Warschauer Pakt
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Der Warschauer Pakt, in den östlichen Staaten als Warschauer Vertrag bezeichnet, war ein von 1955 bis 1991 bestehender militärischer Beistandspakt des Ostblocks unter der Führung der Sowjetunion. Sein offizieller Name war Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand.
Der Warschauer Pakt wurde am 14. Mai 1955 durch acht Staaten gegründet und war als Militärbündnis der Gegenspieler der NATO im Kalten Krieg zwischen Ost und West.
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Mitgliedsstaaten
Volksrepublik Albanien (Austritt 1968 wegen der ČSSR-Krise)
Volksrepublik Bulgarien
Deutsche Demokratische Republik (Austritt 1990 mit der Wiedervereinigung)
Volksrepublik Polen
Volksrepublik Rumänien (nur begrenzt)
Volksrepublik Ungarn
Vorgeschichte
Der Warschauer Pakt war ein Ergebnis der seit 1947 zunehmenden Spannungen zwischen den Alliierten des Zweiten Weltkriegs. Im Westen wurde die Expansion der Sowjetunion und die Bildung von Satellitenstaaten als massive Bedrohung für die westlichen Demokratien empfunden, die man durch die Gründung der NATO 1949 einzudämmen versuchte. Als die Bundesrepublik Deutschland durch die Pariser Verträge vom 5. Mai 1955 in das westliche Verteidigungsbündnis einbezogen wurde (Westeuropäische Union), reagierte die Sowjetunion ihrerseits mit der Gründung eines eigenen Militärbündnisses als Gegengewicht zur NATO. Die Führer der Ostblockstaaten traten vom 11. bis 14. Mai 1955 in Warschau zusammen und erarbeiteten die Grundlagen des Warschauer Pakts.
Die Staaten des sozialistischen Lagers standen jedoch schon vorher durch sowjetische Besatzungstruppen im Einflussbereich der UdSSR.
Vertragsbestimmungen
Der Wortlaut des zugrundeliegenden Vertrags ähnelt in weiten Teilen dem des NATO-Vertrages. Die Mitgliedsstaaten versicherten einander ihren Willen zur Friedenssicherung und zur gegenseitigen militärischen Hilfeleistung im Falle eines Angriffs auf einen oder mehrere der Teilnehmerstaaten (Artikel 4). Ein gemeinsames Kommando der nationalen Streitkräfte sollte die Effektivität des Bündnisses sichern (Art. 5). Man muss sich unverzüglich beraten, wenn ein Angriff vorhersehbar war (Art. 3).
Die Interpretation dieser Bestimmungen unterschied sich jedoch grundlegend von denen des NATO-Vertrages. So unterstanden zum einen die Truppen des Warschauer Pakts fast vollständig dem Vereinigten Oberkommando, welches wiederum vollständig dem Kommando des sowjetischen Generalstabes unterstand. Zum anderen wurden die Bestimmungen auch nach innen restriktiv interpretiert und mit Hilfe dieses Vertrages die sowjetische Kontrolle der Vertragsstaaten auch mit militärischen Mitteln durchgesetzt.
Aufgaben und Probleme
Der Warschauer Pakt sicherte zweifelsfrei den Hegemonialanspruch der Sowjetunion gegenüber den anderen Teilnehmerstaaten. Die Stationierung sowjetischer Truppen in fast allen Mitgliedsstaaten und das gemeinsame Oberkommando unter sowjetischer Kontrolle sorgten dafür, dass die Herrschaft der jeweiligen kommunistischen Partei und die Treue gegenüber der Sowjetunion nicht in Frage gestellt werden konnten.
Wann immer einzelne Teilnehmerstaaten den von Moskau vorgegebenen Kurs verlassen wollten, wurde dies als Angriff von außen auf das sozialistische Staaten-System interpretiert und mit einer militärischen Intervention geahndet: Wie beispielsweise in Ungarn (Ungarischer Volksaufstand, 1956) und der ČSSR (Prager Frühling, 1968) schlugen Truppen des Warschauer Pakts nationale Aufstände nieder. Bereits vor der Unterzeichnung des Vertrags war der Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR von der Sowjetarmee niedergeschlagen worden.
Theoretisch und ideologisch untermauert wurde ein solches Vorgehen nach 1968 durch die Breschnew-Doktrin.
Arbeitsweise
Die Leitung und Koordinierung des Warschauer Pakt war die Aufgabe des einmal jährlich tagenden Politischen Beratenden Ausschusses, der sich aus den Partei- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten zusammensetzte. An den meisten Verhandlungen waren außerdem die Außen- und Verteidigungsminister, der Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte sowie deren Generalstabschef beteiligt. Neben dem Beratenden Ausschuss existierten verschiedene Komitees der Außen- und Verteidigungsminister, ein Vereintes Oberkommando, ein Militärrat mit beratender Funktion sowie ein Technisches Komitee.
Das Vereinte Oberkommando hätte in Kriegszeiten die vollständige Befehlsgewalt über alle Land-, Luft- und Seestreitkräfte der Mitgliedsstaaten übernommen. In Friedenszeiten waren ihm lediglich einige Teile der Streitkräfte, darunter die im Ausland stationierten Sowjettruppen sowie die gesamte NVA, unterstellt. Im Falle eines Krieges hätte ein Kontingent von rund 6,2 Millionen Soldaten, 62.000 Panzern, knapp 14.000 Flugzeugen und etwa 2.000 Schiffen sowie die sowjetischen Atomwaffen zur Verfügung gestanden.
Auflösung
Im Zuge der von Gorbatschow in der Sowjetunion eingeleiteten Perestroika kamen zunehmend Zweifel an der Breschnew-Doktrin auf. Mit der Zustimmung Gorbatschows zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde endgültig klar, dass die Sowjetunion nicht mehr gewillt war, Freiheitsbestrebungen in den anderen Warschauer-Pakt-Staaten gewaltsam zu unterdrücken. Daraufhin begannen die anderen Mitgliedsstaaten auf einen Abzug der sowjetischen Truppen aus ihren Ländern und auf die Auflösung des Warschauer Pakt zu drängen. Obwohl die sowjetische Führung eine gleichzeitige Auflösung von NATO und Warschauer Pakt bevorzugt hätte, gab sie schließlich nach.
Die militärischen Strukturen wurden am 31. März 1991, der Warschauer Pakt selbst am 1. Juli 1991 offiziell aufgelöst. Die in der ehemaligen DDR, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn stationierten sowjetischen Truppen wurden abgezogen.
Weiterführende Literatur
- Mastny, Vojtech and Malcolm Byrne (eds.). A Cardboard Castle: An Inside History of the Warsaw Pact, 1955–1991. Budapest: Central European University Press, 2005. 726 pp.
- Umbach, Frank. Das rote Bündnis: Entwicklung und Zerfall des Warschauer Pakts, 1955–1991. Berlin: Christoph Links Verlag, 2005.
Weblinks
- Dokumentekollektionen aus Archiven des Warschaupakts, vom Parallel History Project on NATO and the Warsaw Pact (PHP)
- www.warschauer-pakt.de - Umfassende Informationsseite
- Chronologie
- Regierungserklärung von Otto Grotewohl nach Gründung des Warschauer Paktes (Real-Audio-Stream)
- Überblick über die Stationierung der Truppen 1989