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Realschule

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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Deutschland

[Bearbeiten] Definition

Die Realschule, bis 1964 als Mittelschule geführt, ist eine allgemeinbildende weiterführende Schule im Rahmen des gegliederten Schulsystems. Sie umfasst die Klassen 5 bzw. 7 bis 10 der Sekundarstufe I und wird mit der Mittleren Reife abgeschlossen. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Schuljahr 2005/06 2976 Realschulen (0,9 % weniger als im Schuljahr zuvor) mit 1,32 Millionen Schülern (-2 % im Vergleich zum vorherigen Schuljahr).

[Bearbeiten] Bildungsauftrag und allgemeine Organisation

Nach den Maßgaben des Hamburger Abkommens der Kultusministerkonferenz (KMK) von 1964 zielt der Unterricht der Realschule auf die Vermittlung einer erweiterten Grundbildung. Bei erfolgreichem Abschluss berechtigt diese zur Aufnahme berufsqualifizierender Bildungsgänge, zum Eintritt in die mittlere Beamtenlaufbahn oder zum Besuch höherer Berufsfachschulen bzw. von Fachoberschulen oder der gymnasialen Oberstufe. Dementsprechend ist der Unterricht praxisbezogen, ohne aber auf Wissenschaftsorientierung zu verzichten. Einen breiten Raum nimmt die Thematik der "Berufswahlvorbereitung" ein, die aufgrund ihrer Komplexität nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Unterrichtsfächern, z. T. fächerübergreifend bearbeitet wird.

Ab der 7. Klasse besteht für die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, im Rahmen des so genannten Wahlpflichtunterrichts zwischen unterschiedlichen fachlichen Profilen zu wählen. In der Regel bieten die Profile eine naturwissenschaftlich-technische oder wirtschafts- bzw. gesellschaftskundliche Grundbildung an oder ermöglichen das Erlernen einer zweiten Fremdsprache. Welche Richtungen oder Wahlmöglichkeiten angeboten werden, hängt vom jeweiligen Bundesland und gegebenenfalls auch von der einzelnen Schule selbst ab.

Um der Forderung nach der Vergleichbarkeit von Abschlüssen Rechnung zu tragen, verlangen etliche Bundesländer inzwischen verpflichtend eine an den Bildungsstandards der KMK orientierte schriftliche Realschulabschlussprüfung, die allerdings in einigen Bundesländern am Ende der 10. Klasse der Gymnasien nicht erwartet wird.

Ein Drittel der Mittleren Bildungsabschlüsse wird im berufsbildenden System erworben. Hier liegen derzeit noch keine Bildungsstandards vor.

[Bearbeiten] Länderspezifische Schwerpunkte

[Bearbeiten] Baden-Württemberg und Bayern

In Baden-Württemberg besuchen rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler die Realschule von Klasse 5 bis 10. Ungefähr ein Drittel der Schülerinnen und Schüler besuchen im Anschluss ein berufliches Gymnasium und erwerben so das Abitur. Eine Besonderheit der baden-württembergischen Realschule sind die Fächerverbünde EWG (Erdkunde, Wirtschaftskunde, Gemeinschaftskunde) und NWA (Naturwissenschaftliches Arbeiten: Physik, Biologie, Chemie). Bereits am Ende der 6. Klasse muss zwischen den Fächern "Technik", "Mensch und Umwelt" oder "Französisch" gewählt werden, welche dann ab Klasse 7 gelernt werden.

An bayerischen Realschulen umfasst der dritte Wahlpflichtbereich den Fremdsprachenschwerpunkt Französisch, und er kann, wenn entsprechende Lehrkräfte vorhanden sind, ergänzt werden im musisch-gestaltenden, hauswirtschaftlichen oder im sozialen Bereich.

[Bearbeiten] Bundesländer mit integriertem Schulsystem

In vielen Bundesländern gibt es Gesamtschulen. In der kooperativen Form sind die drei Schulformen Hauptschule, Realschule und Gymnasium unter dem Dach der Gesamtschule zu erkennen, in der integrierten Form nicht mehr. In beiden Arten von Gesamtschulen wird der Mittlere Bildungsabschluss vergeben. In den sog. Gemeinschaftsschulen (in Schleswig-Holstein eingeführt) wird dieser Abschluss ebenfalls angeboten.

[Bearbeiten] Bundesländer mit teilintegriertem Schulsystem

In vielen Bundesländern ist die Realschule als eigenständige Schulform entweder abgeschafft oder, wie in den neuen Bundesländern, gar nicht erst errichtet worden. Sie existiert jedoch weiterhin in Form eines teilintegrierten Bildungsganges, d. h. die Bundesländer stellen durch ihr Schulsystem sicher, dass der Mittlere Bildungsabschluss erworben werden kann.

Brandenburg legte 2005 alle Realschulen und Gesamtschulen ohne gymnasialer Oberstufe zur Oberschule zusammen.

Bremen fasste 2004 die Haupt- und Realschulen zur Sekundarschule zusammen. In dieser werden bis zur 6. Klasse alle Schüler gemeinsam unterrichtet. Ab Klasse 7 findet dann in den Fächern Mathematik und Englisch eine kursbezogene Leistungsdifferenzierung statt, ab der 8. Klasse auch im Fach Deutsch. Ab der 9. Klasse werden die Schüler in abschlussbezogene Profilklassen (Haupt- bzw. Realschulprofilklassen) eingestuft.

Im Saarland wurde vor einigen Jahren die Realschule mit der Hauptschule zusammengelegt. Die neue Schulform ist nun die Erweiterte Realschule, in der die Schülerinnen und Schüler in den Klassen 5 und 6 gemeinsam lernen, ab der 7. Klasse dann aber in verschiedene Zweige aufgeteilt werden (Haupt- und Realschulzweig). Ähnliche Wege gingen Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz mit der Einrichtung Regionaler Schulen, Sachsen mit der Errichtung der Mittelschule, Sachsen-Anhalt mit der Zusammenlegung des Haupt- und Realschulbildungsganges in so genannten Sekundarschulen sowie Thüringen mit der Einführung der Regelschule.

Siehe auch: polytechnische Oberschule (in der DDR).

[Bearbeiten] Geschichte der realen Bildung

Johann Amos Comenius
Johann Amos Comenius

Die Wurzeln der realen (von lat. "res" = "Sache, Gegenstand" abgeleiteten) Bildung finden sich bereits im frühen Mittelalter: Walahfrid Strabo (808-849), Benedektinerabt auf der Insel Reichenau, schrieb in seinem Gartengedicht (Hortulus), wie die Erfahrung durch der eigenen Hände Arbeit ("propriis palmis") vergrößert werden kann.

Weitere frühe Ansätze der realen Bildung finden sich bei den Renaissance-Pädagogen Erasmus von Rotterdam (1469-1536), Thomas More (1478-1535) und J. L. Vives (1492-1540), die neben die "Sprachbemeisterung" die "Sachbemeisterung" setzten.

Doch die wieder zu einer reinen Verbalschule drängenden Kräfte der Reformationszeit schnitten diese Bestrebungen ab. Höfisches Leben wurde vorbildlich. Der Adel sah jedoch seine Ziele der Erziehung und Bildung mit den Lateinschulen nicht erfüllt und es entwickelten sich die Ritterakademien. Sie waren das Tor zu einer neuzeitlich realen Bildung.

Parallel dazu standen die Bemühungen einzelner Pädagogen um die reale Bildung. Wolfgang Ratke (Ratichius) (1571-1635) forderte die Einführung der Muttersprache in den Unterricht und die Ablösung vom Latein. Johann Amos Comenius (1592-1670) baute darauf die Forderung, die Worte nur in Verbindung mit den Sachen zu lehren. In der „Trivialschule“ des Joh. Raue (1610-1679) wurde bereits in Fächern wie Geometrie; Stenographie, Realien, Biologie etc. gelehrt.

Für Joh. Joachim Becher (1635?-1682) hatte die Schule die Aufgabe, über Erziehung und Lehre ein geordnetes Staatsgefüge zu schaffen. Sein Ideal war der handwerklich gebildete Gelehrte, der „nützlich gelehrte“ Wissenschaftler.

Im 18. Jh. erstarkte das Bürgertum und der Ruf nach den realbildenden Schulen wurde wieder lauter. Die schulpädagogischen und schulorganisatorischen Gesamtsysteme zerfielen. Eine neue Epoche der realen Bildung begann, an deren Ende das Erstarken der mittleren Schulform stand. Zunächst aber war die Vermittlung realer Bildungsinhalte noch die Aufgabe einzelner Real-Pädagogen:

Für den Pietisten August Hermann Francke (1663-1727) war der Realismus durchaus methodisch geprägt. Die Natur zeigte die Größe und Allmacht Gottes. Praktische Unterweisungen hatten primär das Ziel, zum Unterhalt seiner Franck'schen Anstalten in Halle (Saale) beizutragen. 1698 gründete Francke in Halle die nach ihm benannten Franckesche Stiftungen, eine bis heute bestehende soziale Einrichtung.

Johann Julius Hecker, Denkmal in Berlin
Johann Julius Hecker, Denkmal in Berlin

Der Hallenser Pastor Christoph Semler (1669-1740) gründete 1707 seine „Mathematische und Mechanische Realschule“. Die Idee war es, den Unterricht zu veranschaulichen und Techniken zu schulen, die für das spätere Leben und dem Beruf notwendig erschienen. Nach einem Misserfolg gründete er sie 1738 noch einmal. Der zweite Versuch endete zwei Jahre später mit Semlers Tod. Semlers Schule war die erste, die den Namen „Realschule“ trug. Sie blieb jedoch über die gesamte Zeit ihres Bestehens lediglich eine Ergänzungsschule zur „Teutschen Schule“.

Aus der Teutschen Schule heraus, deren Verbalismus er kritisierte, entwickelte der reformorientierte pietistische Theologe Johann Julius Hecker (1707-1768) ein Fachklassensystem (angelehnt an die von Joh. Gottfried Groß geschaffene differenzierte Stoffverteilung je nach Berufswunsch der Schüler) in seiner „Ökonomisch-Mathematischen Realschule“ in Berlin von 1747. Hecker gilt als Gründer der ursprünglichen praxisorientierten Realschule, für die er einen Schulgarten anlegen ließ und der er 1748 das erste preußische Lehrerseminar angliederte.

So sehr sich die Realpädagogen auch bemühten, ihre Mühe allein reichte nicht, den Bildungsbedarf des Bürgertums zu befriedigen. Es entstanden die Bürgerschulen und unter der Zusetzung des Fachs Latein die Höhere Bürgerschule. Die Höhere Bürgerschule teilte sich in um 1860 herum in die Realschule 1. Ordnung (aus der etwa zwanzig Jahre später das Realgymnasium erwuchs) und die Realschule 2. Ordnung, die zur Oberrealschule wurde. Beide neuen Schulformen wurden mit Beginn des neuen Jahrhunderts den Gymnasien gleichgestellt.

Der Zweig zu den heutigen Realschulen verlief jedoch anders: Aus einem Konglomerat von mittelbildenden Schulen (höhere Töchter- und Knabenschulen, Stadtschulen, Bürgerschulen und Rektoratschulen) erwuchs 1872 eine eigenständige, wesensbestimmte Mittelschule. Über drei Neuordnungen hinweg hielt sie sich auch über den 2. Weltkrieg hinweg und konnte nach dessen Beendigung ihren Betrieb relativ schnell wieder aufnehmen. Je nach Bundesland wurden die Mittelschule früher oder später in Realschulen umbenannt, weil die Elternschaft in dem Namen „Mittelschule“ etwas Herabsetzendes empfand. Der Begriff „Mittelschule“ bezeichnete so nicht nur einen Schultyp, sondern vermeintlich auch eine Qualität.

[Bearbeiten] Österreich

Der Begriff Realschule wird seit dem 18. Jahrhundert Bezeichnung für eine berufsbezogene Schulart verwendet, wurde in der Politischen Schulverfassung 1805 erstmals gesetzlich verankert und als 3-jährige Anstalt für Kaufleute, Kameralisten, Landwirte und "Künstler höherer Art" definiert. 1849 wurde vorgesehen, eine allgemein bildende 6-klassige Realschule zu schaffen. Sie trat erst 1868 als Prototyp einer höheren Schule ohne Latein mit lebenden Fremdsprachen und Betonung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung in Konkurrenz zum Gymnasium. Zunächst waren Realschulen 7-klassig. 1927 erhielten sie eine zusätzliche 8. Klasse und somit wurde die Realschule ein dem Gymnasium gleichwertiger Schultyp, der seit 1962 als Realgymnasium, eine Alternative zum humanen Gymnasium, geführt wird. Seit einiger Zeit gibt es in einigen Bundesländern (z.B. in der Steiermark) auch den Schulversuch Realschule, als integrierter Teil einer Hauptschule. Sie dauert sechs Jahre und legt auf das Lernen von Fremdsprachen, Projektunterricht, Vermittlung von EDV-Kenntnissen und intensive Berufsvorbereitung einen großen Wert.

Siehe auch: Schulsystem in Österreich

[Bearbeiten] Schweiz

Die Realschule ist in der Schweiz eine Oberstufenschule (Deutschland: Hauptschule). In den meisten Kantonen ist die Realschule die Oberstufenschule für schulisch schwächere bis durchschnittliche Schüler, nachdem sie die Grundstufe, die fünf bis sechs Jahre dauernde Primarschule (Deutschland: Grundschule) besucht haben.

Das Absolvieren einer Matura und meistens auch das Besuchen weiterführender Schulen bleibt Realschülern verwehrt. Dazu wird meistens der Besuch einer Sekundarschule oder einer Bezirksschule vorausgesetzt. Diese sind meistens gezwungen, eine Berufslehre oder eine Anlehre zu beginnen.

Siehe auch: Schulsystem in der Schweiz

[Bearbeiten] Fürstentum Liechtenstein

Die Realschule ist im Fürstentum Liechtenstein eine Sekundarschule (Schweiz: Oberstufenschule). Die Realschule in Liechtenstein ist die Schule für Schüler auf höherem Niveau.

Nach Absolvieren der Realschule ist ein Weiterstudium generell möglich.

Siehe auch: Schulsystem Liechtensteins

[Bearbeiten] Schweden

In Schweden gab es von 1905 bis 1972 die Schulform Realschule ("Realskola"). Sie wurde durch die "Enhetsskola" abgelöst, die der Gesamtschule/Gemeinschaftsschule im deutschsprachigen Raum vergleichbar ist.

[Bearbeiten] Literatur

  • Rekus, Jürgen (Hg.) (1999): Die Realschule: Alltag, Reform, Geschichte, Theorie. Weinheim, München: Juventa.
  • Saldern, Matthias von (2002): Bildungsgang Realschule. Baltmannsweiler: Schneider Verlag.

[Bearbeiten] Weblinks

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