Johann Kresnik
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Johann Kresnik (* 12. Dezember 1939 in St. Margarethen, Kärnten) ist ein österreichischer Tänzer, Choreograph und Theaterregisseur. Er ist einer der Pioniere des deutschen Tanztheaters. Seine Stücke, die er "choreographisches Theater" nennt, sind durchgängig auf Provokation und die Sprengung tanzüblicher Ästhetik angelegt. Vom Tanzchronisten Jochen Schmidt wird er als der "Berserker" unter seinen Regiekollegen bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
Seine künstlerische Laufbahn begann Johann Kresnik in Graz, wo er parallel zu einer Werkzeugmacherlehre als Statist an den Vereinigten Bühnen arbeitete und eine Schauspiel- und Tanzausbildung begann. 1959 wurde Kresnik als Gruppentänzer in Graz und ab 1960 nach Bremen engagiert. 1962 ging er an die Bühnen der Stadt Köln, wo er von 1964 bis 1968 als Solotänzer arbeitete. Aufgrund seiner tänzerischen Leistung durfte er bei George Balanchines New York City Ballet gastieren, als Balanchine seine Nussknacker-Choreographie in Köln einstudierte.
[Bearbeiten] Die ersten Stücke
Nach eigenen Angaben schien ihm das klassische Ballett aber nicht mehr zeitgemäß. Von Hause aus marxistisch vorgebildet, interessierte er sich vor allem für das radikale Schauspiel der Sechzigerjahre und versuchte, diese offeneren Formen auch auf die Tanzbühne zu bringen.
1967 choreographierte er sein erstes Stück, das sich mit einem Teilbereich seiner späteren Hauptthemen Wahnsinn, Wut, Grenzüberschreitung und Tod beschäftigt: eine Collage aus Texten von Patienten, die an Schizophrenie erkrankt sind: O sela pei. 1968 folgte Paradies? – hier thematisierte Kresnik u.a. das Attentat auf Rudi Dutschke.
[Bearbeiten] Ballettdirektor in Bremen und Heidelberg
Im selben Jahr engagierte Kurt Hübner den knapp Dreißigjährigen als Ballettdirektor an das Bremer Theater, wo Kresnik seine Auseinandersetzung mit Imperialismus, Kriegshetze und Tagespolitik einerseits und der Suche nach der adäquaten Form - und einem geeigneten Tanzpersonal - andererseits fortsetzte.
Es entstehen u.a. Kriegsanleitung für jedermann, PIGasUS (zusammen mit dem Lyriker Yaak Karsunke) und Schwanensee AG, sowie 1973 das Stück Traktate, das Kresnik zum ersten Mal als "choreographisches Theater" bezeichnet.
Er wechselt nach Heidelberg, wo er 1980 nach einem Libretto des bekannten Therapeuten Helm Stierlin das Stück Familiendialoge vorstellt. Es ist Kresniks Abrechnung mit der Nazizeit und ihren späteren psychischen Auswirkungen. (Kresnik selbst soll als Dreijähriger die Erschießung seines bei der Wehrmacht dienenden Vaters durch slowenische Partisanen erlebt haben.) 1983 folgt Mars (1983), nach der Autobiographie des todkranken Millionärssohns mit dem Pseudonym Fritz Zorn, eine Inszenierung, die durch gewalttätige Bilder und monotone Energieausbrüche charakterisiert ist.
Selbstmörder, Mörder, Opfer sind die Themen, die sich durch Kresniks Heidelberger Zeit ziehen. 1988 entstand Macbeth, 1990 Ulrike Meinhof. Im Februar 1992 wurde Frida Kahlo uraufgeführt, ein Stück über Leben und Werk der mexikanischen Malerin. Wendewut brachte Kresnik ein Jahr später auf die Bühne. Darin beschreibt er in Anlehnung an die gleichnamige Erzählung von Günter Gaus die Geschichte einer DDR-Mitläuferin, die im Deutschland der Wendezeit in ihrem Wunsch nach Anpassung an die bundesrepublikanische Gesellschaft scheitert.
[Bearbeiten] Volksbühne Berlin
Mit Beginn der Spielzeit 1994/95 wechselte Johann Kresnik mit seinem Ensemble an die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Hier wurde im Dezember 1994 das choreographische Stück Ernst Jünger uraufgeführt, eine Anti-Kriegs-Revue, in der sich Kresnik kritisch mit dem militaristischen Gedankengut des hundertjährigen Autors auseinandersetzt. Im April 1995 schloss Kresnik seine Trilogie über Wegbereiter, Mitläufer und Begleiter des Nationalsozialismus ab. Nach Nietzsche und Ernst Jünger wählte er das Leben des Schauspielers, Regisseurs und Intendanten Gustaf Gründgens als Vorlage für ein Stück, das, in Koproduktion zwischen der Volksbühne und dem Deutschen Schauspielhaus, in Hamburg uraufgeführt wurde.
[Bearbeiten] Choreographisches Theater Bonn
Seit der Spielzeit 2003/2004 leitet Johann Kresnik das "Choreographische Theater" der Stadt Bonn. Mit Hannelore Kohl zeigte er im Dezember 2004 auf der Bühne der ehemaligen Bundeshauptstadt die Lebensgeschichte der Gattin des Bundeskanzlers a.D. Hannelore Kohl ist darin zugleich Opfer und Täterin, die den Aufstieg ihres Ehemanns zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland unterstützt, aber die Auswirkungen der Macht psychisch und physisch nicht verkraftet, bis Spendenaffäre und Wahlniederlage ihres Mannes und ihre Krankheit sie in den Freitod treiben.
In den letzten Jahren produzierte Johann Kresnik seine Stücke an zahlreichen Bühnen, häufig auch in enger Zusammenarbeit mit Librettisten, Komponisten und Bildenden Künstlern. Er wurde mehrfach für seine künstlerische Arbeit ausgezeichnet und gastiert zusammen mit seinem Ensemble bei bedeutenden Festivals in der ganzen Welt.
[Bearbeiten] Aufführungen
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[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Johann Kresnik im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Theater der Bundesstadt Bonn mit Oper, Schauspiel und Choreographischem Theater
Personendaten | |
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NAME | Kresnik, Johann |
ALTERNATIVNAMEN | Kresnik, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Tänzer, Choreograph und Theaterregisseur |
GEBURTSDATUM | 12. Dezember 1939 |
GEBURTSORT | St. Margarethen, Kärnten |