Trotzkismus
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Der Begriff des Trotzkismus ist ursprünglich in der politischen Auseinandersetzung mit der Linken Opposition innerhalb der III. Internationale als Kampf- und Propagandabegriff geprägt worden. Abweichler von der Parteilinie der KPdSU wurden oft als Trotzkisten diffamiert, so zum Beispiel in den Moskauer Schauprozessen 1936-1938, in denen unter anderem ehemalige Mitglieder des Zentralkomitees verurteilt wurden.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der Begriff Trotzkismus bezieht sich auf den Revolutionär Leo Trotzki (1879-1940), Mitglied des Zentralkomitees der Russischen Revolution, nach dem Sturz der bürgerlichen Regierung Kerenski Volkskommissar des Äußeren (Außenminister) und Kriegskommissar (Kriegsminister) im Bürgerkrieg auf kommunistischer Seite. Nach dem Tod Lenins entwickelten sich ideologische Auseinandersetzungen zwischen der Linken Opposition und den Anhängern des Stalinismus über den zukünftigen Weg. Ab 1926 kam es immer wieder zu "Säuberungen" der KPdSU und in der III. Internationale. Zum Teil wurden die Anhänger der Linken Opposition aus der Partei entfernt, zum Teil in Verbannung geschickt, zum Teil gingen sie selbst ins Exil.
Nach den Parteiausschlüssen und dem Schock über die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland wurde 1938 die Vierte Internationale gegründet, die sich als marxistische weltumspannende Organisation verstand. Die inhaltliche Grundlage wurde durch Arbeiten Leo Trotzkis ergänzt.
Ausgangspunkt für den Trotzkismus ist eine Analyse der "Bürokratisierung" der häufig als "degenerierte Arbeiterstaaten" bezeichneten Länder, in denen eine proletarische Revolution stattgefunden hatte. Im Gegensatz zu der von Stalin vertretenen These vom möglichen "Sozialismus in einem Land" stand Leo Trotzki für einen konsequenten Internationalismus. Laut seiner Theorie der permanenten Revolution kann der Sozialismus als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus nur auf internationaler Ebene funktionieren, weswegen die ganze Welt durch eine Revolution vom Kapitalismus befreit werden muss. Trotzkisten verstehen sich, wie viele andere marxistische Strömungen auch, als Vertreter des Leninismus bzw. Bolschewismus.
Die Vierte Internationale erlebte 1953 eine Spaltung in zwei Flügel, sogenannte "Pablisten" und "orthodoxe Trotzkisten", die sich 1963 zum Teil wieder vereinigten. Splitter dieser Spaltung gründeten zum Teil eigene internationale Organisationen oder beanspruchen teilweise auch den Titel IV. Internationale.
Trotzkisten haben sich theoretisch in manchen Punkten weiter entwickelt und vom orthodoxen Marxismus abgegrenzt. Nach der Studentenbewegungen der 1960er und 1970er Jahre haben sich Trotzkisten auch den sogenannten "neuen Fragen" zu Ökologie, Patriarchat und Frauenunterdrückung und ähnlichem gestellt.
[Bearbeiten] Bekannte Trotzkistinnen und Trotzkisten
Erwin Heinz Ackerknecht, Tariq Ali, Daniel Bensaïd, James P. Cannon, Tony Cliff, Isaac Deutscher, Hal Draper, Raya Dunayevskaya, Chen Duxiu, Ted Grant, Anton Grylewicz, Duncan Hallas, Chris Harman, Gerry Healy, Oskar Hippe, C. L. R. James, Georg Jungclas, Frida Kahlo, Arlette Laguiller, Ken Loach, Michael Löwy, Ernest Mandel, Jakob Moneta, David North, Michel Pablo, Juan Posadas, Christian Georgijewitsch Rakowski, Vanessa Redgrave, Diego Rivera, Roman Rosdolsky, Tony Saunois, Lew Lwowitsch Sedow, Victor Serge, Max Shachtman, Peter Taaffe, Ta Thu Thau, Lynn Walsh, Wang Fanxi, Winfried Wolf, Alan Woods
[Bearbeiten] Ehemalige "Trotzkisten"
[Bearbeiten] Ehemalige trotzkistische Organisationen und Parteien
[Bearbeiten] Verwandte Themen
[Bearbeiten] Organisationen und Parteien
Im deutschsprachigen Raum:
- Antifaschistische Linke (AL) – Österreich
- Arbeitsgruppe Marxismus (AGM) – Österreich
- Arbeitermacht
- ‚Der Funke‘
- internationale sozialistische linke – Deutschland
- Linksruck – Deutschland, Linkswende – Österreich
- Partei für Soziale Gleichheit
- Revolutionär Sozialistischer Bund – Deutschland
- Sozialistische Alternative (SAV)
- Sozialistische LinksPartei (SLP)
- Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands
International:
- Freedom Socialist Party – USA, Australien, Kanada
- International Socialist Tendency
- Komitee für eine Marxistische Internationale
- Committee for a Workers' International - Komitee für eine Arbeiterinternationale
- Linkse Socialistische Partij – Flandern
- Ligue Communiste Révolutionnaire – Frankreich
- Liga für die Fünfte Internationale – in Deutschland: Arbeitermacht
- POUM Partido Obrero de Unificación Marxista – Spanien
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Überblicksdarstellungen
- Daniel Bensaïd: Was ist Trotzkismus?, Neuer ISP Verlag, Köln 2004, ISBN 3-89900-108-7
- Robert J. Alexander: International Trotskyism, 1929-1985. A Documented Analysis of the Movement. Duke University Press, Durham/North Carolina 1991 ISBN 0-8223-0975-0
- Manuel Kellner: Trotzkismus, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-896-57584-8
- Ernest Mandel: Trotzki als Alternative, Dietz Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-320-01730-6
[Bearbeiten] Zeitschriften für Trotzkismusforschung
- Cahiers Léon Trotsky, Herausgegeben vom Institut Léon Trotsky (ILT), Grenoble, 80 Ausgaben zwischen 1979 und 2003
- Revolutionary History, 32 Ausgaben seit 1988, Webseite
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Trotzkismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Broadleft.org (laufend aktualisiertes weltweites Linkverzeichnis unter anderem auch zu trotzkistischen Organisationen)
- Inprekorr (Internationale Pressekorrespondenz - deutschsprachige Ausgabe der Zeitung des Vereinigten Sekretariats der IV. Internationale)
- AGM(Arbeitsgruppe Marxismus)
- Marxist.com - Marxistisch-Trotzkistische Informationsseite (mehrsprachig)
- Trotskyist Education Page (englisch)
- Radical Women / Freedom Socialist Party (englisch/spanisch)
- US - amerikanische Gruppe der UCI (englisch)
- The Lubitz TrotskyanaNet dealing with Leon Trotsky, Trotskyism and Trotskyists (englisch)