57 zeigen einen langsameren Verlauf der Erkrankung.

[Bearbeiten] Einbau des HI-Virus-Genoms in die Wirtszelle

Aufbau und Vermehrung des HIV
Aufbau und Vermehrung des HIV

Das HIV baut zur Vermehrung sein RNA-Genom nach der so genannten reversen Transkription in doppelsträngige DNA in das Genom der Wirtszelle ein. Die Umwandlung von viraler RNA in provirale DNA im Cytoplasma der Wirtszelle durch das Enzym Reverse Transkriptase ist ein entscheidender Schritt im Reproduktionszyklus der Retroviren. Dieser Vorgang kommt ansonsten nicht in menschlichen Zellen vor. Daher ist das Enzym Reverse Transkriptase ein wichtiges Ziel therapeutischer Intervention und Ansatzpunkt zweier pharmakologischer Wirkstoffklassen. Nach reverser Transkription schließt sich die Integration des Virus-Genoms in das menschliche Erbgut durch ein weiteres virales Enzym, die Integrase, an. In neueren Arbeiten wurde gezeigt, dass die virale DNA schon vor der Integration abgelesen wird und virale Proteine gebildet werden. Demnach liegt die HIV-DNA als integrierte und nicht-integrierte Form vor. Auch existieren zirkuläre Formen von HIV-DNA. Als erste virale Proteine wurden der virale Transaktivator Tat und das Nef-Protein nachgewiesen. Nef ist essentiell, um T-Zellen produktiv infizieren zu können, während Tat die virale Transkription reguliert. Die Synthese viraler Proteine wird durch alternatives Spleißen und die virale Kontrolle des RNA-Exports durch das Rev-Protein moduliert.

Das Virus in infizierten und ruhenden CD4-positiven T-Zellen entzieht sich dem Angriff durch antivirale Medikamente und dem Immunsystem. Zu einer Aktivierung dieser Immunzellen kommt es nach Antigenkontakt, zum Beispiel im Rahmen gewöhnlicher oder einer opportunistischen Infektion. Während die Zelle gegen einen anderen Krankheitserreger vorgehen will, beginnt sie Virusproteine zu produzieren und neue Viren freizusetzen. Diese infizieren dann wiederum andere Zellen.

Was das HI-Virus so außergewöhnlich überlebensfähig macht, ist seine Wandlungsfähigkeit oder, besser gesagt, seine schnelle Evolutionsrate. Von den Influenza-Viren (Grippe) zum Beispiel entwickeln sich in derselben Zeit auf der ganzen Welt nicht einmal halb so viele neue Unterarten wie vom HI-Virus in einem einzelnen infizierten Menschen.

Die lange Inkubationszeit von zehn Jahren ist ein Problem, da viele Infizierte unter Umständen noch jahrelang andere Personen infizieren, bevor ihre Infektion erkannt oder von ihnen selbst bemerkt wird.

[Bearbeiten] Verlauf der HIV-Infektion

HI-Viren sammeln sich vor dem Verlassen der Immunzelle an der Membran
HI-Viren sammeln sich vor dem Verlassen der Immunzelle an der Membran
HI-Virus, das sich aus einer Immunzelle herauslöst
HI-Virus, das sich aus einer Immunzelle herauslöst

Eine unbehandelte HIV-Infektion verläuft in der Regel in mehreren Stadien. 3 bis 6 Wochen nach der Ansteckung kommt es meist zu einer akuten HIV-Infektion. Diese ist durch Fieber, Abgeschlagenheit, Hautausschläge, orale Ulzerationen, oder Arthralgie ( Gelenkschmerzen ) gekennzeichnet. Wegen der Ähnlichkeit mit grippalen Infektionen bleibt die akute HIV-Infektion meistens unerkannt. Eine frühe Diagnose ist jedoch wichtig. Durch sie können nicht nur weitere Infektionen von Sexualpartnern verhindert werden. Erste Studien an Patienten, die während der akuten HIV-Infektion antiviral behandelt wurden und nach einiger Zeit die Therapie absetzten, zeigten, dass die HIV-spezifische Immunantwort der Patienten gestärkt werden konnte.[14] [15] Die akute Infektion dauert selten mehr als 4 Wochen an.[16]

In der folgenden, meist mehrjährigen Latenzphase treten keine gravierenden körperlichen Symptome auf. Veränderte Blutwerte und eine schleichende Lipodystrophie bleiben von den HIV-Infizierten oftmals unbemerkt. Danach kommt es vielfach zu ersten Erkrankungen, die auf ein mittelschwer geschwächtes Immunsystem zurückzuführen sind, jedoch noch nicht als Aids-definierend gelten (CDC Klassifikation B, siehe Aids). Im Median nach 8 bis 10 Jahren nach der Erstinfektion kommt es zu einem schweren Immundefekt (< 200 CD4-Zellen/Mikroliter). Dieser führt in der Regel zu Aids-definierenden Erkrankungen (CDC Klassifikation C, siehe Aids). Zu diesen zählen opportunistische Infektionen, die durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten bedingt sind, sowie andere Erkrankungen, wie Kaposi-Sarkom, malignes Lymphom, HIV-Enzephalopathie und das Wasting-Syndrom. Nach individuell unterschiedlicher Zeit führen diese unbehandelt meist zum Tod. Ein schwerer Immundefekt bedeutet jedoch nicht, dass sofort Aids auftritt. Je länger ein schwerer Immundefekt vorliegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, Aids zu bekommen.

[Bearbeiten] Genetische Faktoren

Die Tatsache, dass Individuen trotz gleicher Infektionsquelle oft sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe haben, deutet auf einen starken Einfluss von Wirtsfaktoren auf den Verlauf der Infektion hin. Neben der Ausbildung des Immunsystems scheinen auch einige genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. So sind homozygote Individuen mit einem genetischen Defekt am CCR5-Rezeptor (CCR5delta32) weitgehend resistent gegen HIV-Infektionen.[17] [18] Dieser Rezeptor dient als Co-Rezeptor bei der Fusion des Virus mit der Wirtszelle. Es wurden nur wenige Individuen gefunden, die eine Infektion trotz Rezeptordefektes haben. Sie infizierten sich mit HI-Viren, die andere Co-Rezeptoren benutzen, wie den CXCR4 Rezeptoren an T-Zellen. Homozygote Genträger dieser Deletion machen ca. 1 Prozent der Bevölkerung aus, heterozygote Genträger etwa 20 Prozent. Heterozygote haben deutlich weniger CCR5 Rezeptoren und scheinen nach Infektion kaum eine längere mittlere Überlebenszeit zu haben.

Der Aids-Forscher JJ Bwayo (J.J. Bouyao) untersuchte in Nairobi (Kenia) 600 Prostituierte. Dabei stellte er fest, dass 24 von ihnen offenbar gegen das HI-Virus immun sind. Der Grund dafür scheint nach Ansicht von Forschern genetisch bedingt zu sein. Offenbar ist eine Gen-Anomalie dafür verantwortlich, der das Virus daran hindert, in die Zellen einzudringen und sich zu verbreiten.

[Bearbeiten] Geschichte

HIV ist die vom International Committee on Taxonomy of Viruses 1986 empfohlene Bezeichnung, die frühere Benennungen wie Lymphadenopathie-assoziiertes Virus (LAV), humanes T-Zell-Leukämie-Virus III (HTLV III) oder Aids-assoziiertes Retrovirus (ARV) ersetzt. HIV Typ 1 wurde 1983 zum ersten Mal von Robert Gallo [19], dem Leiter des Tumorvirus-Labors am NIH und Luc Montagnier [20], dem Direktor des Institut Pasteur in Paris beschrieben. Da beide die Erstentdeckung für sich beanspruchen, folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, bei dem es auch um das Patent für den neu entwickelten HIV-Test ging. HIV-2 wurde 1986 entdeckt. Die älteste gesicherte HIV-Infektion stammt aus Zaire 1959.[21]

Im Mai 2005 gelang einem internationalem Forscherteam erstmals der Nachweis, dass HIV seinen Ursprung bei den Affen fand. Das Forscherteam nahm dazu in der Wildnis des zentralafrikanischen Kameruns 446 Kotproben freilebender Schimpansen. Etliche Proben wiesen Antikörper gegen SIV (Simian Immunodeficiency Virus) auf, die Schimpansenversion des HI-Virus, wie das Team im US-Fachjournal "Science" veröffentlichte. 12 Proben waren fast identisch mit Kontrolltests des HIV-1 bei Menschen. Das Team betonte, dass die Antikörper zuvor nur bei Schimpansen in Gefangenschaft nachgewiesen wurden. Ursprüngliche Quelle des HI-Virus sind die Schimpansen jedoch nicht. Sie sollen sich im westlichen Zentralafrika mit SIV oder einem Vorläufer dieses Virus bei anderen Affenarten infiziert haben. Etwa im 20. Jahrhundert infizierten sich erstmals Menschen mit dem SIV, der hierauf in deren Organismen zum Aids verursachenden HIV mutierte. Damit hat der Aidserreger bereits mindestens zweimal die Artengrenze übersprungen, nämlich vom Affen zum Menschenaffen und anschließend zum Menschen.[22] Wie das Virus auf den Menschen übertragen wurde ist unklar. Man geht davon aus, dass Jäger, die Affen gejagt und verspeist haben, mit dem Virus erstmalig infiziert wurden.

Eine andere These lautet, dass der Impfstoff für eine Polioimpfung im Jahre 1959 durch Affen, die das Virus trugen, verunreinigt wurde. Danach wurden im ehemaligen Belgisch-Kongo Schimpansennieren zur Vermehrung des Impfstoffes verwendet und anschließend hunderttausende Menschen durch eine Schluckimpfung geimpft, wodurch SIV auf den Menschen übertragen wurde und zum HIV mutierte.[23] [24] [25] [26] Allerdings zeigte eine Analyse der Mutationen, dass mit 95%iger Wahrscheinlichkeit der Ursprung des Stammes HIV-1 vor dem Jahr 1930 zu datieren ist. [27] Weiterhin wurde im Februar 2000 eine Probe der verteilten Schluckimpfungen gefunden und untersucht. Dabei zeigten sich weder Spuren von HIV noch von SIV. [28]

Weltweit sind derzeit (2006) etwa 40 Mio. Menschen mit HIV infiziert.

[Bearbeiten] Tests auf eine HIV-Infektion

Siehe auch Hauptartikel HIV-Test

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Blut, Urin oder andere Gewebe auf die Anwesenheit von HI-Viren oder HIV-Antikörper zu prüfen. Was umgangssprachlich als "Aidstest" bekannt ist, spürt keinesfalls die Viren selber auf, sondern lediglich die vom Menschen erzeugten Antikörper gegen das eigentliche Virus.

Am gebräuchlichsten ist der ELISA-Test und die Western-Blot-Methode. Diese zwei Methoden werden stets gemeinsam verwendet: ELISA ist geeignet, um das Risiko falsch-negativer Resultate zu senken; während der genauere Western-Blot-Test falsch-positive Resultate vermeidet. ELISA wie Western Blot sind günstige Tests und sie sind ca. zwei bis drei Monate nach einer möglichen Infektion von hoher Genauigkeit, können aber schon zwei bis drei Wochen nach einer vermuteten Ansteckung eingesetzt werden.

Ein positives ELISA-Ergebnis allein ist kein sicherer Befund für eine HIV-Ansteckung; deshalb wird er immer zusammen mit Western Blot angewendet; und es kann vorkommen, dass eine gesunde Person Monate nach einem positiven ELISA-Test wieder einen negativen Befund erhält. Antikörpertests können nach kurz zurückliegenden akuten Erkrankungen, Grippeimpfungen und Allergien falsch-positive Befunde liefern.[29]

Der direkte Nachweis von Virus-Erbgut mittels PCR ist das zuverlässigste, jedoch auch das teuerste Verfahren, welches schon wenige Tage nach einer Ansteckung Resultate liefert. Das PCR-Verfahren wird zur Überwachung der antiretroviralen Therapie (HAART) genauso verwendet wie auch im Blutspendewesen.

Vorgehensweise beim PCR-Einsatz im Blutspendewesen: Blutspendeproben von Dutzenden von Menschen werden gemischt und dann gemeinsam nach HIV-Erbgut untersucht. Ist das Resultat positiv, werden dann die Blutproben von kleineren und noch kleineren Untergruppen untersucht, um so die Herkunft des gefundenen Viren-Erbgutes auf den einzelnen Spender zurückzuführen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Quellen

  1. HIV/AIDS in Deutschland – Eckdaten, Epidemiologische Kurzinformation des Robert Koch-Instituts, RKI Daten und Berichte
  2. Statistiken des Bundesamts für Gesundheit BAG bzgl. "HIV und Aids in der Schweiz: Eckdaten 2006"[1]
  3. Zahlen zu HIV/Aids der Aids-Hilfe Schweiz[2]
  4. Chan DC et al.: Core structure of gp41 from the HIV envelope glycoprotein. Cell. 1997 89(2):263-73. PMID 9108481
  5. [3] Artikel von wissenschaft.de
  6. CHAT-Survey-Studie
  7. Viele holen sich beim Partner HIV tagesanzeiger.ch
  8. Deng H et. al.: Identification of a major co-receptor for primary isolates of HIV-1. Nature. 1996 381(6584):661-6 PMID 8649511
  9. Dragic T et al.: 'HIV-1 entry into CD4+ cells is mediated by the chemokine receptor CC-CKR-5. Nature. 1996 381(6584):667-73. PMID 8649512
  10. Zou YR et al.: Function of the chemokine receptor CXCR4 in haematopoiesis and in cerebellar development. Nature. 1998 393(6685):595-9. PMID 9634238
  11. Winkler C et al.: Genetic restriction of AIDS pathogenesis by an SDF-1 chemokine gene variant. ALIVE Study, Hemophilia Growth and Development Study (HGDS), Multicenter AIDS Cohort Study (MACS), Multicenter Hemophilia Cohort Study (MHCS), San Francisco City Cohort (SFCC) Science. 1998 279(5349):389-93. PMID 9430590
  12. Schols D et al.: Inhibition of T-tropic HIV strains by selective antagonization of the chemokine receptor CXCR4. J Exp Med. 1997 186(8):1383-8. PMID 9334378
  13. Murakami T et al.: A small molecule CXCR4 inhibitor that blocks T cell line-tropic HIV-1 infection. J Exp Med. 1997 186(8):1389-93. PMID 9334379
  14. Rosenberg ES et al.: Immune control of HIV-1 after early treatment of acute infection. Nature. 2000 407(6803):523-6. PMID 11029005
  15. Altfeld M et al.: Cellular immune responses and viral diversity in individuals treated during acute and early HIV-1 infection. J Exp Med. 2001 193(2):169-80. PMID 11148221
  16. http://www.hiv-akut.de
  17. Dean M et al.: Genetic restriction of HIV-1 infection and progression to AIDS by a deletion allele of the CKR5 structural gene. Hemophilia Growth and Development Study, Multicenter AIDS Cohort Study, Multicenter Hemophilia Cohort Study, San Francisco City Cohort, ALIVE Study. Science. 1996 273(5283):1856-62. Erratum in: Science 1996 Nov 15;274(5290):1069. PMID 8791590
  18. Liu R et al.: Homozygous defect in HIV-1 coreceptor accounts for resistance of some multiply-exposed individuals to HIV-1 infection. Cell. 1996 86(3):367-77. PMID 8756719
  19. Gallo RC et al.: Isolation of human T-cell leukemia virus in acquired immune deficiency syndrome (AIDS). Science. 1983 220(4599):865-7. PMID 6601823
  20. Barre-Sinoussi F, Montagnier L et al.: Isolation of a T-lymphotropic retrovirus from a patient at risk for acquired immune deficiency syndrome (AIDS).Science. 1983 220(4599):868-71. PMID 6189183
  21. Zhu T et al.: An African HIV-1 sequence from 1959 and implications for the origin of the epidemic. Nature. 1998 391(6667):594-7. PMID 9468138
  22. http://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/842412
  23. Edward Hooper (2003). "Aids and the Polio Vaccine," London Review of Books, Vol 25, No. 7.
  24. http://www.uow.edu.au/arts/sts/bmartin/dissent/documents/AIDS/Hooper04/BM6_2.html Edward Hooper (2004). "Untruths, misrepresentations and spin: the dubious methods and tactics used by Stanley Plotkin's group in the "Origins of AIDS" debate."
  25. http://www.aidsorigins.com/ unterhalten von Edward Hooper
  26. http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID1998890,00.html
  27. Korber B, Muldoon M, Theiler J, et al.: Timing the origin of the HIV-1 pandemic. In: Programs and abstracts of the 7th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections. Abstract L5, January 30-February 2, 2000
  28. Blancou, P. et al. "Polio vaccine samples not linked to AIDS" Nature: 410, p. 1045-1046 (2001)
  29. Simonsen et al: "Multiple false reactions in viral antibody screening assays after influenza vaccination", in American Journal of Epidemiology Vol. 141, No. 11: 1089-1096

[Bearbeiten] Weblinks

wikt:
Wiktionary
Wiktionary: HIV – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen

[Bearbeiten] Deutsch

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