UN-Menschenrechtsrat
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Der UN-Menschenrechtsrat (engl. Human Rights Council) löste im Rahmen der von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorangetriebenen Reform der Vereinten Nationen im Juni 2006 die UN-Menschenrechtskommission ab. Der Rat kann, wie bereits die Menschenrechtskommission mit absoluter Mehrheit die Entsendung von Beobachtern zur Überwachung der Menschenrechtssituation in einem Mitgliedstaat beschließen. Jedoch gehören ihm neben einigen weiteren institutionellen Änderungen nur noch 47 Mitglieder an. Der Menschenrechtsrat ist ein Nebenorgan der UN-Generalversammlung, wie sich aus der Resolution der Generalversammlung (60/251, Nr.1) ergibt, durch die der Rat errichtet wurde.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Gründung
Die UN-Generalversammlung vom 15. März 2006 entschied sich mit 170 Zustimmungen, 4 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen für die Gründung des Menschenrechtsrats. Gegen die Einführung des Rates stimmten Israel, die Marshallinseln, Palau und die USA. Der Stimme enthielten sich der Iran, Venezuela und Weißrussland. Mit konstituierender Sitzung vom 19. Juni 2006 trat das neue UN-Gremium in Genf erstmals zusammen.
[Bearbeiten] Kommentare zur Gründung
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, erklärte, dass der neue Menschenrechtsrat eine historische Chance biete, weltweit die Bürgerrechte zu schützen und zu fördern. Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John R. Bolton, lehnte das Projekt ab. Es gehe nach Meinung der USA nicht weit genug. Er sagte aber, dass sein Land mithelfen werde, das neue Gremium „so stark und wirksam wie möglich“ zu machen. Der kubanische UN-Botschafter Rodrigo Malmierca stellte vor der Abstimmung die Frage, ob der Menschenrechtsrat auch die USA für ihre Menschenrechtsverletzungen in Guantánamo auf Kuba, in Abu Ghuraib im Irak und in geheimen CIA-Gefangenenlagern in Europa zur Rechenschaft ziehen werde. Der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Günter Nooke meint, dass das Beste daraus gemacht werden musste, wenngleich auch „dieser Spatz in der Hand vielleicht schon halb tot ist, weil der prozentuale Anteil menschenrechtsfreundlicher Staaten noch weiter abgenommen hat“.
[Bearbeiten] Organisation
Die frühere UN-Menschenrechtskommission geriet von einigen Seiten in die Kritik, nicht effektiv für den Schutz der Menschenrechte einstehen zu können, da es der Menschenrechtsverletzungen beschuldigten Staaten möglich war, sich gegenseitig in der Kommission zu schützen.
Der neue Rat mit selbem Sitz im schweizerischen Genf wird mit 47 Mitgliedern, anders als zuvor mit 53, etwas kleiner sein. Die Mitglieder werden in geheimer Wahl von der UN-Generalversammlung mit absoluter Mehrheit bestimmt. Der Rat soll häufiger zusammentreten als die bisherige UN-Menschenrechtskommission. Nach dem bisherigen Entwurf gelten schärfere Aufnahmebedingungen, und Mitglieder dieses Rates können auch ausgeschlossen werden, wenn sie eklatant gegen die Menschenrechte verstoßen. Die 47 Sitze im neuen Rat werden anhand von regionalen Gruppen verteilt. 13 Sitze gehen an Afrika, 13 an Asien, 6 Sitze gehen an Osteuropa. 8 Sitze bekommen die Staaten Lateinamerikas und der Karibik, sowie 7 Sitze für Westeuropa und die anderen Staaten.
Die Wahl der ersten Mitglieder erfolgte am 9. Mai 2006. Die 7 Sitze der westlichen Staaten erhielten Deutschland (154 Stimmen), Frankreich (150 Stimmen), Großbritannien (148 Stimmen), die Schweiz, die Niederlande, Finnland und Kanada. Gewählt wurden auch in die Liste der 47 Länder China, Kuba, Russland und Saudi-Arabien. Ghana erhielt mit 183 Stimmen am meisten Stimmen aller Staaten. Die USA hatten sich nicht zur Wahl für den UN-Menschenrechtsrat gestellt.
Gegenüber der früheren Kommission, die für die Wahl vom Sudan als ihren Vorsitz wegen des Darfur-Konflikts kritisiert wurde, werden den Mitgliedern die „höchsten Standards“ bei Menschenrechten abverlangt. Weiter müssen sie sich periodisch überprüfen lassen.
Durch eine Zweidrittelmehrheit der Versammlung kann ein Ratsmitglied abgewählt werden. Die Kommission war eine unabhängige Einrichtung; der Rat wird eine untergeordnete Einrichtung der Versammlung. Weiter ist die Ratsmitgliedschaft auf zwei direkt aufeinander folgende Amtsperioden beschränkt. Eine erneute Kandidatur ist nach einer Pause aber möglich.
Kritisch ist zu sehen, dass - bedingt durch das Wahlverfahren - auch Länder, wie China, Tunesien, Saudi-Arabien oder Kuba, die als Verletzer von grundlegenden Menschenrechten bekannt sind, Sitz und Stimme im Rat haben. [1]
[Bearbeiten] Ergebnisse der Wahl am 9. Mai 2006
Offizielle Kandidaten für die Wahl zum UN-Menschenrechtsrat Angegeben sind jeweils die Jahre, die die Staaten voraussichtlich im Rat verbleiben werden. (Eine direkte Wiederwahl ist aber möglich) Darunter die Anzahl der erreichten Stimmen in der 1./2./3. Runde. |
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Afrika | Asien | Osteuropa | Karibik & Lateinamerika |
Westeuropa & restliche Staaten |
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13 Sitze 13 Kandidaten |
Jahre Stimmen |
13 Sitze 18 Kandidaten |
Jahre Stimmen |
6 Sitze 13 Kandidaten |
Jahre Stimmen |
8 Sitze 10 Kandidaten |
Jahre Stimmen |
7 Sitze 9 Kandidaten |
Jahre Stimmen |
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1 168 |
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3 160 |
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– 31 |
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1 158 |
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3 130 |
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3 171 |
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1 134 |
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– 70 |
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2 165 |
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1 133 |
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3 172 |
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3 146 |
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3 95/103 |
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3 135 |
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2 150 |
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2 175 |
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1 173 |
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1 105 |
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1 128 |
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3 154 |
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2 183 |
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1 165 |
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– 35 |
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2 142 |
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– 117 |
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2 178 |
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– 58 |
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– 79/48 |
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3 154 |
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1 137 |
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3 178 |
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– 52 |
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– 50 |
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– 119 |
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– 122 |
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1 178 |
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2 158 |
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– 92/86 |
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2 145 |
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3 140 |
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3 169 |
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3 137 |
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1 108 |
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3 142 |
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2 148 |
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3 181 |
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– 88 |
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2 89/95/98 |
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– 101 |
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1 179 |
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– 112 |
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3 137 |
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1 171 |
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3 158 |
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– 91/88/80 |
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2 182 |
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2 149 |
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2 91/109 |
||||
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1 136 |
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2 148 |
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3 126 |
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2 123 |
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– 120 |
Folgende Staaten erhielten Stimmen, obwohl sie nicht auf der offiziellen Kandidatenliste verzeichnet waren:
Weitere Kandidaten für die Wahl zum UN-Menschenrechtsrat Diese Staaten standen nicht auf der offiziellen Kandidatenliste. Daraus ergibt sich auch die geringe Stimmenzahl. |
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Afrika | Asien | Osteuropa | Lateinamerika & Karibik |
Westeuropa & restliche Staaten |
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Kandidaten | Stimmen | Kandidaten | Stimmen | Kandidaten | Stimmen | Kandidaten | Stimmen | Kandidaten | Stimmen |
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1 | ![]() |
1 | ![]() |
1 | ![]() |
1 | ![]() |
1 |
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9 | ![]() |
1 | ![]() |
6 | ||||
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1 | ![]() |
3 | ||||||
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1 |
[Bearbeiten] Verweise
- ↑ Der Spiegel Nr.43/2006, S.80
[Bearbeiten] Literatur
- Gunnar Theissen: Mehr als nur ein Namenswechsel. Der neue Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, in: Vereinte Nationen 54 (2006) S. 138 - 146.
- Norman Weiß: Der neugeschaffene Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, in: MenschenRechtsMagazin 2006, S. 80-86.