Stevia (Süßstoff)
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Stevia ist ein natürlicher Süßstoff, auch Steviolglykosid oder Diterpenglykosiden genannt. Sie sind 300 mal so süß wie Zucker, haben keine Kalorien, sind für Diabetiker geeignet und unterbinden die Karies-Bildung. In der Europäischen Union sind sie noch relativ unbekannt. Häufig wird auch die Bezeichnung Steviosid verwendet, das den für die Süßwirkung der Steviablätter bedeutendsten Inhaltsstoff darstellt. In der EU und der Schweiz sind Steviaerzeugnisse derzeit nicht als Lebensmittel oder Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und ihr Inverkehrbringen als solche ist untersagt.
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[Bearbeiten] Verwendung
Seit Menschengedenken wird Stevia von der indigenen Bevölkerung Brasiliens und Paraguays bei der Zubereitung von Speisen und Getränken und als Heilpflanze verwendet. Die Guaraní-Indianer nennen es ka'a he'ê (Süßkraut) und nutzen es, um zum Beispiel ihren Mate-Tee zu süßen.
Die Europäer lernten Stevia im 16. Jahrhundert kennen, als die Konquistadores darüber berichteten, dass die südamerikanischen Eingeborenen die Blätter einer Pflanze benutzten, um Kräutertee zu süßen. Und auch heute werden die Blätter in Südamerika häufig direkt verwendet, für eine Tasse Tee reichen ein bis zwei frische oder getrocknete Blätter zum Süßen. Auch die pulverisierten Blätter werden verwendt, wobei ein Viertel Teelöffel reicht und eine Tasse zu süßen. Es gibt eine Reihe von Stevia-Produkten: Extrahiertes Pulver, Tabletten, Kapseln, wässrige oder alkoholische Lösungen.
Stevia wird zur Zeit in vielen Teilen Süd- und Zentralamerikas, Israels, Thailands und der Volksrepublik China zur Süßstoffgewinnung angebaut.
[Bearbeiten] Süßwirkung
Erst 1887 „entdeckte“ Moisés Bertoni, ein Naturwissenschaftler, diese Pflanze und machte damit dieses Wissen auch der restlichen Welt zugänglich. Die Bestandteile, die für die Süße der Stevia verantwortlich sind, wurden 1931 dokumentiert. Dabei handelt es sich um acht bis dahin unbekannte Glykoside. Eines davon, das Steviosid wird als 300 mal süßer als Saccharose bei einer Saccharose-Konzentration von 0,4% angesehen, 150 mal süßer bei einer Konzentration von 4%, und 100 mal süßer bei 10%igen Saccharosekonzentration. Andere süße Bestandteile haben den Namen Steviolbiosid, Rebaudiosid A, C, D, E und F sowie Dulcosid A. Das Steviosid hat mit 6-18% den größten Anteil an den in Steviablättern gefundenen Wirkstoffen. Daraus ergibt sich für die Blätter eine Süßkraft, die ungefähr 30 mal größer ist als Zucker.
Der Chemie- und Saatenkonzern Monsanto, Hersteller der Süßungsmittel Saccharin und Aspartam finanzierte 1984 eine wissenschaftliche Untersuchung, die an der „gesundheitlichen Unbedenklichkeit“ von Stevia Zweifel auftat. [1] Unter unabhängigen Wissenschaftlern gilt die Monsanto-Studie als unseriös !
[Bearbeiten] Risiken
Beim eigentlichen Süßstoff, dem Steviosid, konnte keine mutagene oder genotoxische Wirkung nachgewiesen werden. Die Blätter selbst sind auch nicht giftig. Die Mutagenität des Abbauprodukts von Steviosid, Steviol, ist umstritten. In manchen Studien wurden fruchtschädigende Wirkungen in Hamstern beschrieben und eine Mutagenität in vitro. Die der WHO vorliegenden Studien bezüglich der Auswirkungen von Steviol in vivo haben keine Hinweise auf mutagene Wirkungen ergeben. Jedoch will die EU weitere Studien zu gesundheitlichen Wirkungen durchführen, bevor das Verkaufsverbot aufgehoben werden wird. Wissenschaftlich relevante Gründe hierfür sind jedoch nicht bekannt.
[Bearbeiten] Aktuelle Situation
Der Versuch eines europäischen Stevia-Bauern, in der EU eine Zulassung für Stevia als Lebensmittelzusatz zu erhalten, ist gescheitert, da angeblich keine Nachweise über die Unbedenklichkeit vorliegen. Studien zeigten in den USA erhebliche Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Stevia, weshalb 1991 von der industrietreuen Food and Drug Administration Steviaprodukte und deren Einfuhr in die USA verboten wurden. Seit 1995 ist dieses Verbot teilweise aufgehoben, sodass Stevia-Produkte als diätische Lebensmittelergänzungen verwendet werden dürfen, nicht aber allgemein als Lebensmittelzusätze.
In Japan und Brasilien werden Steviaprodukte nach Angaben ihrer Vermarkter schon seit über 20 Jahren in großen Mengen, auch industriell und von multinationalen Konzernen, angewendet. Dabei seien keine gesundheitsschädigenden Wirkungen beobachtet worden.
[Bearbeiten] Situation in Europa
In der EU wurde Stevia als erste Pflanze der Novel Food-Verordnung unterstellt, da medizinische Wirkungen behauptet und beworben wurden. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-Kommission, der über die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia befinden sollte, kam zu der Schlussfolgerung, dass „die Substanz auf Grundlage der wenigen augenblicklich verfügbaren Daten“' als Lebensmittel nicht zulassungsfähig ist, das Inverkehrbringen als solches ist daher verboten. Verkäufer von Steviaprodukten versuchen das Verkaufsverbot zu umgehen, indem sie ihre Produkte beispielsweise als Badezusätze deklarieren. Auch in der Schweiz ist der Verkauf von Süßungsprodukten aus Stevia verboten.
[Bearbeiten] Empfehlung der FAO/WHO
Die gemeinsame Expertenkommission für Lebensmittelzusatzstoffe der Weltgesundheits- und Welternährungsorganisation (JECFA) kam auf der Grundlage weiterer Studien im Juni 2004 zu dem Schluss, Steviosid nur bis zu einer Höchsteinnahmemenge von 2 mg pro Tag und kg Körpergewicht für den menschlichen Gebrauch als unbedenklich zu bezeichnen.
[Bearbeiten] Bezugsquellen
- Steviablätter und Steviosid ist in den Bundesdeutschen Apotheken unter den Pharmazentralnummern: PZN 188 1698 und PZN 188 1681 erhältlich.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Stevia (Artikel zur Botanischen Pflanzengattung)
- Stevia rebaudiana (Artikel zur wichtigsten Steviaart)
- Aztekisches Süßkraut
- Brazzein
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Stevia rebaudiana – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Scientific Committee on Food (SCF) der EU-Kommission: Verwendung von Steviosiden als Süßstoffe (PDF)
- Scientific Committee on Food (SCF) der EU-Kommission: Verwendung von Stevia rebaudiana Bertoni-Pflanzen und Blättern (PDF)
- Weltgesundheitsorganisation (WHO): Evaluation of certain food additives (PDF)
- Weltgesundheitsorganisation (WHO): Safety evaluation of certain food additives (PDF)
- European Stevia Association: Arbeitet derzeit an einer Zulassung von Stevia rebaudiana in Europa
- WDR: Stevia – Natürliche Süßkraft ohne Kalorien
- Eingangsseite von Free Stevia
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