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Tadschiken - Wikipedia

Tadschiken

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

"Registan" in Samarkand - das (einstige) kulturelle Zentrum der Tadschiken
"Registan" in Samarkand - das (einstige) kulturelle Zentrum der Tadschiken

Die Tadschiken (auch Tajik geschrieben) sind die ursprünglich persische Bevölkerung Zentralasiens (siehe auch: Khorassan) und der nördlichen Gebiete des indischen Subkontinents. Sie sind Nachkommen der verschiedenen einst dort lebenden ostiranischen Völker (Baktrier, Sogdier, Choresmier, Parther/Parni, Aria und Skythen) sowie der westiranischen Perser, die besonders während der Islamisierung Persiens zu tausenden aus dem Westen nach Zentralasien, China und Indien (die heutigen Parsen) flohen. Die heutigen Tadschiken sind somit kein geschichtliches Volk, sondern eine Konföderation vieler iranischer Völker, die die Sprache der Perser annahmen und diese selbst prägten, weiterentwickelten und sich mit ihr und mit der persischen Geschichte identifizieren. Im Laufe der Geschichte haben die Tadschiken auch viele fremde Elemente aufgenommen – hauptsächlich arabische sowie zu einem geringeren Teil auch türkische, indische, griechische und tocharische – die jedoch letztendlich die iranische Identität nicht verdrängen konnten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Das Wort Tadschik

Die Ursprünge des Wortes Tadschik sind unbekannt, jedoch wird heute überwiegend angenommen, dass das Wort aus dem türkischen Sprachraum kommt und nach der Eroberung Zentralasiens durch Turkvölker und Mongolen die allgemeine Bezeichnung für alle Persisch-sprechenden Menschen dieser Region wurde, die iranischer Abstammung waren. Die früheste belegbare Verwendung des Wortes ist aus dem 11. Jahrhundert und geht auf die Enzyklopädie Divan Lughat al-Turk („Enzyklopädie der türkischen Sprache“) des uighurischen Historikers Mahmud von Kaschgar zurück, der den Ausdruck Taçikler in einem türkischen Gedicht als Synonym für „Perser“ ins Arabische übersetzte. Zeitgenössische persische Gelehrte allerdings verwendeten diesen Begriff nicht. Die These des turko-mongolischen Ursprungs des Namens wird zusätzlich dadurch gestärkt, dass auch im heutigen Iran viele Perser, die in Türkisch-sprachigen Regionen des Landes leben, von der dort lebenden türkischen Bevölkerung Tadschiken genannt werden. Zudem existieren keine Beweise für die Existenz des Namens für die Zeit vor der türkischen Invasion. Auch im Kaukasus und Dagestan wird die Persisch-sprachige, iranische Bevölkerung nicht „Perser“, sondern Tat genannt. Im Gegensatz dazu werden die ebenfalls Persisch-sprechenden Hazara oder Aimaken nicht als Tadschik bezeichnet, da sie nicht iranischer-, sondern türkisch-mongolischer Abstammung sind.

Die früheren Theorien, das Wort habe seinen Ursprung in der alten Sprache der Avesta oder es leite sich ab vom altpersischen Wort Tazi („Araber“), werden heute von den meisten Historikern verworfen.

In wie weit das Wort mit den chinesischen Bezeichnungen Ta-Yüe-tschi (tocharische Kuschanen), Dayuan (Ferghana) und Ta-Hia (Baktrien) zusammenhängt, ist nicht ganz geklärt.

Insgesamt kann man das Wort Tadschik deshalb in seiner heutigen Bedeutung als ein Synonym für „Perser“ betrachten, und das Volk der Tadschiken als „Perser Zentralasiens“.

Dennoch darf das Wort keineswegs als Selbstbezeichnung der Tadschiken verstanden werden. Viele Tadschiken (Ausnahme: die Tadschiken in Tadschikistan) bezeichnen sich nicht als Tadschik, sondern bekennen sich, wie die Perser im Iran, jeweils zu der Stadt oder Provinz, aus der sie stammen. Das Wort Tadschik ist eine Fremdbezeichnung, die sich durch die seit Jahrhunderten und Jahrzehnten andauernden Fremdherrschaften der Turkvölker, Russen und Afghanen allgemein „eingebürgert“ hat. Bei vielen Tadschiken und Persern ist die Selbstbezeichnung Ariyai bzw. Irani (deutsch: „Arier“) sehr beliebt, besonders bei vielen Gelehrten. Indem sie die Selbstbezeichnung ihrer Vorfahren annehmen, versuchen sie ganz bewusst sich von den benachbarten Arabern und Türkvölker zu distanzieren und ihre iranische, indogermanische Abstammung hervorzuheben (siehe Paniranismus).

[Bearbeiten] Geschichte

Die Geschichte der Tadschiken setzt sich aus der jeweils individuellen Geschichte der einzelnen iranischen Völker der Region zusammen. Sie beginnt mit der Einwanderung der indogermanischen Arier in Zentral-Asien (ca. 2000 v. Chr.), setzt sich fort mit der Entstehung des Zoroastrismus (ca. 1700 v. Chr.), dem Aufstieg des Perserreichs (550 v. Chr.), dem Siegeszug der Makedonier (330 v. Chr.), dem Reich der Parther (220 v. Chr.), dem Imperium der Sassaniden (220 n. Chr.) und der Eroberung Persiens durch die Araber (650 n. Chr.). Ab hier beginnt die eigentliche Geschichte der Tadschiken.

Die Tadschiken führen ihre Herkunft auf die Dynastie der persischen Samaniden (900 n. Chr.) zurück, den ersten einheimischen Herrschern nach der arabischen Invasion und vor der türkischen Eroberung. Während der samanidischen Herrschaft wurden die persische Sprache und die persische Kultur wiederbelebt. Diese „Wiedergeburt“ des Persischen in Zentralasien gilt allgemein als Ursprung der heutigen Tadschiken.

Die moderne Währung Tadschikistans, Somoni, geht auf den Namen jener Dynastie zurück.

Für die genauere Geschichte der Tadschiken, siehe auch:

[Bearbeiten] Antike

[Bearbeiten] Mittelalter

  • Abu Muslim Khorassani, persischer Patriot und Freiheitskämpfer; der eigentliche „Vater der tadschikischen Nation“
  • Barmakiden
  • Samaniden, die erste unabhängige persische Dynastie nach der muslimischen Eroberung. Sie gilt als Ursprung der tadschikischen Identität
  • Ghuriden, ein mächtiges persisches Sultanat in Zentral-Asien und Indien

[Bearbeiten] Neuzeit

[Bearbeiten] Sprache, Kultur und Religion

Persische Miniaturmalerei
Persische Miniaturmalerei

[Bearbeiten] Religion

Die Tadschiken sind überwiegend Muslime, davon die große Mehrheit Sunniten. Bedeutende schiitische Zentren befinden sich vor allem in der Pamir-Region Badakhshan (Ismailiten) und in Herat (Imamiten). Ebenfalls zu den Tadschiken gehören die imamitischen Qizelbash, die Nachkommen türkisch-persischer Elitesoldaten, die der Dynastie der Safawiden unterstanden und als gefürchtete Krieger Macht und Ruhm erlangten.

[Bearbeiten] Sprache

Die Sprache der Tadschiken ist Neupersisch, in Tadschikistan Tadschikisch genannt, welche im Iran, in Tadschikistan und in Afghanistan (neben Paschtu) die offizielle Landessprache ist. Im Gegensatz zum Iran und zu Afghanistan bedient sich Tadschikistan der kyrillischen Schrift.

[Bearbeiten] Kultur

Die Tadschiken und die persische Kultur haben das Bild des Orient bedeutend geprägt. Das wohl bekannteste Werk der muslimisch-persischen Literatur in der westlichen Welt ist die Geschichtensammlung 1001 Nacht (pers. Hezar-o yek-Schab هزار و يكشب). Darin spielen tadschikische Zentren, wie Samarkand, Herat oder Balkh, eine zentrale Rolle.

Das Herz der persisch-tadschikischen Kultur jedoch war und ist die Kunst der Dichtung. Nirgendwo sonst hat die Poesie eine so große Bedeutung im alltäglichen Leben der Menschen, wie im persischen Kulturkreis. Tadschikische Dichter haben maßgeblich an der Entwicklung der neupersischen Sprache und der neupersischen Identität beigetragen, u. a.:

Siehe dazu den Hauptartikel: Persische Literatur

Ebenfalls Tadschiken waren einige der berühmtesten Wissenschaftler, Gelehrte und Künstler des Mittelalters:

Auch der (im Jahre 2001 durch die Taliban) ermordete afghanische Kriegsheld Ahmad Schah Massoud gehörte zum Volk der Tadschiken.

[Bearbeiten] Tadschiken heute

Viele Tadschiken sehen sich heute nicht mehr dem persischen Volk zugehörig und betrachten sich als eine eigenständige Ethnie. Dies hat mehrere Gründe:

  • Die Tadschiken identifizieren sich sehr stark mit dem sunnitischen Islam, während die Perser im Iran Schiiten sind. Vor allem die Tadschiken Afghanistans stehen den schiitischen Iranern feindlich gegenüber. Jedoch hat sich dies in den letzten Jahren, vor allem aufgrund der massiven iranischen Unterstützung für die Persisch-sprechende Bevölkerung Afghanistans und für die von Tadschiken dominierte Nordallianz (gegen die Sowjetunion und, später, gegen die Taliban) verbessert. So gilt der afghanische Nationalheld Ahmad Schah Massoud nicht nur in Afghanistan, sondern auch im Iran und Tadschikistan als „Held der Persischen Nation“ und wird mit dem mythischen Sagenheld Rustam verglichen und gleichgesetzt.
  • Über 250 Jahre Fremdherrschaft durch Turkvölker, Russen und Afghanen haben die Tadschiken weitgehend von den Persern entfremdet. Dies hatte vor allem starken Einfluss auf die Tadschiken in Afghanistan, die die feindliche Mentalität der sunnitischen Paschtunen gegenüber der schiitischen Bevölkerung Irans übernommen haben.
  • Einzige Ausnahme bleibt die Bevölkerung Herats. Diese bezeichnet sich nicht als Tadschik, sondern als Perser, ist aber dennoch aufgrund ihres mehrheitlich sunnitischen Glaubens dem Iran feindlich gesonnen. Auch dies hat sich, vor allem seit dem Sturz der Taliban, dramatisch verändert. Aufgrund der direkten Nachbarschaft zum Iran sind in letzter Zeit viele iranische Staatsbürger als Arbeitskräfte nach Herat gekommen und die „iranische Lebensweise“ ist längst ein Teil Herats. Auch die sprachliche Nähe Herats zum Osten des Iran (der gleiche Dialekt des Persischen) begünstigt diese Entwicklung.

Mittlerweile gibt es vor allem von der Regierung Tadschikistans verstärkt Annäherungsversuche an den Iran und an die Perser. Die Namen persischer Dichter und Denker schmücken die Straßen und Denkmäler Tadschikistans, und auch die Landessprache Tadschikistans wurde 1989 offiziell von Tadschiki in Persisch (lokale name: Farsi) umbenannt. Dennoch ist diese Annäherung sehr problematisch, da der Iran immer noch von Schiismus beherrscht wird. Auch der Iran sucht die Nähe zu Tadschikistan.

Im Gegensatz dazu spielen die Tadschiken in Afghanistan in der öffentlichen Wahrnehmung des Iran eine nur geringe Rolle; Afghanen werden dort als Paschtunen wahrgenommen. Somit erzeugt der Iran eine Barriere. Tadschiken in Afghanistan sind äußerst am Iran interessiert. Besonders schiitische Tadschiken (bzw. Perser) im Westen Afghanistans haben eine starke Zuneigung gegenüber dem Iran. Diese Tatsache wird aber selten ausgesprochen.

In Afghanistan und Tadschikistan bilden die Tadschiken noch heute die intellektuelle Elite. Sie leben hauptsächlich in großen Städten. Zu ihren (historischen) Hauptsiedlungsgebieten gehören die Städte Bukhara, Samarkand, Kabul, Duschanbe, Herat, Ghazni, Mazar-e Scharif und die gesamte Region Balkh.

Rund 50 % der ca. 18 Millionen Tadschiken leben in Afghanistan, 50 % in Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisistan und den westlichen Grenzgebieten der Volksrepublik Chinas. Besonders in Usbekistan wird die Zahl der einheimischen Tadschiken viel höher eingeschätzt, als die offiziellen Zahlen der Regierung Usbekistans angeben. Insgesamt wird die Zahl der Perser auf weltweit über 60 Millionen geschätzt. Zahlreichr Tadschiken leben auch in Russland; vor allem um der wirtschaftlichen Not in ihrem Heimatland Tadschikistan zu entkommen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Josef Wiesehöfer: Das frühe Persien. Geschichte eines antiken Weltreichs. München 1999
  • Jahanshah Derakhshani: Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr.. 2. Auflage. 1999, ISBN 964-90368-6-5
  • Richard Frye: Persien. Zürich 1963

[Bearbeiten] Weblinks

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